H. C. Hollister 80 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 80 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Der Kampf zwischen Matt Ridgways Cross-R-Mannschaft und der mächtigen Shamrock-Ranch scheint unausweichlich bevorzustehen, als Matt sich entschließt, mit einer kleinen Treibherde auf den Trail nach Norden zu gehen. Everett Patino, der Manager der Shamrock-Cattle-Company, unterbreitet ihm den Vorschlag, etwa vierhundert Shamrock-Rinder mit auf den Trail zu nehmen. Das ist ein so großzügiges Angebot, dass Matt es gegen die warnenden Stimmen in seinem Innern annimmt. Welche finsteren Absichten Everett Patino in Wirklichkeit verfolgt, soll die kleine Cross-R-Mannschaft schon bald zu spüren bekommen. In Danville, einer kleinen Stadt am Santa Fe Trail, bricht die offene Fehde aus, und Matts Gegner haben dabei alle Trümpfe auf ihrer Seite. Aber eins hatten Everett Patino und seine skrupellosen Helfer dabei außer Acht gelassen: dass ein Mann niemals besser kämpft, als wenn er nichts mehr zu verlieren und alles zu gewinnen hat - seine Existenz, seinen ehrlichen Namen und schließlich auch die Frau, die er liebt.


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Inhalt

Cover

MANNSCHAFT IM ZWIELICHT

Vorschau

Impressum

MANNSCHAFT IM ZWIELICHT

Der Kampf zwischen Matt Ridgways Cross-R-Mannschaft und der mächtigen Shamrock-Ranch scheint unausweichlich bevorzustehen, als Matt sich entschließt, mit einer kleinen Treibherde auf den Trail nach Norden zu gehen. Everett Patino, der Manager der Shamrock Cattle Company, unterbreitet ihm den Vorschlag, etwa vierhundert Shamrock-Rinder mit auf den Trail zu nehmen. Das ist ein so großzügiges Angebot, dass Matt es gegen die warnenden Stimmen in seinem Innern annimmt.

Welche finsteren Absichten Everett Patino in Wirklichkeit verfolgt, soll die kleine Cross-R-Mannschaft schon bald zu spüren bekommen. In Danville, einer kleinen Stadt am Santa Fe Trail, bricht die offene Fehde aus, und Matts Gegner haben dabei alle Trümpfe auf ihrer Seite. Aber eins hatten Patino und seine skrupellosen Helfer dabei außer Acht gelassen: dass ein Mann niemals besser kämpft, als wenn er nichts mehr zu verlieren und alles zu gewinnen hat – seine Existenz, seinen ehrlichen Namen und schließlich auch die Frau, die er liebt.

Als Everett Patino, Manager der Shamrock Cattle Company, mit seinem Rudel in den Hof der Cross-R-Ranch reitet, ist es keinem von den Burschen sonderlich wohl in seiner Haut. Nur Patino selbst trägt ein verkniffenes, scharfes Lächeln zur Schau, und wenn er sich unsicher fühlt, so lässt er sich davon jedenfalls nichts anmerken. In seiner ganzen Haltung kommt etwas von jener Überheblichkeit zum Ausdruck, die ihn zum meistgehassten Mann im Piñon County gemacht hat. Dabei müsste er ein Narr sein, wenn er die Woge der Feindschaft nicht spürte, die ihnen hier auf der Cross-R-Ranch der Ridgways entgegenschlägt. Und Everett Patino ist alles andere als ein Narr.

Matt Ridgway steht am Sattelkorral und kneift gegen die tiefstehende Sonne die Augenlider zusammen. Aber noch trifft er keinerlei Anstalten, sich den Besuchern zu nähern. Er scheint auf etwas zu warten – selbst dann noch, als Everett Patino und seine drei Begleiter bereits vor dem Holm ihre Pferde zum Stehen gebracht haben.

Aus der Küchenhütte klingt die keifende Stimme von Mammy, einer rundlichen Schwarzen, die bereits seit mehr als zwanzig Jahren den Haushalt der Cross-R-Ranch führt. Gleich darauf kommt der grauköpfige Steve Gordon aus der Tür gestolpert, die Hände abwehrend erhoben. Offenbar ist wieder einmal eine seiner Auseinandersetzungen mit Mammy fällig, nachdem er sich beim Topfgucken hat erwischen lassen. Sein Lächeln erstarrt jäh, als er die Reiter bemerkt. Er hakt die Daumen hinter den Gurt und schiebt die Kinnlade vor – ein kleiner, knorriger und verwitterter Gnom. Onkel Steve, wie er allgemein genannt wird, ist wegen seiner scharfen Zunge und seiner beißenden Ironie gefürchtet. Jetzt scheint er eine willkommene Gelegenheit zu sehen, sein Gift zu verspritzen.

