H. C. Hollister 7 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 7 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Wenige Jahre sind seit dem Sezessionskrieg vergangen, als vier junge Männer vom geraden Weg abweichen. Ein Bahnüberfall verschafft ihnen eine Beute von zweihunderttausend Dollar in Gold.
Der Silverbell-Mannschaft ist die bisher größte Summe in die Hände gefallen. Nur David Shannon wird nach langer Verfolgungsjagd angeschossen und von einem Aufgebot eingefangen. Er wandert lebenslänglich hinter Gitter, weil seine Sattelgefährten ihn im Stich ließen. Die anderen aber bleiben verschwunden, und mit ihnen das Gold.
Zwanzig Jahre vergehen. Die Silverbell-Mannschaft ist längst vergessen, als ein harter Kämpfer in Scott City erscheint. An seinem Sporn klingelt die Silverbell - ein kleines silbernes Glöckchen. Clint Shannon ist ein gefährlicher Tiger. Und er hat nur ein Ziel: die Männer zu finden, die seinen Vater damals opferten, um sich selbst zu retten ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Zwei Kämpfer

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Ertugrul Edirne/Becker Illustrators

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9593-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

»Es gibt heute eigentlich zu viele Autoren, die angeblich so schreiben, wie der Wilde Westen wirklich war. Wenn man dann näher hinschaut, entdeckt man doch nur zu oft ein verfälschtes Bild, Klischee und Schablone. In jedem meiner Romane versuche ich bis auf den Grund einer historisch echten Darstellung vorzudringen. Der grandiose Stoff zwingt mich einfach dazu.«

H.C. Hollister, Mitte der 1960-er Jahre

Zwei Kämpfer

Wenige Jahre sind seit dem Sezessionskrieg vergangen, als vier junge Männer vom geraden Weg abweichen. Ein Bahnüberfall verschafft ihnen eine Beute von zweihunderttausend Dollar in Gold.

Der Silverbell-Mannschaft ist die bisher größte Summe in die Hände gefallen. Nur David Shannon wird nach langer Verfolgungsjagd angeschossen und von einem Aufgebot eingefangen. Er wandert lebenslänglich hinter Gitter, weil seine Sattelgefährten ihn im Stich ließen. Die anderen aber bleiben verschwunden, und mit ihnen das Gold.

Zwanzig Jahre vergehen. Die Silverbell-Mannschaft ist längst vergessen, als ein harter Kämpfer in Scott City erscheint. An seinem Sporn klingelt die Silverbell – ein kleines silbernes Glöckchen. Clint Shannon ist ein gefährlicher Tiger. Und er hat nur ein Ziel: die Männer zu finden, die seinen Vater damals opferten, um sich selbst zu retten …

Lässig sitzt Clint Shannon im Sattel. Seine rechte Hand hängt schlaff herab. Vielleicht ist es Zufall, dass sie sich in der Nähe seines dunklen Revolverkolbens befindet. Einem aufmerksamen Beobachter würde sofort auffallen, dass er nur links einen Handschuh trägt. Aber wer sollte in Scott City schon einem einsamen Reiter Beachtung schenken, der von Süden her die Hauptstraße heraufreitet?

Beiden, dem Pferd wie auch dem Reiter, ist die Ermüdung anzusehen. Clint Shannon trägt seinen Stetson weit ins Gesicht gezogen. Aus dem Schatten der Krempe suchen seine hellen Augen die Haltestangen des Fahrbahnrandes ab. Diese Augen stehen in einem merkwürdigen Gegensatz zu dem dunklen Haar, das an der rechten Schläfe einen grauen Schimmer aufweist, wo eine schmale Narbe wie eine Kerbe den Haarwuchs teilt.

Achtundzwanzig Jahre mag Clint Shannon zählen, wenn auch die Bronzefarbe seines Gesichts ihn älter erscheinen lässt.

Er reitet an der Poststation und dem direkt daneben liegenden Hotel vorbei. An dem Schild erkennt er das Marshal-Office. Zwischen einigen Pferden, die vor einem Saloon angebunden sind, hat er einen struppigen Pinto bemerkt. Ihm gilt seine Aufmerksamkeit.

Wie unabsichtlich lenkt er seinen Braunen in eine Lücke neben dem gefleckten Pferd, steigt aus dem Sattel und schlingt die Zügel lose um dem Haltebalken.

