H. C. Hollister 50 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 50 E-Book

H. C. Hollister

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Es scheint fast hoffnungslos, den "Ring" zu sprengen. Die Mitglieder des Rings sind zu strengstem Stillschweigen verpflichtet, und der Ring terrorisiert die friedlichen Städte in Texas von Tag zu Tag schlimmer. Da fasst Ranger-Captain Dan Morrel einen Entschluss: Er will sich gemeinsam mit drei Mitgliedern des Rings ins Gefängnis bringen lassen, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Dann sollen sie mit ihm ausbrechen, und er selbst will mit ihnen dorthin reiten, wo der Chef des Rings seine Befehle erteilt.
Doch es ist ein tödliches Spiel, auf das sich Dan Morrel eingelassen hat, denn es kommt der Tag, da er von einem anderen erkannt wird, den er selbst längst vergessen hat. Nun wissen alle, dass er ein Ranger-Captain ist, und sie geben ihm kaum noch eine Chance. Seine Mannschaft wird ihn nicht heraushauen können. Dann aber gewinnt Dan einen Freund und damit auch wieder einen Trumpf in dem tödlichen Spiel - in dem Spiel auf Leben und Tod.


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 153

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

RANGER-CAPTAIN DAN MORREL

Vorschau

Impressum

RANGER-CAPTAIN DAN MORREL

Es scheint fast hoffnungslos, den »Ring« zu sprengen. Die Mitglieder des Rings sind zu strengstem Stillschweigen verpflichtet, und der Ring terrorisiert die friedlichen Städte in Texas von Tag zu Tag schlimmer. Da fasst Ranger-Captain Dan Morrel einen Entschluss: Er will sich gemeinsam mit drei Mitgliedern des Rings ins Gefängnis bringen lassen, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Dann sollen sie mit ihm ausbrechen, und er selbst will mit ihnen dorthin reiten, wo der Chef des Rings seine Befehle erteilt.

Doch es ist ein tödliches Spiel, auf das sich Dan Morrel eingelassen hat, denn es kommt der Tag, da er von einem anderen erkannt wird, den er selbst längst vergessen hat. Nun wissen alle, dass er ein Ranger-Captain ist, und sie geben ihm kaum noch eine Chance. Seine Mannschaft wird ihn nicht heraushauen können. Dann aber gewinnt Dan einen Freund und damit auch wieder einen Trumpf in dem tödlichen Spiel – in dem Spiel auf Leben und Tod.

»Pfoten weg, Dicker!«, knurrt Dan Hackamore und befreit durch einen harten Ruck der Schultern seinen Oberarm aus dem Griff des bulligen Wärters. Dann macht er einen langen Schritt in die Zelle, blickt sich um und höhnt grimmig: »In Ordnung, das Zimmer nehme ich. Sie können verschwinden, Dicker!«

Dem Gefängniswärter schwellen die Schläfenadern, und er läuft vor Zorn blaurot an.

»Dir wird das Lachen noch vergehen, Freundchen«, zischt er, als er wütend die Gittertür der Zelle ins Schloss schmettert. »In zwei Wochen haben wir dir Manieren beigebracht, und dann hast du noch fünf Jahre Zeit, um sie dir genau einzuprägen, ehe du wieder auf die Menschheit losgelassen wirst.«

»Sicher«, meint Dan Hackamore ungerührt. »Aber wenn wir uns danach einmal begegnen sollten, dann werde ich dir etwas beizubringen haben, Dicker: beispielsweise Höflichkeit im Umgang mit zahlenden Gästen dieses komfortablen Hotels. Ich habe da meine ganz besonderen Methoden ...«

Mit einem verachtungsvollen Grunzlaut reißt der Aufseher den Schlüssel aus dem Schloss und stampft mit schweren Schritten davon. Dan Hackamore aber sieht drei Gesichter, die ihm teils neugierig, teils ablehnend entgegenstarren.

Als er sie der Reihe nach betrachtet, sind seine Lippen spöttisch verkniffen und seine Augen schmal.

»Hallo«, sagt er dann lässig. »Schade, dass es hier kein Beschwerdebuch gibt.«

»Wolltest du etwa über O'Rourke Klage führen?«

Dan blickt den Mann an, der auf einem Schemel sitzt, sich gegen die Wand lehnt und die Beine weit von sich streckt. Es ist ein breitschultriger Bursche mit kantigem, verschlagenem Gesicht und Bartkoteletten, die bis in Höhe der Ohrläppchen reichen.

