H. C. Hollister 74 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 74 E-Book

H. C. Hollister

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Dass der Ruf eines Mannes nicht immer nur von seinen Taten geprägt wird, muss Clay Cavendish feststellen, als er nach Pineville kommt und bereits wenige Minuten nach seinem Eintreffen in einen Revolverkampf verwickelt wird. Der "Beruf" eines Kopfgeldjägers ist bestimmt nicht gerade angesehen oder ehrenwert; doch obgleich Clay Cavendish dabei die Grenzen des Gesetzes niemals überschritten hat, sehen die Legenden über ihn ganz anders aus. Er will das Gesetz einer rauen Vergeltung in diese Stadt bringen, Vergeltung für den Mord an Marshal Flint Sparker, der sein Freund gewesen war.
Clay nimmt den Marshalstern in Pineville, denselben Stern, den auch Flint Parker getragen hatte, weil er dadurch sein Ziel eher zu erreichen glaubt. Doch das wirkliche Gesetz gewinnt mehr und mehr Macht über ihn. Schließlich geht er trotz aller Intrigen und Kämpfe den Weg, den Flint Parker ihm vorgelebt hat, obgleich an seinem Ende auch für ihn nur eine Enttäuschung zu stehen scheint ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 146

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

GESETZ DER VERGELTUNG

Vorschau

Impressum

GESETZ DER VERGELTUNG

Dass der Ruf eines Mannes nicht immer nur von seinen Taten geprägt wird, muss Clay Cavendish feststellen, als er nach Pineville kommt und bereits wenige Minuten nach seinem Eintreffen in einen Revolverkampf verwickelt wird. Der »Beruf« eines Kopfgeldjägers ist bestimmt nicht gerade angesehen oder ehrenwert; doch obgleich Clay Cavendish dabei die Grenzen des Gesetzes niemals überschritten hat, sehen die Legenden über ihn ganz anders aus. Er will das Gesetz einer rauen Vergeltung in diese Stadt bringen, Vergeltung für den Mord an Marshal Flint Sparker, der sein Freund gewesen war.

Clay nimmt den Marshalstern in Pineville, denselben Stern, den auch Flint Parker getragen hatte, weil er dadurch sein Ziel eher zu erreichen glaubt. Doch das wirkliche Gesetz gewinnt mehr und mehr Macht über ihn. Schließlich geht er trotz aller Intrigen und Kämpfe den Weg, den Flint Parker ihm vorgelebt hat, obgleich an seinem Ende auch für ihn nur eine Enttäuschung zu stehen scheint ...

Clay Cavendish reitet auf seinem kastanienbraunen Wallach in die Stadt. Zusammengesunken, mit leicht nach vorn gebeugten Schultern und lang geschnallten Bügeln, sitzt er im Sattel, ein Reiter wie tausend andere, die sich in den Weidegebieten der Dreiländerecke von Wyoming, Nebraska und Colorado herumtreiben. Er lässt seinen Braunen im Schritt gehen und späht dabei die Straße entlang, die Augen gegen das grelle Licht der Sonne scheinbar schläfrig verkniffen und den Hut weit in die Stirn gezogen. So nimmt er das Bild von Pineville in sich auf.

Sam Brighton, Mitbegründer der Stadt und Besitzer des größten Stores von Pineville, ist der erste, der diesem Mann irgendwelche Aufmerksamkeit schenkt. Er sitzt unter der schattigen Veranda, die Hände auf die blankpolierten Armlehnen seines Stuhls gelegt, und hält seine Siesta.

Ein Revolvermann ist in die Stadt gekommen.

Sam Brighton fährt sich mit der Hand über die Glatze. Im selben Augenblick blinzelt er erschreckt, als er aus der Gasse hinter dem Mietstall die Gestalt von Skip Jordan auftauchen und beim Anblick des Fremden erstarren sieht.

Denn auch Skip Jordan gehört zur schnellen Gilde.

