Pferdesoldaten 17 - Die Geheimwaffe - Michael Schenk - E-Book

Pferdesoldaten 17 - Die Geheimwaffe E-Book

Michael Schenk

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Beschreibung

Geheimnisvolle Explosionen erschüttern die nächtlichen Lager der Union. Verrat und eine geheimnisvolle neue Waffe gefährden die Ziele von General Grant, der Matt Dunhill und einige dessen bewährtester Männer hinter die Linien des Feindes schickt. Gemeinsam mit Pinkerton-Agenten und einigen getreuen Unions-Anhängern stößt Matt auf eine Waffe, die den Krieg entscheidend beeinflussen kann.

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Michael Schenk

Pferdesoldaten 17 - Die Geheimwaffe

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1 Die Kuh

Kapitel 2 Beunruhigende Berichte

Kapitel 3 Tod in der Nacht

Kapitel 4 Eine nachdrückliche Befragung

Kapitel 5 Eine unsoldatische List

Kapitel 6 Das Geheimkommando

Kapitel 7 Feuer in der Nacht

Kapitel 8 Barrows & Harper

Kapitel 9 Der Not gehorchend

Kapitel 10 Ein erster Hinweis?

Kapitel 11 Die Suche wird ausgeweitet

Kapitel 12 Eine ungewöhnliche Beobachtung

Kapitel 13 Rätselraten

Kapitel 14 Die „Black Lady“

Kapitel 15 Auf der Spur der Black Lady

Kapitel 16 Der Plan

Kapitel 17 Die Beobachterin

Kapitel 18 Vorbereitungen

Kapitel 19 Agentenlos

Kapitel 20 Der Überfall

Kapitel 21 Eine Frage heißer Luft

Kapitel 22 Staub über der Straße

Kapitel 23 Am langen Seil

Kapitel 24 In luftiger Höhe

Kapitel 25 Sie darf nicht entkommen

Kapitel 26 Kampf ums Überleben

Kapitel 27 Sinkflug

Kapitel 28 Die letzten Sekunden der „Black Lady“

Kapitel 29 Zurück im Dienst

Kapitel 30 Karte Richmond und Umland

Kapitel 31 Karte Richmond und nähere Umgebung

Kapitel 32 Karte „Black Lady“-Site

Kapitel 33 Ankündigung

Kapitel 34 Maße und Geschwindigkeiten

Kapitel 35 Persönliche Freiheiten in den Romanen

Kapitel 36 Historische Anmerkung

Kapitel 37 Bisher erschienen:

Kapitel 38 Hinweis: Für Freiheit, Lincoln und Lee

Impressum neobooks

Kapitel 1 Die Kuh

Pferdesoldaten 17

Die Geheimwaffe

Military Western

von

Michael H. Schenk

© M. Schenk 2021

Eine Weide in der Nähe von Richmond, Virginia.

Das Gelände lag, gegen Sicht gut geschützt durch umgebende Hügel und Wälder, in einer großen Senke. Mehrere Werkstätten und Hallen, die konföderierte Flagge und die anwesenden Soldaten verrieten, dass es sich um eine Anlage des Militärs handelte. Dennoch gingen hier Zivilisten ein und aus, sorgfältig von den Wachen kontrolliert.

Die Anlage wurde im Haushalt der Konföderation als „Little Surrey“ bezeichnet. Was hier ersonnen und gebaut wurde, unterlag der höchsten Geheimhaltung, denn hier forschte man nach Waffen, die den eigenen Truppen einen entscheidenden Vorteil in der Schlacht bringen sollten.

Auf beiden Seiten wurde geforscht, erfunden und realisiert. So waren im Norden nicht nur das Revolvergeschütz von Doktor Gatling und andere Salven- oder Schnellfeuerwaffen entwickelt worden, sondern auch Ambulanzwagen und sogar ein kompletter Hospitalzug. Der siebenschüssige Spencer-Karabiner wurde inzwischen auch als Gewehr gebaut und an die Unionstruppen ausgeliefert.

Der Süden wiederum hatte es bedeutend schwerer. Zwar hatte Colonel LeMat den neunschüssigen Revolver mit zusätzlichem Schrotlauf erfunden und es gab eigene Salvenwaffen, aber manche Idee scheiterte nicht am Können der Erfinder und Konstrukteure, sondern an fehlenden Ressourcen. So musste man sich immer wieder mit der Verbesserung vorhandener Waffen zufriedengeben.

