Lassiter 2668 - Marthy J. Cannary - E-Book

Lassiter 2668 E-Book

Marthy J. Cannary

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Beschreibung

Zwischen dem hellerleuchteten Taylor's und der Bannock Street lagen zwei Gassen, die Carrie Spray und ihr Liebhaber Gilbert Washoe in schnellem Lauf hinter sich brachten. Sie hielten sich bei den Händen, lachten und fanden sich an der Einmündung zur Bannock in inniger Umarmung wieder.
"Küss mich!", forderte Carrie und hielt dem jüngeren Gilbert die rotgeschminkten Lippen hin. "Küss mich! Lass mich vergessen, was Jasper gesagt hat!"
Die Lippen verlockten Gilbert, der gleichwohl nicht vergessen konnte, was Carries Ehemann Jasper zu ihm gesagt - oder besser gebrüllt - hatte. Die Männer hatten am Tresen gestanden, und Carrie hatte Gilbert den Arm um die Schultern gelegt.
"Geh von der Hure weg!", hatte Jasper gedroht. "Oder ich leg' euch beide um!"


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Seitenzahl: 132

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Zwei Colts für Lost City

Vorschau

Impressum

Zwei Colts für Lost City

von Marthy J. Cannary

Zwischen dem hellerleuchteten Taylor's und der Bannock Street lagen zwei Gassen, die Carrie Spray und ihr Liebhaber Gilbert Washoe in schnellem Lauf hinter sich brachten. Sie hielten sich bei den Händen, lachten und fanden sich an der Einmündung zur Bannock in inniger Umarmung wieder.

»Küss mich!«, forderte Carrie und hielt dem jüngeren Gilbert die Lippen hin. »Küss mich! Lass mich vergessen, was Jasper gesagt hat!«

Die Lippen verlockten Gilbert, der gleichwohl nicht vergessen konnte, was Carries Ehemann Jasper zu ihm gesagt – oder besser gebrüllt – hatte. Die Männer hatten am Tresen gestanden, und Carrie hatte Gilbert den Arm um die Schultern gelegt.

»Geh von der Hure weg!«, hatte Jasper gedroht. »Oder ich leg' euch beide um!«

Die Blacford-Bande war nach ihrem Gründer Jack Blacford benannt, der seinen ersten Überfall mit siebzehn Jahren auf die First National in Rawlins verübt und dabei fast ums Leben gekommen war. Er hatte sich mit zwei seiner Brüder in die Bank geschlichen, den Clerk hinter dem Schalter gefesselt und ihm den Colt auf die Stirn gesetzt. Der Clerk hatte gewinselt und gejammert und ihnen die Goldfächer aufgeschlossen.

Siebentausend Dollar hatten sie damals gemacht.

Das Vermögen war längst dahin, und hätte Carrie nicht danach getrachtet, dass die Männer das Saufen bleibenlassen, wäre die Bande schon früher erledigt gewesen. Carrie hatte Jasper geheiratet, den Anführer der Blacfords. Er war ein furchtbarer Liebhaber und ein noch schlechterer Bandit, doch er sorgte für sie und hatte ihr ein Pferd beschlagen lassen.

Sie liebte Jasper, wie man einen Freund liebte.

Einige Male hatten sie es wild miteinander getrieben, als die Sache noch frisch gewesen war, doch bald hatte sich Jasper bloß noch wie ein angeschossener Eber auf sie gewälzt und dabei ebenso gegrunzt. Er stützte sich üblicherweise mit seinen haarigen Armen schwitzend im Bett ab, hielt keine fünf Minuten durch und verlor Speichel aus dem Mundwinkel, solange sie dabei waren.

Gilbert war ein Mann von anderem Schlag.

Er war der Jüngste in der Bande, knapp vierundzwanzig und damit nur fünf Jahre jünger als Carrie. Er war gleich in sie verschossen gewesen, hatte sich in Green River ein Ticket gekauft, um ihr auf den Fersen zu bleiben. Die Bande war auf der Flucht gewesen und hatte die Deputies abgeschüttelt, nicht aber Gilbert, der in der Nacht ins Lager gekommen war.

Jasper hatte den Jungen widerwillig aufgenommen.