»Patino, he?«, schnauft er gallig. »Das ist ein Besuch, auf den wir hier auf der Cross-R-Ranch schon lange gewartet haben.«

Dann steigert sich seine Stimme zu einem schrillen Diskant, als er ruft: »Jungs! Chess, Harvey! Kommt her und seht euch das an! Es ist das erste Mal, dass wir ein paar Skunks auf der Ranch begrüßen können!«

Dieser Ruf wäre überflüssig gewesen. Denn Chess Rutherford und Harvey Earnshaw sind bereits im offenen Stalltor aufgetaucht. Percy Brooks kommt aus dem Schlafhaus, das Gesicht noch nass und ein Handtuch in den Händen. Obgleich sein Oberkörper nackt ist und seine Hosenträger herabbaumeln, trägt er seinen Gurt mit dem Halfter umgeschnallt. Und an der Ecke des Ranchhauses lehnt plötzlich Dean Ridgway, schlank, geschmeidig und ein verwegenes Lächeln auf den Lippen. Kein Mensch könnte sagen, wie er dorthin gekommen ist.

»Verdammt, fangt bloß keinen Ärger an, Leute!«, grollt einer von Everett Patinos Begleitern. »Wir sind nicht hergekommen, weil wir auf Verdruss scharf sind.«

Da erst setzt Matt Ridgway sich vom Sattelkorral her in Bewegung. Er tut es mit den etwas eckigen Schritten eines sattelgewohnten Mannes und zieht im Gehen seine Hose höher empor.

»Jetzt ist es genug, Onkel Steve«, sagt er ruhig, als er vor dem Rudel angelangt ist und mit verschlossenem Gesicht zu Everett Patino aufblickt. »Also, Patino – was suchen Sie hier?«

Everett Patino fährt sich mit der Zunge über die Lippen. »Ein besonders freundlicher Empfang ist das nicht, Ridgway.«

»Und – was haben Sie erwartet?«, kann sich Onkel Steve nicht verkneifen noch einmal grollend einzuwerfen.

Mit einer schroffen Handbewegung tut Matt Ridgway dessen Einwand ab.

»Hören Sie, Patino«, sagt er gepresst, »hier auf der Cross-R-Ranch glauben wir, dass Sie jederzeit für eine Teufelei gut sind, und darüber dürfen Sie sich eigentlich nicht wundern. Seitdem ich damals Ihr Angebot, die Ranch für einen jämmerlichen Preis an Sie oder Ihre Hintermänner zu verkaufen, abgelehnt habe, hat es mit Ihren Burschen nichts als Kummer gegeben. Und Sie werden mir nicht aufbinden wollen, dass das Zufall war.«

Matt Ridgway hat sich zu seiner ganzen Größe von einem Meter achtzig aufgerichtet – ein hochgewachsener, breitschultriger Mann mit hartem, scharfgeschnittenem Gesicht und steingrauen Augen, von dem ein Fluidum der Zuverlässigkeit und zäher Beharrlichkeit ausgeht. So blickt er den dunkelhäutigen Everett Patino in stummer Herausforderung an.

Patino hält diesem Blick mit undurchsichtigem Lächeln stand.

»Natürlich haben wir alle unsere kleinen Schwächen, Ridgway. Und eine gewisse Rivalität zwischen meinen Leuten und den Männern der Cross-R-Ranch wäre nur zu verständlich. Ich bin jedenfalls gekommen, um diesem unerquicklichen Zustand ein Ende zu bereiten. Ich möchte mit den Ridgways Frieden schließen, und ich hoffe, Sie werden ein solches Angebot nicht zurückweisen.«

Onkel Steves Kinnlade ist herabgesunken. Fassungslos starrt er den Manager der Shamrock Cattle Company an. Dann aber fasst er sich wieder und spuckt einen Strahl Tabaksaft zur Seite.

»Schließe mit dem Teufel einen Pakt, und du wirst deine Haut dabei verlieren«, knurrt er böse. »Hast du gehört, was ich gesagt habe, Neffe?«

Nichts deutet darauf hin, dass Matt Ridgway diese Worte tatsächlich gehört hat. Aber jetzt kommt von der Seite her Dean, sein jüngerer Bruder, herangeglitten. Matt bezeichnet ihn oftmals als verrückten Sumpfkater, und Dean Ridgways Bewegungen haben wirklich etwas Katzenhaftes.