An diesem Tag waren mehrere hochrangige Generäle, unter ihnen Robert E. Lee, A. P. Hill, Anderson und Stuart in Little Surrey erschienen, begleitet von einem ganzen Schwarm Adjutanten, Senatoren und Journalisten. Sie wollten der Vorführung einer besonderen Munition beiwohnen.

Ein junger Artillerie-Captain hatte alles vorbereiten lassen und war sichtlich stolz, das Ergebnis seiner Arbeit präsentieren zu können. Auch wenn die bisherigen Versuche nicht zur vollen Zufriedenheit verlaufen waren, so schien er doch zuversichtlich, die hohen Offiziere vom Nutzen seiner Erfindung überzeugen zu können.

Die maßgeblichen Herren standen nun bei zwei 12-Pfünder-Napoleongeschützen, die eigentlich schon als veraltet galten und nun zu neuem Ruhm gelangen sollten. Eifrig erläuterte der Captain den aufmerksamen Zuhörern, was sich vor ihnen abspielen sollte.

Seine Worte waren vor allem an Robert E. Lee gerichtet, der nun Oberbefehlshaber aller konföderierten Streitkräfte war. Dessen Wort würde ausschlaggebend dafür sein, die Erfindung des Captains in der Armee des Südens einzuführen.

Vor einigen Minuten waren beide Geschütze abgefeuert worden, jedes mit einer Kartätschenladung, die aus dreihundertzwanzig Bleikugeln bestand. Dieser Bleihagel hatte etliche Ziele getroffen und zerstört oder zumindest beschädigt. Die Ziele bestanden aus einfachen Holzbrettern, mannshoch und mannsbreit, die man in der Formation eines angreifenden Unionsregiments aufgestellt hatte.

„Wie Sie sehen konnten, Gentlemen, hätten die beiden Ladungen eine stattliche Zahl an Yankees erwischt“, erläuterte der Captain. „Doch die zerstörerische Wirkung der Kartätschen, auf vorgehende feindliche Infanterie, wird durch die von mir ersonnenen Spezialgeschosse noch wesentlich gesteigert.“

Im Augenblick wurden die vernichteten „Yankees“ durch unbeschädigte Bretter ersetzt. Der Captain nutzte die Zeit, seine Idee zu erläutern.

„Wie Sie nun sehen, Gentlemen, werden die beiden Geschütze neu geladen, diesmal jedoch nicht mit Canister (Anmerkung: Die Bezeichnung für Kartätsche im Englischen), sondern mit einer Kugel. Die Kugeln der beiden Geschütze sind dabei durch eine fünfzig Yards lange massive Kette miteinander verbunden.“

„Wollen Sie die Yanks gleich beim Angriff damit fesseln?“, kam die spöttische Frage eines Journalisten.

Das leise Gelächter einiger Offiziere ließ den Captain ein wenig erröten. „Keineswegs, Mister. Meine Idee hat sich schon oft bei der Marine bewährt. Dort verwendet man sogenannte Stangenkugeln. Dazu teilt man ein rundes Vollgeschoss und verbindet beide Hälften mit einer langen Stange. Das Geschoss wird aus dem Geschütz abgefeuert und beginnt in der Luft zu rotieren.“ Der Captain lächelte mit schmalen Lippen. „Sehr effektiv gegen Takelage und Segel eines Schiffes.“

„Die meisten Kriegsschiffe benutzen inzwischen Dampf als Antrieb“, wandte einer der Generäle ein. „Keine Takelage und keine Segel mehr, gegen die diese Stangenkugeln noch etwas ausrichten können.“

„Aber Infanterie ist weiterhin auf ihre Beine angewiesen“, hielt ein anderer dagegen. „Ich vermute, unser Captain hier legt es darauf an, den Yanks die Beine abzuschlagen.“

Der Kommandeur einer der Artilleriebatterien, die Richmond schützten, nickte. „Wie es beim Rochieren von Vollgeschossen passiert. Die Vollkugel schlägt vor der feindlichen Formation auf, gräbt sich aber nicht in den Boden, sondern hüpft mehrfach über ihn hinweg, bis sie ihren Schwung verliert. Sie kann eine Menge Schaden bei hintereinander marschierenden Soldaten anrichten. Ist aber letztlich nicht so effektiv wie Schrapnell oder Canister.“

Der junge Captain räusperte sich. Die Begeisterung der Anwesenden hielt sich offensichtlich in Grenzen, doch nun würde er ihnen beweisen, wie wirkungsvoll seine Kettengeschosse waren.

