H. C. Hollister 2 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 2 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Steve Harris ist seines Lebens als Revolvermann müde. In vielen rauen Städten und wilden Camps hat er den Stern des Marshals getragen. Jetzt will er nicht mehr. Er versucht, seiner eigenen Vergangenheit zu entkommen, aber schon am ersten Tag in einem neuen Land muss er sich seinen achtunddreißiger Colt wieder umschnallen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Zurechtgestutzt

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Ertugrul Edirne/Becker-Illustrators

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9562-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

»Es gibt heute eigentlich zu viele Autoren, die angeblich so schreiben, wie der Wilde Westen wirklich war. Wenn man dann näher hinschaut, entdeckt man doch nur zu oft ein verfälschtes Bild, Klischee und Schablone. In jedem meiner Romane versuche ich bis auf den Grund einer historisch echten Darstellung vorzudringen. Der grandiose Stoff zwingt mich einfach dazu.«

H.C. Hollister, Mitte der 1960-er Jahre

Zurechtgestutzt

Steve Harris ist seines Lebens als Revolvermann müde. In vielen rauen Städten und wilden Camps hat er den Stern des Marshals getragen. Jetzt will er nicht mehr.

In der gewaltigen und unberührten Natur Montanas versucht er, seiner eigenen Vergangenheit zu entkommen.

Doch schon am ersten Tag im neuen Land muss er sich seinen achtunddreißiger Colt im Kampf um Weideland und Vieh wieder umschnallen …

Langsam und bedächtig verstaut »Brush« Steve Harris seine Reithandschuhe hinter seinem Hosengurt. Dann setzt er sich im Sattel zurecht, kramt seinen Tabaksbeutel hervor und beginnt, sich eine Zigarette zu drehen.

»Ruhig, Bessy, ruhig«, tätschelt er dann seinem nervös schnaubenden Pferd den Hals. »Noch zwei Meilen, dann haben wir wieder Wasser, soviel du nur willst.«

Als wenn das Pferd diese Worte verstanden hätte, beruhigt es sich und hebt nur noch witternd die Nüstern. Die Bezeichnung Pferd schmeichelt dem struppigen Bronco sehr, denn sein stumpfes, nicht den geringsten glänzenden Schimmer zeigendes Fell scheint nur aus zusammengeflickten Haarwirbeln zu bestehen.

Der kräftige, muskulöse Körperbau des Pintos deutet auf Zähigkeit und Ausdauer hin, die ständig zurückgelegten Ohren und der fast tückisch zu nennende Gesichtsausdruck des Tieres bilden für jeden Mann mit Pferdeverstand ein vielsagendes Warnsignal: Bessy ist ein hundsgemeiner Schläger.

Wie weit sie ihre Eigenschaften mit ihrem Besitzer teilt, ist zumindest in einem Punkt unzweifelhaft. Nicht umsonst hat man ihm in der Armee den Spitznamen »Brush« Harris angehängt. Seine Haare stehen tatsächlich ähnlich wie eine Bürste.

Seine fast knabenhafte Gestalt stellt in diesem rauen Landstrich Montanas, wo alle Männer groß und starkknochig sind, eine Seltenheit dar. Seine leicht abfallenden Schultern machen keineswegs einen schmächtigen Eindruck, trotz aller Hagerkeit muss er ungeheuer sehnig sein.

Etwas an ihm fällt hier in Montana aber sofort ins Auge: Steve Harris trägt keinen Revolver. Außer seiner Winchester, die im Sattelschuh steckt, ist keine Waffe an ihm zu entdecken.

Seit zwei Tagen ist Steve Harris am Ostrand der Big Belt Mountains entlanggeritten, nun befindet er sich auf dem Höhepunkt der Last Chance Gulch, die sich vor ihm in weit abfallenden Terrassen bis zum Missouri River hinabsenkt. Viele Wochen ist er schon unterwegs, und jetzt, kurz vor seinem Ziel, erfüllt ihn ein Gefühl der Erleichterung. Es war ein weiter Weg von den Bad Lands hier herauf, und es ist ihm nicht leichtgefallen, davonzulaufen.

