H. C. Hollister 31 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 31 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Curly Kendall ist noch ein kleiner Junge, doch er ist zäh wie eine Katze. Er blickt auf zu den Männern, die schnell mit einem Colt umzugehen verstehen. Am meisten bewundert er Chance Trigger, den Chef der Bande, in der auch Curly aufwächst. Chance allerdings hat keine Bedenken, Curly für seine Verbrechen einzusetzen. Das geht bis zu jenem Tag, an dem der Satteltramp Jim Westwood Curly in die Hände bekommt.
Jim erkennt sofort, dass man aus diesem Jungen einen anständigen Kerl machen kann. Leicht allerdings hat er es mit ihm nicht. Und dann gibt es noch ein Geheimnis, das der kleine Curly mit sich herumträgt, als er dem Trailboss Jim Westwood hilft, ein schönes Mädchen und die Herde nach Nevada zu bringen. Wird Curly zum Verräter, wenn er seinen alten Bandenchef Chance Trigger an seinen neuen Freund verrät? In seinem jungen Herzen streiten sich Stolz und Verbundenheit - und die Gefahr für Jim Westwood und seine Trailmannschaft wird immer größer ...


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Inhalt

Cover

Sein Freund, der Satteltramp

Vorschau

Impressum

Sein Freund, der Satteltramp

Curly Kendell ist noch ein kleiner Junge, doch er ist zäh wie eine Katze. Er blickt auf zu den Männern, die schnell mit einem Colt umzugehen verstehen. Am meisten bewundert er Chance Trigger, den Chef der Bande, in der auch Curly aufwächst. Chance allerdings hat keine Bedenken, Curly für seine Verbrechen einzusetzen. Das geht bis zu jenem Tag, an dem der Satteltramp Jim Westwood Curly in die Hände bekommt.

Jim erkennt sofort, dass man aus diesem Jungen einen anständigen Kerl machen kann. Leicht allerdings hat er es mit ihm nicht. Und dann gibt es noch ein Geheimnis, das der kleine Curly mit sich herumträgt, als er dem Trailboss Jim Westwood hilft, ein schönes Mädchen und die Herde nach Nevada zu bringen. Wird Curly zum Verräter, wenn er seinen alten Bandenchef Chance Trigger an seinen neuen Freund verrät? In seinem jungen Herzen streiten sich Stolz und Verbundenheit – und die Gefahr für Jim Westwood und seine Trailmannschaft wird immer größer ...

»Aber wenn Sie das nicht bezahlen können, breche ich Ihnen sämtliche Knochen, Mister!«

Drohend lässt der bullige Barkeeper seine Augen auf dem Gast ruhen, nachdem er das Tablett mit dem Essen und der Flasche Whisky vor ihm abgesetzt hat. Wenn man sich mit dem Aussehen dieses Gastes etwas näher befasst, erscheint das in diesen Worten zum Ausdruck kommende Misstrauen vollauf berechtigt.

Denn Jim Westwood sieht wirklich nicht aus wie ein Mann, der mit den Glücksgütern dieser Erde besonders reichlich gesegnet ist. Seine ehemals graue Wildlederjacke schillert in vielen speckigen Farbtönen und ist an den Nähten mit Flicken besetzt. Seine Levishosen, die unten umgeschlagen sind und locker über die Stiefel fallen, sind zwar noch heil, jedoch ziemlich abgeschabt. Auch seine Stiefel erwecken nicht den Eindruck erwecken, als seien sie im Laufe der letzten drei Jahre übermäßig gepflegt worden. Denn dieses Alter haben sie zweifellos schon erreicht.

Somit wäre die äußere Erscheinung dieses Mannes beschrieben. Als er nun den Kopf hebt, zeigt er dem Barmann ein hartes, verwegenes und auch irgendwie leichtsinniges Grinsen. Die Drohung im Tonfall des stämmigen Burschen scheint ihn völlig kalt zu lassen.

»Wie kann man nur so schrecklich humorlos sein?«, entgegnet Jim Westwood mit sanftem Vorwurf.