„Mein Kettengeschoss soll natürlich nicht sinnlos herumwirbeln“, sagte er lächelnd, obwohl seine Stimme eine leichte Verärgerung verriet. „Vielmehr wird die Kette in breiter Front, also fünfzig Yards, eine ebenso breite Schneise in den Gegner schlagen. Auf fünfzig Yards Breite und etliche Glieder Tiefe, werden die Yanks getötet oder so weit verstümmelt, dass sie nicht mehr kampffähig sind.“

„Wenn es funktioniert, dann könnte ein solches Kettengeschoss gleich mehrere Hundert Unionisten auf einen Schlag ausschalten.“ Die Stimme des Texaners A. P. Hill klang sichtlich zufrieden. Die brutale Grausamkeit des Krieges hatte eine Dimension angenommen, in der man kaum noch an das Leid beim Gegner dachte.

„Selbstverständlich hängt alles davon ab, dass die Geschütze absolut gleichzeitig abgefeuert werden, damit das Kettengeschoss effektiv wirkt“, führte der Captain weiter aus. Er sah den Wink eines Lieutenants, die Vorbereitungen auf dem Feld waren abgeschlossen. Erneut räusperte er sich, der Bedeutung des Augenblicks bewusst. „Gentlemen, wir werden Ihnen nun die Wirkung meiner Kettenkugeln demonstrieren.“

Der junge Captain war sichtlich ebenso nervös wie die Bedienungen der beiden Geschütze. Als er dem Lieutenant zunickte, hob der seinen Degen, führte ihn blitzschnell nach unten und brüllte laut und vernehmlich: „Feuer!“

Die beiden Zwölfpfünder brüllten auf und ruckten auf ihren Lafetten zurück. Eine braungelbe Pulverwolke wurde von zwei Mündungsblitzen durchstoßen. Die beiden Projektile schossen aus den Läufen und rissen die lange Kette mit sich.

Soweit verlief alles nach Plan und doch dann ging die Demonstration entsetzlich schief.

Es war im Grunde unmöglich, beide Geschosse so synchron abzufeuern, dass sie die Kette tatsächlich zwischen sich mitführten, so dass sie wie eine Sense in den anmarschierenden Feind schlug. Sekundenbruchteile Verzögerung zwischen der Zündung der beiden Treibladungen, geringe Unterschiede in den Pulvermengen, minimale Gewichtsunterschiede der Geschosse, ja selbst Luftströmungen mussten dazu führen, dass aus der geplanten Flugbahn eine unberechenbare wurde. Genau dies geschah.

Begleitet von einem ungewöhnlichen Brummton sauste das Kettengeschoss davon, in Richtung der aufgestellten Ziele. Noch bevor es die vordere Reihe erreichte, begann es aufzusteigen und sich, ähnlich einer Bola, um sich selbst zu drehen. Drei oder vier der Bretter wurden getroffen, doch über die anderen flogen Kugeln und Kette hinweg, rasten über die Kuppe eines der Hügel und verschwanden.

Für einen Moment herrschte Schweigen, das jedoch rasch von enttäuschten Lauten oder spöttischem Gelächter durchbrochen wurde.

„Zumindest fliegt das Ding“, stieß ein Colonel lachend hervor, „und mit etwas Glück kann es die Yankees sogar erschrecken.“

General Lee trat zu dem jungen Captain und legte ihm für einen Moment in einer väterlich wirkenden Geste die Hand an den Arm. „Grämen Sie sich nicht, Captain. Ich fürchte, Ihre Erfindung ist nicht so hilfreich, wie mancher wohl gehofft hat. Aber lassen Sie den Mut nicht sinken. Jede Idee kann zu etwas Sinnvollem führen, das uns hilft, die Gentlemen aus dem Norden zu schlagen.“

Unter den Beobachtern war eine hitzige Diskussion entbrannt, bei der es hauptsächlich darum ging, ob die Armee wertvolles Geld für solche offensichtlich sinnlosen Versuche ausgeben solle.