Ja, er ist davongelaufen. Davongelaufen vor seiner eigenen Vergangenheit, die immer wieder drohend vor ihm aufstand.

Mochten alle anderen von ihm denken, was sie wollten, er hat alle Brücken hinter sich abgebrochen, dort unten in Kansas. Nur von seinem jungen Bruder Jeffrey und Tex Warren begleitet, hat er sich auf den Weg nach Norden gemacht. Und jetzt ist er fast am Ziel.

In einem jungen Land, das noch nicht einmal in die Union aufgenommen worden ist. Hier will er endlich Ruhe finden vor seinem Ruf als gefürchteter Revolvermann.

Etwa zwei Tagesritte hinter ihm folgten Jeff und Tex mit dem Planwagen, der das Nötigste für einen neuen Anfang enthält.

Montana ist noch ein junges Land. Erst vor wenigen Jahren nahm der große Siouxaufstand am Little Bighorn seinen Anfang, bei dem Custer mit seinem fünften Kavallerie-Regiment restlos vernichtet wurde, und jetzt hat man die Indsmen schon in Reservationen eingepfercht. Immer lichter sind die einst unermesslichen Büffelherden geworden, und immer mehr Raum für die Rinderzucht wurde frei.

Nun ist Montana das gelobte Land für alle Rinderleute, die in Texas oder einem anderen der Südstaaten nicht mehr genügend Raum fanden.

In monatelangen Trecks werden riesige Herden zum Norden hinaufgetrieben, wo noch genügend freies Land vorhanden ist.

Hier wird Steve Harris in Ruhe und Frieden einen neuen Anfang machen, hier, wo noch niemand weiß oder jemals wissen wird, dass Brush Steve Harris ein Zauberer mit der Waffe ist, die er sich nie wieder umschnallen will.

Eine halbe Stunde später erreichen Bessy und er eine kleine Senke, die von einem Rinnsal durchflossen wird.

Steifbeinig sitzt Steve ab, lockert seiner Bessy den Sattelgurt und beginnt, aus herumliegenden Ästen ein Feuer zu entfachen. Er ist gerade dabei, den Teig für seine Tortillas in das heiße Fett der Pfanne zu gießen, als die grasende Bessy den Kopf witternd emporhebt.

Steve greift sich seine Winchester und geht geduckt auf die Anhöhe zu, die sein Blickfeld begrenzt.

Als er endlich, durch einen Busch gedeckt, hinüberspäht, bemerkt er einen einzelnen Reiter, der schräg auf ihn zugeritten kommt.

Alles an diesem Kerl ist massig. Wie ein gewaltiger Fleischberg hockt er auf seinem starkknochigen, riesenhaften Gaul, der aussieht, als ob er eigens für einen solchen Koloss von Reiter geschaffen worden wäre.

Steve kehrt zu seinem Feuer zurück. Nur sein Gewehr, das er in greifbarer Nähe gegen einen Ast lehnt, zeugt von seiner Vorsicht, ansonsten widmet er sich wieder der Zubereitung seiner Mahlzeit.

»Streck sie vorsichtshalber hoch, Freundchen«, grollt plötzlich eine Stimme in seinem Rücken, die in Steves Unterbewusstsein Ähnlichkeit mit den Posaunen von Jericho aufweist.

Folgsam richtet er sich aus seiner hockenden Stellung auf und hebt seine Hände in Schulterhöhe. Dann wendet er sich dem Sprecher zu.

Vor ihm steht der Riese, dessen gewaltige Gestalt er erst jetzt aus der Nähe gänzlich würdigen kann. In seiner Hand hält er das älteste Coltmodell, das Steve jemals zu Gesicht bekommen hat. Sein Hosengurt ist bis weit unter den Bauchnabel hinabgerutscht, und in ziehharmonikaähnlichen Falten wellen sich die Hosenbeine um die muskulösen Waden bis hinunter zu seinen kurzen Texasboots. Dass sich auf diese Weise sein Revolvergurt über seinen, nur noch mit dem Hemd bekleideten Bauch spannt, scheint ihn nicht zu stören.

