H. C. Hollister 61 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 61 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Als Bullwhip-Jones die Brücke über den Smoky River passiert, nehmen die turbulenten Ereignisse in diesem von Fehden zerrissenen Becken ihren Anfang. Ob er will oder nicht - Bullwhip Jones‘ Name genügt, um ihn unwiderstehlich in den Strudel hineinzuziehen. Dabei scheint die Lage völlig klar zu sein. Rock Wendover gibt sich nicht die geringste Mühe, seine Willkürherrschaft zu bemänteln. Es scheint ihm nichts auszumachen, in diesem wilden Land an der Montana-Grenze als skrupelloser, machthungriger Weidepirat verschrien zu sein.
Dieser Rock Wendover ist zweifellos ein harter und interessanter Mann, der ein Geheimnis zu wahren hat. Undurchsichtig sind auch die Pläne Bruce Flemings - des Mannes, der für Bullwhip-Jones der erste Partner auf dieser Weide wird. Aber als die große Auseinandersetzung begonnen hat, da kommt doch alles ganz anders, als er es erwartet und vorausgesehen hatte. Zu eng sind die Fäden von Intrige, Mord und Gewalttat verknüpft, als dass Bullwhip-Jones die Knoten auf Anhieb lösen könnte.


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Inhalt

Cover

BULLWHIP-JONES

Vorschau

Impressum

BULLWHIP-JONES

Als Bullwhip-Jones die Brücke über den Smoky River passiert, nehmen die turbulenten Ereignisse in diesem von Fehden zerrissenen Becken ihren Anfang. Ob er will oder nicht – Bullwhip Jones' Name genügt, um ihn unwiderstehlich in den Strudel hineinzuziehen. Dabei scheint die Lage völlig klar zu sein. Rock Wendover gibt sich nicht die geringste Mühe, seine Willkürherrschaft zu bemänteln. Es scheint ihm nichts auszumachen, in diesem wilden Land an der Montana-Grenze als skrupelloser, machthungriger Weidepirat verschrien zu sein.

Dieser Rock Wendover ist zweifellos ein harter und interessanter Mann, der ein Geheimnis zu wahren hat. Undurchsichtig sind auch die Pläne Bruce Flemings – des Mannes, der für Bullwhip-Jones der erste Partner auf dieser Weide wird. Aber als die große Auseinandersetzung begonnen hat, da kommt doch alles ganz anders, als er es erwartet und vorausgesehen hatte. Zu eng sind die Fäden von Intrige, Mord und Gewalttat verknüpft, als dass Bullwhip-Jones die Knoten auf Anhieb lösen könnte.

Das Wasser des Smoky River dampft an diesem Abend, als ob er seinem Namen Ehre machen wolle. Curley sitzt vor der windschiefen Hütte an der Brücke und sieht zu, wie ein schwerer Murphy-Wagen mit sechs Maultieren vom anderen Ufer herüberkommt.

Dabei gehört Curley gar nicht hierher. Er sitzt seit ein paar Stunden hier und wartet auf jemanden, der ihn zur Stadt mitnehmen könnte. Schon allein deshalb beobachtet er den Wagen mit besonderem Interesse.

Curley ist in der Stadt, in Scottsville, eine Art Mädchen für alles und genießt eine gewisse Narrenfreiheit. Möglicherweise ist das eine Folge seines steifen Beins, das ihm im August 1861 eine Rebellenkugel bei Bull Run verschafft hat.

Diese Narrenfreiheit geht so weit, dass die Männer nur grinsen, wenn er sich in Wheelers Gurgelkabinett einmal unter sie mischt und »versehentlich« das falsche Whiskyglas erwischt. Zu seiner Ehrenrettung sollte jedoch gesagt werden, dass ihm das nur passiert, wenn er knapp bei Kasse ist. Dies allerdings ist ziemlich häufig der Fall.