Die Gespräche endeten, als ein berittener Offizier herangaloppierte und Lee eine ungewöhnliche Meldung machte. „Verzeihung, Sir, aber am Tor ist ein Farmer, der sie unbedingt sprechen will,“

„Ein Farmer?“, vergewisserte sich der Oberbefehlshaber irritiert. „In, äh, in welcher Angelegenheit?“

„Es geht wohl um eine seiner Kühe, Sir. Der Mann behauptet, sie sei von einem merkwürdigen Ding erschlagen worden, dass von uns herübergeflogen ist.“

Gelächter brandete auf.

General Hill schlug dem Artillerie-Captain gut gelaunt auf die Schulter. „Immerhin hat Ihre Erfindung für ein paar ordentliche Steaks gesorgt.“

Robert E. Lee spürte wie jemand zu ihm trat. „General, wenn Sie einen Moment Zeit hätten? Ich habe da etwas, das Sie sicherlich interessieren wird.“

Lee wandte sich um und sah einen schlanken Mann in zivilem Anzug. Er trug einen modischen Binder und Zylinder. Aus der Tasche seiner Weste hing eine massive goldene Uhrkette hervor. „Ich hoffe nur, guter Mann, dieses Etwas kostet unsere Zahlmeisterei nicht noch eine Kuh.“

Der Mann lächelte. „Wenn, dann die Kühe der Unionisten, General.“ Er wurde ernst. „Verzeihung, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Gemmers. Hank Gemmers. Ich bin Ingenieur und Konstrukteur und meine Erfindung wird Sie nicht enttäuschen. Offen gesagt haben wir sie bereits in der Praxis erprobt und sie hat sich bestens bewährt.“

„Ich habe noch nichts von einer neuen Waffe gehört, die den Gentlemen aus dem Norden plötzlich Schwierigkeiten bereitet.“

„Nicht nur Schwierigkeiten, General. Die Yankees wissen überhaupt nicht, was sie da tötet und selbst wenn sie es wüssten, so besäßen sie kein wirksames Abwehrmittel dagegen.“

Der Ernst des Mannes und dessen ruhige Stimme machten Lee neugierig. „Nun, ich bin geneigt, mir Ihre Erfindung anzusehen. Mich überrascht allerdings, dass der Kommandeur von Camp Little Surrey mir nicht …“

„Die Waffe steht nicht hier, General. Ein paar Meilen weiter und gut versteckt. Wenn Sie meine Erfindung zu Gesicht bekommen, dann werden Sie auch verstehen, warum wir solche Vorsichtsmaßnahmen betreiben.“

„Also gut, Mister Gemmers. Ich habe noch etwas Zeit für eine weitere Vorführung. Ich hoffe, ich bereue es nicht.“

Nun lächelte Hank Gemmers wieder. „Die Einzigen, die das bereuen werden, General, sind die verdammten Yankees.“

Kapitel 2 Beunruhigende Berichte

Hauptquartier von Unionsgeneral Grant in der Nähe der Guinea Station.

Die Männer um General Ulysses Simpson Grant waren es gewohnt, dass der Oberbefehlshaber der Union sein Hauptquartier immer wieder verlegte. Nicht etwa aus Furcht vor einem konföderierten Überfall, sondern weil der General sich, soweit als möglich, in der Nähe jener Positionen aufhielt, die er für entscheidend hielt. Im Augenblick befand er sich in der Nähe der Guinea Station, einem Bahnhof der Richmond & Fredericksburg Rail Road, die inzwischen Nachschub und Truppen für die Unionsarmee beförderte, die vor Richmond lag.

Das Hauptquartier war nur vier Meilen von der Frontlinie entfernt, die sich von Chancellorsville bis Petersburg erstreckte. Eine Frontlinie von über hundertzwanzig Meilen Länge, bei der sich die Feinde mal zehn Meilen oder auch nur eine Meile entfernt gegenüberlagen. Immer wieder kam es zu Gefechten, doch es waren vorwiegend Duelle der Artillerie.

Inzwischen hatte sich ein Stellungskrieg entwickelt, bei dem beide Seiten keinen Frontalangriff auf die gut befestigten Positionen des Gegners wagten und bei dem der Krieg zum Stillstand zu kommen schien. Stillstand und Geduld gehörten nicht zu den bevorzugten Eigenschaften von Grant und so führte er eifrig neue Truppen heran, um endlich den Sturm auf Richmond befehlen zu können.