Clay Cavendish hat sich bereits der Hotelveranda zugewandt, als auch er aus den Augenwinkeln den Burschen wahrnimmt, der etwa fünfzig Yards entfernt ist. Und da hört er auch schon den krächzenden Ruf:

»Cavendish! Bleib stehen, Cavendish! Wir haben uns zu unterhalten!«

»Mister«, fährt Jordan schleppend fort, »fast hätte ich schon nicht mehr daran geglaubt, noch jemals diese Gelegenheit zu bekommen. Clay Cavendish in voller Lebensgröße vor dem Lauf zu haben, das ist schon ein ganz verteufeltes Glück.«

»Ich weiß nicht«, erwidert Clay. »Es gibt gewisse Sorten von Glück, die sich später als hohl und wurmstichig erweisen. Hatte ich schon irgendwo einmal das Vergnügen?«

Langsam und beinahe genussvoll entblößt Skip Jordan in einem bösen Grinsen seine starken Zähne.

»Vor ungefähr fünf Jahren in Santa Fé. Damals war es für dich tatsächlich noch ein Vergnügen, denn Skip Jordan war noch ein ziemlich kleines Licht, ein Anfänger gewissermaßen.«

Zweimal zieht Clay Cavendish an seiner Zigarette und blickt durch den leichten Rauchschleier mit schmalen Augen auf seinen Gegner.

»Richtig«, sagt er dann trocken. »Skip Jordan, achtundzwanzig Jahre, gesucht in New Mexico wegen Bandenverbrechens mit fünfhundert Dollar Belohnung. Wenn ich mich geirrt haben sollte, dann sagen Sie es ruhig, Jordan.«

»Respekt«, murmelt der andere zynisch und fährt sich mit der Zunge über die Lippen. »Man sagt Clay Cavendish offenbar nicht zu Unrecht nach, dass er sich niemals irrt, soweit es sich um Streckbriefe und ausgesetzte Belohnungen handelt. Dabei wollte ich es eigentlich gar nicht so genau wissen. Nur ein kleiner Irrtum ist dir unterlaufen, Mister: Ich bin neunundzwanzig Jahre.«

»Natürlich, das hatte ich übersehen«, räumt Clay Cavendish höflich ein. »Es war schon im vergangenen Jahr, als ich den Steckbrief mit der Altersangabe zu Gesicht bekam. – Was kann ich für Sie tun, Mr. Jordan?«

Für eine Sekunde zieht sich das Gesicht des Revolverhelden verdutzt in die Länge, dann murmelt er anerkennend:

»Das nenne ich Kaltschnäuzigkeit. Oder ist es vielleicht nur ein Bluff, und in Wirklichkeit steckt Angst dahinter?«

»Würde Sie das enttäuschen, Jordan?«

»Was hattest du gedacht, Cavendish?« Der Revolverheld grinst mit zunehmender Selbstsicherheit. Er gibt sich keine Mühe mehr, seinen Hass zu verbergen. »Wir brauchen auch nicht mehr lange herumzutändeln. Bei deinem Gedächtnis wirst du dich sicher noch an Eddie McGivern erinnern, nicht wahr? Ich glaube, er hat dir damals tausend Dollar eingebracht.«

»Stimmt. Aber dass er dabei getötet wurde, war seine eigene Schuld.«

»Und wenn schon. Eddie McGivern war mein Freund.«

Für den Bruchteil einer Sekunde scheint ein Schatten über Clay Cavendishs Gesicht zu fliegen.

»Sicher, Jordan«, entgegnet er rau, während er die Linke mit der Zigarette senkt, »das ist ein Grund. Aber ich rate Ihnen trotzdem, es sich noch einmal zu überlegen. Es macht mir keinen Spaß, einen Narren totzuschießen. Und in Ihrem Fall bliebe mir wahrscheinlich nichts anderes übrig, weil Sie sich zwei Revolver umgeschnallt haben. Bei nur einer Waffe kann man auf den Revolverarm schießen, aber bei einem Zweihandmann ist das Risiko zu groß.«

An seinem schattigen Platz auf der Veranda hält Sam Brighton den Atem an. Er sieht, wie Clay gelassen seine Zigarette zur Seite schnippt und die schwarze Schleife zurechtzupft, die er unter den Kragen seines grauen Wollhemds geschlungen hat.