Seine Pranke hält das urväterliche Schießeisen unverwandt auf Steve gerichtet, während seine zusammengekniffenen Augen ihn abschätzend fixieren. Wenn Steves Haarschopf als Bürste bezeichnet wurde, so verdient der Haarwust, der seitlich unter dem viel zu kleinen Hut des Riesen hervorquillt, allenfalls die Bezeichnung Urwald, obgleich ein brandroter Urwald kaum jemals existiert haben dürfte. Auch das Gesicht des Herkules ist mit roten Bartstoppeln überzogen, die die rotbraune, gesunde Hautfarbe nicht verdecken können.

»Keins von den Galgenvogelgesichtern, die ich erwartet habe«, tönt die Posaune, »macht’s Euch wieder bequem, Stranger. Hier ist’s besser, zu wissen, wen man vor sich hat. Nichts für ungut.«

Ohne eine Erwiderung Steves abzuwarten, kommt der Fleischberg ans Feuer und hockt sich auf die Absätze. Schnuppernd hält er seine Nase über die Pfanne.

»Aus den Südstaaten, was, Stranger? Ich bin ein alter Prospektor und weiß, wie man in New Mexiko, Texas und Arizona die Tortillas zubereitet. Habe mich lange genug in der Sierra herumgetrieben. Benjamin Foster heiße ich. Meine Freunde nennen mich Big Ben.«

»Ich bin Steve Harris, Goliath. Mit den Südstaaten könnt Ihr schon recht haben. Wenn Ihr Hunger habt, so greift zu.«

Big Ben, der bei der Bezeichnung Goliath angestrengt in Steves Gesicht gestarrt hat, um festzustellen, ob sich dieser damit über ihn lustig machen will, lässt sich nicht zweimal bitten und langt so herzhaft zu, dass Steve sich wortlos daran macht, neuen Teig zuzubereiten.

Es bleibt ihm keine Zeit zu weiterer Unterhaltung, denn in dem gleichen Tempo, in dem die heißen Mehlfladen aus der Pfanne kommen, finden sie auch schon ihren Weg hinter Big Bens mahlende Kauwerkzeuge.

Erst ein schrilles Wiehern und das Stampfen von Hufen bereitet dieser Tätigkeit ein Ende und rettet die letzten Tortillas für Steve.

Fosters lammfrommer Wallach hatte sich der viel kleineren Bessy genähert. Harmlos schnaubend war er herangetrottet. Als er nur noch wenige Schritte entfernt war, explodierte Bessy plötzlich und knallte ihm ihre kleinen, stahlharten Hufe an die Rippen, dass er, wie von einer Tarantel gestochen, davonsauste. Als Foster Bessy anblickt, hätte er schwören mögen, dass diese Ausgeburt der Hölle hinter seinem Gaul her grinst, so böse fletscht sie immer noch ihre bleckenden, gelben Zähne.

»Wo habt Ihr denn dieses Satansvieh aufgegabelt, Harris? So einen Giftpilz von einem Gaul habe ich noch nie gesehen.«

»Sie tut nur so böse, Foster. In Wirklichkeit hat sie ein Gemüt wie ein Lamm. Wahrscheinlich wollte Ihr Elefant meinem Tierchen zu nahetreten, da hat sie sich gewehrt, ist eben eine Dame.«

Steve feixt sein Gegenüber an und geht daran, die restlichen Tortillas endgültig in Sicherheit zu bringen.

»Wo soll’s denn hingehen, Harris? Wie ein Satteltramp sehen Sie nicht aus. Ein alter Prospektor wie ich hat ein Auge für so was.«

»Sie haben recht, Foster. Ich habe ein festes Ziel. Man hat mir gesagt, dass nördlich der Crazy Mountains noch genügend gutes und freies Weideland zu haben ist. Da am Musselshell-River will ich mir eine Rinderranch aufbauen.«

Big Ben zieht die Augenbrauen empor. Abschätzend überfliegen seine Augen Steves Gestalt und bleiben an der leeren Hüfte hängen.