Aufgrund der Nähe zur Front war die Wache des Hauptquartiers verstärkt worden. Sie bestand aus zwei Kompanien Infanterie, wobei zwei volle Regimenter nur eine Meile entfernt lagerten, und einem Bataillon der fünften US-Kavallerie unter dem Befehl von Lieutenant-Colonel Matt Dunhill. So war es üblich, dass Dunhill an den täglichen Offiziersbesprechungen teilnahm, was sonst nur den Generälen der Corps und deren Adjutanten vorbehalten war. Auch mit dieser Einschränkung wirkte der eigentlich große Raum überfüllt und es dauerte eine Weile, bis alle versammelt und mit Getränken versorgt waren.

Matt Dunhill gehörte sicher zu den erfahrensten und fähigsten Kavallerieoffizieren der Union. Er hatte bereits als junger Lieutenant bei den US-Dragonern gedient, war dann zu Lees zweiter US-Kavallerie gestoßen. Aus dieser war, durch die Reorganisation der berittenen Truppen, die fünfte US-Kavallerie geworden. Matt sammelte Erfahrungen in Kämpfen gegen mexikanische Banditen, verschiedene Indianerstämme und Konföderierte. Dabei hatte er sich derart hervorgetan, dass der Kongress ihm die Tapferkeitsmedaille verlieh. Selbst der legendäre Unions-Reitergeneral Buford griff gelegentlich auf Matts Wissen zurück. Für Grant war der Lieutenant-Colonel daher nicht nur Befehlshaber seiner Leibwache, sondern auch ein wertvoller Ratgeber, wenn es um Belange der Kavallerie ging.

Matt Dunhill war nun zweiundfünfzig Jahre alt und der lange und harte Dienst hatte seine Spuren hinterlassen. Das gebräunte Gesicht zeigte erste Falten. Die Schläfen, der sorgfältig gestutzte Dragonerbart und das Haupthaar wiesen graue Strähnen auf. Doch die blaugrauen Augen blitzten noch immer im alten Feuer und die Haltung war tadellos.

Während Matt früher keinen besonderen Wert auf sein Erscheinungsbild legte, achtete er nun auf ein einwandfreies Äußeres, was vor allem seine Uniform betraf. Er war immerhin Befehlshaber der Wache und nicht einer beliebigen, sondern der des militärischen Oberbefehlshabers. Abgesehen, natürlich, von Präsident Lincoln, dem Grant erst vor wenigen Tagen seinen Bericht erstattet hatte.

Dieser Bericht, die Meinung des Präsidenten und die daraus entstehenden Konsequenzen waren auch Kern der bisherigen Besprechung gewesen. Inzwischen standen die Generäle um den großen Kartentisch herum und diskutierten eifrig über das weitere Vorgehen.

„Mister Lincoln drängt auf ein Ende des Krieges“, murmelte einer der hohen Offiziere. „Verdammt leicht gesagt. Jeder hier würde den Krieg gerne rasch beenden, aber Lee hat sich hier wie ein Prairiehund eingegraben. Auf gute hundertzwanzig Meilen hat er Schützengräben, Palisadenwerke und Stellungen errichten lassen und scheinbar alle Kanonen der Konföderation zusammengezogen.“

„Viele davon sind Quäker“, schränkte ein anderer Brigadier-General ein.

„Diese verdammten Dinger sind ein echtes Problem“, ereiferte sich General Wright, dessen Corps in der Nähe von Hannover lag. „Wir können diese Mistdinger kaum von den echten unterscheiden, müssen aber immer davon ausgehen, dass es reale Kanonen sind.“

Der Ärger von Wright wurde von den anderen geteilt. Um Aufklärung und Truppen der Union zu täuschen, benutzten die Konföderierten schwarz angestrichene Baumstücke, die auf einige Distanz nicht von echten metallenen Geschützen zu unterscheiden waren. Man nannte diese Attrappen „Quäker-Guns“, eingedenk der religiösen Gruppe der Quäker, die jegliche Form von Gewalt ablehnten. So sahen sich die Unionstruppen einer Unzahl von Batterien gegenüber, deren Echtheit sich erst beim Angriff feststellen ließ. Auf diese Weise war man gezwungen, eigene Batterien als Gegengewicht aufzustellen. Immer mehr Geschütze, Kanonen, Haubitzen und Mörser wurden in die Stellungen gebracht, begleitet von immer neuen Regimentern.