»Also dann«, knurrt Skip Jordan. »Willst du den Anfang machen, Cavendish?«

»Nach Ihnen, Jordan«, erwidert Clay und deutet eine spöttische Verbeugung an. Nur seine rechte Schulter hat er nun unmerklich gesenkt und zurückgenommen. Ansonsten ist seine lockere, entspannte Haltung unverändert.

»Dann pass nur auf, Mister!«, gibt Skip Jordan mit belegter Stimme zurück. »Ich komme jetzt.«

Noch im selben Moment setzt er sich in Bewegung.

Etwa vierzig Yards beträgt die Distanz zwischen den beiden Gegnern. Fast körperlich glaubt Sam Brighton nun die Ströme des Hasses zu spüren, die von Skip Jordan ausgehen. Er hat beide Fäuste um die Hosenträger gekrampft und sich weit auf seinem Stuhl vorgebeugt. Irgendetwas würgt in seiner Kehle. Seine Lippen scheinen mit einem Mal ausgedörrt zu sein.

Skip Jordans Schritte werden rascher. Und dann, als die Distanz auf etwa fünfundzwanzig Yards zusammengeschmolzen ist, bleibt er plötzlich ruckartig stehen und schnappt seine beiden Revolver. Wie zustoßende Schlangen zucken die Mündungen der Waffen empor.

Ein Ächzen kommt über Sam Brightons Lippen, als er sieht, wie sich das blitzschnelle Zuschnappen Skip Jordans auch in Clay Cavendishs Bewegungen widerspiegelt – dort allerdings auf eine geschmeidige und beinahe spielerisch wirkende Weise, die dem Betrachter die Raschheit der Reaktion kaum zu Bewusstsein kommen lässt.

Am erstaunlichsten jedoch ist eine andere Tatsache: Während Jordan zum Feuern wie angewurzelt stehenbleibt, setzt sich Clay Cavendish gerade da in Bewegung und marschiert steifbeinig auf seinen Gegner los. Worte reichen nicht aus, um den Ablauf eines Geschehens zu schildern, das sich hier in Bruchteilen von Sekunden ereignet.

Einer von Skip Jordans schweren Colts dröhnt zuerst.

Doch in das dumpfe Krachen mischt sich bereits der hellere und schärfere Knall von Clay Cavendishs Revolver.

Noch einmal ein dröhnender Schuss, doch diese Kugel Jordans lässt bereits eine Scheibe in der Fensterfront des Hotels zersplittern. Er selbst reißt die Schultern zurück, wölbt mit heiserem Ächzen das Kreuz und reckt sich dabei hoch auf, als ob er in den Rücken getroffen wäre, während sich tatsächlich nur an seiner rechten Schulter, etwa in Höhe des Schlüsselbeins, ein dunkler Fleck abzeichnet. Die Waffe entfällt seiner Rechten, und der Arm hängt schlaff herab. Er schwankt, taumelt dann zwei Schritte zur Seite, als ob er von dem Anprall der Kugel aus dem Gleichgewicht gebracht worden wäre. Der brennende Hass in seinen Augen zeigt am besten, wie er all seine Kräfte mobilisiert, um wenigstens mit der Waffe in seiner Linken erneut zum Schuss zu kommen und einen Treffer anzubringen. Doch der schwere Colt scheint sich plötzlich in ein Zentnergewicht verwandelt zu haben.

Clay Cavendish aber marschiert immer noch vorwärts, die Waffe an der rechten Hüfte im Anschlag und die Handkante der Linken schlagbereit darüber, um notfalls im Bruchteil einer Sekunde den Hahn erneut zuschnappen zu lassen und das tödliche Blei auf die Reise zu schicken.

»Hören Sie auf, Jordan!«, sagt Clay Cavendish hart, als er sich dem Revolverhelden bereits bis auf zehn Yards genähert hat. »Zum Teufel, machen Sie Schluss damit, oder muss ich Sie wirklich erst erschießen, Sie elender Narr?«

Ein hasserfülltes Stöhnen kommt aus Skip Jordans Mund. Anscheinend ist er kaum noch in der Lage, den Sinn seiner Worte zu erfassen. Immer noch zerrt er förmlich an seiner Waffe, um die Mündung hochzuschwingen. Aber im selben Augenblick, als ihm dies endlich gelingt, ist Clay bereits mit zwei langen Schritten heran und lässt den Lauf seines Achtunddreißigers auf den Unterarm des Revolverhelden sausen.