»So jung dieses Land auch ist, Harris, es haben sich schon genügend große Tiger gefunden, die einen langen Schatten werfen und die das Land in der Tasche haben. Es wird für einen Drei-Rinder-Rancher nicht leicht sein, zwischen den großen Nummern Fuß zu fassen, zumal nicht, wenn er nicht hier«, er klopft bei diesen Worten an sein Halfter, »sein bestes Überzeugungsmittel trägt.«

»Ich halte nichts von dieser Methode, Foster. Ein Leben lässt sich nur mit Arbeit aufbauen, nicht mit Schießen.«

»Dass Sie in Ruhe und Frieden etwas aufbauen wollen, glaube ich Ihnen aufs Wort, Steve Harris. Es fragt sich nur, ob man Sie wird aufbauen lassen. Es sind schon viele mit den gleichen Wünschen wie Sie hergekommen, und sie sind alle weitergezogen. Ihnen allen war ihr Leben lieber als irgendeine Ranch. Nehmen Sie sich in Acht, Harris!«

»Thanks, Oldtimer. Ich werde mir Ihre Worte merken, aber ich bin kein Greenhorn, und ich bin nicht allein. Es kommen noch zwei Männer, die die gleichen Vorsätze haben wie ich. Und zusammen werden wir es schaffen.«

»Sie haben verdammt viel Ähnlichkeit mit einem Mann, von dem mir auf dem Santa-Fé-Trail erzählt worden ist, Harris. Haben Sie zufällig einen Verwandten, der Marshal in Newton war? Er hat die Stadt aufgeräumt und die Wichita-Bande fertiggemacht. Muss ein Wunderknabe gewesen sein, denn er hat sich einen nach dem anderen von diesen Revolverschwingern vor seinen Lauf geholt. Er soll ein ähnliches Mistvieh von Gaul gehabt haben wie Sie, aber er konnte mit dem Colt zaubern, das unterscheidet ihn von Ihnen.«

»Sorry, Foster. Ich habe mich nie besonders für Revolver interessiert, und so geht es auch meiner ganzen Verwandtschaft. Newton in Kansas ist mir zwar bekannt, aber nur dem Namen nach. Sie haben Pech gehabt mit Ihrem Revolvermann!«

Warum will Harris nicht zugeben, denkt Foster, dass er nur ausnahmsweise keinen Revolver trägt? Schließlich zeigt die abgeschabte Stelle an seinem linken Oberschenkel ganz deutlich, dass dort einmal sehr tief eine Waffe gebaumelt hat. Es ist Big Ben selbst nicht klar, warum, aber irgendwie empfindet er eine Zuneigung zu diesem verschlossenen Mann, die ihn veranlasst, das Versteckspiel mitzumachen.

»Ich nehme an, Sie wollen zuerst einmal nach Roundup hinunter, da haben wir den gleichen Weg. Ich habe mich mal in den Big Belt Mountains umgesehen. Scheinen einige vielversprechende Adern da zu sein. Ich werde mir in Roundup einen Claim eintragen lassen und dann geht’s los.«

☆☆☆

Roundup ist eine kleine Rinderstadt am Musselshell-River, der einen der Quellarme des Missouri darstellt. Steve hat auf ihrem Ritt, der sie eine weite Strecke am River entlangführte, die Augen offengehalten. Was er sah, war bestes Rinderland, an dem jeder Cattleman seine Freude haben muss. Trotzdem waren nur ganz vereinzelt Rinder auf dieser Weide zu entdecken.

Hier in Roundup wird er sicher den Grund für diesen seltsamen Umstand herausfinden. Ganz selbstverständlich hat Big Ben ihn ins Schlepptau genommen, als sie die Stadt erreichen, und ihr erster Weg führt sie in den Saloon, dessen Haltestangen dicht mit Sattelpferden belegt sind.

Der blecherne Klang eines Orchestrions und eine Wolke von Tabakdunst schlagen ihnen entgegen. Trotz der frühen Stunde herrscht schon reger Betrieb. Cowboys und Rancher, Viehhändler und Spieler, Flößer und biedere Handwerker bilden ein kunterbuntes Bild.

Einige Männer erregen Steves Aufmerksamkeit. Er weiß sie nicht recht einzuschätzen.

