H. C. Hollister 24 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 24 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Siebzehn Jahre ist es her, seit Clay Denver seine Heimat, das Hot Springs County, verließ. Nun kehrt er zurück. Clay Denver ist ein Mann geworden - ein Mann, der wissen will, wer vor siebzehn Jahren seine Eltern erschoss. Und ein Mann, der nicht bereit ist, auf sein Recht und auf sein Erbe zu verzichten. Er ist gekommen, um die Ranch seines Vaters wiederaufzubauen. Doch was ihm entgegenspringt, ist unverhüllter Hass.
Jeder Mann in Hot Springs weiß sofort, wer dieser Clay Denver ist, denn die Ähnlichkeit mit seinem verstorbenen Vater ist verblüffend. Wie kann ein Mann, wenn ein ganzes Land gegen ihn steht, wenn alle ihn verachten, Gute und Schlechte, Gerechte und Ungerechte, je an sein Ziel gelangen? Es ist ein schwerer Gang, den Clay Denver in diesem Land gehen muss ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Stakkato

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0817-3

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Stakkato

Siebzehn Jahre ist es her, seit Clay Denver seine Heimat, das Hot Springs County, verließ. Nun kehrt er zurück. Clay Denver ist ein Mann geworden – ein Mann, der wissen will, wer vor siebzehn Jahren seine Eltern erschoss. Und ein Mann, der nicht bereit ist, auf sein Recht und auf sein Erbe zu verzichten. Er ist gekommen, um die Ranch seines Vaters wiederaufzubauen. Doch was ihm entgegenspringt, ist unverhüllter Hass.

Jeder Mann in Hot Springs weiß sofort, wer dieser Clay Denver ist, denn die Ähnlichkeit mit seinem verstorbenen Vater ist verblüffend. Wie kann ein Mann, wenn ein ganzes Land gegen ihn steht, wenn alle ihn verachten, Gute und Schlechte, Gerechte und Ungerechte, je an sein Ziel gelangen? Es ist ein schwerer Gang, den Clay Denver in diesem Land gehen muss ...

Als Clay Denver vor dem Mietstall von Hot Springs aus dem Sattel seines Rappen steigt, sinnt er vergebens darüber nach, was ihm an dieser kleinen Stadt so ungewöhnlich erscheint.

Ein dumpfes Zischen und Brausen lenkt ihn ab. Er kann sich diese Laute nicht erklären. Plötzlich folgt ein lautes Plopp, und gleich darauf sieht er über dem Dach eines gegenüberliegenden Hauses einen Strahl dampfendes Wasser emporsteigen.

Er bindet den Rappen an die Haltestange und schlendert zu der Stelle hinüber, an der der Dampf emporsteigt. Beim Anblick des grandiosen Naturschauspiels überfällt ihn die Erinnerung mit Wucht.

Er sieht einen kleinen Jungen, erregt hält er die Hand eines Mannes umklammert und starrt auf die kochend heiße Wassersäule, die fast zwanzig Yards hoch aus dem Boden emporschießt. Er sieht, wie sich der Junge gegen das Bein des Mannes drängt und voller Scheu dem Getöse und Zischen lauscht, das aus der Erde heraufdringt und den Boden erzittern lässt.

Der kleine Junge heißt Clay Denver. Angstvoll und doch voller Neugier lauscht er dem verklingenden Grollen nach. Das brodelnde Wasser des Beckens verläuft sich, und ein schwefliger Geruch erfüllt die Luft. Wirklichkeit und Erinnerung fließen plötzlich ineinander. Denn der schweflige Geruch ist tatsächlich da. Doch so sehr sich Clay auch bemüht, den Faden wiederzufinden, der in die Vergangenheit führt, es ist vergebens.

Eine Hand legt sich auf seine Schulter, und Clay erstarrt.

»Sie wollen Ihren Gaul bei mir unterstellen, Fremder? Ich kam gerade aus dem Stall, als ich Sie wieder weggehen sah. Sie haben sich einen guten Zeitpunkt für Ihre Ankunft ausgesucht. Dieser Bursche hier, dem Hot Springs seinen Namen verdankt, ist nämlich ziemlich unzuverlässig. Manchmal spuckt er zweimal am Tag, und dann setzt er wieder ein paar Tage aus. Sicher haben Sie so etwas zum ersten Mal gesehen, was?«

»Nein – das kann ich nicht sagen«, weicht Clay aus.

»Nun ja, es gibt eine Menge heißer Quellen im Yellowstone-Land«, räumt der Schmied ein.