Er hatte sich von George Krumb überreden lassen, der einmal Schuhmacher gewesen war und sich auf die Pflege von Colts verstand. Seit Krumb die Waffen saubermachte, war keine einzige Patrone im Lauf steckengeblieben. Er hatte sich für Gilbert starkgemacht und Jasper daran erinnert, dass sie in Rawlins beinahe den Deputies in die Arme gelaufen wären.

»Blut«, pflegte Krumb zu sagen. »Es kommt alles aus dem Blut. Wer schwaches Blut hat, führt ein schwaches Leben. Ein alter Mann hat schwaches Blut, Jasper... Und du bist bald ein alter Mann.«

Zwei Ohrfeigen hatte er dafür kassiert, bevor Jasper eingesehen hatte, dass Krumb ihm die Wahrheit gesagt hatte. Sie waren älter geworden, einer wie der andere. Sie kamen langsamer aus den Sätteln und konnten einen Kerl brauchen, der flink und behände war.

»Geh mir aus den Augen!«, brummte Jasper und schob Carrie zur Seite. Er war bei den Pferden gewesen und stank nach Stall. »Hab' mir sagen lassen, dass du mit dem Kleinen herumgestanden hättest. Ich lass ich nicht zum Narren machen, Carrie.« Er wandte sich um und drohte ihr mit der Faust. »Du bist immer noch meine Frau.«

Manchmal stritten sie tagelang über Gilbert, der sich darüber lustig machte, sobald Jasper in die Stadt geritten war. Er spottete über den Älteren, den er genauso bewunderte, wie er dessen Gebaren albern fand. Carrie mochte die Spötteleien und ertappte sich dabei, dass sie häufiger an Gilbert dachte, als es sich für eine verheiratete Frau gehörte.

»Du bist mein Mann«, erwiderte Carrie und lächelte schmal. »Daran ändert sich nichts, mein Lieber. Ich schätze, dass du getrunken hast... Du musst den Bourbon –«

»Was muss ich?«, pulverte Jasper und sprang von seinem Stuhl auf. Er strich sich durch den gekräuselten Bart und wies mit dem ausgestreckten Finger auf Carrie. »Du wirst dich nicht mehr mit ihm treffen. Er ist zu jung für dich. Ich will keinen von euch beim anderen sehen, verstanden?«

Beim letzten Überfall hatten sie vierhundert Dollar herausgeholt, von denen Jasper hundert in Munition und ein paar Sättel gesteckt hatte. Sie hatten wie die Zaren eingekauft, in einem Laden in Rawlins, in dem ein Steckbrief gehangen hatte. Er war so miserabel gezeichnet gewesen, dass der Verkäufer Jasper darauf nicht erkannt hatte. Die Belohnung hatte sich auf tausend Dollar belaufen.

»Ohne mich gehst du bankrott«, sagte Carrie und wandte sich zur Tür. »Ich muss dich und die Bande bloß euch selbst überlassen. Du wirst saufen, Krumb wird saufen, und Gilbert wird es auch tun.« Sie schaute ihn mit festem Blick an. »Du brauchst mich, Jasper.«

Der Rawlins Herald hatte über die mysteriöse Frau an Jaspers Seite geschrieben und der Bande damit Ansehen verschafft. Sie hatten es in Rock Springs bemerkt, als sie die Standard American ausgenommen hatten und die beiden Clerks vor Angst geschlottert hatten. Die Angestellten hatten sich vor Carrie auf die Knie geworfen und um Gnade gefleht.

Sie richtete den Blick auf Jasper, der seinen Colt aus der Schublade genommen hatte. Der Revolver war das Geschenk eines Geschäftsfreundes gewesen. Er besaß schillernde Griffschalen aus Perlmutt. Unter dem Spannhahn war eine Gravur mit Jaspers Namen.

»Was tust du da?«, fragte Carrie verwundert und machte einen Schritt zurück in die Kammer. Sie spürte Angst in sich aufsteigen. »Du wirst kaum deine eigene Frau erschießen? Ich kenne dich... Du bist kein Mann der Gewalt. Du bist kein Jack Blacford.«

Den alten Blacford hatten sie beide gekannt; er hatte noch nicht im Zuchthaus geschmort, als sie zur Bande gestoßen waren. Der Richter hatte ihn zu siebzehn Jahren verurteilt, die Blacford in seinem Alter kaum überleben würde. Er saß im Zuchthaus von Cheyenne und schrieb ihnen ab und zu Briefe, die allein Jasper las.