Die buschigen Brauen des Barkeepers rutschen bis zur halben Höhe der Stirn empor.

»Wenn es sich um Geld dreht, hört bei mir der Humor auf«, gibt er giftig zurück. »Ich bin schon öfters von großmäuligen Satteltramps hereingelegt worden, die sich erst den Wanst vollschlugen, sich mit meinem Whisky volllaufen ließen und hinterher keinen Dollar in der Tasche hatten.«

Wenn man das gebräunte, scharf geschnittene Gesicht Jim Westwoods irgendwie charakterisieren wollte, könnte man es nur als kühn bezeichnen. Es ist ein hageres, aber durchaus nicht unsympathisches Piratengesicht, dem eine schmale Narbe, die vom linken Wangenknochen zum Kinnwinkel hinab verläuft, noch den Stempel aufdrückt.

Jim schiebt den ersten Bissen in den Mund, kaut bedächtig und blinzelt zu dem muskelbepackten Bullen auf.

»Ausgezeichnet«, schnauft er dann. »Sie haben eine wirklich gute Küche, mein Freund.« Das übermütige Blitzen in seinen graugrünen Augen ist jetzt nicht mehr zu verkennen.

»Sind Sie eigentlich immer so schwer von Begriff, Cowboy?«, knurrt der andere. »Mann, ich will Geld sehen! Es macht einen Dollar achtzig.«

»Das ist wirklich nicht zu teuer«, murmelt Jim anerkennend, ohne sich jedoch im Geringsten bei seiner Mahlzeit stören zu lassen. »Sagen Sie, wie setzt sich der Betrag zusammen?«

Der Barmann wippt ungeduldig auf den Zehenspitzen.

»Einen Dollar kostet die Flasche Whisky, achtzig Cents macht das Essen«, grollt er.

»Sieh mal an! Achtzig Cents! Dafür gibt es ein prächtiges Steak, Kartoffeln, grüne Bohnen und sogar noch Apfelstrudel als Nachtisch. Ich werde Sie weiterempfehlen, Mister.«

Kochend vor Wut kann der Barkeeper beobachten, wie Jim nach diesen Worten seelenruhig an seinem Steak herumsäbelt und offenbar immer noch nicht ans Bezahlen denkt.

»Wenn Sie mir hier Honig ums Maul schmieren wollen, Freund, dann ersparen Sie sich lieber die Mühe«, schnauft er deshalb grimmig. »Legen Sie eins achtzig auf den Tisch, und zwar verdammt fix!«

»Wenn ich Sie damit vor der Pleite retten kann, Mister ...«

Jim holt seine Brieftasche hervor, die ebenso abgeschabt wie seine Jacke, aber prall gefüllt ist. Der Barkeeper zuckt zusammen, und auch die Augen der beiden Männer am Nebentisch weiten sich. Und dann – steckt Jim Westwood sie wieder ein, ohne sie überhaupt geöffnet zu haben.

»Aah, das kann ich ja auch mit Kleingeld erledigen«, murmelt er und langt in die Tasche. Als er die Hand hervorzieht und ausstreckt, funkeln auf der Handfläche neben anderen Münzen vier Doppeladler, goldene Zwanzigdollarstücke also. Zu einer Zeit, da der Rinderpreis bei etwa zehn Dollar steht, ist das für einen Satteltramp eine erhebliche Summe. Und Jim Westwood trägt sie scheinbar achtlos in der Hosentasche herum! Weder für den Barkeeper noch für die beiden Burschen am Nebentisch gibt es jetzt über den Inhalt der Brieftasche noch den geringsten Zweifel.

Des Barmanns Miene ist plötzlich eitel Sonnenschein und devote Unterwürfigkeit.

»Yeah ...« Jim scheint noch einen Moment zu überlegen, »ich will hier übernachten. Und ein Frühstück brauche ich auch noch. Was macht das alles zusammen, Freund?«

»Ein gutes Zimmer«, rechnet der Angesprochene, wird aber sogleich wieder unterbrochen:

»Sie haben doch drüben auch einen Schlafsaal mit Boxen, Mister. Ich begebe mich gern unter das Volk. Eine Pritsche im Saal tut's auch.«

Offensichtlich enttäuscht, beginnt der Bulle erneut zu rechnen.