Während sie zur Schmiede und zum Mietstall zurückgehen, fällt Clay schlagartig ein, was er unbewusst in Hot Springs vermisst hat. Es sind Indianer, die sonst vielfach in Ansiedlungen herumlungern. Halbzivilisierte, entwurzelte Rothäute, die sich in Ortschaften und Militärstationen herumtreiben.

Clays nächste Frage gilt diesem merkwürdigen Umstand.

»Ich bin selbst noch nicht allzu lange hier«, gibt der Schmied zur Antwort, »aber mir ist es auch aufgefallen. Deshalb habe ich unseren Doc gefragt. Er erklärte mir, dass die Indsmen eine abergläubische Furcht davon abhält, dieses County zu betreten. Es hängt irgendwie mit dem Geysir zusammen. Deshalb ist das Hot Springs County auch schon zu einer Zeit besiedelt worden, als ringsum noch finsteres Indianerland war. Geändert hat sich das erst vor drei Jahren, anno achtzehnhundertsechsundsiebzig, als General Terry den Teton-Stämmen oben im Norden heilige Mannesfurcht beigebracht hat. Seitdem wird auch ringsum immer mehr gesiedelt.«

Plötzlich ist in Clay erneut die Erinnerung erwacht, undeutlich entsteht in ihm der Eindruck eines flackernden Kaminfeuers, eines Mannes und einer gütig lächelnden Frau, die die zerrissenen Hosen eines Knaben flickt und ab und zu die Arbeit sinken lässt, um eben diesem Jungen zuzuschauen, wie dessen Hände ein kleines Holzgewehr gepackt halten, und der mit glänzenden Augen der Erzählung des Mannes lauscht.

So rasch, wie es gekommen ist, verschwindet das Bild wieder, als der Schmied neugierig fragt:

»Wollen Sie länger hierbleiben, Mister? Ich frage nur, weil ich Ihnen bei einem längeren Aufenthalt einen günstigeren Preis machen kann. So kommt es mit Futter auf einen halben Dollar pro Tag.«

»Es ist schon gut so«, murmelt Clay und führt Negrito selbst in den sauberen Stall.

»Gibt es hier ein anständiges Hotel?«, fragt er, während er schon abzusatteln beginnt.

»Drei Häuser weiter – auf der anderen Seite«, erwidert der Schmied. »Wenn Sie ohnehin schon alles selbst machen, könnten Sie Ihrem Rappen vielleicht auch ein paar Körner vorschütten. Sie sind dort in der Kiste – Heu ist in der letzten Box. Es ist nur, weil ich mich noch rasch waschen und umziehen muss. Es ist Samstag, und gleich ist Gottesdienst.«

»Gehen Sie nur, Mister. Ich mache das schon.«

Erleichtert hastet der Schmied davon.

Zehn Minuten später hat Clay die notwendigsten Dinge in seine Satteltaschen umgepackt, hängt sie sich über die Schulter und schnallt die Deckenrolle wieder am Sattel fest. Er tritt aus der Einfahrt des Mietstalls und geht langsam die Straße entlang. Rot spiegelt sich die untergehende Sonne in den Scheiben der Häuser. Hot Springs ist eine ausgesprochen saubere Stadt.

Eine Glocke beginnt hell zu scheppern. Die Gesichter der Männer und Frauen, die auf dieses Gebimmel hin aus den Häusern treten, sind von würdigem Ernst. Hot Springs scheint eine fromme Stadt zu sein, denn einträchtig streben alle der kleinen Holzkirche entgegen.

Clay grinst, als ihn ein Mann eilig überholt. Unwillkürlich blickt er ihm ins Gesicht und nimmt mit Erstaunen die jähe Veränderung wahr, die darin vor sich geht. Als sei er am helllichten Tag einem Gespenst begegnet, weiten sich die Augen des Mannes in panischem Schrecken, und seine Schritte stocken.

»Das ist doch ...«, keucht der Mann, um plötzlich mit fliegenden Rockschößen weiterzurennen.

Nur einzelne Passanten sind noch auf dem Weg zu der kleinen Kirche, als Clay Denver das vom Schmied bezeichnete Haus erreicht. Es ist offensichtlich ein Boardinghouse – Speiselokal, Saloon und Hotel in einem. Er tritt an die Bar, hinter der ein massiger Mann mit einem nassen Lappen Tropfen von der blanken Platte wischt.

»Ich möchte ein Zimmer und etwas zu essen«, murmelt Clay sanft.