Ein krächzender Schrei dringt aus Jordans Kehle, auch seine zweite Waffe fällt zu Boden, und dann bricht er plötzlich mit einem Schluchzen in die Knie.

Drei Schüsse haben die Mittagsstille durchbrochen und die Stadt aufgeweckt. Zwei Männer tauchen im Tor des Mietstalls auf und spähen vorsichtig um die Ecke. An den Fenstern des Hotels zeigen sich nur zaghaft einige Gesichter. Es wird lebendig auf der Straße. Vom Arzthaus kommt Doc Longley mit der unvermeidlichen Ledertasche herbeigerannt. Wenig später setzt sich vor dem Marshal's Office eine gebeugte, hagere Gestalt in Bewegung.

Scheinbar völlig unbeteiligt sieht Clay Cavendish dem Auflauf zu. Erst dann erwacht sein Interesse wieder, als er den glatzköpfigen Sam Brighton sagen hört:

»Es war ein Duell, Ridgway. Es war ein fairer Kampf. Ich habe es von der ersten Sekunde an beobachten können.«

Langsam wendet sich der hagere Mann Clay Cavendish zu.

»Ein Duell?«, fragt er mit spröder Stimme und offensichtlich erleichtert. »Das ändert die Sache natürlich.«

Mehr noch als der Stern eines Deputy-Marshals, den Clay unter der aufklaffenden Jacke des Mannes entdeckt, interessiert ihn dessen Gesichtsausdruck. Er ist zweifellos ein alter Mann, doch seine Haltung und seine faltige Miene lassen ihn noch über sein wirkliches Alter hinaus müde und ausgebrannt erscheinen.

»Natürlich ändert das die Sache«, erwidert Clay ruhig. »Ein Duell, das unter fairen Bedingungen und mit beiderseitiger Zustimmung der Beteiligten ausgetragen wird, ist straffrei. Dennoch würde ich vorschlagen, dass Sie diesen Skip Jordan einsperren, wenn der Doc ihn für haftfähig erklärt, Mister.«

»Und warum sollte ich das tun?«, fragt der Hilfsmarshal.

»Weil gegen ihn zwei Steckbriefe aus New Mexico und Arizona existieren und ich Wert auf die Belohnung lege, die auf seine Ergreifung ausgesetzt ist«, entgegnet Clay lakonisch. »Wenn Sie Ihren Bericht schreiben, setzten Sie nur gleich meinen Namen ein, Mister. Ich heiße Cavendish – Clay Cavendish.«

»Dieser Satan«, ächzt Skip Jordan, dem Doc Longley gerade die Jacke geöffnet hat. »In dieser Stadt wirst du nicht lange genug am Leben bleiben, um auch nur einen Cent von der Belohnung auszugeben, Cavendish. Pass nur auf, dass du dich nicht auch noch in diese Sache hineinziehen lässt, Ridgway.«

Schon zum zweiten Mal hört Clay nun diesen Namen. Er blickt den Deputy an und wiederholt:

»Ridgway? Heißen Sie Ridgway, Mister?«

»Owen Ridgway, wenn Sie nichts dagegen haben«, entgegnet der Alte mit einer Schroffheit, hinter der sich offenbar Beschämung und Bitterkeit verbergen. »Natürlich haben Sie den Namen schon einmal gehört und sich einen anderen Mann darunter vorgestellt, nicht wahr? Nicht einen alten, abgehalfterten und klapprigen Gaul oder einen zahnlosen Tiger, sondern einen harten Brocken, einen Revolvermarshal.«

»Nein«, sagt Clay ruhig, »das habe ich nicht. Oder wenigstens nicht ganz. Denn ich konnte mir ausrechnen, dass jener Owen annähernd sechzig Jahre alt sein muss.«

»Und das, meinen Sie, ist ein Alter für das Gnadenbrot?«

»Es wäre ein Alter, in dem sich ein Mann nicht mehr ausgerechnet eine wilde Stadt aussuchen sollte.«

»Pineville war keine wilde Stadt.«

»Aber jetzt ist sie es geworden?«

»Cavendish, Sie fragen zu viel.«

»Das war schon immer meine Schwäche. Was ist also mit Skip Jordan? Nehmen Sie ihn in Verwahrung?«

Die unsichtbare Spannung zwischen den beiden Männern scheint sich aufzulösen, als der Deputy sein Gesicht dem Arzt zuwendet.