»Lassen wir ihn doch ausreden, Matt«, schlägt er mit einem abschätzenden Blick auf Everett Patino und seine drei Hartgesottenen schleppend vor. »Wenn es uns dann passt, können wir diese Burschen immer noch auf Strümpfen vom Hof jagen. – Ich habe nämlich die merkwürdige Idee, dass dieser angebliche Friedensschluss auf etwas ganz anderes hinausläuft. Wie ist es, Patino? Welche Karte haben Sie noch im Ärmel?«

Hinter dem Manager schnaubt ein Mann ärgerlich durch die Nase. Es ist Scott McCauley, der Vormann der Shamrock-Mannschaft, ein Riese in abgeschabter Lederjacke, deren Ärmel infolge McCauleys überlanger Gorilla-Arme bereits eine Spanne oberhalb des Handgelenks zu Ende sind. Er hat einen runden Schädel mit ausgeprägter Kinnlade und vorspringender Mundpartie. Aber am auffallendsten ist das Fehlen jeglichen Haarwuchses. Scott McCauley besitzt weder Brauen noch Wimpern. Einerseits gewinnt sein Gesicht dadurch den Ausdruck eines rosigen Babygesichts, andererseits weisen seine Augen einen starren Schlangenblick auf. Auf seinen ärgerlichen Grunzlaut hin misst Dean Ridgway ihn mit einem gespannten Lächeln, als ob er noch mehr von diesem zweibeinigen Ungetüm erwarte, doch Everett Patino fährt dazwischen:

»Ihr kleiner Bruder hat einen hellen Kopf, Ridgway. Ich hatte tatsächlich noch etwas mit Ihnen zu besprechen. Allerdings frage ich mich, ob das hier sein muss.«

»Sitzen Sie ab, Patino«, erwidert Matt Ridgway unbewegt und wechselt einen Blick mit seinem Bruder. »Wir können uns drinnen weiter unterhalten. Ihren Leuten wird es hoffentlich nichts ausmachen, hier auf Sie zu warten.«

»Wir haben ohnehin nicht angenommen, dass Sie zu unserem Empfang ein Kalb schlachten würden, Ridgway«, gibt der Manager mit verkniffenem Lächeln zurück. Er gleitet geschickt aus dem Sattel und wirft Scott McCauley die Zügel zu. Mit einer schwungvollen Handbewegung lässt er dann Matt Ridgway den Vortritt.

In der Halle des Ranchhauses deutet Matt schweigend auf einen Sessel und setzt sich selbst gegenüber auf eine Lehne. Dean Ridgway ist auf der Schwelle aufgetaucht und lehnt sich mit ausdruckslosem Gesicht gegen den Türrahmen, sodass er sowohl die Vorgänge auf dem Hof beobachten als auch der Unterhaltung im Raum folgen kann.

»Ich gebe zu, die Cross-R-Ranch wäre für die Shamrock Company eine hübsche und zweckmäßige Abrundung des bisherigen Besitzes gewesen«, eröffnet Everett Patino die Unterhaltung. »Deshalb auch mein damaliges Angebot an Sie, Ridgway.« Er zieht eine dünne Zigarre aus der Brusttasche, zündet sie an und bläst den Rauch zur Balkendecke.

»Es war ein miserables Angebot«, stellt Matt Ridgway richtig. Und kühl setzt er hinzu: »Außerdem war die Cross-R-Weide für Sie nicht nur hübsch und zweckmäßig, sondern lebensnotwendig, wenn Sie Ihre hochtrabenden Pläne von einem riesigen Rinderreich verwirklichen wollten.«

Abwehrend hebt Everett Patino die Hand.

»Sprechen Sie um Gottes willen nicht immer von meinen Plänen, Ridgway! Es sind die Pläne der Shamrock Cattle Company, und ich bin nur der Manager dieser Gesellschaft, ein kleines Rädchen – oder sogar ein Befehlsempfänger, wenn Sie so wollen. Ich habe über jeden Cent Rechenschaft abzulegen. Was nun die Höhe meines Angebots betrifft, so werden Sie mir hoffentlich zugestehen, dass Sie selbst damals kaum noch an eine Chance für Ihre Ranch geglaubt haben. Sie kamen erst spät aus der Gefangenschaft zurück, die Rinderpreise standen katastrophal, und auf dieser ganzen Ranch waren nicht einmal zwei Dollar zu finden, mit denen Sie in der Tasche hätten klimpern können. Ich wäre ein schlechter Geschäftsmann, wenn ich diese Tatsachen nicht in meinem Angebot berücksichtigt hätte.«

Diesmal bleibt Matt Ridgway eine Erwiderung schuldig.