Mit ruhigen, langsamen Schritten geht er durch die Pendeltür. Kaum einen Blick verschwendet er auf die wenigen Männer, die sich in der verräucherten Kneipe befinden, und doch entgeht ihm weder der stoppelbärtige Bursche, der im Hintergrund mit einem Mädchen schäkert, noch der einsame Mann, der links von ihm hinter seinem Whisky sitzt und kaum den Kopf hebt.

Es ist still in dem Saloon, als Clint an die Bar geht. Bei jedem seiner Schritte klirren die Sporen an seinen Stiefeln. Aber da ist noch ein anderes Geräusch, ein dünnes, silberhelles Bimmeln. Jäh verstummt auch das Gespräch an einem der Tische. Die Blicke richten sich auf Clints Stiefel.

Als ob er nicht bemerkt, welche Aufmerksamkeit er erregt, geht Clint weiter. Mit jedem Schritt klingelt eine winzige silberne Glocke, die vor dem Rad seines linken Sporns hinter seinem Absatz baumelt.

»Einen Doppelten«, sagt Clint und legt beide Unterarme verschränkt auf die Nickelstange an der Bar. Den Fuß mit dem Glöckchen stellt er etwas vor und hakt den Absatz hinter die Fußraste. Für alle deutlich sichtbar schwingt das winzige Glöckchen dort aus, klirrt leise und verstummt schließlich.

Hinter dem Rücken von Clints durchtrainierter Gestalt quetscht sich ein breiter, dunkelgekleideter Mann eilig hinter seinem Tisch hervor und hastet mit einem letzten Blick auf Clints Absatz zur Tür hinaus.

Shannon verzieht sein Gesicht zu einem grimmig-befriedigten Grinsen und wendet die Augen von dem Spiegel ab, der hinter der Bar hängt. Das bleiche Gesicht des Mannes, der es plötzlich so eilig hatte, ist ihm nicht entgangen. Unwillkürlich blickt er aus den Augenwinkeln zu dem dunklen Burschen hinüber, der bewegungslos hinter seinem Glas sitzt. Nur für den Bruchteil einer Sekunde blitzt es in dessen Augen auf, als er Clints Blick erwidert, dann senkt er den Kopf.

An einem Tisch flackert die Unterhaltung wieder auf, von hinten kommt ab und zu das Kichern des Mädchens. Der Barmann poliert seine Gläser.

Draußen rattert eine hochrädrige Concord-Kutsche vorbei. »Braaaa – braaaa …«, klingen die Rufe herein, mit denen der Kutscher die Pferde antreibt. Der Lärm verebbt und macht einer unwirklichen Stille Platz. Plötzlich herrscht wieder Spannung im Saloon. Denn während die Kutsche so lärmend vorbeifuhr, sind drei Männer eingetreten und hinter Shannon stehen geblieben.

Clint Shannon fixiert sie im Spiegel. Fast erstaunt hebt er die Augenbrauen etwas an, als er Webb Hansom erkennt. Hansom trägt eine piekfeine, gestickte Weste, maßgearbeitete Hosen und Stiefel. Ein gelbes Seidenhemd quillt aus dem Halsausschnitt der Weste. Sein heller, fast weißer Stetson ist zweifellos das prächtigste Stück in ganz Scott City. Der silberbeschlagene Kreuzgurt sitzt tief um die Lenden geschnallt, und die Halfter sind an die Oberschenkel gebunden. Perlmuttkolben ragen aus den Futteralen. Sie stehen weit seitlich ab.

Clint Shannon achtet nicht auf die geckenhafte Staffage. Er blickt nur in das runde, großflächige Gesicht Webb Hansoms, in dem sich eine prachtvolle Knollennase aufstülpt.

Hinter Hansom stehen zwei Schläger mit gewaltigen Muskelpaketen.

»Hallo, Clint«, sagt Hansom, und seine Augen blicken seltsam teilnahmslos auf Clints Spiegelbild.

»Webb Hansom«, erwidert Clint, ohne sich umzudrehen, »die Welt ist klein. Man begegnet sich und verliert sich wieder aus den Augen, und eines Tages trifft man sich ausgerechnet in Scott City wieder.«

Clint weiß von dem Augenblick an, da er Hansom erkannt hat, dass es Kummer geben wird.