Vor dem Krieg hatte Curley als Weidereiter gearbeitet. Durch diese Rechnung machte ihm jedoch sein steifes Bein einen Strich. Er konnte zwar noch auf einem Gaul sitzen, aber das, was man auf der Weide »reiten« nennt, das konnte er nicht mehr. Er versuchte es als Frachtfahrer, Barkeeper, Stallmann und Sattler, schließlich sogar als Tellerwäscher. Doch obwohl man diesen Beruf inzwischen als Sprungbrett für den Job eines Millionärs betrachtet, hatte es bei ihm nicht funktioniert.

Möglicherweise lag das an seinem Namen. Sobald er ihn nannte, gab es immer wieder Burschen, die ihre Mundwinkel bis zu den Ohrläppchen hochzogen. Dabei hört sich »Curley Cheesecake« eigentlich gar nicht so schlecht an, wenn es auch schlicht und einfach »Käsekuchen« bedeutet. Curley war sich niemals ganz darüber im Klaren, ob er deswegen mit seinen Ahnen hadern sollte.

Man nimmt Curley im Becken nicht ganz für voll, und diesem Umstand hat er es vermutlich auch zu verdanken, dass er an der Brückenstation geduldet wird. Die Männer von der Crown-Ranch bilden nämlich eine verteufelt raubeinige Crew, zudem ist eine Viertelstunde zuvor noch Ward Cabot hinzugekommen, der Vormann von Wendovers Ranch, der von einem Inspektionsritt zu den Weidehütten und Vorwerken zurückkehrte. Ward Cabot ist nicht ohne Grund Vormann auf der Crown-Ranch. Er ist zweifellos auch der härteste Brocken der Mannschaft.

So also ist die Lage, als der schwere Murphy-Wagen über die Brücke rumpelt.

Und da sieht Curley den Mann zum ersten Mal.

Er reitet neben dem Wagen, auf dessen Bock ein vierschrötiger Nussknacker die Leinen führt. Sein Pinto macht gewiss nicht den Eindruck eines Klassepferds, dazu ist er viel zu struppig und knochig. Die Rammsnase hält der Gaul in seinem Trott so tief gesenkt, als wolle er damit die Bohlen der Brücke einzeln beschnuppern.

Er selbst sitzt locker und ungezwungen im Sattel, ein anscheinend kaum mehr als mittelgroßer Mann mit schmalen Hüften, keineswegs kraftstrotzenden Schultern und einem gebräunten, sympathischen Jungengesicht. Den abgetragenen Stetson trägt er weit in der Stirn, als ob er sich gegen die tiefstehende Sonne schützen wolle. Seine Augen sind im Schatten der Hutkrempe für Curley kaum zu entdecken.

Sie müssen aus Cody kommen, dreißig Meilen entfernt etwa, und dafür sitzt der Mann noch erstaunlich frisch auf seinem Pinto. Die Bullpeitsche, die er eingerollt über der linken Achsel trägt, fällt Curley Cheesecake zunächst kaum auf. Bei Maultiertreibern, Frachtfahrern und Weidereitern ist sie häufig zu finden. Erst später einmal, als Curley sie aus seiner Nähe betrachten kann, wird ihm auffallen, dass er eine solche Bullpeitsche – Bullwhip – in seinem Leben noch nie zu Gesicht bekommen hat. Sie ist gut und gern ihre vierundzwanzig Fuß lang, am lederumflochtenen Griff doppelt so dick wie Curleys gewiss nicht schwindsüchtiger Daumen und besteht aus einem Leder, das selbst ihm noch nicht untergekommen ist. Irgendwann später wird er einmal erfahren, dass es richtige Nilpferdhaut ist.

Etwas anderes hingegen fällt Curley beim ersten Blick auf. Die hirschlederne Jacke des Mannes ist nicht so lang, dass sie auch seine Schenkel verdecken würde. Und dort fehlt etwas. In einem Land, wo sich jeder Reiter ohne Revolverhalfter nackt vorkommt, reitet er waffenlos – wenigstens, soweit es den Colt betrifft. Nur der zählt in diesem Zusammenhang. Denn die Winchester, die der Reiter nach Kavalleriemanier im Scabbard unter dem rechten Schenkel trägt, ist am Sattel festgeschnallt.

Der Wagen rumpelt über die Brücke, der vierschrötige Nussknacker auf dem Bock bringt seine sechs Maultiere zum Stehen und redet mit knarrender Stimme auf sie ein.