»Yeah, also ...«, fährt Patino zögernd fort, »es hat dann einigen Ärger auf der Weide gegeben. Aber Sie können mir glauben, die Shamrock Cattle Company wird andere Möglichkeiten finden, genügend Wasser für ihre Rinder heranzuschaffen, sodass wir auf den Snake Creek nicht mehr angewiesen sind. Damit wäre dann der hauptsächliche Konfliktstoff aus der Welt geschafft.«

Matt Ridgways Interesse scheint geweckt. »Und wie sollten diese anderen Möglichkeiten aussehen?«

Der Manager macht eine ausholende, ein wenig prahlerische Handbewegung. »Die Leute in Santa Fe denken da in erster Linie an eine Art Staubecken am Rande der Dusty Hills. Auf diese Weise ließe sich ein Wasserreservoir anlegen, mit dem auch der trockenste Sommer zu überstehen wäre.«

»Sicher«, stimmt Matt Ridgway zu, »nur müssten Sie dafür zunächst ein erhebliches Kapital aufbringen.«

Everett Patino lächelt auf eine Art, die vermutlich bescheidenen Stolz ausdrücken soll, in Wirklichkeit jedoch wie eine überhebliche Grimasse wirkt.

»Es ist mir in diesem Lande vielfach übelgenommen worden, dass das Kapital der Shamrock Cattle Company aus dem Norden stammt, Ridgway – fast so, als ob es ein persönlicher Vorwurf gegen mich wäre. Aber eins kann man den Leuten aus dem Norden nicht absprechen: Sie sind clevere Geschäftsleute, und sie wissen ganz genau, dass man erst einmal Geld investieren muss, um später noch mehr Geld damit zu verdienen. Deshalb werden sie keine Sekunde zögern, auch noch das Kapital für einen Staudamm in das Geschäft zu stecken, weil sich damit auch der Wert des Weidelands verdoppelt. Sie brauchen sich darum wahrhaftig keine Sorgen zu machen.«

Sofern Matt Ridgway trotz dieser optimistischen Äußerungen noch immer Zweifel hegt, so lässt er sich davon nichts anmerken.

»Nur gut, Patino«, gibt er nüchtern zurück. »Nehmen wir also an, dieser Plan wäre durchführbar. Sind Sie gekommen, um mir davon zu erzählen?«

»Aber nein«, beteuert der Manager mit listigem Augenaufschlag. »Ich wollte Ihnen nur davon erzählen, damit Sie sehen, dass es zwischen der Shamrock Ranch und Ihrer Cross-R-Ranch keine Gegnerschaft mehr zu geben braucht. Für die Zukunft werden diese Dinge geklärt sein. Wir sind auf Ihren Snake Creek nicht mehr angewiesen.«

»Wie schön!«, spöttelt Dean Ridgway von der Tür her. »Und wann lassen Sie nun Ihre Katze aus dem Sack, Mister?«

Everett Patino ist weit davon entfernt beleidigt zu sein.

»Jetzt gleich«, sagt er. »Ich finde nämlich nichts dabei, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Man sagt, die Cross-R-Ranch hätte ihr Herbst-Round-up bereits beendet.«

»Und wenn es so wäre?«

»Es ist so«, versetzt der Manager lakonisch. »Denn sonst hätte ich Sie nicht mit der ganzen Mannschaft hier auf der Ranch angetroffen. Im Store von Santa Rosa wurde erzählt, dass Sie eine Menge Vorräte und Proviant auf Kredit eingekauft hätten. Und wie ich Sie kenne, Ridgway, würden Sie keine Schulden machen, wenn Sie nicht die Chance sähen, sie sehr bald zurückzuzahlen. – Yeah, und dann habe ich natürlich drüben in Ihrer Remise den Küchenwagen gesehen, der so sorgfältig hergerichtet ist.«

In den dunklen Augen Patinos ist jetzt ein Lauern und Abschätzen zu entdecken. Er hat sich zurückgelehnt und hält den Kopf gesenkt, als ob er intensiv seine Zigarre betrachte. In Wirklichkeit jedoch späht er unter gesenkten Lidern hervor und lässt sein Gegenüber keine Sekunde aus den Augen.