Webb Hansom ist ein Revolvermann. Einer von der üblen Sorte, die für eine fette Prämie ihre Colts an jeden Schurken vermietet, der hoch genug bezahlen kann. Es sind schon Jahre vergangen, seit er diesem Glücksritter zuletzt begegnete. Hansom ist ein Goldgräber, und die Colts sind seine Spaten. Wie viele Männer auf sein Konto kommen, wüsste er vielleicht selbst nicht zu sagen. Trotz seiner stumpfen Augen ist Hansom schlau wie eine Schlange. Noch nie ist es jemandem gelungen, ihm einen Mord nachzuweisen. Immer war es der andere, der zuerst zur Waffe gegriffen hatte. Das ist Hansoms Trick. Auf irgendeine Art bringt er es immer fertig, seine Gegner so zu reizen, dass sie zum Revolver greifen.

Clint Shannon fragt sich ernstlich, ob er diesem gefährlichen Tiger gewachsen sein wird. Auch er ist ein Kämpfer, aber in anderem Sinne als Hansom. Auch er hatte vor der bitteren Notwendigkeit gestanden, viel Geld verdienen zu müssen. Er hatte seine kranke Mutter und seinen jüngeren Bruder zu versorgen. Die winzige Ranch unten in Texas hatte nicht genügend abgeworfen, um davon das Leben zu fristen, geschweige die hohen Arztrechnungen für seine kranke Mutter zu bezahlen.

Und so war Clint Shannon eines Tages bei Wells Fargo als Sicherheitsagent eingetreten. Im Laufe weniger Jahre war er zum bekanntesten Sicherheitsmann dieser im gesamten mittleren und fernen Westen verbreiteten Post- und Frachtlinie aufgestiegen. Wells-Fargo-Agenten müssen harte und zähe Kerle sein, die in jedem Augenblick bereit sind, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, um die Sicherheit der Passagiere und der oftmals sehr wertvollen Frachten zu garantieren.

In jener Zeit hatte er auch Webb Hansom kennen gelernt. Sicher war es Zufall, dass er noch nicht mit Hansom zusammengestoßen ist, aber diesmal sieht es nach Kampf aus.

Webb Hansom hakt seine Daumen hinter den Revolvergurt, und seine Blicke streifen Clint von oben bis unten. An dem silbernen Glöckchen bleiben sie hängen.

»Du scheinst mächtig eitel geworden zu sein, Clint. Soviel ich weiß, hängt man doch nur Kätzchen eine Glocke um.«

Langsam dreht sich Clint um und stützt sich mit den Ellenbogen auf die Bar. Ein gefährliches Grinsen entblößt seine starken Zähne.

»Besser ein kleines Glöckchen, als von oben bis unten angezogen wie ein Pfau, Hansom, meinst du nicht auch?«

Sekundenlang glitzert es in Hansoms Augen.

»Was denkst du, Clint, wollen wir es sofort austragen? Ich schätze, dass wir gleich hier klarstellen könnten, wer der bessere Mann ist.«

Das Lächeln ist nicht aus Clints Gesicht gewichen.

»Sicher, Hansom, das ist keine schlechte Idee. Fang nur an! Lass aber deine beiden Bullen zur Seite gehen und schön brav sein. Es könnte sonst passieren, dass sie eine Schramme abbekommen.«

Clint sieht, wie sich der eine der beiden Kerle zu dem nur mittelgroßen Hansom herabbeugt und ihm einige Worte ins Ohr flüstert.

»Wir sollen doch …«, kann Clint verstehen, dann wird das Geflüster undeutlich. Seine ganze Aufmerksamkeit konzentriert sich auf Hansoms Arme, die immer noch an den beiden Körperseiten steif herabhängen, die Hände in unmittelbarer Nähe der Revolverkolben.

Es ist ein Fehler, von drei Gegnern nur einen im Auge zu behalten, weil man ihn für den gefährlichsten hält. Clint Shannon merkt das erst, als unter der Achselhöhle von Hansom eine Revolvermündung auftaucht, die unangenehm präzise auf seinen Bauchnabel gerichtet ist.