»Glaubst du?«, entgegnete Jasper und erhob sich von seinem Stuhl. Er hielt den Revolver auf Carries Brust gerichtet. »Ich bin es leid, mit einer verfluchten Hure wie dir den Tag zu verbringen. Ich bin es leid, dass du einen Hahnrei aus mir machst.«

Die Kugeln zischten wie feine Nadeln durch Carries Brust und blieben im Holz der Tür stecken. Sie verursachten keinerlei Geräusch, was jedoch nur an Carries lähmendem Entsetzen darüber lag, dass ihr Ehemann gerade auf sie geschossen hatte.

Die junge Banditin stolperte nach vorn, nahm die Hände vor den Körper und spürte warmes Blut durch die Finger rinnen.

Das Geschäft von James Shull bestand seit fünfzehn Jahren darin, dass er mit Waffen aller Art, Angelbedarf und – seit einiger Zeit – Eis- und Schneeschuhen handelte, von denen Letztere an Dutzende Alaskareisende gegangen waren, die sich per Mail Order bei Shull gemeldet hatten. Sie schrieben oder telegraphierten ihm, dass sie die Schuhe bis zum siebzehnten oder neunzehnten eines Monats brauchten, und Shull wies seinen Sohn Charley an, die Ware zu verpacken und zum Post Office zu bringen.

»Charley, los jetzt!«, knurrte Shull und gab dem Fünfzehnjährigen einen Schlag zwischen die Schulterblätter. »Ich kann' mir nicht mit ansehen, wie linkisch du bist. Wäre ich so jung wie du, wär' mir elend damit zumute.« Er holte zu einem neuerlichen Hieb aus. »Nun geh! Lauf schon! Die Order ist gestern gekommen!«

Der Junge sprang an Shulls einzigem Besucher um diese Stunde vorbei, sattelte draußen sein Pferd, schnallte dem Tier die Packtaschen um und sprengte in donnerndem Galopp davon. Shull schüttelte den Kopf und goss seinem Gast einen Bourbon ein, inzwischen der dritte an diesem Morgen. »Der Junge wird irgendwann den Kopf verlieren... Ich hätte nicht allein großziehen dürfen.« Er lächelte. »Die strenge Hand einer Mutter ersetzt kein Vater.«

Der Mann auf der anderen Seite des Tresens hatte kein Wort übrig für den Jungen, wie er zuvor kein Wort über Shull oder den Laden verloren hatte. Er war mit einem Union-Pacific-Zug nach Cheyenne gekommen und hatte Quartier bei Edward Coleman genommen, der vor einer Woche eine Pfahlangel bei Shull gekauft hatte, mitsamt der Bleikügelchen als Gesenke.

»Sie sollten weniger streng mit ihm sein«, sagte Shulls Gast und hob das Bourbonglas. Er hatte die breiten Schultern eines Mannes in seinen besten Jahren, eben jenen Jahren, die Shull längst hinter sich hatte. »Ich hätte ihn für seinen Fleiß gelobt.«

»Fleiß!«, spottete Shull und goss sich selbst einen Bourbon ein. »Wer von 'nem Halbwüchsigen Fleiß erwartet, ist ein Dummkopf. Er erledigt seine Arbeit. Er erledigt, was anfällt.« Er lächelte und stützte sich auf die Verkaufstheke. »Wie Sie auch, Mr. Lassiter.«

Aus dem Hauptquartier der Brigade Sieben, die dem Justizministerium unterstellt war und von der Shull nichts kannte außer seinem Vorgesetzten, war ein prall gefülltes Kuvert gekommen. Der Kurier hatte es Shull in den Laden gebracht und ein Signum auf einem Formular verlangt.

