H. C. Hollister 75 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 75 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Als Jesse Yarbow nach Beendigung des Sezessionskrieges ins Big-Bend-Land zurückkehrt, steht seine Heimkehr unter keinem glücklichen Stern. Er weiß, dass sein Vater bereits zu Beginn des Krieges bei einem Überfall durch mexikanische Banditen getötet wurde, aber dennoch schnürt ihm der Anblick von "Three Oaks" die Kehle zusammen. Aus dem Hauptquartier der Yarbow-Ranch ist eine verlassene und halb verfallene Gespensterranch geworden.
Schon die erste Nacht auf Three Oaks bringt Jesse eine Begegnung, welche für alle weiteren Geschehnisse von entscheidender Bedeutung sein wird. Zum ersten Mal sieht er sich jenen geheimnisvollen Nachtreitern gegenüber, die das Big-Bend-Land seit Kriegsende schlimmer denn je terrorisieren. Noch ahnt er nicht, welche unbekannten Kräfte hinter dem höllischen Treiben stecken, doch eines ist ihm vom ersten Augenblick an klar: dass er bedingungslos den Kampf gegen die Mörder seines Vaters aufnehmen wird, wer auch immer sich unter den Masken der Geisterreiter verbirgt ...


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Inhalt

Cover

DÄMONEN DER NACHT

Vorschau

Impressum

DÄMONEN DER NACHT

Als Jesse Yarbow nach Beendigung des Sezessionskrieges ins Big-Bend-Land zurückkehrt, steht seine Heimkehr unter keinem glücklichen Stern. Er weiß, dass sein Vater bereits zu Beginn des Krieges bei einem Überfall durch mexikanische Banditen getötet wurde, aber dennoch schnürt ihm der Anblick von »Three Oaks« die Kehle zusammen. Aus dem Hauptquartier der Yarbow-Ranch ist eine verlassene und halb verfallene Gespensterranch geworden.

Schon die erste Nacht auf Three Oaks bringt Jesse eine Begegnung, welche für alle weiteren Geschehnisse von entscheidender Bedeutung sein wird. Zum ersten Mal sieht er sich jenen geheimnisvollen Nachtreitern gegenüber, die das Big-Bend-Land seit Kriegsende schlimmer denn je terrorisieren. Noch ahnt er nicht, welche unbekannten Kräfte hinter dem höllischen Treiben stecken, doch eines ist ihm vom ersten Augenblick an klar: dass er bedingungslos den Kampf gegen die Mörder seines Vaters aufnehmen wird, wer auch immer sich unter den Masken der Geisterreiter verbirgt ...

Jesse Yarbow erwacht mit dem prickelnden Empfinden, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Ein Mann entwickelt dafür einen sechsten Sinn, wenn er die meisten Nächte in vier langen Kriegsjahren unter freiem Himmel zugebracht und selbst im Schlaf nur selten eine völlige Entspannung gefunden hat. Auch diesmal macht Jesse Yarbow es so, wie er es bei unzähligen waghalsigen Unternehmungen und Patrouillenritten gehalten hat. Er wacht zwar auf, doch er lässt seine Haltung unverändert und hält die Augen geschlossen. Sekundenlang scheinen sich alle seine Sinne im Gehör zu konzentrieren.

Dann ist ihm klar, wodurch er aufgeweckt worden ist. Er fährt aus seinen Decken empor. Erst ein dumpfer Schlag bringt ihn vollends in die Wirklichkeit zurück. Dieser Schlag trifft seinen Schädel und lässt vor seinen Augen rote Nebelschleier aufwallen. Er erinnert ihn schmerzhaft daran, dass er diesmal die Nacht ausnahmsweise nicht unter freiem Himmel, sondern im unteren Bett einer doppelstöckigen Bunk zugebracht hat. Vorsichtig zieht Jesse Yarbow in der Dunkelheit den Kopf ein, als er die Beine aus dem Bett schwingt, hastig in seine Stiefel fährt und den Gurt umschnallt, den er an den Bettpfosten gehängt hatte.

Hufschlag auf einer Ranch, das wäre selbst mitten in der Nacht nichts sonderlich Aufregendes. Seltsamer liegen die Dinge schon, wenn das ausgerechnet auf einer verlassenen Geisterranch geschieht. Und die Yarbow-Ranch ist seit nunmehr drei Jahren eine solche Gespensterranch mit allem, was dazu gehört: knarrenden Türen, die schief in den Angeln hängen, zertrümmerten Scheiben, leeren Fensterhöhlen und wucherndem Unkraut auf den Dächern.