»Über den Wärter?«, murmelt Dan kühl und zieht hochmütig die Augenbrauen empor. »Nein, das nicht gerade. Ich würde mich darüber beschweren, dass man mich mit drei solchen Galgenvogelgesichtern in eine Zelle gesperrt hat.«

Weit davon entfernt, beleidigt zu sein, lässt der Bursche ein glucksendes Lachen hören.

»Du bist also Dan Hackamore, den sie vor acht Wochen in Austin bei einem Alleingang geschnappt haben«, entgegnet er kichernd. »Fünf Jahre, nicht wahr? Damit bist du noch gut bedient. Wir anderen hier haben schon ungefähr ein Jahr hinter uns und werden noch weitere sieben Jahre unfreiwillige Nachbarn bleiben. Nicht gerade rosige Aussichten für lebenslustige Jungs, wie? Übrigens, mein Name ist Les Beecher. Dieser rothaarige Schimpanse dort im unteren Bett heißt Jonas Finney, und das Milchgesicht in der oberen Etage ist Willie Ryan.«

Dan Hackamore sieht geflissentlich über die Hand hinweg, die ihm von Les Beecher entgegengestreckt wird.

»Ich müsste lügen, wenn ich sagen wollte, dass ich über eure Bekanntschaft erfreut wäre, Leute.«

Jonas Finney gibt ein ärgerliches Schnauben von sich. Er ist von kräftiger, untersetzter Statur und hat ein breites, aber gutmütiges Bullenbeißergesicht. Sein Kinn ist mit rötlichen Bartstoppeln übersät. Als er sich auf die andere Seite wirft und sein Gesicht der Wand zudreht, gerät das doppelstöckige Bett ins Schwanken.

Willie Ryan, der über ihm liegt, nimmt das zum Anlass, sich auf die Ellbogen zu stützen. Gelangweilt zupft er einen Strohhalm aus seinem Strohsack und kaut darauf herum. Seine dunklen, flackernden Augen lassen Dan Hackamore nicht mehr los.

»Glaubst du vielleicht, uns macht es Freude, einen hochnäsigen Pilger in die Zelle zu bekommen?«, sagt er mit weinerlicher Stimme. Sein schmales Gesicht ist krankhaft bleich und erscheint mit den glitzernden Augen fast psychopathisch. Zweifellos ist dieser Bursche in seinen Handlungen unberechenbar.

Völlig ausdruckslos hält Dan Hackamore dem Blick von Willie Ryans ruhelosen Augen stand.

Dan zieht sich die Stiefel von den Füßen, schwingt sich auf das Bett und zieht gemächlich die Hose aus. Dann wickelt er sich in die Decke, wendet sich noch einmal Les Beecher zu und sagt grinsend:

»Ich will schlafen, Les. Du solltest jetzt O'Rourke Bescheid geben, dass er das Licht ausmachen kann.«

Erst im Laufe des darauffolgenden Vormittags findet diese Unterhaltung ihre Fortsetzung. Da sind an die hundert Sträflinge etwa eine Meile außerhalb von San Antonio mit der Erweiterung einer Straße beschäftigt. Baumstümpfe werden mit langen Brechstangen und unter Zuhilfenahme von Pferdegespannen gerodet, große Steinbrocken aus dem Weg geräumt oder mit schweren Hämmern zertrümmert.

Dan Hackamore und Jonas Finney lockern gemeinsam mit einem großen Hebel einen Baumstumpf.

»Im Steinbruch war es nicht schön«, brummt Jonas Finney gallig, »aber hier ist es beinahe noch schlimmer. So eine Schinderei!«

Dan wischt sich erst den Schweiß von der Stirn, dann blickt er sich um und fragt:

»Wieso hat man uns keine von diesen apart gestreiften Maßanzügen verpasst, wie sie die Fahrer bei den Wagen tragen, Jonas?«

»Weil sie knapp damit sind«, erwidert der Rothaarige. »In diesem verfluchten Saftladen fehlt es an allen Ecken und Enden. Deshalb werden nur diejenigen in Gefängniskleidung gesteckt, die nicht so scharf bewacht werden können.«

Gegen Mittag bringt ein Wagen von der Gefängnisküche das Essen. Auf ein plärrendes Hornsignal hin lässt alles die Arbeit stehen und liegen und rennt zur Ausgabestelle hinüber. Die Eile, welche die Gefangenen dabei ausnahmslos an den Tag legen, zeigt deutlich, dass sie um ihre Ration von dem vielgelästerten »Schlangenfraß« doch sehr besorgt sind, vielleicht sogar besorgt sein müssen.