»Mit dem Futter für Ihren Gaul macht es dann vier Dollar dreißig«, sagt er schließlich missmutig und nimmt das Geld an, das ihm Jim mit spitzen Fingern vorzählt.

»Und wenn Sie mich jetzt noch einmal beim Essen stören, reiße ich Ihnen die Ohren ab.«

Selbst diese handfeste Drohung Jim Westwoods kann die Laune des Barmanns nicht mehr beeinträchtigen, da sie ohnehin auf dem Tiefpunkt angelangt ist. Vor sich hin murrend, geht er in die Küche, vermutlich mit dem Gedanken beschäftigt, dass er ein wesentlich besseres Geschäft hätte machen können, wenn er nicht so voreilig gewesen wäre. Der Glaube an seine Menschenkenntnis gerät ins Wanken.

Jim leert die Schüsseln bis auf den letzten Rest. Dann, offenbar höchst befriedigt, greift er nach der Whiskyflasche und einem Glas, schiebt den Stuhl zurück und erhebt sich. Er geht zur Tür, schnappt sich einen Stuhl und verzieht sich auf den Verandavorbau.

Eine Minute später hat er es sich dort gemütlich gemacht. Er sitzt – oder liegt – auf dem an die Wand zurückgekippten Stuhl und hat die Füße auf das Geländer der Veranda gelegt. Dass dabei seine völlig durchgelaufenen Schuhsohlen zu erkennen sind, scheint ihn denkbar wenig zu kümmern. Die Zigarette qualmt, die Whiskyflasche steht neben ihm auf dem Boden, und das Glas balanciert er auf dem Oberschenkel. Jim Westwood bietet das Bild eines restlos zufriedenen Menschen, der den Sonnenuntergang genießt. Nach einer Zeit zieht er seinen verbeulten Hut über das Gesicht und beginnt zu dösen.

Etwa eine halbe Stunde mag vergangen sein, als wildes Indianergeheul ihn aufschrecken lässt. Der Hut wandert wieder in den Nacken, und er blinzelt über den großen Hof der Fracht- und Poststation, wo auf der gegenüberliegenden Seite die Wagen einiger Siedlerfamilien aufgefahren sind. Es gibt zwei Kochfeuer dort, zum Trocknen aufgehängte Wäschestücke und mehrere Jungen, von denen das Geheul stammen dürfte. Jim grinst, als er das Toben der Bande bemerkt, die mit markerschütterndem Geschrei gerade zum Angriff auf das »Fort« ansetzt.

Eine Frau droht mit dem Zeigefinger und ruft einige ermahnende Worte, weil ihre Wäschestücke in Gefahr sind, bei diesem Angriff von der Leine gerissen zu werden. Daraufhin verlegen die vier Lausebengel ihren Kampf auf ein anderes »Schlachtfeld«, nämlich auf die Veranda, auf der Jim es sich gemütlich gemacht hat. Es sind typische Siedlerjungen, rotbackig, kräftig und so wild, wie es sich nur mit dem ungebändigten Leben auf einem langen Treck erklären lässt. Den klangvollen Namen nach, mit denen sie sich titulieren, ist jeder von ihnen ein General, der eine unsichtbare Armee befehligt.

Plötzlich taucht dicht vor der Verandabrüstung ein neuer Bengel auf, den Jim zuvor nicht bemerkt hat und der sich von den anderen erheblich unterscheidet. Während nämlich jene die üblichen, bis an die Knie reichende Hosen und oftmals geflickte Jacken tragen, kann man diesen etwa zwölfjährigen Jungen nur als herausgeputzt bezeichnen. Er ist gewissermaßen die Miniaturausgabe eines Erwachsenen, trägt lange Hosen, einwandfreie Cowboystiefel, die sicherlich eine Spezialanfertigung sein müssen, und unter seiner kurzen, gefleckten Weste aus Kalbsfell ein kariertes Hemd und ein Halstuch. Auf dem Rücken baumelt ihm an der Windschnur ein dunkler Stetson.