»Sie müssen hinauf nach Lost City«, sagte Shull und zog das Kuvert unter der Theke hervor. Er legte es vor sich ab, öffnete die Lasche und zog einige Dokumente daraus hervor. »Die Stadt ist das Versteck einiger Banditenbanden. Sie hausen in den Häusern wie Fahrensleute. Kaum einer hält es länger als ein halbes Jahr aus.« Er seufzte. »Ich war mit der Laramie Express dort oben. Ein hübsches Städtchen ist's mal gewesen.«

»Was ist geschehen?«, fragte Lassiter und nahm das Kuvert zu sich. Er spannte den Umschlag mit zwei Fingern auf und sah hinein. »Was ist der Stadt zugestoßen?«

Shull blätterte die wenigen Seiten vor ihm durch und händigte Lassiter eine Zeichnung aus, die zwischen engbeschriebenen Papierblättern steckte. »Sie hatten einen Felssturz dort oben. Vor genau zwanzig Jahren, wenn ich nicht irre... Der Berg brach mitten in der Nacht zusammen.«

Die feinen Tuschelinien auf dem Papier bildeten einen nackten Höhenzug der Laramie Mountains ab, an dem ein Felsenriff eingebrochen und zu Tale gestürzt war. Die Felsentrümmer mussten das Ausmaß eines Lokomotivkessels haben. Sie waren bis in die Siedlung vorgedrungen, die als Ansammlung winziger Quadrate zu Füßen der Berge eingezeichnet und mit Lost City beschriftet worden war.

»Die Blacfords sind die berüchtigtste Bande«, fuhr Shull fort und kam um die Theke herum. Er ging die Papiere durch, mit denen sich Lassiter beschäftigt hatte. »Jasper... George... Gilbert... Ah, da haben wir ihn... Jack Blacford... Er sitzt ihm hiesigen Zuchthaus ein. Er hat die Blacfords gegründet.« Er lächelte Lassiter an. »Sie haben ihn verraten und uns ausgeliefert.«

Shulls Gegenüber erwiderte das Lächeln nicht und studierte die übrigen Dokumente des Kuverts. Die Informantenberichte waren wertlos, die Schreiben des Justizministeriums bloßes Beiwerk, die Anordnungen des Hauptquartiers bereits Makulatur. Die Brigade Sieben wusste kaum etwas über Lost City.

»Weshalb soll ich in diese Stadt?«, beschwerte sich Shulls Gast und schob das Kuvert zur Seite. »Noch sehe ich nichts, was unsere Anwesenheit dort oben notwendig macht.«

»Sie haben den Mord übersehen«, sagte Shull triumphierend. »Vor einigen Wochen hat der Blackford-Anführer seine Frau erschossen. Er muss eifersüchtig gewesen sein.« Er kehrte zu seinem Platz hinter der Theke zurück. »Sie müssen die Schwestern dieser toten Frau finden. Sie könnte eine wertvolle Kronzeugin für uns sein. Sie muss eine Menge über die Blacfords wissen.«

Die Miene von Shulls Gesprächspartner hellte sich kaum auf. »Ein County Sheriff oder eine Marshal kann diesen Auftrag erledigen. Ich begreife nicht, weshalb die Brigade Sieben ausrückt.«

Shull verstand den Unwillen des Agenten. »Das Hauptquartier hegt den Verdacht, dass jemand den Banditen in Lost City Waffen beschafft.« Er wies zur linken Wand, an der Sharps- und Marlin-Gewehre hingen. »Munition erreicht Lost City, daneben Colts und Karabiner. Ich habe die Lieferungen mit eigenen Augen gesehen. Sie kommen mit den Railroad-Gesellschaften nach Cheyenne.«

»Und niemand hält diese Lieferungen auf?«, brummte der großgewachsene Mann an der Theke. »Es wäre leicht für die Companys, diese Lieferungen zu unterbinden.«

»Bisher will sich niemand dazu entschließen«, erwiderte Shull und seufzte leise. »Ich habe den Befehl, Sie mit der Suche nach dieser Frau zu beauftragen. Sie sollten zuvor mit Jack Blacford sprechen. Er erwartet Sie bereits im Zuchthaus.« Er goss den Bourbon nach. »Wir haben ihm zwei Jahre Strafe dafür erlassen, dass er redet. Sie werden alles aus ihm herausbekommen, was Sie wissen müssen.«

Die stechend blauen Augen des Agenten richteten sich auf das gefüllte Glas. »Telegraphieren Sie dem Hauptquartier, dass ich den Auftrag annehme. Ich erbitte allerdings, dass man mir die Erkenntnisse zu Verfügung stellt, die man über die Blacford-Bande hat. Ich muss wissen, zu welchem Zweck diese Menge an Waffen dient.«