»In einer halben Stunde können Sie das alles haben, Fremder. Und wenn Sie etwas zu trinken haben wollen, bedienen Sie sich selbst. Ich habe es gerade ziemlich eilig.«

Er nickt Clay zu, kommt hinter der Bar hervor und blickt in eine dunkle Ecke.

»He, Doc, wenn Sie sich aber selbst bedienen, breche ich Ihnen alle Knochen, verstanden?«

Ein Grunzlaut ist die einzige Antwort.

»Achten Sie auf ihn, Fremder«, schnauft der Wirt. »Es ist unser Doc, und er ist wieder einmal stockbesoffen.«

Daraufhin hastet er hinaus.

Kopfschüttelnd hängt Clay seine Satteltaschen über eine Stuhllehne. Ihm erscheint dies alles ein wenig verrückt.

Er tritt hinter die Bar, sucht sich ein Glas und eine Whiskyflasche und schenkt sich ein. Dann starrt er durch die Fenster in die Dämmerung.

Irgendwo hier im Hot Springs County ist also sein Zuhause! Das Wort hat für ihn einen eigenartigen Klang. Zumeist verbindet Clay damit nur die Vorstellung eines großen Wagens, der vollgepackt war mit allem möglichen Kram, mit Kochtöpfen, Stoffen, Wolldecken, Lebensmitteln, Lederzeug. Es war ein Warenlager, wie es ein Trader – ein fahrender Händler – braucht, um einsame Ranches und Farmen mit allen Dingen zu versorgen. Und dann war da Sam Atkins, dessen Gesicht fast vollständig hinter seinem krausen Bart verschwand. Er war ein einsamer Mann, aber die Einsamkeit hatte ihn nicht verbittert, sondern weise und gütig gemacht. Still und bescheiden zog er seinen langen Trail, und sieben Jahre lang hatte Clay Denver ihn begleitet.

Jedes Mal war es eine bittere Trennung, wenn Sam ihn den Winter über in einer Schule zurückließ. Obgleich Clay damals den Sinn des Lernens aus Büchern noch nicht einsah, hatte er sich des alten Mannes wegen Mühe gegeben. Im Frühjahr, wenn er wieder mit auf Reisen ging, hatte es einen anderen Lehrmeister auf ihren langen Fahrten durch die Wildnis gegeben: die Natur. Im letzten Jahr seiner Schulzeit geschah es dann, dass Sam Atkins nicht mehr zurückkehrte. Stattdessen kam der Brief eines Notars, in dem der Tod des alten Mannes mitgeteilt wurde. Alles Geld, das der Verkauf des Wagens und der Waren erbracht hatte, war ihm, Clay, als Erben überwiesen worden. Wichtiger aber war ihm der von krauser Handschrift beschriebene Zettel, der Sam Atkins letzte Mitteilung an seinen Pflegesohn enthielt. Clay hatte ihn oft gelesen, bis er ihn auswendig kannte und das Papier einfach zerfiel:

Ziehe eine Fährte, auf die kein Schatten fällt, mein Junge. Es ist schwer, ohne Zuhause zu sein. Am schlimmsten aber ist es, ein Zuhause zu haben und es nicht aufsuchen zu dürfen. Dieses Versprechen fordere ich von dir, Clay. Du sollst ein starker und aufrechter Mann werden, wie dein Vater es war. Erst dann reite hinauf in das Yellowstone-Land, ins Hot Springs County, und tritt dein rechtmäßiges Erbe an. Es ist die Denver-Ranch, auf der du deine Jugend verbrachtest, bis jene unselige Nacht kam, die dich zu einem elternlosen Kind machte. Da wurdest du mir von verängstigten Menschen anvertraut. Ich habe es nie bereut, mich deiner angenommen zu haben, Clay. Du gabst meinen letzten Lebensjahren einen Sinn. Mach weiter wie bisher und halte dich selbst fest im Zaum. Als wirklicher Mann erst sollst du die Hand auf dein Erbe legen, weil es sonst zu deinem Schaden sein könnte. Farewell, Clay – einem Sohn, der zwei Vätern Freude bereitet hat, kann es nicht schlecht ergehen.

Clay schrickt auf, als aus der Ecke des leeren Raums ein Schnarchen zu ihm dringt. Der Schläfer erwacht und beginnt, in seiner Ecke zu rumoren. Schließlich kommt er mit unsicheren Schritten herangetapst.

Schnaufend versucht der kleine Doc seine Benommenheit zu überwinden. Er ächzt, langt nach einem Glas und reicht es Clay entgegen.