»Was ist mit Jordan, Doc?«

»Er hat Glück gehabt«, gibt der kleine, rundliche Doc Longley zurück. »Glatter Durchschuss, nicht einmal die Lunge ist verletzt. Nur das Schlüsselbein könnte angeknackst sein.«

»Ist er haftfähig?«

Doc Longley zuckt die Achseln.

»Wenn ich zunächst zweimal täglich nach ihm sehe, ist er bei Ihnen ebenso gut aufgehoben wie bei mir. Aber er braucht eine ordentliche Pritsche mit Strohsack und mehreren Decken.«

»Dafür wird Tom Mulligan sorgen. Sie können Jordan gleich drüben im Office behandeln.«

Der Blick Doc Longleys scheint gewisse Zweifel auszudrücken.

»Wissen Sie auch, was Sie da tun, Ridgway? Skip Jordan hat Freunde in der Stadt.«

»Das lassen Sie meine Sorge sein, Doc. Mit einem angeschossenen Burschen können auch seine Freunde nichts anfangen.«

»Das wirst du noch bereuen, Ridgway«, knirscht Skip Jordan, dessen Gesicht eine schmutziggraue Färbung angenommen hat. »Wahrscheinlich hast du noch nicht genug daraus gelernt, dass Flint Sparker vor drei Wochen ...«

Er bricht ab, presst die blutleeren Lippen aufeinander und starrt vor sich hin.

»Schade«, sagt Owen Ridgway, »wir hätten so gern erfahren, was vor drei Wochen wirklich mit Flint Sparker geschehen ist.« Dann wendet er sich Clay Cavendish zu und fragt sarkastisch: »Nun, zufrieden, Mr. Schlangentöter?«

Clay Cavendish sagt gar nichts. Er blickt den Alten noch einmal nachdenklich an, dreht sich dann um und geht mit ruhigen Schritten zum Hotel hinüber. Nicht mit einem Wimpernzucken lässt er sich anmerken, dass er vor wenigen Sekunden die Fährte aufgenommen hat.

Eine Stunde darauf hat er seinen kastanienbraunen Wallach versorgt, im Speiseraum des Hotels eine Mahlzeit eingenommen und sein wenig umfangreiches Gepäck aufs Zimmer geschafft.

Dort steht er mit entblößtem Oberkörper vor dem Wandspiegel und trifft alle Vorbereitungen für die Rasur, als er draußen auf dem Gang das Knirschen der Dielen vernimmt. Mit wenigen schnellen Schritten bewegt er sich zum Garderobenhaken, der hinter einem Vorhang verborgen ist, und kehrt von dort lautlos wieder an den Waschtisch zurück. Gelassen tunkt er den Rasierpinsel in den Tiegel und beginnt danach sich einzuschäumen.

Obwohl das Öffnen der Tür unvermittelt und ohne Anklopfen geschieht, wendet er sich nicht um, sondern betrachtet nur im Spiegel die beiden Männer, die nun den Raum betreten.

»Hallo, Cavendish«, sagt einer von ihnen mit falscher Freundlichkeit, grinst dem Spiegelbild seines Gesprächspartners zu, während er sich unaufgefordert einen Stuhl von vorn zwischen die gespreizten Beine schiebt und die Unterarme auf der Lehne verschränkt. Er ist ein breiter, muskulöser Mann mit kantigem Gesicht und kurzem Hals. Seine dunklen Augen werden von schweren, blauschimmernden Lidern überschattet, und sein dünnlippiger Mund ist in einem anmaßenden, spöttischen Lächeln erstarrt, das eine Menge Überheblichkeit und Selbstsicherheit zum Ausdruck bringt. Über Clays Reglosigkeit scheint er amüsiert zu sein.