»Geben Sie mir einen Tag«, erbat sich Shull und schrieb sich Lassiters Wünsche auf. »Ich telegraphiere Washington und lasse Sie bei Coleman verständigen.«

»Einverstanden«, knurrte Lassiter. »Ich danke Ihnen, Mr. Shull.«

Das Herrenhaus der Frightener-Familie verströmte den Charme jener alten Zeiten, die Paul Frightener an diesem Morgen vermisste wie das richtige Maß Milch in seinem Kaffee. Er hatte das Mädchen um einen Spritzer Milch gebeten, und die dumme Gans hatte ihm den halben Krug voll fetter Ziegenmilch gekippt. Er trank dennoch davon und starrte dabei auf das Ölgemälde seines Vaters.

Albert Henry Frightener hatte das Bild in New Orleans anfertigen lassen.

Er hatte einen talentierten Schwarzen namens Neno Dufresne gefunden, der sich auf die alten Meister in Europa verstanden hatte und Pauls Vater als heroischen griechischen Feldherrn gemalt hatte. Der Farbige war ein Sklave von Joseph Heidelberger gewesen, jenem deutschen Zigarrenfabrikanten, mit denen die Frighteners gewöhnlich ihre Urlaube und Sommerfrischen verbracht hatte.

Die Tage mit Heidelberger waren gottlob vorüber.

Sie hatten sich über Stunden die Vorträge des Fabrikanten anhören müssen, der gern über den Stahlbau oder einen Überseekanal in Panama philosophiert und dabei so sterbenslangweilig gesprochen hatte, dass Frighteners Mutter ständig eingeschlafen war. Sie hatten jeden zweiten Sonntag im Haus von Heidelberger verbracht.

»Bring mir frischen Kaffee!«, schnauzte Frightener das Mädchen an, das durch die Tür getreten war und ihm das Tablett mit dem Nachtisch brachte. Die Küche hatte ihm eine Crème brûlée zubereitet, die nach Zimt und Anis roch. »Du bist ein dummes Kind, das nicht in einen Haushalt wie den unsrigen gehört.«

Der Haushalt von Frightener umfasste inzwischen nur noch ihn selbst.

Er hatte seine Frau vor sieben Jahren verloren, als sie am Golf von Mexico auf einem Dampfer über Bord gegangen und nicht wieder aufgetaucht war. Der Kapitän und der erste Offizier hatten Frightener kondoliert, die Reederei hatte ein Blumenbouquet nach Missouri geschickt. Ob Ira aus freien Stücken gesprungen war, hatte niemand feststellen können.

Vermutlich hatte Ira sich getötet.

Sie war auf dem Landsitz der Frightener unglücklich gewesen, und die dunklen Geschäfte ihres Mannes hatten sie noch unglücklicher gestimmt. Sie hatte nie verstanden, dass Frightener gegen das moderne Amerika kämpfte, das Amerika der Nordstaaten, das den Süden im Stich ließ. Die meiste Zeit hatte Ira in ihrer Kammer voller Kunstblumen gehockt und über trübsinnigen Büchern gebrütet.

Frightener weinte seiner Frau keine Träne nach.

Er hatte sie in Virginia kennengelernt, bei einem Ball des Billard Clubs, der die wenigen vermögenden Männer aus dem Süden zusammenbrachte und genauso im Geist der Konföderierten schwelgte, wie es die meisten Bekannten von Frightener taten. Sie besaßen Häuser wie er, sprachen wie er, machten dieselben Geschäfte wie. Sie misstrauten der Regierung in Washington und taten alles, um nicht in die Mühlen dieser abgefeimten Schurken zu geraten.

»Verzeihen Sie, Sir«, sagte das farbige Mädchen mit leiser Stimme und nahm die Tasse an sich. Es huschte aus dem Zimmer und kehrte bald darauf mit frischem, dampfendem Kaffee zurück. »Ich lasse Ihnen von der Küche ausrichten, dass wir um Ihre Verzeihung bitten, Sir. Die Milch... Es gab nur noch Ziegenmilch. Sie hat geflockt... und daher –«

»Sei still!«, verbot Frightener der Bediensteten das Wort. »Ich will nichts weiter darüber hören. Bring mir die Briefe aus Wyoming.«