Jesse ist absolut sicher, dass es Hufschlag war, den er im Unterbewusstsein wahrgenommen hat. Mit geschmeidigen Bewegungen gleitet er lautlos zum grauen Rechteck des Fensters.

Lau und weich streicht durch die zerbrochenen Scheiben der Nachtwind herein. Dann plötzlich ist ein heftiges Schnauben zu hören, ein Pferd tänzelt aus dem Schatten des Ranchhauses, bäumt sich vor dem kollernden Busch auf, und eine blecherne Stimme ruft:

»Hola, cavallo!«

Mit einem Ruck der Zügel zwingt der Reiter die Vorderhand seines Pferdes wieder zu Boden, ein zweiter Reiter drängt sein Pferd aus dem Schatten, und im nächsten Augenblick kommt ein weiterer aus der Richtung der Drum Ridge in den Hof galoppiert, pariert seinen Rappen durch und sagt mit seltsam dumpf klingender Stimme:

»Buenas noches, Angeles!«

In diesem Moment ist es um Jesse Yarbows Fassung endgültig geschehen. Denn diese drei Burschen dort drüben sind keine gewöhnlichen Reiter. Sie erst scheinen das Bild einer Geisterranch vollständig zu machen, denn sie stecken in schwarzen Kitteln mit weiten Ärmeln, welche den Körper bis zu den Schenkeln bedecken, und haben obendrein spitze Kapuzen über den Kopf gezogen, die zwei Löcher für die Augen aufweisen. Wie ein Spuk mutet das Ganze an. Vielleicht würde Jesse es sogar als einen albernen Mummenschanz auffassen, wenn nicht der vergilbte Brief in seiner Brusttasche wäre, den er seit mehr als drei Jahren mit sich herumschleppt. In diesem Brief schreibt Diego Avalon von einem Überfall vermummter Reiter auf Three Oaks – von einem Überfall, bei dem Daniel Yarbow und zwei seiner Vaqueros ums Leben gekommen waren. Nur Diego Avalon hatte entkommen können. In seiner unbeholfenen Schreibweise versuchte er, Jesse den Tod seines Vaters so schonend wie nur möglich beizubringen. Eine Bezeichnung aus diesem Brief hat sich in Jesses Gedächtnis unauslöschlich eingebrannt: Hermandad de los Angeles negros. Denn diese »Brüderschaft der schwarzen Engel« war nach Diegos Worten die Bande gewesen, die den nächtlichen Überfall verübt hatte, die Bande von Angelo Diaz, die drüben in Mexiko schon viel von sich reden gemacht hatte und die zweifellos über den Rio Bravo ins Big-Bend-Land herübergekommen war. Es gibt keinen Zweifel, dass Jesse Yarbow in diesen Gespensterreitern Mitglieder der Bande vor sich hat.

Ohne sich über seine Handlungsweise Rechenschaft zu geben, zerrt er seinen langläufigen Kavallerie-Colt aus dem Halfter und bringt ihn in Anschlag. Aber im selben Augenblick, da er vorsichtig den Hahn der Waffe zurücklegt, stößt der Lauf gegen eine Scherbe des zertrümmerten Fensters, die im Rahmen haften geblieben ist. Klirrend fällt das gezackte Stück Glas nach draußen und zersplittert auf dem Boden.

Jesse drückt unwillkürlich ab. Grell zuckt das orangefarbene Mündungsfeuer durch die Dunkelheit, und die Druckwelle des Schusses lässt noch weitere Scherben klirren. Aber da hat der vermummte Reiter seinen Rappen bereits herumgerissen und feuert ebenfalls. Dumpf schlägt die Kugel neben Jesse in den Fensterrahmen. Es ist zu spät, um den Banditen auf dem Rappen noch zu erwischen. Mit hartem Schenkeldruck hat er sein Pferd bereits so weit zur Seite gedrängt, dass er sich fast im toten Winkel befindet. Dafür haben die beiden anderen Burschen den Schock überwunden und beginnen zu schießen. Dicht neben Jesses Kopf splittert eine der wenigen heil gebliebenen Scheiben, und ein Glassplitter dringt ihm in die Wange. Schrill und entnervend löst sich der alte Rebellenschrei von seinen Lippen, jener Schrei, mit welchem Jeb Stuarts Südstaaten-Kavallerie ihre Attacken begleitet hatte und der oftmals allein schon genügte, um Schrecken und Entsetzen in die Reihen des Gegners zu tragen.