„Lee ist ein schlauer Fuchs.“ Grant strich sich über den Vollbart. Sein Gesicht wirkte ausgemergelt und er selbst erschöpft. Auch wenn viele Soldaten ihn für einen rücksichtslosen Verheizer der eigenen Truppen sahen, so wusste Matt aus einigen persönlichen Gesprächen, wie sehr Grant unter den Verlusten litt. „Lee bleibt auf seinem Hintern sitzen und ich bin gezwungen, ihn anzugreifen“, hatte er dem Kavalleristen einmal erklärt. „Sie wissen ja selbst, Matt, dass ein Angreifer dem Verteidiger zwei- bis dreifach überlegen sein muss, um eine Aussicht auf Erfolg zu haben. Während der Angreifer über oftmals freies Gelände angreift, verbirgt sich der Verteidiger hinter seiner Deckung. Himmel, Matt, da ist es doch selbstverständlich, dass wir die höheren Verluste haben.“

An diese Worte musste Matt Dunhill denken, während Grant über einige Stellungen seiner Armee sprach. Ja, Grant wirkte müde, doch durchaus entschlossen. Nun schlug er mit der flachen Hand auf die Karte. „Mister Lincoln hat recht. Wir können nicht ewig zusätzliche Geschütze und Männer anfordern. Wir sind General Lee schon jetzt mehrfach überlegen. Wir müssen die Sache zu einem Ende bringen.“

„Einem massierten Ansturm werden die Rebellen niemals standhalten.“ Der Sprecher lächelte kalt. „Außerdem sind die Johnny Rebs an allem knapp. Munition, Nahrung …“

„Aber nicht an Moral“, unterbrach Grant grob. „Außerdem bin ich nicht bereit, die Schlacht von Fredericksburg zu wiederholen, in der unsere Truppen sinnlos geopfert wurden. Gentlemen, die Regenfälle der vergangenen Tage haben den Boden aufgeweicht. Zwar ist nun endlich die Sonne wieder hervorgekommen, doch es wird Tage brauchen, bis der Untergrund wieder fest genug ist, um die schweren Geschütze bewegen zu können. Dennoch … Ich gedenke, vorausgesetzt die Sonne spielt mit“, hier lächelte Grant, „in zwei Wochen anzugreifen. Gentlemen, behalten Sie diese Absicht bitte für sich. Sie wissen ja selbst, dass die Konföderierten ihre Spione in unseren Camps haben.“

General Wright nickte betrübt. „Vermutlich ist Lee manchmal besser über die Vorgänge bei uns informiert als unsere eigenen Regimentskommandeure.“

„Dem will ich nicht widersprechen.“ Grant räusperte sich. „Patrioten des Südens verbergen sich in unseren Reihen, ebenso wie wir gelegentlich Informationen von Anhängern der Union oder von Überläufern und Gefangenen erhalten. Nun, Gentlemen, Mister Lincoln hat inzwischen die Pinkerton-Agentur gebeten, mit ihren sehr fähigen Detektiven nach den Spionen der Rebellen zu suchen.“

„Wenn wir sie erwischen, dann stellen wir sie ohne viel Federlesen an die Wand.“ General Warren setzte seine Tasse so hart auf den Tisch, dass man keinen Zweifel an seiner Verärgerung hatte. „Ach was, eine Kugel ist zu schade für diese Dreckskerle. Die bekommen den Strick.“

Die Anwesenden konnten Warren gut verstehen. Vor den unerwartet einsetzenden Regenfällen hatte der General zwei Corps auf eine heimliche nächtliche Umgehung geschickt. Doch das Manöver musste verraten worden sein, denn die Konföderierten lauerten der Unionstruppe auf und fügten ihr schwere Verluste zu.

„Gut, Gentlemen, für heute soll es genug sein. Wir treffen in fünf Tagen wieder zusammen, um die Einzelheiten für unseren Angriff festzulegen. Kehren Sie nun zu Ihren Truppen zurück und bewahren Sie Stillschweigen über das Besprochene.“

Die Anwesenden kannten Grant gut genug, um zu wissen, dass er nun für sich alleine sein wollte. Man verabschiedete sich mit wenigen Worten und ritt dann zu den eigenen Stellungen und Hauptquartieren zurück.