»Was soll das, Patino?«, fragt Matt Ridgway rau. »Warum erzählen Sie mir das alles?«

»Weil Sie sehen sollen, dass ich durchaus in der Lage bin, meine Schlüsse zu ziehen. Sie wollen mit einer Herde nach Norden auf den Santa Fe Trail?«

»Ist das nicht ein etwas voreiliger Schluss?« – Ehe Matt Ridgway diese Frage stellt, hat er eine Weile verstreichen lassen, um seine Stimme wieder in Gewalt zu bekommen. Der Manager jedoch zeigt ein dünnes, fadenscheiniges Lächeln und deutet mit dem Daumen auf Dean, der unwillkürlich einen Schritt in den Raum gemacht hat und dem die Betroffenheit deutlich anzumerken ist.

»Sehen Sie nur Ihren kleinen Bruder an, Ridgway. Wollen Sie Ihre Absicht immer noch leugnen?«

Langsam erhebt sich Matt Ridgway, tritt hinter seinen Sessel und stemmt die Fäuste auf die Lehne.

»Nun gut, Patino. Wir wollen also treiben und haben diesen Plan bisher geheim gehalten, weil der Trail nach Norden noch niemals so unsicher war wie in den letzten Jahren. Was stört Sie an unserer Absicht?«

Scheinbar unschlüssig hebt Everett Patino die Schultern.

»Vielleicht die Tatsache, dass Sie wegen Ihrer dreihundert Stiere einen solchen Aufwand betreiben müssen, vielleicht auch der Umstand, dass ich selbst auch gerne eine Herde in Marsch setzen würde, aber leider nicht dazu in der Lage bin, weil es zu wenig zuverlässige Leute gibt.«

»Vielleicht?« Matt Ridgway scheint dem Klang dieses Wortes nachzulauschen und wirft seinem jüngeren Bruder einen warnenden Blick zu. »Könnten Sie sich entschließen, etwas weniger in unbestimmten Andeutungen zu sprechen, Mr. Patino?«

»Sicher«, bestätigt er sanft. »Mein Vorschlag ist ein nüchternes Geschäft, Ridgway: Sie nehmen vierhundert Rinder der Shamrock Ranch mit auf den Trail nach Norden und bekommen dafür zwanzig Prozent des Erlöses als Treiberlohn. Wenn wir annehmen, dass man Ihnen zwischen zwölf und vierzehn Dollar pro Stier zahlen wird, bedeutet das für Sie einen Gewinn von etwa tausend Dollar, ohne dass Ihre Mannschaft durch Mehrarbeit besonders belastet würde. Können Sie es sich erlauben, eine solche Chance auszuschlagen?«

»Tausend Dollar?« Als ob diese Zahl ihn in Bann geschlagen hätte, kommt Dean Ridgway mit geschmeidigen Bewegungen näher und stößt scharf die Luft durch die Nase aus. »Patino, diese Sache muss doch irgendwo einen Haken haben.«

»Das Risiko«, sagt Matt trocken. »Was ist mit dem Risiko des Trails, Patino? Wenn wir von hier aufbrechen, haben wir noch längst keine Garantie, dass wir mit der Herde auch in Kansas ankommen werden. Der verdammte Krieg hat überall seine Narben hinterlassen. Entlang des Santa Fe Trails gibt es seit Kriegsende zweibeinige Raubwölfe in ungezählten Rudeln, und es gibt ganze Städte, die sich zu Stützpunkten für diese Banditen entwickelt haben und nur von Hehlergeschäften leben. Ich selbst bin über den Santa Fe Trail gekommen, als ich aus der Gefangenschaft zurückkehrte. Unsere Chancen, die Herde vollzählig ans Ziel zu bringen, stehen bestenfalls fünfzig zu fünfzig. Wie haben Sie sich da die Verteilung des Risikos vorgestellt?«

»Gar nicht«, erwidert Everett Patino ohne Zögern. »Es gibt keine solche Verteilung. Dieses Geschäft ist einfach zu ungewöhnlich, als dass man die üblichen Maßstäbe anlegen könnte. Man kann es nur auf Vertrauen aufbauen. Ich verlange von Ihnen keine Quittung als Empfangsbestätigung für die Rinder, ich werde keine Forderungen erheben, wenn einige Dutzend von ihnen bei einem Flussübergang zum Teufel gehen, und ich werde es hinnehmen müssen, wenn Sie die ganze Herde verlieren. Genügt Ihnen diese Erklärung, Ridgway?«