Eines der Pferde dort drüben bäumt sich auf und rast mit seinem vermummten Reiter davon. Der andere Bandit feuert noch einmal, ohne mehr zu treffen als die massive Adobewand der Bunk. Dann kracht wieder Jesse Yarbows Kavallerie-Colt, und das schwarze Gespenst fällt stumm aus dem Sattel. Hufschlag prasselt auf. Zwei Gestalten jagen davon, und instinktiv schließt sich ihnen das ledige Pferd mit wild pendelnden Bügeln an. Mit einem Blick kann Jesse noch erkennen, dass es sich um schwere, lederbezogene mexikanische Steigbügel handelt, die dem Tier gegen den Leib schlagen, dann ist der Spuk vorbei.

Nur wenige Sekunden braucht Jesse Yarbow zur Überlegung. Zweifellos war es kein Zufall, dass diese Nachtreiter sich hier in Three Oaks, dem verlassenen Hauptquartier der Yarbow-Ranch, getroffen haben, das seinen Namen nach den drei knorrigen Steineichen erhalten hat. Und wenn es sich schon um eine Bande handelt, dann ist zu erwarten, dass nach und nach noch mehr von diesen Nachtgespenstern eintreffen werden. Dann aber würde Three Oaks für Jesse Yarbow zu einer Falle.

Eine seltsame Heimkehr, fährt es Jesse durch den Kopf. In vier Jahren Kampf nichts weiter erreicht zu haben als die Rückkehr auf eine verfallene Ranch, das ist bitter für einen Mann. Und trotzdem: Fast hatte er nicht mehr erwartet, überhaupt noch etwas von den Gebäuden vorzufinden.

Der prasselnde Hufschlag ist kaum verklungen, als Jesse Yarbow sich in Bewegung setzt. Er macht kein Licht, dennoch dauert es kaum zwei Minuten, bis er seine Decken und sonstigen Habseligkeiten eingerollt und in den Mantelsack aus Segeltuch verschnürt hat. Er stülpt den grauen Feldhut auf den Kopf, hängt die Satteltaschen über die Schulter und greift nach seinem Henry-Gewehr, dann geht er hinaus und überquert den Hof – ein großer, geschmeidiger Mann mit hageren, ein bisschen müden Gesichtszügen. Beinahe lautlos verschwindet er in dem langgestreckten Stallgebäude, dessen Dach an der Seite eingesunken ist.

Ein kurzes Schnauben ist aus dem Stall zu hören. Als Jesse nach unglaublich kurzer Zeit wieder zum Vorschein kommt, folgt ihm ein riesenhafter grauer Hengst, der wie ein Wolf mit hängendem Kopf hinter ihm her trottet. Dann erst, als alle Vorbereitungen zu einem plötzlichen Aufbruch getroffen sind, geht Jesse zu der Gestalt hinüber, die stumm und verkrümmt auf der Seite liegt. Der Hengst folgt ihm mit schleifenden Zügeln auch dorthin.

Jesse muss dem Mann den schwarzen Kittel samt Kapuze herunterzerren. Dann genügt ein einziger Blick für die Feststellung, dass hier jede Hilfe zu spät kommt. Zwei gekreuzte Patronengurte trägt der Tote über der Brust. Die Kugel hat ihn unmittelbar oberhalb dieses Kreuzes getroffen. Es handelt sich um einen Mexikaner.

Erst als der Nachtwind wieder leises Hufgetrappel heranträgt, richtet Jesse Yarbow sich auf und rollt den schwarzen Umhang zusammen. Diablo, der graue Hengst, schnaubt bereits unruhig und stößt ihm auffordernd die Rammsnase in den Rücken, als ob er genau wüsste, was der ferne Hufschlag zu bedeuten hat. Doch der Anblick eines Gewehres, das neben dem Toten am Boden liegt, weckt in Jesse eine Idee. Es handelt sich um einen 56er Spencer-Karabiner, ein modernes, siebenschüssiges Gewehr, das selbst die Kavallerie der Union erst in den letzten Monaten des Krieges zur Probe verwendet hatte. Eine solche Waffe bei einem mexikanischen Banditen vorzufinden, kann einen Mann schon in Erstaunen versetzen.