Jonas und Dan treffen mit Les Beecher und Willie fast zur selben Zeit ein. Plötzlich ist dann ein großer, klobiger Bursche da, der den zeternden Willie brutal zurückstößt und sich dadurch vordrängt. Wie ein Quirl wirbelt Dan Hackamore herum und versetzt ihm einen Stoß vor die Brust. Das wäre nicht weiter gefährlich, wenn er ihm nicht gleichzeitig heftig auf den Fuß getreten hätte. Der Kerl strauchelt, rudert mit den Armen durch die Luft und sitzt unversehens außerhalb der Reihe auf seinem gewichtigen Hinterteil.

Im Nu umringen etliche Sträflinge johlend den Kampfplatz. Was auch immer in ihrem eintönigen Leben an Abwechslung geboten wird, das nehmen sie gierig auf. Jede Kleinigkeit bietet im Gefängnis auf Tage und Wochen hinaus Gesprächsstoff.

Doch der Ring ist noch nicht ganz geschlossen, als sich auch schon zwei Wärter mit den Gewehrkolben Platz verschaffen und rücksichtslos dazwischenfahren.

»Aufhören, zum Teufel!«, brüllt Tom O'Rourke. »Was soll dieses Theater? Wer sich prügelt, bleibt bis heute Abend ohne Essen!« Er drängt sich bis zu dem am Boden liegenden Burschen durch, blickt auf und sieht Dan Hackamore. Sofort geht ein gehässiges Grinsen über sein Gesicht. »Natürlich, der Neue!«, sagt er mit beinahe sadistischer Befriedigung. »Als ob ich mir das nicht gedacht hätte. Aah, du wirst den Gürtel enger schnallen müssen, Hackamore, dann wird dir der Übermut schon vergehen.«

Dans Miene ist an Harmlosigkeit nicht zu übertreffen. Gekränkt starrt er den Aufseher an und murmelt:

»Ich weiß gar nicht, was Sie wollen, O'Rourke. Das ist ein alter Freund von mir. Unsere Begrüßung ist lediglich etwas heftig ausgefallen.«

Er tritt neben den Kerl, greift ihm unter die Arme und zerrt den atemlos Schnaufenden empor.

»He, Sam, so sag' dem guten O'Rourke doch schon, dass wir alte Freunde sind und uns nicht geprügelt haben.«

Das Schwergewicht muss schlucken. Die Augen quellen ihm fast aus dem Kopf.

»A-a-aber ich heiße doch gar nicht Sam.«

Das Grinsen des Wärters wird womöglich noch breiter. Mit gerunzelten Brauen blickt Dan seinen begriffsstutzigen Gegner an.

»Du bist gar nicht mein alter Freund Sam Tucker?«, knurrt er vorwurfsvoll. »Aah, das ist doch nicht zu glauben. So was von Ähnlichkeit habe ich noch nicht gesehen. Eine Verwechslung – wirklich, O'Rourke, wenn Sie meinen alten Freund Sam Tucker kennen würden, dann müssten Sie selbst sagen, dass ...«

»Nenne mich nicht andauernd O'Rourke, Mann!«, faucht der Aufseher wütend, während Dan dem Gestürzten fürsorglich auf die Beine hilft. »Alle Gefangenen haben die Wärter mit ›Sir‹ anzureden, verstanden?«

»Aber selbstverständlich, Sir«, gibt Dan mit höflichem Grinsen zurück. »Entschuldigen Sie, Sir. Wenn man neu ist, dann unterläuft einem manchmal ein Schnitzer, nicht wahr?«

Dieser treuherzigen Frage hat Tom O'Rourke nichts entgegenzusetzen. Mit zornigem Schnauben gibt er seinem Kollegen einen Wink. Dann ziehen sie sich zurück, und auch die Gefangenen nehmen hastig wieder ihre Plätze in der Reihe ein.

Wenig später langt sich Dan Hackamore bereits Blechteller und Löffel aus der Kiste, lässt sich vom Kalfaktor seinen Schlag zuteilen und hockt sich in der Nähe auf einen Steinbrocken.