Der große Raum wirkte plötzlich gespenstisch leer. Außer Grant und seinem Adjutanten, Captain Lorring, waren nur noch Matt Dunhill und ein in Zivil gekleideter Mann zugegen. Matt wusste inzwischen, dass dieser Mann im Auftrag des Präsidenten im Hauptquartier weilte. Henry Slouch sollte einer der fähigsten Detektive der Pinkerton-Agentur sein.

Pinkerton war eine private Detektei, die auf die Aufklärung von Überfällen und die Überführung der Täter spezialisiert war. Sie beschäftigte inzwischen Hunderte von Männern und Frauen, die den verschiedensten Straftaten nachgingen. Ein guter Teil diente allerdings der Union, da man in ihrem Auftrag Spione, Agitatoren und Saboteure des Südens jagte. Diese Abteilung von Pinkerton wurde, da man noch keinen besseren Begriff kannte, als Gegenspionage bezeichnet. Auch hier war Pinkerton sehr erfolgreich, da der Präsident außergewöhnliche Vollmachten erteilte und die Strafverfolgungsbehörden und das Militär zur Unterstützung anhielt.

Henry Slouch sah wie ein gut situierter Geschäftsmann aus und galt offiziell als Journalist einer kleineren Washingtoner Zeitung. Tatsächlich erschienen immer wieder Berichte unter seinem Namen, die das Leben der Unionssoldaten und deren Kämpfe zum Thema machten. Selbst von den Grant unterstellten Generälen wussten nur wenige um Slouchs tatsächlichen Beruf.

Grant schenkte sich großzügig aus einer Karaffe ein. Während seine Gegner ihn als Alkoholiker sahen, behauptete Grant immer wieder, keinen Whiskey, sondern Apfelwein zu trinken. Lincoln war die Sorte, die Grant bevorzugte, gleichgültig. Im Gegenteil, als ein Senator den General wegen Alkoholkonsums anprangerte, verteidigte der Präsident ihn, in dem er sagte, dass er jedem General eine Kiste des Getränkes schenken würde, wenn dieser dann ebensolche Erfolge vorzeigen könne wie Grant.

Grant hatte unzweifelhaft Erfolge. Er gewann Schlachten und Feldzüge, wenn auch unter hohen Verlusten, da er angriffslustig und beharrlich wie eine Bulldogge war. Zudem konnte er seine Verluste weitaus besser ausgleichen als Lee, dessen Reserven zunehmend schwanden. In der Konföderation wurden nun schon Sechzehnjährige eingezogen und man warb Sklaven für Farbigenregimenter an. Letztere sollten eigentlich nur unterstützende Arbeiten durchführen, doch neuerdings gab es auch bewaffnete Einheiten, die gegen das Versprechen der Freilassung für ihre Herren kämpften. Wie umstritten diese Maßnahme im Süden war, „Neger zu bewaffnen“, zeigte zugleich, wie verzweifelt die Konföderation Soldaten benötigte.

Der General nahm einen kräftigen Schluck und sah den Pinkerton-Mann auffordernd an. „Nun, Mister Slouch, Sie kennen Colonel Dunhill ja und wissen, dass Sie frei sprechen können. Lassen Sie also hören, was Sie in den vergangenen Tagen ermitteln konnten.“

„Colonel.“ Slouch nickte Matt Dunhill mit ernstem Gesicht zu. Inzwischen hatte er sich an die militärische Tradition gewöhnt, dass man einen Lieutenant Colonel, mit dem silbernen Eichenlaub in den Schulterstreifen, als Colonel ansprach, obwohl er nicht die Adler eines Full-Colonels trug. „Ich schätze, meine Arbeit deckt sich mit einigen Gerüchten, die auch dem Kommandeur der Leibwache zu Ohren gekommen sein dürften.“

Matt runzelte die Stirn. Er war kein Freund von Gerüchten und „losem Gerede“, musste aber eingestehen, dass sie oft einen guten Teil Wahrheit enthielten. „Meinen Sie die Gerüchte über die geheimnisvollen Explosionen?“