Mehr jedoch als dieser Aufputz interessiert Jim plötzlich das Gesicht des Jungen. Irgendwie glaubt er einen Zwiespalt darin zu entdecken. Die hochmütig aufeinanderpressten Lippen und der harte Blick seiner dunklen Augen deuten auf einen abweisenden Stolz. Dennoch wird er vom Spiel der anderen angelockt. Seine zögernden Schritte zeigen, dass er nur zu gern mitmachen würde, es aber aus irgendwelchen Gründen nicht offen zeigen will.

Ein Einzelgänger, fährt es Jim durch den Kopf. Einer wie ich, der sich auch die anderen vom Leib halten will und sie doch manchmal braucht.

Während er sich daraufhin ein Glas vollschenkt, wird es vor der Veranda schlagartig still. Die erhitzten »Kämpfer« haben den Eindringling bemerkt und scharen sich um den Jungen. Ein Rotschopf, der ihn fast um Haupteslänge überragt, baut sich herausfordernd vor ihm auf, stößt ihm den nicht besonders sauberen Zeigefinger vor die Brust und schnaubt:

»Wie heißt du?«

Widerstrebende Empfindungen zeigen sich in der Miene des Angesprochenen. Offenbar ist er sich nicht allzu schlüssig, ob er überhaupt antworten soll, doch dann erwidert er gepresst:

»Curly – und du?«

»Ich bin General Sheridan, und du musst mich mit Sir anreden und vor mir strammstehen, wenn du mitmachen willst.«

Der neu Hinzugekommene schüttelt wild seinen dunklen Haarschopf, der unzweifelhaft schon seit Wochen nicht mehr mit einer Schere in Berührung gekommen ist.

»So ein kindischer Blödsinn!«, versetzt er im Brustton der Überzeugung. »Du bist eine Rotznase und wirst in deinem ganzen Leben nicht einmal Sergeant werden, viel weniger ein General! Und außerdem stehe ich vor niemandem stramm!«

Jim Westwood erkennt eine neue Parallele zu seiner eigenen Einstellung und verzieht den Mund zu einem anerkennenden Grinsen. Die weitere Entwicklung erfordert nämlich seine ganze Aufmerksamkeit.

General Sheridan spreizt die kräftigen Beine und nimmt die geballten Fäuste kampfbereit vor die Brust.

»Diese Worte stoße ich dir in den Hals zurück, du lackierter Affe«, knurrt er beleidigt. »Hoffentlich hast du ein Verzeichnis deiner Zähne, damit du sie wieder an den richtigen Platz setzen kannst!«.

Diese Worte, seine Stimme, seine Sprechweise, das alles deutet darauf hin, dass er nicht nur größer und stärker, sondern auch ein bis zwei Jahre älter als sein Gegner ist. Infolgedessen kommt es ihm gar nicht darauf an, den Mund reichlich voll zu nehmen. Offenbar ist er froh, eine Gelegenheit gefunden zu haben, durch das Verprügeln eines Außenstehenden seinen Führungsanspruch den anderen gegenüber zu festigen. Natürlich fühlt er sich durch deren Anwesenheit besonders stark, zumal diese ihm durch anfeuernde Rufe ihre Solidarität zeigen.

Genau wie unter Erwachsenen, denkt Jim. Es braucht nur jemand aus dem Rahmen zu fallen, dann schließt sich das Rudel gegen ihn zusammen. Jetzt wird er seine Lektion bekommen. Hoffentlich zieht dieser Curly daraus die Lehre – für sein ganzes Leben!