Jonas Finney ist der erste, der sich zu ihm gesellt. Kurz darauf sind auch Les Beecher und Willie Ryan ungebeten zur Stelle und lassen sich nieder. Gierig fallen sie über ihr Essen her.

»Feige bist du also nicht, Hackamore, denn sonst hättest du dich nicht mit Wes Luray angelegt. Ich frage mich nur, weshalb du es überhaupt getan hast«, murmelt Les Beecher.

»Weil Luray Willie zurückgestoßen hat, das ist doch ganz klar«, macht sich Jonas Finney zu Dans Verteidiger.

»Aber ein bisschen komisch bleibt es doch. Was hältst du davon, Willie?«, meint Beechers.

»Ich traue ihm nicht«, erwidert der Angeredete in seinem typisch jammernden Tonfall. »Vielleicht hat er nur Angst vor uns und wollte sich dadurch lieb Kind machen.«

»Nein, die Rechnung geht nicht auf, Willie«, entgegnet Les Beecher zweifelnd. »Ich habe ihn bisher unterschätzt; das habe ich vor allem daran gemerkt, wie er mit wenigen Handgriffen mühelos Wes Luray abgefertigt hat. Er ist ein Einzelgänger, eine harte Nummer. Und er bildet sich auch etwas darauf ein. Wer so mit Wes Luray umspringt, der hat vor uns keine Angst.«

»Dabei hätte er doch allen Grund dazu.« Willie Ryan kichert mit einem verschlagenen Grinsen. »Ich brauche nur an diesen Cole Ramsey zu denken, der auch ...«

»Halt das Maul, du Narr!«, knurrt Les Beecher ihn an, sodass Willie kindlich erschreckt die Augen aufreißt.

Als ob Beecher den durch seine plötzliche Heftigkeit entstandenen Eindruck wieder verwischen wolle, erklärt er mit deutlich erkennbarem Zögern: »Du musst wissen, Hackamore, dieser Cole Ramsey war dein Vorgänger bei uns in der Zelle, ein Bursche, der angeblich nicht einmal die Hölle fürchtete. Und dann ist er mit beiden Beinen zugleich hineingesprungen. Es erwischte ihn bei einer Sprengung im Steinbruch. Wahrscheinlich hat er das Warnsignal überhört, denn er brachte sich nicht rechtzeitig in Deckung. Ein bedauerlicher Unfall.«

»Wie traurig«, murmelt Dan.

»Ich werde nicht klug aus dir, Mister«, erwidert Beecher und streicht nachdenklich mit den Fingerrücken über seine Bartkoteletten.

»Wahrscheinlich ist es mein überschäumendes Temperament«, spöttelt Dan. »Ich kann es nun einmal nicht ausstehen, wenn ein schwachsinniger Bursche von einem Schwergewicht herumgestoßen wird. Es passt mir nicht, wenn mir jemand auf den Zehen herumtrampeln will, und bei mir ist sogar der Versuch schon strafbar.«

»Ein stolzer Einzelgänger«, bemerkt Les Beecher sarkastisch.

»Ja, wenn du nichts dagegen hast«, kontert Dan. »Bildet euch bloß nicht ein, dass ich auf eure Meinung scharf wäre.«

Les Beecher fixiert ihn aus wachsamen, misstrauischen Augen.

»Du glaubst also immer noch daran, dass du als Einzelgänger bessere Chancen hast?«

»Ich glaube es nicht, ich weiß es«, erklärt Dan Hackamore überzeugt.

»Deshalb haben sie dich auch wahrscheinlich geschnappt, als du dich gerade in Austin an einen Banktresor heranmachtest, nicht wahr?«, höhnt Les Beecher.

Dan nickt ernsthaft.

»Stimmt«, entgegnet er trocken. »Das war ein idiotischer Zufall. Aber ich habe mir ausgerechnet, dass ich nur umso sicherer geschnappt worden wäre, wenn ich noch irgendwelche Helfer gehabt hätte. Übrigens stelle ich fest, dass ihr recht gut unterrichtet seid, wo ihr doch angeblich keinerlei Verbindung zur Außenwelt habt.«

»Wenn man sich in dem Betrieb auskennt, erfährt man so allerlei«, erwidert Les Beecher mit gespielter Bescheidenheit. »Beispielsweise war es für dich ausgesprochenes Pech, dass du niemanden hattest, der dir einen guten Verteidiger bezahlt hätte. Vielleicht wärst du sonst mit zwei bis drei Jahren davongekommen.«

Das scheint Dan Hackamore nun doch endlich zu beeindrucken.