Jesse zögert nicht mehr, die beiden Hüftgurte des Toten zu lösen. In einem der Halfter steckt noch jetzt ein schwerer 45er Revolver, den anderen muss er vom Boden auflesen. Er wickelt Halfter und Waffen in den schwarzen Umhang, schnürt ihn mit den beiden Munitionsgurten zu einem Bündel zusammen und schnallt es zu seinem Mantelsack an die Sattelwiege eines braunglänzenden Armeesattels. Als er den Fuß in den Steigbügel setzt, ist der Hufschlag schon bedrohlich nähergekommen. Dem Geräusch nach muss es sich diesmal um mindestens ein halbes Dutzend Reiter handeln.

Als Jesse die Zügel aufgenommen hat, wirft Diablo den Kopf empor und setzt sich in Bewegung. Er folgt dem leisen Schenkeldruck seines Reiters und tänzelt zu der dunklen Lücke zwischen Stall und Scheune hinüber, die von der ausladenden Krone einer Steineiche beschattet wird. Dort genügt eine leichte Gewichtsverlagerung, um ihn wieder zum Stehen zu bringen. Dies ist ein Gelände, in dem sich beide auskennen, denn der graue Hengst ist nicht nur ein Kriegs- oder Kavalleriepferd. Zwölf Jahre alt ist Diablo jetzt. Er erblickte am 28. Mai 1854 auf Three Oaks das Licht der Welt. Dieser Tag war ein Sonntag und außerdem genau der achtzehnte Geburtstag von Jesse Yarbow. Es hatte demnach festgestanden, dass dieses staksige, fast völlig schwarze Hengstfohlen eines Tages sein Pferd sein würde. Für die Namensgebung waren gewisse Eigenschaften des Junghengstes maßgebend gewesen – welche, das lässt sich unschwer erraten, denn »Diablo« heißt schlicht und einfach »Teufel«.

Jesse Yarbow lauscht auf den Hufschlag, der sich immer mehr nähert.

»A la derecha!«, ruft eine dumpfe Stimme, als die schattenhaften Gestalten vermummter Reiter seitwärts vom Ranchgebäude auftauchen. Sofort zieht sich die Traube auseinander und schließt den Hofraum in weitem Halbkreis ab. Mit grimmiger Befriedigung presst Jesse die Zähne aufeinander. Seine Voraussicht hat sich als zutreffend erwiesen, denn tatsächlich sind es bereits ein halbes Dutzend vermummter Burschen, die sich auf ein weiteres Kommando aus den Sätteln schwingen und auf die Bunk losstürmen. Nur der Mann auf dem Rappen hält sich diesmal im Hintergrund.

Wie ein Spuk – lautlos und geduckt – schnellen sich die Kapuzenmänner zum Schlafhaus hinüber. Noch immer steht der graue Hengst reglos wie eine Statue. Jesse hält jetzt seinen Kavallerie-Colt in der Rechten.

Zwei Gestalten erreichen die Tür der Bunk, reißen sie auf und stürmen hinein – offenbar selbst überrascht, dass sie kein Feuer erhalten und deshalb nicht einmal die Unterstützung der anderen brauchen, die mit schussbereiten Waffen in weitem Halbkreis vor dem Schlafhaus in Lauerstellung gegangen sind. In der Bunk ist ein Poltern zu vernehmen, eine halbe Minute dauert das Rumoren, dann kommt einer der Banditen wieder herausgestürzt, stößt einen wilden Fluch aus und ruft in bestem Englisch zu dem Reiter auf dem Rappen hinüber:

»Weg! Dieser verteufelte Rebell ist uns durch die Lappen gegangen!«

Drei Männer setzen sich in Bewegung und rennen zu dem Sprecher. Im selben Augenblick taucht auch der letzte der Hermanos in der Tür des Schlafhauses auf. Und da nutzt Jesse Yarbow seine Chance.

Scharf und abgehackt schrillt der wilde Rebellenschrei durch die Dämmerung. Die Banditen fahren herum und spritzen auseinander. Aber da beginnt neben dem Stall, im Schlagschatten der großen Steineiche, bereits ein Colt zu krachen. Schon beim ersten Mal reißt es eines der schwarzen Gespenster von den Beinen, dann bellen drei Schüsse, und einer der Banditen schwankt getroffen zur Seite, ehe die anderen endlich das Feuer erwidern. Hell und schmetternd schickt Diablo sein Wiehern in die Nacht, als er sich aufbäumt und auf der Hinterhand geschickt eine Pirouette vollführt. Dann jagt er aus dem Stand in vollen Galopp. Jesse Yarbow gibt ihm den Kopf frei, und mit einem mächtigen Sprung setzt der Hengst über das halb eingefallene Gatter, das an der Hinterkante des Stalls den Hofraum begrenzt. Wenige Sätze genügen ihm, um den Sattelkorral zu durchqueren und mit einem Sprung ins Freie zu gelangen. Die Schüsse, die ihnen nachgeschickt werden, patschen zumeist in die Wand der Scheune oder gehen weit vorbei, weil sie in blinder Panik abgefeuert werden.