Für die Dauer einiger Atemzüge hat Clay Cavendish seinen Pinsel in der Schwebe gehalten. Nun fährt er ungerührt in seiner Tätigkeit fort, wischt sich mit dem Finger die Lippen von Seifenschaum frei und erwidert gedehnt:

»Hallo, Mister. Und wer sind Sie?«

Grinsend langt der arrogante Bursche in die Innentasche seines dunklen Prinz-Albert-Rocks, wählt aus einem glänzenden Etui eine Zigarre aus und spuckt die abgebissene Spitze zur Seite.

»Ich bin Calem Bragg, Grundstückvermittlung und Immobilien aller Art. Schon einmal gehört den Namen?«

»Ich glaube schon«, erwidert Clay gelassen, während er im Spiegel bereits den Begleiter Calem Braggs ins Auge fasst, einen kleinen, schiefrückigen Burschen mit lederhäutigem, verwittertem Gesicht und einer viel zu groß geratenen Hakennase, der seine knochigen Hände unverkennbar wachsam hinter den Gurt gehakt hat. »Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches, Bragg?«

»Sie haben vor einer Stunde Skip Jordan lahmgeschossen.«

»Was Sie nicht sagen.«

»Sie hätten ihn ebenso gut töten können, aber dann wäre Ihnen natürlich ein Teil der Belohnung durch die Lappen gegangen. Nur auf dem Steckbrief aus Arizona steht ›tot oder lebendig‹.«

»Nicht wahr?« Noch immer weicht Clay Cavendish hingebungsvoll seine Bartstoppeln ein. Nicht ein einziges Mal hat er sich bisher dabei umgewandt, zumal er seine beiden Besucher im Spiegel sehr gut beobachten kann. Seine lakonische Sprechweise entlockt Calem Bragg nur ein amüsiertes Grinsen.

»Die ganze Stadt zerbricht sich seit einer Stunde den Kopf darüber, weshalb Sie hergekommen sein könnten«, erklärt der Makler scheinbar leichthin. »Demnach müsste es hier eine ganze Reihe von Leuten mit schlechtem Gewissen geben.«

»So? Der Zusammenhang ist mir nicht ganz klar. Ich bin kein Marshal, den jeder kleine Gauner und Betrüger zu fürchten hätte.«

»Natürlich nicht«, bestätigt Calem Bragg mit höflicher Zuvorkommenheit. Und mit einem Anklang von beißender Ironie setzt er hinzu: »Sie interessieren sich nur für die dickeren Hechte, die etwas einbringen – oder auch für raue Arbeit, bei der ein schnelles Eisen eine Rolle spielt.«

Nur ganz unmerklich hat Clay in seiner Beschäftigung innegehalten. Nun zeigt er ein schmales, undurchsichtiges Grinsen, das bei seinem eingeseiften Gesicht wie eine Grimasse wirkt.

»Ich nehme die Dinge so, wie sie nun einmal sind, und fühle mich nicht zum Weltverbesserer berufen, Bragg. Bisher habe ich gar nicht schlecht damit gelebt. Stand Skip Jordan vielleicht zufällig auf Ihrer Lohnliste?«

»Wie kommen Sie nur darauf«, murmelt der Makler vorwurfsvoll. »Ich beschäftige nur einen Mann. Hier, das ist Harvey Dox, mein Leibwächter gewissermaßen. Aber leider werden mich die Umstände dazu zwingen, meine Leibwache zu verstärken. Ich hatte dabei an Sie gedacht, Cavendish.«

»Wie ehrenvoll«, spöttelt Clay und greift nach dem Messer, das er inzwischen auf einem Lederriemen abgezogen hat.

»Das habe ich mir auch gesagt«, erwidert Calem Bragg völlig ernsthaft. »Ich zahle nicht schlecht, dreihundert im Monat, selbstverständlich bei Übernahme aller sonstigen Unkosten, Logis, Verpflegung und was es da sonst noch gibt.«

»Ein wirklich verlockendes Angebot.«

»Nicht wahr?«

»Aber leider nicht für mich, Bragg.«

Wenn Calem Bragg diese Abfuhr Enttäuschung bereitet, dann verbirgt er das sehr geschickt. Er wechselt einen Blick mit seinem schiefrückigen Leibwächter.

»Schade. Wie lange wollen Sie denn in Pineville bleiben, Cavendish?«

In aller Ruhe rasiert sich Clay weiter.