Jim empfindet ein gewisses Bedauern. Curly ist nicht nur kleiner und schmaler als der Rotschopf, er zeigt auch nicht die gesunde und kräftige Gesichtsfarbe seines Gegners, sondern ist blass, fast durchsichtig. Doch obgleich er sich einer Übermacht gegenübersieht, weicht er keinen Schritt zurück. Die Augen des Jungen ziehen sich zu schmalen Schlitzen zusammen, und seine Mundwinkel beginnen erregt zu zucken. Dennoch stößt er giftig hervor:

»Los, dann fang doch an, Reddy!«

»Ja, das tue ich auch!«, knurrt der Ältere, »und wenn du dir jetzt noch nicht in die Hosen gemacht hast, wird es bestimmt nicht mehr lange dauern!«

Er hat seinen Satz kaum beendet, da fällt er auch schon über Curly her. Innerhalb einer Sekunde ist die Prügelei in vollem Gang.

Jim Westwood traut seinen Augen nicht. Obgleich er körperlich dem anderen weit überlegen ist, hat der Rotkopf alle Hände voll damit zu tun, sich Curly vom Leib zu halten. Curly kämpft mit einer wilden Erbitterung, wie sie Jim bei einem Knaben noch niemals gesehen hat.

Die beiden Kampfhähne wälzen sich am Boden. Curly tritt, boxt und schlägt aus allen Lagen. Als ihm einmal das Ohr des Rotschopfs mundgerecht vor dem Gesicht schwebt, zögert er keine Sekunde, kräftig hineinzubeißen.

Schon nach wenigen Augenblicken geht das Wutgebrüll des älteren Jungen in ein jämmerliches Hilfegeschrei über. Er muss sich vorkommen, als ob er einem erbarmungslos kämpfenden Panther in die Fänge geraten sei.

Da entschließt sich der erste seiner Genossen, ein pausbäckiger, stupid dreinsehender Bengel, zum Eingreifen. Von hinten stürzt er sich über Curly, der jetzt den Rotschopf unter sich hat und ihn unentwegt mit den Fäusten bearbeitet.

Wie es enden wird, weiß selbst Jim nicht zu sagen, obgleich er den ungleichen Kampf scharf beobachtet. Irgendwie schafft es Curly jedenfalls, sich unter seinem zweiten Gegner hervorzuwinden und auf die Beine zu kommen. Als dieser hinter ihm her tappt, kracht jäh eine kleine, aber bestimmt harte Faust auf seine Nase, dass das Blut daraus hervortropft und ihm das Wasser in die Augen schießt. Er schreit jämmerlich und rennt zu den beiden Wagen hinüber. Den beiden noch verbliebenen Helden nimmt der Anblick des Bluts von einer Sekunde zur anderen jeglichen Schneid. Sie bevorzugen den Rückzug, und auch sie sind mit wenigen Sätzen bei den Wagen verschwunden.

Das Zwischenspiel hat nur kurze Zeit gedauert. Der Rotschopf ist wieder auf die Beine gekommen. Nachdem Curly festgestellt hat, dass ihm im Rücken keine Gefahr mehr droht, fällt er seinen ersten Gegner mit verbissenem Eifer erneut an. Keinen Laut gibt er während des Kampfs von sich.

Ganz anders der Rotschopf, der schon nach wenigen Augenblicken unten liegt. Sein Zetern könnte Steine erweichen. Als Echo kommt von den Wagen her nur das laute Gebrüll seiner rückzugsbeflissenen Bundesgenossen.

»Er schlägt ihn tot!«, schreien sie. »He, Mr. Richards, er schlägt Harry tot!«

Allmählich gewinnt Jim Westwood den selben Eindruck. Curly drischt in hemmungslosem Jähzorn auf das jammernde Bündel ein.

Jim springt auf, um ihn zurückzureißen, doch da kommt schon ein hünenhafter Mann über den Hof gerannt, gefolgt von einer zeternden Frau. Der rote Haarwuchs des Hünen weist ihn mit unzweifelhafter Deutlichkeit als Harrys Vater aus, Mr. Richards also.

Mit einem Griff packt er Curly im Genick, zerrt ihn hoch und schlenkert ihn wie einen jungen Hund. Auch jetzt kommt kein Laut von den fest zusammengepressten Lippen des Jungen, ganz im Gegensatz zu Harry, der sich wimmernd in die Arme seiner Mutter rettet.