Während Clay einschenkt, setzt das blecherne Läuten der Glocke ein.

»Ah, die Pharisäer sind zum öffentlichen Gebet versammelt!«, schnauft der Doc. »Ein Wunder, dass schwarze Schafe wie ich noch in dieser frommen Gemeinde geduldet werden.«

Er kippt den Inhalt des Glases hinab. »Noch einen!«, knurrt er.

Clay erfüllt ihn zum zweiten Mal den Wunsch und murmelt:

»Vielleicht sollten Sie besser austrinken und wieder in Ihre Ecke kriechen, bevor ich Licht mache, Mister. Der Wirt scheint Ihren Durst nicht zu mögen.«

»Na, wenn schon!«, stößt der kleine Mann aufsässig hervor. »Diese selbstgerechte Bande braucht mich doch. Auf hundert Meilen im Umkreis gibt es keinen anderen Doc. – Aah, Sie scheinen eine mitfühlende Seele zu haben, Fremder. Machen Sie Licht, damit ich Ihr edles Antlitz sehen kann!«

Clay nimmt den Zylinder von der Lampe, die über dem Schanktisch hängt, und langt in die Tasche nach einem Streichholz.

Auch auf der Straße wird es jetzt wieder lebendig. Schritte nähern sich.

Zischend leuchtet das Zündholz auf, der Docht flackert, bis Clay den Zylinder darüberstülpt und ihn emporschraubt. Licht durchflutet den Raum.

Clay blickt auf seinen Zechkumpan. Zum zweiten Mal sieht er heute panisches Entsetzen im Gesicht eines Menschen. Die Augen des Docs sind weit aufgerissen, und er stößt einen gurgelnden Laut aus.

»Denver! Clay Denver!«

Der Doc bricht in ein wahnsinniges Gelächter aus, schließlich kreischt er:

»Die Gespensterranch schickt ihre Sendboten aus! Aah, ist der Jüngste Tag gekommen, dass die Toten aus den Gräbern auferstehen? Clay Denver, bist du gekommen, um von deinen Mördern Sühne zu fordern? Aaah ...«

In wildem Schluchzen reißt der Doc die Unterarme vor sein Gesicht, als könne er Clays Anblick nicht länger ertragen. Schwankend taumelt er zur Tür und rennt gegen die breite Brust des Wirts. Er stößt einen gellenden Schrei aus.

Dann hört Clay die Stimme des Doc:

»Es ist so weit, Clarence! Die Hölle bricht über euch herein, und ihr müsst sehen, wie ihr damit fertig werdet! Ich habe nichts damit zu tun – ich nicht.«

Schwankend verschwindet der Doc in der Dunkelheit.

Drei Männer sind es, die jetzt die Tür in ihrer vollen Breite ausfüllen. Sie alle mögen etwa fünfzig Jahre alt sein. Ihre Gesichter bleiben unbewegt, als sie Clay erblicken, doch in ihren Augen flackert Angst. Einer von ihnen macht auf dem Absatz kehrt und geht hastig davon. Den zweiten packt der Wirt bei der Schulter, hält ihn fest und zerrt ihn mit sich vorwärts.

Unmittelbar vor der Bar bleibt er stehen und starrt Clay ins Gesicht.

»Ist irgendwas, Mister?«, fragt Clay ruhig.

»Nichts, Fremder – gar nichts! Wenn Sie ein Zimmer wollen, tragen Sie sich drüben in das Gästebuch ein. Das Essen wird in einer Viertelstunde fertig sein.«

Clay nickt und kommt hinter der Theke hervor. Lässig geht er zu dem kleinen Wandpult hinüber, schlägt das vergilbte Buch auf und schreibt seinen Namen in die erste freie Spalte.

Er langt nach einer Zeitung, nimmt sein Whiskyglas von der Theke mit und macht es sich in der Ecke gemütlich, wo zuvor der Doc seinen Rausch ausgeschlafen hat. Er verschanzt sich hinter dem ausgebreiteten Blatt, liest aber nicht, sondern achtet mit angespannter Aufmerksamkeit auf alle Vorgänge.

Seine Augen verengen sich plötzlich, als er den Wirt zu dem kleinen Wandpult hinübergehen sieht. Tief beugt er sich über das Gästebuch und richtet sich mit einem Ruck steif auf.

Dann kommt der Wirt heran und baut sich vor dem Tisch auf.

»Wollen Sie ernsthaft behaupten, dass Sie Clay Denver heißen?«, fragt er bedrückt.

Clay lässt die Zeitung sinken.