Über Hansom hinweg grunzt der andere Gorilla ihn an, der in Deckung seines Anführers verstohlen seine Kanone in Stellung gebracht hat.

»Ich habe von dir gehört, Shannon. Dir traue ich sogar zu, dass du Hansom erledigst. Es ist zwar schade, denn ich hätte gern zugesehen, wie ihr zwei es austragt, aber Hansom wird noch gebraucht. Machen wir es also auf andere Art. Halte deine Arme ganz still, Freund. Es tut gar nicht weh!«

Auf einen Wink mit dem Kopf geht sein Zwilling – zumindest sieht der andere Bursche so aus, als ob er es wäre – langsam zur Seite und nähert sich Clint so, dass er nicht in die Schusslinie gerät. Mit langem Arm zieht er ihm den Colt aus dem Halfter und steckt ihn aufatmend in den Hosenbund.

»So kommen wir der Sache schon näher«, grinst der andere und steckt seinen Revolver wieder ein. Zu zweit stehen die beiden Kerle nun vor Clint, aber der blickt zwischen ihnen hindurch immer noch auf Hansom, als wären die beiden Schläger nicht vorhanden.

»Wer hat denn hier in der Gegend einen Schießer wie dich und zwei solche Menschenaffen auf seiner Lohnliste, Hansom?«

Es klingt wie ein Grunzen, aber es stammt aus zwei Kehlen. Wie auf Kommando machen die beiden Keiler einen Schritt vor. Auf beiden Seiten holt eine Faust aus.

Die Reaktion kommt blitzschnell. Anstatt zurückzuweichen, wie die beiden Kerle es erwartet hatten, schnellt Clint vor, seine Arme wie die Backen einer Zange weit ausgebreitet. Zwei Fausthiebe fahren ins Leere, aber Clints Hände krallen sich im gleichen Augenblick in zwei Stiernacken. Es gibt ein dumpfes, fast polterndes Geräusch, als die Köpfe der Kerle zusammendonnern. Halb betäubt schwanken sie zurück, glotzen aus schwimmenden Augen in die Gegend. Zwilling Nummer eins macht einige torkelnde Schritte zur Seite. Zu einem K. o. hat der Zusammenprall nicht gereicht. Die Hüte haben dem Stoß einiges von seiner Wucht genommen. Außerdem scheinen auch die Schädel zu hart gewesen zu sein.

Mit zwei Schritten ist Clint hinter dem ersten seiner Gegner. Wie ein wankender Grizzly wendet sich der Kerl um und stiert Clint mit immer noch glasigen Augen an.

Clints Haken kommt kurz und trocken. Der unheimliche Dampf, der hinter dem Schlag sitzt, fegt den Kopf des Mannes in den Nacken. Einen Schritt macht er rückwärts, dann kann er den Sturz nicht mehr auffangen. Der Boden samt der Theke beben, als er sich hinsetzt und mit dem Kopf gegen die Bar pendelt.

Dafür jagt der andere Bulle seinem Gegner jetzt mit umso mehr Treffsicherheit die Faust wie einen mittelgroßen Schmiedehammer auf die Herzspitze, dass Clint pfeifend nach Luft japst und bis an die Theke zurückwankt.

Gegen den Ansturm des Gorillas kann er nur noch ein Bein hochreißen und es ihm mit aller Macht gegen die Brust stoßen. Das gibt Luft.

Dem zweiten Ansturm begegnet Clint mit einer Serie von Uppercuts, die den vorgebeugten Kopf des Angreifers durchrütteln und hoch emporreißen. Andererseits erwischt Clint einen Schwinger in die Magengrube, der ihn an den Rand des K. o. bringt.

Zwei Treffer muss Clint noch hinnehmen. Ein Haken trifft sein Ohr, dass es darin zu rauschen beginnt, ein Kopfstoß des Bullen lässt seine Augenbraue aufplatzen.

Dann taucht Clint unter einem Schwinger weg. Seitlich prallt er geduckt mit der Schulter vor die Brust des Höhlenmenschen. Wie stählerne Klammern packen seine Hände den gestreckten Arm, der über ihn hinweggefahren ist. Es gibt einen harten Ruck, als Clint diesen Arm nach hinten reißt und im gleichen Augenblick nach oben dreht.