»Los, Mann, los«, übertönt Bens Organ den verworrenen Lärm, »wollt Ihr uns hier vor Eurer Bar verdursten lassen? Lasst uns mal die Limonade probieren, die Ihr hier als Whisky verkauft.«

Der Barkeeper lässt mit weit ausholendem Schwung eine Flasche über die Bar rutschen. Big Ben fängt sie mit seiner Pranke auf und schenkt zwei Gläser ein.

»Kommen Sie, Harris. Trinken wir auf das Gelingen all Ihrer Pläne.«

»Wissen Sie, was das da drüben für Kerle sind, Foster, die das Geld so locker sitzen haben?«, wendet er sich Big Ben zu.

Dieser wirft nur einen kurzen Blick hinüber.

»Das sind Miner vom Copper-Trust aus Butte. Seitdem die riesigen Kupferlager dort alle verrückt gemacht haben, schickt der Trust seine Späher nach allen Seiten. Sie wollen als erste neue Vorkommen entdecken, damit ihnen niemand in die Quere kommen kann. Vor einiger Zeit haben die Herren in Helena ein neues Gesetz ausgeknobelt, Apex Gesetz heißt es wohl. Danach kann der Besitzer eines Grundstückes, auf dem eine Erzader zutage tritt, diese Ader auch auf fremdem Grund und Boden gegen eine Entschädigung ausbeuten, und seitdem versucht er, jedem anderen zuvorzukommen.«

»Wollen wir uns nach einem Zimmer umsehen, Foster? Hier wird’s sowieso bald Ärger geben, und da will ich nicht dabei sein.«

»Okay, Harris. Ich muss mich heute auch nicht volllaufen lassen, denn morgen will ich früh zum Landagenten, um meinen Claim eintragen zu lassen.«

Der Digger hat eine Tasche seines Gürtels geöffnet und ein Nugget herausgefischt.

»Hier, Sam«, wirft er es dem Barmann zu, »wiege es ab und hebe mir den Rest auf; ich komme morgen wieder.«

Seine Worte werden von mehreren Schüssen begleitet, die von der Straße her zu ihnen dringen.

Gemeinsam betreten sie die Veranda, als gerade eine wilde Mannschaft herangaloppiert kommt, die vor lauter Übermut mit ihren Colts in die Luft knallt. Direkt vor dem Saloon bringt das Rudel seine Pferde zum Stehen. Da die Haltestange mit angebundenen Pferden besetzt ist, zwängen die Männer ihre Gäule rücksichtslos zwischen die anderen. Ausgerechnet der Anführer zwängt sein Pferd in die viel zu schmale Lücke zwischen Big Bens riesigen Wallach und Steves Bessy. Als er dabei in Gefahr gerät, seine Beine zwischen den Pferdeleibern zu quetschen, kehrt er seine Ferse nach außen und schlägt Bessy seinen langen mexikanischen Sporn in die Seite.

Das erschreckte Tier bäumt sich auf und feuert gleichzeitig beide Hinterhufe nach seinem Widersacher, kann ihn aber nicht treffen, da sich dieser neben ihm befindet.

Die unter den Pferden entstandene Unruhe führt dazu, dass sich der Wallach gegen das Pferd des Schinders drängt. Der Kerl reißt seine Füße aus den Steigbügeln und zieht sie bis auf den Sattel empor.

In diesem Augenblick wendet Bessy ihrerseits den Kopf zur Seite und schnappt nach dem Pferd des Rowdys, das mit einem Satz versucht, aus dem Bereich ihrer Zähne zu kommen. Dabei wirft es seinen Reiter ab, der durch die emporgezogenen Beine keinen Halt mehr hat. Die übrige Bande bricht in grölendes Gelächter aus.

Slater, so der Name des Vormannes dieses wilden Rudels, erhebt sich wutschnaubend vom Boden.

»Warte, du Satansbraten«, knurrt er zu Bessy hinüber, das sollst du mir büßen.«

Er rennt zu seinem eigenen Pferd, löst das Lasso vom Sattel und will beginnen, auf die angebundene Bessy loszudreschen.