✰✰✰

Es ist zwei Tage später, und im Osten zeigt sich der erste Schimmer der Morgendämmerung, als die Treibherde der Cross-R-Ranch die Bachsenke heraufgetrottet kommt – ein Strom von gebuckelten Rücken, nervös tanzenden Schwänzen und Schädeln mit weit ausladenden Hörnern. Unruhiges Brüllen erfüllt die Luft. Erst vor einer halben Stunde ist die Herde ausgerichtet und in Bewegung gesetzt worden, und dementsprechend haben sich die Tiere noch nicht an das Treiben gewöhnt.

Wie schreiende, peitschenschwingende Teufel jagen Dean Ridgway und der hagere Chess Rutherford an den Flanken der Herde entlang und klatschen jedem Ausreißer rücksichtslos ihre schweren Bullpeitschen um die Ohren. Öfter als einmal kommt es dabei vor, dass einer der Stiere das Pferd mitsamt dem Reiter auf die Hörner zu nehmen versucht.

Percy Brooks und Harvey Earnshaw haben den Drag übernommen, also das breitere Ende der keilförmig ausgerichteten Herde. Von ihrem Druck auf die Nachzügler hängt es ab, welches Marschtempo eingehalten wird.

Matt Ridgway hält den Point, die Spitze der Herde, die von dem Leitstier, einem alten Mooshorn, gebildet wird. Fünfzig Yards vor ihm, sodass er vom Staub der Herde nicht belästigt wird, fährt Onkel Steve mit dem hochrädrigen Küchenwagen, der auch das Gepäck und die Deckenrollen der Männer aufgenommen hat. Dem grauhaarigen Oldtimer fällt außerdem die Aufgabe zu, die Remuda von mehr als einem Dutzend Reservepferden im Auge zu behalten und sie mit dem Wagen immer in Marschrichtung abzudrängen, sodass sie für die Männer jederzeit erreichbar ist.

Eine vorspringende Hügelschulter spaltet vor ihnen die weite Bachsenke in zwei Täler auf, von denen nur das linke von dem gewundenen Lauf des Snake Creeks durchflossen wird. Die Herde aber nimmt den Weg nach rechts. Obgleich die Morgensonne sich erst eine Spanne über den Horizont erhoben hat, quillt der Staub unter tausend gespaltenen Hufen schon immer dichter empor. Ein heißer Tag liegt vor ihnen.

Dann geht es auf die weite Sage-Ebene hinaus, die weit im Nordwesten von den Dusty Hills begrenzt wird. Erst eine Stunde später erreichen sie eine abgelegene Senke und sehen dort in der Nähe eines Wasserlochs eine ähnlich große Herde versammelt, die von zwei Reitern beisammengehalten wird. Etwas abseits auf einer kleinen Bodenwelle hält Everett Patino im Sattel seines Rappens, begleitet von Scott McCauley auf einem riesenhaften rostfarbenen Wallach.

Matt legt seinem Rehbraunen die Schenkel an und galoppiert zum Küchenwagen, um ihn und die Pferderemuda aus dem Weg zu schaffen. Die Herde braucht jetzt keine Überwachung mehr. Der Leitstier trottet ganz von selbst in die Senke hinab, nachdem er die Witterung des Wassers aufgenommen hat.

»Und ich sage dir noch einmal, Neffe: es ist Wahnsinn, diesem Burschen zu trauen«, knurrt Steve Gordon, als er den Wagen weit genug zur Seite gelenkt hat, um den Strom der Rinder passieren zu lassen. »Ich spüre es in all meinen gichtkranken Knochen, dass eine Teufelei dahintersteckt.«

Aus den Augenwinkeln blickt Matt Ridgway zu ihm hinüber und legt die Hände über das Sattelhorn.

»Was du spürst, wird vermutlich der Herbstregen sein, Onkel Steve«, gibt er trocken zurück. »Ein Grund mehr, sich zu beeilen, ehe der Canadian und der Cimarron Hochwasser führen. Oder kannst du mir außer dem Reißen in deinen Knochen noch einen wirklichen Grund nennen, warum wir eine solche Verdienstchance auslassen sollten? Es stehen immerhin ungefähr tausend Dollar auf dem Spiel, und wenn wir die Herde einmal richtig in Schwung gebracht haben, ist es kaum noch eine spürbare Mehrarbeit.«