Der Reiter lässt sein Pferd bis zum vordersten Maultiergespann trotten, streift ihm dann die Zügel über den Kopf und lässt sich mit geschmeidiger Mühelosigkeit aus dem Sattel gleiten.

Ward Cabot und die beiden Burschen der Crown-Mannschaft stehen im Gespräch ganz in der Nähe. Nun blicken sie zu dem schlanken Mann hinüber, als dieser mit einem schmalen Lächeln fragt:

»Ich habe das Schild auf der anderen Seite des Flusses gelesen. Wer von den Gentlemen kassiert den Brückenzoll?«

Ward Cabot nickt einem seiner Männer zu, woraufhin dieser sich betont gemächlich in Bewegung setzt. Der Reiter in der Wildlederjacke zieht bereits eine Geldkatze aus der Tasche und klappt sie auf. Erst als er ein paar Münzen herausgenommen hat, fragt er höflich:

»Kann mir vielleicht jemand den Weg von hier zur Tomahawk-Ranch von Bruce Fleming beschreiben? Ich habe mir sagen lassen, dass es ein Stück vor der Stadt mehrere Abzweigungen von der Poststraße gibt, von denen eine zur Ranch führt.«

Sid Adams hat bereits die Hand ausgestreckt, um den Brückenzoll zu kassieren. Doch als ob er von einer Natter gebissen wäre, zieht er sie nun wieder zurück, starrt den hageren Fremden an und wendet schließlich den Blick fragend seinem Vormann zu.

Auch Ben Pyle und Ward Cabot horchen auf und stehen plötzlich ganz steif. Curley Cheesecake reißt die Augen auf und starrt den Fremden ungläubig an. Er ahnt schon, was jetzt kommen muss, und richtig, es kommt.

Mit betont schweren und gewichtigen Bewegungen, die seine Massigkeit noch unterstreichen, setzt sich der Vormann in Gang. Er ist ein Mann von derart kompaktem Körperbau, dass manche scheinbar unglaubliche Geschichte, die über seine animalische Kraft im Umlauf ist, gar nicht mehr so unwahrscheinlich klingt.

Seit einem halben Jahr ist er in diesem Becken, und in dieser Zeit hat er keine Gelegenheit ausgelassen, andere Männer in den Staub zu treten und dabei seine Körperkraft zu demonstrieren.

Etwa ein halbes Dutzend Schritte vor dem Fremden entfernt bleibt Cabot stehen, wischt Sid Adams mit einer symbolischen Bewegung beiseite und hakt dann die Daumen hinter den Gurt. Sein harter Mund ist zu einer Grimasse verkniffen, die offenbar diesem Leichtgewicht gegenüber Mitleid zum Ausdruck bringen soll.

»Das ist doch nicht wahr«, murmelt er missmutig. »Das kann doch gar nicht wahr sein. Da fährt also ein Bursche über Rock Wendovers Brücke, weil er mit seinem Karren zur Fleming-Ranch will. Und dabei hatte ich keine Ahnung, dass es auf hundert Meilen im Umkreis noch so harmlose Lämmer gibt. Weißt du auch ganz genau, wohin du willst, Mister? Hast du dich auch bestimmt nicht verhört?«

Das schmale Lächeln des Fremden wirkt wie eingefroren. Mit einer fragenden Bewegung hebt er die langgliedrigen, aber doch kraftvoll wirkenden Hände und erwidert:

»Sollte ich mich wirklich so unklar ausgedrückt haben, Mister? Meinerseits ist jedenfalls ein Irrtum ausgeschlossen. Oder sind die Tomahawk- und die Fleming-Ranch nicht dasselbe?«

Ward Cabot zieht die Oberlippe zu einem scharfen Grinsen empor; in seinem kantigen, zerfurchten Gesicht wirkt dies wie ein grimmiges, überhebliches Zähnefletschen.

»Ich habe also tatsächlich richtig verstanden«, knurrt er. »Wie ist es also mit dem Brückenzoll, Mister?«

Erstaunt schiebt der Fremde seinen Hut weiter aus der Stirn und hebt die Augenbrauen.