»Weißt du, Cowboy«, wird er von Steve Harris angesprochen, der seinen Sturz von der Veranda her verfolgt hat, »weißt du, es hat immer mit den Leuten angefangen, denen meine Bessy nicht gefiel. An deiner Stelle würde ich mein Slongstick schleunigst wieder an den Sattel hängen. Es geht meistens nicht gut, wenn man anderer Leute Pferde prügelt.«

»Das ist mir doch egal, du Mittelgewicht. Dieses Biest hat es verdient, und jetzt kriegt es von mir seinen Teil. Bei mir fing es immer mit Leuten an, die mir zu lange Schritte machten für ihre Größe.«

Damit hat sich Slater schon wieder Bessy zugewandt und holt mit dem halb ausgerollten Lasso zum Schlag aus. Sein ganzes Körpergewicht hat er auf das rückwärts gestellte Bein verlegt, um seinem Hieb die nötige Wucht zu verleihen.

Wie ein Schatten gleitet Steve die Stufen hinab. Er ergreift das geschwungene Ende des Lassos, ein kräftiger Ruck – Slater liegt zum zweiten Mal am Boden.

Mehr verdutzt als wütend schaut er Steve an. Lauernd steht er auf.

»Ich glaube, du willst es nicht anders haben«, dabei lässt er seine Hand herabfallen und umfasst den Kolben seines Revolvers.

»Lass dein Schießeisen stecken«, grollt da die Stimme Fosters von der Veranda her, »du siehst doch, dass er unbewaffnet ist.«

Ein schneller Blick Slaters fliegt zur Veranda hinauf, wo Big Ben sich an einen Pfosten gelehnt hat und spielerisch seinen Colt in der Hand wiegt. Dann wendet sich Slater wieder zu Steve.

»Na gut. Du scheinst ein vorsichtiger Boy zu sein. Wer keinen Revolver trägt, braucht auch nicht damit zu schießen. Come on, ich werde es kurz machen.«

Steve steht unbeweglich, nur seine Kinnbacken mahlen unmerklich.

Da startet Slater einen Blitzangriff.

Mit vorwärts geneigtem Kopf stürzt er auf seinen Gegner zu, holt zu einem weithergeholten Schwinger aus und – schlägt in die Luft. Er ist dabei an Steve vorbeigeschossen, der mit einem eleganten Sidestep dem Angriff ausgewichen ist.

Gleichzeitig aber ist sein Bein blitzschnell nach hinten gefahren, sein Sporn trifft haargenau Slaters Sitzfläche, über die sich nun plötzlich ein klaffender Riss in der Hose zieht. Offenbar ist aber nicht nur die Hose aufgerissen. Slater fasst mit schmerzverzerrtem Gesicht an sein Hinterteil. Brüllendes Gelächter der Umstehenden bringt ihn wieder zu sich.

»Siehst du, Cowboy«, sagt Steve lässig, »genauso weh hast du eben meiner Bessy getan. Sie war ebenso wütend, wie du es jetzt bist.«

Die spöttischen Worte bringen Slater um den letzten Rest seines Verstands. Wie ein wildgewordener Büffel rammt er nach vorn, um seine Fäuste in das immer noch lächelnde Gesicht Steves zu knallen. Steve blockt den Schlag mit den hochgezogenen Unterarmen ab und stößt einen blitzschnellen geraden Konter auf Slaters Ohrwinkel, der dessen Kopf zurückwirft.

Steve wartet Slaters nächsten Ansturm ab, federt vor seinen Schlägen zurück, um dann erbarmungslos seine Fäuste in das ungedeckte Gesicht Slaters zu platzieren. Einmal, zweimal kommen seine glasharten Punchs. Es sieht aus, als sei Slater vor eine Mauer gerannt. Er steht und japst nach Luft.

Steves gestraffte Handkante schmettert mit einer schattenhaften Bewegung von der Seite her gegen seinen Hals, dicht unterhalb des Kinnwinkels. Kaum einer der Zuschauer hat den blitzschnellen Hieb gesehen.

Wie ein Betrunkener torkelt Slater einige Schritte vorwärts. Seine Augen sind geschlossen, seine Knie knicken ein, zum dritten Mal und diesmal endgültig sackt Slater zu Boden.