Voll grimmiger Wut schleppt Mr. Richards sein zappelndes und um sich schlagendes Opfer zu den Wagen hinüber. Der Rest der Familie folgt ihm. Es wird still auf dem Kampfplatz. Nur Curlys zerknautschter Hut bleibt zurück.

Jim geht die wenigen Stufen hinab und hebt ihn auf. Aber seine Augen sind dabei auf das kleine Kochfeuer gerichtet und verfolgen die Vorgänge.

Mr. Richards langt zum Bock des Wagens empor, ergreift die Peitsche, während seine andere Hand immer noch Curly gepackt hält. Er stemmt das rechte Bein auf die Radnabe und wirft den Jungen mit einem Ruck über sein Knie. Die Peitsche klatscht auf dessen Hinterteil.

Doch plötzlich finden Curlys zappelnde Beine am Kasten des Wagens Halt. Mit verzweifelter Kraft stemmt er sich dagegen. Ein Stoß, dann wird der auf einem Bein stehende Mr. Richards aus dem Gleichgewicht gebracht. Er taumelt, rudert mit den Armen durch die Luft und muss sein Opfer loslassen.

Curly purzelt auf den Boden, rollt sich katzengewandt ab und springt auf die Beine. Jim ist felsenfest davon überzeugt, dass er sich sofort in Sicherheit bringen wird. Aber diese Vermutung erweist sich als falsch.

Stattdessen zuckt die Hand des Jungen unter seine Weste. Als er sie wieder hervorzieht, blitzt darin ein gefährliches Dolchmesser. Sprungbereit und geduckt steht er da, tödlicher Hass und Rachsucht brechen aus seinen Augen.

Jim steht wie gebannt. Er muss sich zusammennehmen, um nicht einen lauten Warnruf auszustoßen. Doch das wäre überflüssig, weil auch der Hüne bereits die Gefahr erkannt hat. Ja, es sieht wirklich so aus, als ob sich Curly im nächsten Moment auf Mr. Richards stürzen wolle.

Die Frau stößt einen schrillen Entsetzensschrei aus, und selbst Richards muss schlucken. Doch dann packt er die Peitsche länger und wendet den schweren Stiel nach vorn.

»Komm nur, du Satansbraten!«, keucht er. »Komm nur, ich werde dir mit dem ersten Hieb den Schädel zerschmettern!«

Ratlos wandern Curlys Augen hin und her. Dann reißt er die messerbewehrte Hand in die Höhe, macht einen wilden Satz nach vorn und – zerhackt mit einem Schnitt die Wäscheleine.

Wäschestücke schleifen über den Boden. Eines davon landet im Feuer und lässt die Funken hoch aufstieben. Laute Schreie ertönen, Curly aber jagt wie ein Wiesel quer über den Hof, schlägt einen Haken um Jim Westwood und verschwindet im Schankraum.

Sekundenlang ist die gesamte Familie Richards damit beschäftigt, die herabhängende und immer weiter nachrutschende Wäsche davor zu bewahren, ebenfalls im Feuer zu landen.

»Das war eine Bestie!«, kreischt Mrs. Richards. »Ein Teufel war das! Oh, nur in einem so wilden und unzivilisierten Land kann es solche Kreaturen geben!«

»Und wenn er der Satan selber wäre, jetzt hole ich ihn mir!«, grollt das Familienoberhaupt. »Und derjenige, der für ihn verantwortlich ist, wird die verbrannte Wäsche bezahlen!«

Jim zieht sich wieder auf seinen Platz zurück. Dann rückt er seinen Stuhl so, dass er durch ein Fenster auch das Innere des Schankraums überblicken kann, in dem inzwischen die Lampen angezündet wurden.

Curly steht neben dem Tisch mit den beiden finsteren Burschen, erzählt gestikulierend und wischt sich den Schweiß aus dem Gesicht. Die beiden Kerle grinsen und zwinkern ihm zu. Einer von ihnen schiebt dem Jungen sein Glas hin, aber dieser schüttelt den Kopf.