»Ich war eben dabei, ihn zu bezahlen«, murmelt er zurückhaltend, »fünfzig Cents für den Wagen, zwanzig für einen Reiter.«

In diesem Augenblick wirft Ward Cabot den Kopf zurück, ein glucksendes Lachen steigt in seinem gewölbten Leib empor und bricht in abgerissenen, scheinbar asthmatischen Kaskaden über seine Lippen.

»Siebzig Cents?«, schnaubt er endlich. »Das ist noch der alte Tarif, der drüben auf der Tafel angeschlagen ist, Freundchen. Er stammt noch von Bick Romain. Inzwischen aber hat ihm Rock Wendover diese Brücke abgekauft und neue Tarife in Kraft gesetzt: Spezialtarife für alle Freunde der Tomahawk-Ranch sozusagen. Demnach kostet ein Wagen zwanzig und ein Reiter fünf Dollar. Fünfundzwanzig Dollar, Mister. Wir sind schließlich keine Unmenschen, sonst hätten wir diese Brücke für die Tomahawk-Ranch auch völlig sperren können.«

Die Augen des Fremden sind plötzlich schmal geworden. Der grimmige Nussknacker auf dem Wagenbock lässt die Leinen fallen und greift nach seinem Bart, der wie krauses rötliches Mesquite-Gras sein breites Kinn umgibt.

»Das ist eine glatte Erpressung, Jesse«, stößt er keuchend hervor. »Verdammt, eine Schikane ist das! Warum zeigst du diesem großspurigen Walross nicht, wie wir auf solche Dinge zu antworten pflegen?«

Offenbar leidet Ward Cabot im Moment unter einem Anfall von Großzügigkeit, denn anders ist es kaum zu erklären, dass er noch nicht explodiert ist wie eine Pulverladung. Immerhin klingt seine grollende Stimme nun gedämpfter, zischender, und das ist zweifellos ein Zeichen drohender Gefahr. Er sagt:

»Ihr kommt aus Cody, nicht wahr? Und ich habe so eine Idee, als ob ihr reingelegt worden wäret. Nur das ist der Grund, weshalb ich meine Geduld strapazieren lasse. Oder seid ihr schon jemals auf dieser Route gefahren?«

Bedächtig schüttelt der Fremde den Kopf.

»Wir sind Trampfahrer und von Laramie über die Plains heraufgekommen. Ich nehme jede Fracht, wo immer ich sie bekommen kann, wenn der Weg nur nach Norden führt, denn ich will zum Gallatin Valley und zum Bozeman-Weg hinauf, um dort irgendwo eine eigene und ständige Frachtlinie zu gründen. So sind wir nach Cody geraten und haben dort eine Fracht übernommen, die ...«

»Die kein anderer haben wollte«, ergänzt Ward Cabot sarkastisch. »So ist das nämlich. Es hat sich sonst kein Narr gefunden, der sich die Finger verbrennen wollte, und da kamt ihr gerade richtig. Es tut mir wirklich leid, Leute.«

Sein Tonfall klingt nicht so, als ob er tatsächlich irgendwelches Bedauern verspüre. Aber unbeeindruckt führt der Fremde seinen Satz zu Ende:

»..., die für die Tomahawk-Ranch bestimmt ist. Sie werden es vielleicht nicht glauben, Mister, aber bisher haben wir noch jede Fracht ans Ziel gebracht.«

Cabot wirft Sid Adams und Ben Pyle einen raschen Blick zu. Bei der Erscheinung und der friedfertigen, wenn auch bestimmten Sprechweise des Fremden scheinen ihm besondere Vorsichtsmaßnahmen überflüssig zu sein.