»Ja«, antwortet er nachdenklich. »Das war wirklich Pech, ganz besonders deshalb, weil ich das Geld gehabt hätte, aber nicht darauf zurückgreifen konnte, ohne mich noch tiefer in die Patsche zu bringen. Jedenfalls habe ich daraus gelernt und werde es beim nächsten Mal geschickter anfangen.«

»Nichts wirst du«, brummt Jonas Finney missmutig.

»Lass ihn doch, Jonas!«, fällt Les Beecher ein. »Unser Freund wird schon noch dahinterkommen, dass man heutzutage nur mit Gemeinschaftsarbeit Erfolge erzielen kann. Noch ein paar Jahre, dann werden auch die letzten Einzelgänger ausgestorben sein.«

Andächtig wischt Dan Hackamore mit dem Rest des Brotes seinen Blechteller aus. Als er den Kopf hebt, blitzt der Spott in seinen Augen.

»Gemeinschaftsarbeit – ein hübsches Wort«, murmelt er mit ironischer Anerkennung. »Ich schätze, gerade dieser Gemeinschaftsarbeit habt ihr es zu verdanken, dass ihr jetzt alle miteinander hinter Gittern sitzt, nicht wahr? Erspart euch also eure Bekehrungsversuche, Leute! Jeder schwört eben auf seine eigene Methode, und ich bin auf eure ganz gewiss nicht scharf.«

Er erhebt sich und geht zu der großen Wanne, die zur Aufnahme des schmutzigen Geschirrs bestimmt ist. Verdutzt bleiben seine Zellengenossen zurück. Les Beecher macht sogar ein geradezu enttäuschtes Gesicht.

»Ich werde aus diesem Pilger nicht schlau«, sagt er ratlos. »Gestern hätte ich noch darauf geschworen, dass er nur ein Bursche ist, der sich zur Spitzelarbeit bereitgefunden hat, damit ihm seine eigene Strafe vorzeitig erlassen wird. Heute werfe ich ihm zweimal einen Knochen hin, und er schnappt nicht einmal danach. Die Sache mit Cole Ramsey scheint ihn ebenso wenig zu interessieren wie alles andere, was mit uns zusammenhängt. Sollte ich mich wirklich so getäuscht haben?«

»Sicher hast du dich geirrt«, meint Jonas Finney mit seltsamer Betonung. »Ich sage dir, dieser Dan Hackamore ist einer von den ganz Kaltschnäuzigen. Nur sein Temperament geht manchmal mit ihm durch.«

»Ich weiß nicht recht«, mischt sich Willie Ryan weinerlich ein. »Ich traue ihm noch immer nicht über den Weg.«

Da ein misstönendes Hornsignal das Ende der Mittagspause ankündigt, erheben sie sich alle.

»Mag sein«, stößt Les Beecher hervor, ohne dass seine Worte überzeugend klingen. »Auf jeden Fall werden wir noch eine Weile sehr vorsichtig sein müssen. Und lasst unter keinen Umständen auch nur die geringste Andeutung über unsere – nun, ich meine, über unsere Zukunftspläne verlauten. Habt ihr das kapiert?«

✰✰✰

Eine Woche später hat sich das Klima in der Zelle schon merklich gebessert.

Doch Dans Verhältnis zu Tom O'Rourke, dem Aufseher, wird allerdings von Tag zu Tag angespannter. Zwar nennt er den Wärter nur noch »Sir«, doch er spricht dieses Wort nicht, sondern spuckt es förmlich aus, und er tritt ihm – soweit er überhaupt Gelegenheit dazu hat – mit einer eiskalten, überheblichen und aufreizenden Höflichkeit entgegen.

Bei Tom O'Rourke gewinnt man den Eindruck, dass er schon in Siedehitze gerät, wenn er nur in die Nähe der Zelle kommt. Alle bemerken es, nur Dan Hackamore scheint nicht darauf zu achten.

Bezeichnend für die angespannte Atmosphäre ist die wöchentliche Durchsuchung der Zelle, die in den meisten Fällen routinemäßig verläuft. Nur bei Dans Bett scheint der Aufseher von einer wahren Entdeckungswut besessen zu sein. Er lässt es sich nicht einmal nehmen, sogar bis in alle Ecken des Strohsacks hineinzulangen, während die Häftlinge an der Hinterwand der Zelle Aufstellung nehmen.