Wenig später jedoch steht Jesse Yarbow noch eine böse Überraschung bevor. Offenbar war die Hermandad de los Angeles negros noch immer nicht vollzählig versammelt, denn plötzlich tauchen nur knapp fünfzig Yards entfernt nochmals zwei der schwarzen Nachtreiter vor ihm auf und jagen in spitzem Winkel auf ihn zu. Und wenn Pferde in vollem Galopp aufeinander lospreschen, dann sind fünfzig Yards innerhalb von drei oder vier Sekunden dahingeschmolzen. Einen Moment lang sieht es so aus, als ob die Gegner aneinander vorüberjagen würden, so dicht, dass sich ihre Steigbügel fast berühren.

Blindlings beginnt einer der Burschen zu schießen. Jesse Yarbow glaubt den Luftzug einer Kugel an seiner Wange zu spüren, obwohl er bereits instinktiv jene wechselnde Schenkelhaltung eingenommen hat, mit welcher Diablo zu blitzschnellem Richtungswechsel veranlasst wird. Da auch der Reiter dabei sein Gewicht jeweils von einer Seite zur anderen verlagert, vollführt der Hengst regelrechte Schlangenlinien. Aber dies dauert nur Sekunden, dann reitet Jesse einen Linksbogen schärfer aus, und Diablos breite Brust kracht dem Pferd des Banditen breitseits in die Flanke. Mit einem menschlich anmutenden Stöhnen kippt das Tier zur Seite. Während der Reiter in hohem Bogen aus dem Sattel geschleudert wird und dabei einen krächzenden Schrei ausstößt, bäumt sich sein Pferd noch im Sturz auf und rammt dabei das Tier des zweiten Hermanos, der sich dicht neben seinem Partner gehalten hatte, obgleich ihm dadurch das Schussfeld genommen wurde.

Diablo, in solchen Attacken nicht ganz ungeübt, hat sich bereits zur Seite geworfen und taucht auf diese Weise dicht neben dem zweiten Banditen auf. Ehe dieser noch zum Schuss kommt, schlägt Jesse Yarbow bereits mit dem Revolverlauf zu.

Der Hieb verfehlt die Kapuze des Burschen nur um wenige Zoll, trifft dafür aber seine Schulter genau im Halswinkel. Er sinkt über den Pferdehals und klammert sich mit einem Ächzen verzweifelt in die Mähne, als der Gaul mit ihm davonjagt.

Drei Reiter, voran ein Mann auf einem Rappen, kommen von der Ranch herangeprescht und fangen den durchgehenden Gaul mitsamt seiner schwankenden Last ab. Dicht neben ihrem gestürzten Kumpan, dessen Tier gerade wieder auf die Beine springt, bringen sie ihre Pferde zum Stehen. Sie alle starren dem Schemen nach, welcher mit dumpf pochenden Hufen in der Nacht verschwindet und wie ein wesenloser Schatten von den Büschen am Tonto Creek verschluckt wird.

✰✰✰

»Cómo se va – wie geht's, Diego?«

Der grauhaarige, zählederne Vaquero wirbelt herum, als ob er sich mit einem Sprung zum Gewehrständer hinüberschnellen wolle, erstarrt dann mitten in der Bewegung und reißt ächzend die Augen auf, als er den hageren Mann in der Tür entdeckt, der gerade seinen Kavallerie-Colt zurück ins Halfter schiebt.

»Patron«, kommt es erstickt von Diegos Lippen. »Madre de Dios, Patron.«

Ein Lächeln fliegt über das Gesicht Jesse Yarbows, denn natürlich ist er der Mann in der geöffneten Tür der Weidehütte. Dann stürmt Diego auch schon auf ihn los und reißt ihm in überschwänglicher Begrüßung fast den Arm aus dem Gelenk. Mit schmerzlich verzogenem Gesicht lässt Jesse diese Behandlung über sich ergehen.

In der Hütte sitzen die beiden Männer am Tisch und verzehren ihre frischen Biskuits zu Spiegeleiern mit Speck.

Erst als die letzten Reste von Eigelb von den Tellern gewischt sind und Diego seine Maiskolbenpfeife angezündet hat, beginnt der Vaquero mit seiner Erzählung.