Das Gebrüll des Kerls zeigt den wahnsinnigen Schmerz, den ein ausgekugelter Arm verursacht. Aber dieser Bursche ist hart. Einhändig drischt er auf Clint los, der jetzt mit einem schnellen Sidestep seinen Gegner leerlaufen lässt.

Wie ein Schatten zuckt Clints Hand herab und hackt mit der Handkante glashart gegen die Halsschlagader seines Gegners.

Atemlos tritt Clint einen Schritt zurück, sieht, wie der Kopf des Bullen hin und her schwankt. Ein Röcheln kommt aus seinem verquollenen Mund, und er kracht quer über einen Stuhl zu Boden.

»Lass das sein, Hansom«, klirrt eine Stimme.

Clint fährt herum und steht Webb Hansom Auge in Auge gegenüber. Er sieht den erhobenen Colt, dessen Lauf im nächsten Augenblick auf seinen ungeschützten Hinterkopf geschmettert worden wäre. Hansoms Blickrichtung folgend, sieht er den Mann, der vorhin hinter seinem Glas gesessen hatte. Er lehnt jetzt an seinem Stuhl und hält zwei Colts tief an den Hüften in Anschlag.

»Danke, Glen«, keucht Clint und nickt dem dunkelhaarigen, falkengesichtigen Mann zu. Mit schnellem Griff schnappt er Hansom die Waffe aus der Hand und hat im nächsten Moment auch die zweite aus dessen Halfter gefischt. Immer noch nach Atem ringend, lässt er die Waffen aufschnappen, und nacheinander fallen zwölf Patronen auf die Dielen.

»Du bist ein hinterlistiger Kojote, Hansom. Es würde dir wahrscheinlich auch nichts ausmachen, einem Mann das Blei in den Rücken zu jagen.«

Er wirft Hansom die entladenen Colts zu. Ungerührt grinsend schnappt Hansom sie aus der Luft und lässt sie in die Halfter gleiten.

»Ich habe meine Befehle, Clint. Was wir hier gemacht haben, war kein Privatvergnügen, sondern unsere Arbeit. Machen wir uns noch mal den Spaß, den besseren Mann auszuschießen, Clint?«

»Nimm doch diese Ratte beim Wort, Clint«, wirft hier der mit Glen angeredete Mann ein, der eine merkwürdige Ähnlichkeit mit Clint hat. »Der Welt wäre sicher wohler, wenn dieser Skunk von ihrer Oberfläche verschwunden wäre.«

Clint geht zu dem am Boden liegenden Burschen und zieht ihm seinen Colt aus dem Hosenbund. Gewohnheitsmäßig überprüft er die Waffe und steckt sie in das Halfter.

»Seit wann nimmst du deinen kleinen Bruder mit auf den Kriegspfad, Clint? Wann hat der Kleine überhaupt zu laufen angefangen?«

»So früh, dass ich dir gleich das Laufen beibringen werde, Hansom«, erwidert Glen. »Wenn du Lust hast, können wir es ausprobieren.«

Er tritt vor. In seinem gleitenden Gang kommt die Ähnlichkeit mit seinem Bruder stark zum Ausdruck. Obgleich Glen mindestens fünf Jahre jünger ist als sein Bruder, gleicht er ihm in vielen Punkten. Doch seine Augen sind eine Kleinigkeit dunkler als die von Clint, sein ganzes Gesicht wirkt unbeherrschter, impulsiver. Außerdem trägt Glen Shannon einen tiefgeschnallten Kreuzgurt.

Clint schießt einen warnenden Blick zu seinem Bruder hinüber, als er bemerkt, dass dieser sich ohne Zögern mit Webb Hansom anlegen würde.

»Du bist hier überflüssig, Hansom. Deine beiden Jungs werden auch ohne dich den Weg nach Hause finden, wenn sie wieder auf die Beine kommen. Verschwinde also, bevor es mir leidtut, dich laufen gelassen zu haben!«

Noch als Clint spricht, kommt der eine der beiden Schläger wieder zu sich. Brummend tastet er nach seinem Kinn und rappelt sich hoch.

Hansom fasst ihn beim Arm, schüttelt ihn und will zu dem zweiten Höhlenmenschen gehen, um ihn gemeinsam mit dem Zwilling mitzuschleifen.