»Yeah«, antwortet er gedehnt. »Haben Sie etwas dagegen einzuwenden?«

»Das nicht, aber ...« Er stockt und sucht nach Worten. »Es gab einen Mann mit diesem Namen hier im County«, stößt er rau hervor. »Er ist schon lange tot.«

»Seit siebzehn Jahren, nicht wahr?«, knirscht Clay. »Und einige Leute in dieser Stadt sind nicht ganz unschuldig daran. Vielleicht wissen Sie mehr darüber, Mister?«

»Ich weiß nichts! Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden, Mister Denver.«

»Und warum versetzt Sie dann mein Name in Erstaunen?«, knurrt Clay. »Weshalb haben verschiedene Leute in dieser Stadt bei meinem Anblick fast einen Schock bekommen? Glaubt man in einer so frommen Gegend an Gespenster, nur weil ich meinem Vater offensichtlich sehr ähnlichsehe?«

»Sie müssen sich irren, Denver«, würgt der Wirt heraus. »Sie glauben Dinge zu sehen, die nicht vorhanden sind. Siebzehn Jahre sind eine lange Zeit. Man sollte die Vergangenheit ruhen lassen.«

»Das haben Sie fein gesagt, Mister«, knurrt Clay mit hohntriefender Stimme. »Sie haben Talent zum Prediger.«

Der Wirt richtet sich steil auf und entgegnet:

»Ich bin der Prediger dieser Gemeinde! Sie mögen von mir halten, was Sie wollen, Clay Denver, aber ich sage Ihnen nochmals: Man sollte die Vergangenheit ruhen lassen und nicht Groll und Hass aus ihren Gräbern rufen! Wir alle, die wir sündige Menschen sind, sind auf Gnade und Vergebung angewiesen.«

Clay lehnt sich auf seinem Stuhl zurück.

»Wie heißen Sie, Mister Prediger?«

»Clarence Beery!«

»Nun, Clarence Beery«, schnauft Clay sarkastisch, »Sie rühren mich zu Tränen mit Ihren salbungsvollen Worten. Leider haben Sie etwas übersehen: Sie wissen noch gar nicht, aus welchem Grund ich hierhergekommen bin! Ihre Phantasie hat Ihnen einen bösen Streich gespielt. Sie wollen etwas verbergen, ohne dass ich bislang danach gesucht hätte. Jetzt wäre es besser, wenn Sie Ihre Karten aufdecken. Sie haben nämlich meine Neugier.«

»Sie werden nichts von mir erfahren, Clay Denver! Ich habe einen Fehler gemacht und Ihnen unbedacht einen Hinweis gegeben. Aber von jetzt an sind meine Lippen versiegelt. Geben Sie sich keine Mühe!«

»Für den Anfang genügt mir das auch, Beery«, knurrt er bitter. »Ich weiß jetzt, dass Sie etwas verbergen. Eines Tages werde ich es finden, verlassen Sie sich darauf.«

»Ich bin nicht sicher, ob das gut für Sie wäre, Denver«, keucht Clarence Beery. »Ich sehe, Sie sind hochfahrend und stolz – so wie es Ihr Vater war. Den Hochmütigen aber widersteht Gott!«

Der Wirt dreht sich hastig um, als die Küchentür sich quietschend in den Angeln dreht, und geht hinüber. Es ist eine ältere Frau, die mit einem Tablett erscheint. Clay sieht sie die Augen aufreißen und ihren Mund öffnen, als sie ihn erblickt, aber schon ist der Wirt bei ihr, legt ihr die Hand über den Mund und raunt ihr rasch ein paar Worte zu. Er nimmt ihr das Tablett mit dem Essen ab und schiebt sie in die Küche zurück.

Für Clay ist das alles nicht mehr überraschend. Auch als er eine Weile später beim Essen sitzt, wundert es ihn nicht, dass einige Männer hereingestürmt kommen und geradewegs auf Beery losstürzen.

»Was erzählt Eliah Spelling da für einen Unfug, Clarence?«, ächzt einer von ihnen. »Und auch Petie Woodward will Gespenster gesehen haben. Hier bei dir soll ...«

Clarence Beerys unterdrücktes Zischen lässt ihn verstummen. Ein Kopfwink des Wirts weist die drei Neuankömmlinge auf Clay hin. Auch in ihren Augen glaubt Clay Fassungslosigkeit und Furcht zu entdecken.

Eine halbe Stunde später ist der Betrieb in dem Saloon in vollem Gange. Männer stehen an der Bar. Blauer Tabaksqualm erfüllt den Raum.