»Natürlich«, bestätigt er gönnerhaft. »Ich sagte ja auch bereits, dass wir die Tomahawk-Ranch keineswegs trockenlegen wollen. Nur unseren Brückenzoll, den bekommen wir natürlich, und zwar recht bald, denn wir haben jetzt schon genug Zeit verschwendet. Du kannst dir dein Geld ja auf der Tomahawk-Ranch zurückgeben lassen, Mister.«

»Hast du das gehört, Jesse Jones?«, schnaubt der rotbärtige Frachtfahrer. »Er bekommt sein Geld, hat er gesagt. Nur ungefähr einen Monatslohn, das ist doch wirklich bescheiden, nicht wahr? Wie können wir diesem Walross nur schonend beibringen, dass wir uns nicht wie Greenhorns ausnehmen lassen? Hast du vielleicht eine Idee?«

Diesmal treibt die herausfordernde Tonart Ward Cabot das Blut ins Gesicht, doch noch bevor er den Mund aufmachen kann, sagt jener Jesse Jones bereits mit trügerischer Sanftheit:

»Mir scheint, es ist seine Brücke, Jonathan, oder zumindest spielt er hier den Boss. Lassen wir ihn also ruhig seine Rolle weiterspielen. Ich bin nicht scharf auf irgendwelchen Verdruss, und da wir noch ziemlich früh dran sind, haben wir genügend Zeit, uns ein paar Meilen flussaufwärts oder flussabwärts eine Furt zu suchen. Kehren wir also um, Mister.«

Diese ruhige Gelassenheit scheint Ward Cabot erst recht in Zorn zu versetzen.

»Irrtum!«, entgegnet er deshalb schneidend, während Jesse Jones sich bereits seinem Pferd zuwendet und die Geldkatze in die Tasche steckt. »Ihr seid ja schon über die Brücke gefahren, Leute, und damit ist der Zoll fällig. Wenn ihr nun trotzdem umkehren wollt, mache ich euch einen Sonderpreis für die zweimalige Benutzung. Sagen wir, für die Hin- und Rückfahrt zusammen vierzig Dollar. Wäre das nicht ein fairer Vorschlag?«

Jesse Jones hat bereits nach den Zügeln seines Pintos gegriffen. Nun lässt er sie wieder achtlos zu Boden fallen und wendet sich zurück.

»Geben Sie's auf, Mister«, erwidert er freundlich. »Verstehen Sie mich richtig: Ich gebe Ihnen hier einen guten Rat, weil ich mich nur ungern auf diese Weise bedrängen und schikanieren lasse. Wenn Sie jetzt in dieser Art weitermachen, dann werden wir unseren Weg fortsetzen und nur in der Höhe Brückenzoll entrichten, wie es auf der anderen Seite angeschlagen ist. Würden Sie sich bitte jetzt entscheiden, wie Sie es haben wollen?«

Sid Adams stößt erstaunt einen krächzenden Laut aus, und Ben Pyle, ein pockennarbiger Bursche mit eingefallenen Wangen, hüstelt trocken, deutet mit dem Daumen auf den Fremden und knurrt:

»Jetzt wissen wir es also ganz genau, Ward. Dieser furchterregende Bursche wird uns gleich in den Fluss schmeißen, wenn wir ihn nicht in Ruhe lassen. Mir scheint, das ist ein richtig hartgesottener Feuerfresser.«

Sein höhnisches Kichern, das wiederum von Husten unterbrochen wird, zeigt deutlich genug, wie seine Worte gemeint sind. Und Curley als unbeteiligter Zuschauer fragt sich ernsthaft, wie ein waffenloses Mittelgewicht es schaffen will, sich gegen zwei Revolverschwinger und einen harten Brocken vom Kaliber Ward Cabots durchzusetzen, falls es sich nicht nur um eine leere Drohung gehandelt haben sollte.

Cabot hat zur Abwechslung die Daumen hinter die Hosenträger geklemmt, drückt nun die Unterarme nach vorn und lässt das Gummi klatschend zurückschnellen – etwa so, als ob seine Geduld nun endgültig erschöpft sei und er sich zu einem Entschluss durchgerungen hätte.