»Lass ihn hier«, fährt Clint dazwischen, »ich werde ihm erst seinen Arm einrenken.«

»Du zeigst Anwandlungen von Menschenliebe, Clint. Ich habe früher nie von dieser Schwäche gehört.«

»Wollen wir ihn nicht doch noch zurechtstutzen, Bruder?«, kommt Glens Stimme knirschend vor Wut.

»All right«, beschwichtigt Hansom, »diesmal habt ihr die besseren Trümpfe. Vielleicht ist es bei unserer nächsten Begegnung anders. So long, Freunde.«

»Lass mich los, ich breche ihm sämtliche Knochen!« Der Gorilla versucht von Hansom loszukommen, um sich erneut auf Clint zu stürzen.

»Hör auf, du Narr!«, zischt Hansom und schüttelt ihn durch, »du hast deine Chance gehabt. Er schießt dir ein Monogramm in die Ohren, wenn du es nicht besser haben willst. Mann, das ist Clint Shannon!«

Die Worte tun ihre Wirkung, denn jetzt lässt sich der Kerl endlich mitschleppen.

»Sorry, Mister«, Clint dreht sich zu dem Barmann, »es tut mir leid, dass es Trümmer gegeben hat und wir Ihnen Scherereien machen mussten. Haben Sie ein stilles Zimmer, wo ich diesem Zeitgenossen seinen Arm einrenken kann? Wenn ich es hier mache, wird er mit seinem Geschrei Ihre letzten Gäste verjagen.«

Schweigend kommt der Barkeeper hinter der Theke hervor, geht voraus und deutet auf eine Tür, die sich hinten in dem Gang befindet.

»Ein Abstellraum, da können Sie ihm meinetwegen die Knochen wieder zurechtbiegen. Stellen Sie ihn gleich auf den Kopf, und schütteln Sie sein Geld heraus. Er schuldet mir zwanzig Dollar für die Sachen, die zu Bruch gegangen sind. Diese Burschen haben angefangen, also sollen sie auch bezahlen.«

»In Ordnung, Mister«, grinst Clint, dann schleift er den Burschen mit Glen zusammen hinaus.

Kaum haben sie ihn in dem halbdunklen Raum auf den Boden gelegt, als er wild zu stöhnen beginnt. Fast irre wandert der Blick des Burschen zwischen seinem Arm, der in einem verrückten Winkel vom Körper absteht, und seinen Peinigern hin und her.

»Wer hat euch auf meine Fährte gesetzt?«, fragt Clint.

Das Wandern der Augen hört auf.

»Gib Antwort, dann bist du in zwei Minuten deinen Schmerz los.«

Clint wirft seinen Hut auf einen abseitsstehenden alten Tisch und hockt sich vor seinem »Patienten« auf die Absätze. Seine Augen scheinen den Burschen durchbohren zu wollen.

»Wir – ooh – wir kamen nur – ooh – zufällig herein …«

»Yeah, das habe ich mir auch schon gedacht.«

Clint angelt sich mit dem Fuß einen altersschwachen Stuhl heran und setzt sich rittlings darauf.

»Du hast noch lange Zeit zum Überlegen, Freund. Denk mal nach, vielleicht fällt dir noch was Dämlicheres ein.«

»Die – die Glocke«, ächzt der Mann. »Den Mann mit der Glocke am Sporn – aaah, der Arm – sollten wir – uns vornehmen – und – anschließend ausquetschen …«

Clint wechselt einen schnellen Blick mit seinem Bruder. »Jetzt wirst du uns noch erzählen, wer euch mit diesem Auftrag auf den Trail geschickt hat.«

Wieder scheint es den Burschen eine Menge Überwindung zu kosten. Keuchend und stöhnend stößt er hervor:

»Clyde – Casper war es. Er hat – uns losgeschickt. Er kam – aufgeregt hereingestürzt – und jagte uns auf.«

Glen tritt näher heran und beugt sich nieder.

»Wie sieht dieser Clyde Casper aus? Mittelgroß, dick, glänzendes Gesicht, wenig Haare auf dem Kopf?«

Der völlig ermattete Gorilla bestätigt Glens im Telegrammstil gegebene Personenbeschreibung mit einem schwachen Kopfnicken.

»Yeah, so schaut er aus.«