»Bei einer wirklich genauen Untersuchung sollte man vielleicht auch Strohhalme probeweise aufschlitzen, Sir«, bemerkt Dan scheinbar völlig ernsthaft. »Nicht alle natürlich, sondern nur ein paar, als Stichprobe gewissermaßen. In Strohhalmen kann man nämlich alles Mögliche verstecken.«

Wütend lässt O'Rourke den Strohsack wieder sinken, fegt die Wolldecke beiseite und mustert das Bett aus verkniffenen Augen. Daraufhin wendet er sich den Häftlingen zu und kommandiert:

»Gesicht zur Wand, die Hände auf den Kopf!«

Mit geübten Griffen führt er die Leibesvisitation durch, und auch dabei konzentriert sich seine Aufmerksamkeit in erster Linie auf Dan.

»Nichts gefunden, Sir?«, fragt Dan mit scheinheiligem Spott. »Wenn Sie mir wenigstens sagen würden, was hierzulande verboten ist, dann könnte ich Ihnen beim nächsten Mal vielleicht eine kleine Freude bereiten.«

Wütend verlässt Tom O'Rourke die Zelle und überlässt es seinem Kollegen, die Gittertür hinter ihm zu verschließen.

Eine ganze Weile stehen die vier Häftlinge reglos, dann lässt sich Jonas Finney auf sein Bett fallen.

Les Beecher hockt sich auf einen Schemel, lehnt sich weit zurück gegen die getünchte Wand und starrt Dan von unten herauf an.

»Dan, was hast du damit gemeint, dass O'Rourke Strohhalme aufschlitzen soll?«

»Du Witzbold«, antwortet Dan geringschätzig. »Glaubst du wirklich, dass O'Rourke sogar in Strohhalmen suchen würde?«

Mit einem Satz ist Les Beecher auf den Beinen und bei seinem Bett. Seine Hand fährt in den Strohsack und kommt Sekunden später mit einem prallen Strohhalm wieder zum Vorschein.

»Suchen vielleicht nicht«, zischt er, »aber zu finden wäre immerhin etwas: das hier!«

Dan Hackamores Miene ist von echter Betroffenheit gekennzeichnet, als er die dünne Zündschnur erkennt, die Beecher aus dem Strohhalm hervorzieht. Es ist eine Lunte, wie sie bei Sprengungen verwendet wird. Drei feindselige, lauernde Gesichter wenden sich Dan zu, und Les Beecher zischt:

»Kapierst du jetzt endlich, was du mit deiner Hänselei hättest anrichten können?«

Dan pfeift gedämpft durch die Zähne.

»So ist das also. Das habe ich nicht gewusst.«

»Du weißt noch so manches nicht, Hackamore«, entgegnet Les Beecher schroff. »Deshalb wird es Zeit, dass wir dich aufklären. Um ehrlich zu sein: Ich habe dich anfangs für einen Spitzel gehalten, der uns über verschiedene Dinge aushorchen sollte. Es gibt genug Kerle, die sich dazu hergeben, wenn ihnen der Gefängniswärter dafür eine vorzeitige Begnadigung in Aussicht stellt.«

»Gehörte Cole Ramsey auch dazu?«, erkundigt sich Dan gleichmütig.

Sofort ist Beechers Miene lauernd und gespannt. »Wie kommst du darauf?«

Dan zieht geringschätzig die Mundwinkel herab.

»Ihr haltet mich wohl für einen kompletten Idioten, wie? Nur einem ausgemachten Trottel wäre nicht aufgefallen, wie du Willie übers Maul gefahren bist, als er von Ramseys Tod zu sprechen begann, Beecher. – Nun, das alles interessiert mich nicht. Es ist dein eigener Verdruss, wenn du etwas nachgeholfen haben solltest.«

Um sich seine Erleichterung nicht anmerken zu lassen, schiebt Les Beecher die Zündschnur wieder in den Strohhalm.

»Wenn ich nachgeholfen hätte, würde ich es natürlich niemals zugeben.«

»Du wärst ein Narr, wenn du es tätest«, entgegnet Dan gleichmütig. »Ich interessiere mich auch nicht für eure Pläne.«

Beecher praktiziert den Strohhalm wieder an seinen Platz zurück und zeigt ein schiefes Grinsen.