»Es ist Ihre eigene Schuld, Mister«, krächzt er misstönend. »Wenn jemand so mit mir redet, dann habe ich keine andere Wahl als ihn auf die richtige Größe zurechtzustutzen. Wenn Sie auf der Tomahawk-Ranch ankommen, dann wird man dort um eine Erfahrung reicher sein.«

Jesse Jones lässt die Linke locker zum Schenkel herabhängen, während die Rechte vor der linken Brustseite ungezwungen den kurzen, lederumflochtenen Stiel der Bullpeitsche gepackt hält. Mit einem harmlosen Lächeln hat er den Kopf zur Seite gelegt und späht seinem Gegner aus schmalen, wachsamen Augen entgegen. Er müsste ein Narr sein, wenn er nicht längst erfasst hätte, worauf der Vormann es angelegt hat.

»Nun gut, Junge, ich komme jetzt«, knurrt Ward Cabot, dann setzt er sich mit den ungelenken, schwerfälligen Schritten eines massigen und sattelgewohnten Mannes in Bewegung.

Nur ein leichtes Schütteln des Handgelenks ist bei Jesse Jones zu bemerken, dann ist die aufgerollte Bullpeitsche von seiner linken Achsel verschwunden, und das vierundzwanzig Fuß lange, mattglänzende Leder liegt in gestreckten Windungen wie eine müde Schlange am Boden, während der schlanke, geschmeidige Mann den Griff beinahe spielerisch in der herabhängenden Rechten hält.

»Tun Sie's nicht, Freund«, sagt er eindringlich, aber ohne sonderliche Schärfe. »Ich habe etwas gegen Prügeleien – besonders, wenn eigentlich gar kein Grund dafür vorhanden ist. Ich würde Ihnen nur höchst ungern eine Lektion erteilen.«

Nun, auch Ward Cabot weiß genau, dass eine schwere Bullpeitsche in der Hand eines geschickten Mannes zu einer beinahe tödlichen Waffe werden kann. Und diese Bullwhip hier, die einen Schwipper aus Büffelhorn am Ende trägt, sieht besonders gefährlich aus. Während der Vormann die Blicke nicht davon wendet, streckt er die Hände seitlich vom Körper, scheint einen Moment zu zögern und gibt dann jäh einen Wink mit dem abgespreizten Daumen. Sid Adams Hand stößt zur Hüfte und wirbelt mit bewundernswerter Routine den Colt heraus.

Und dann kommt doch alles ganz anders, als sie es sich gedacht haben.

Wieder sind es nur ein Zucken und eine leichte, kreisende Bewegung von Jesse Jones' Handgelenk, die die müde Lederschlange urplötzlich Leben gewinnen lässt. Niemand weiß im Nachhinein zu sagen, wie sie sich so blitzschnell um Sid Adams Fußgelenke schlingen konnte. Jesse Jones' Ruck kommt aus der Hüfte heraus, geschmeidig und katzenhaft, und ehe der Revolverschwinger den Lauf seines Colts noch hochreißen kann, werden ihm bereits die Beine unter dem Leib weggezogen. Quer vor Ward Cabots Füßen kracht er auf den Rücken und lässt mit einem Ächzen den Revolver fallen.

Höchstens zwei Sekunden hat dies Intermezzo in Anspruch genommen, da wirbelt Jesse Jones bereits geduckt herum und lässt seine Peitsche zum zweiten Mal durch die Luft zischen. Scheinbar aus eigener Kraft zuckt das geschmeidige Leder vorwärts. Das scharfe Klatschen vermischt sich mit einem heiseren Schmerzensschrei. Auch Ward Cabot ist mit seinem Colt zu spät gekommen. Fassungslos starrt er auf den breiten roten Striemen, der sich quer über seinen behaarten Handrücken zieht und im Nu aufgeht wie Hefeteig. Sein Eisen aber liegt fünf Schritte entfernt, wohin es Jesse Jones' klatschender Hieb gefetzt hat.

Eine weit ausholende Bewegung Jesses schickt das Leder erneut auf die Reise – viel zu langsam scheinbar, um den vorwärtsstürmenden Burschen noch aufzuhalten. Dennoch hat Ward Cabot noch keine zwei Schritte getan, als ihm die Lederschlange seitwärts gegen die linke Wange klatscht. Es ist kein Hieb, sondern nur ein sanfter Anprall, das Ende der Peitsche jedoch schlingt sich um die Kniekehlen des Vormanns.