„Gerüchte?“ Grant nahm einen kräftigen Schluck. „Verdammt, Matt, das sind keine Gerüchte. Seit zwei Wochen gehen in unseren Camps und Depots immer wieder Bomben hoch und wir haben bislang keine Spur von den Tätern entdeckt. Ich hoffe doch, Mister Slouch hat mehr Erfolgt gehabt.“

„Ich fürchte nein“, gestand der Pinkerton-Mann. „Das Problem besteht unter anderem darin, dass wir die Ursachen der Explosionen nicht kennen. Wir wissen nur, dass sie eine Menge Zerstörungen anrichten und Männer töten oder verletzen. In den bislang betroffenen Camps besteht eine gewisse Unruhe. Man weiß nur, dass irgendjemand Bomben legt, aber da man den oder die Täter nicht ausfindig machen kann, wächst das Misstrauen untereinander. Ein falsches Wort kann mittlerweile dazu führen, dass man plötzlich für einen konföderierten Spion gehalten wird. Sie können sich sicherlich vorstellen, General, dass es dann zu ernsten Handgreiflichkeiten kommt. Die Provost-Marshals der Camps haben alle Hände voll zu tun, damit es nicht zu Mord und Totschlag kommt, weil jeder nach den Saboteuren sucht.“

„Eine verdammt unglückliche Lage“, knurrte Grant. „Ist es denn sicher, dass es sich um Sabotage handelt?“

„Nach meiner Auffassung sind unsere Soldaten gut motiviert. Sie wollen kämpfen, damit der Krieg endlich ein Ende hat. Wenn jemand nicht kämpfen will, so kann man wohl davon ausgehen, dass er sein Camp nicht in die Luft sprengt, sondern dass er die erstbeste Gelegenheit zum Desertieren nutzt.“

„Deserteure werden erschossen“, meinte Grant grimmig, wohl wissend, dass dies nur sehr selten der Fall war. Jene, die desertierten, ließ man in der Regel laufen, da sich der Aufwand des Einfangens nicht lohnte. Wenn man sie doch aufspürte, dann begnügte man sich mit dem Auspeitschen oder einer anderen Strafe. Die zivile Bevölkerung war überwiegend kriegsmüde und das Militär wollte das nicht noch fördern, indem man ihre Angehörigen umbrachte.

„Eine von außen wirkende Waffe erscheint mir jedenfalls ausgeschlossen“, fuhr Slouch ungerührt fort. „Es sei denn, jemand wirft die Bomben von außen in die Camps. Der Mann müsste dann aber Oberarme haben wie unsereins Oberschenkel.“ Der Pinkerton sah das irritierte Gesicht des Generals. „Wegen der Muskelkraft, Sir“, fügte er daher hinzu. „Nun, wie dem auch sei … Die Wachen sind sehr wachsam. Schon allein weil die Rebellen einen Raid versuchen könnten. Daher wäre ihnen aufgefallen, wenn außerhalb der betroffenen Camps die Abschussgeräusche und das Mündungsfeuer eines Geschützes wahrnehmbar geworden wären. Man hätte das bemerken müssen, da sich die Explosionen ausschließlich nachts ereignen.“

„Haben Sie nach Spuren gesucht, Mister Slouch?“, hakte Matt Dunhill nach.

„Mit dem ersten Tageslicht wurde jedes Mal die Umgebung sorgfältig abgesucht. Keine verdächtigen Fußspuren oder Hufabdrücke, keine Radspuren von Wagen oder Lafetten und keine Anzeichen für die Anwesenheit von irgendjemandem.“ Slouch erlaubte sich ein Lächeln. „Abgesehen natürlich von den Spuren, die von unseren eigenen Leuten verursacht wurden.“

„Also kein Angriff von außen, sondern ein Angriff von innen“, zog Matt seinen Schluss.

Slouch nickte. „Definitiv von innen, Colonel. Der oder die Verursacher der Anschläge befinden sich unter uns.“

„Drei unserer Lager und ein Depot wurden auf diese heimtückische Weise angegriffen.“ Grant schlug erregt auf den Kartentisch. „Jedes mit mehreren Explosionen, die innerhalb kürzester Zeit erfolgten.“

„Nun, wenn man sich mit Zündschnur auskennt und ein guter Artillerist oder Sprengmeister ist, dann bekommt man das hin.“ Slouch schlug die Beine übereinander und umfasste das obere Knie mit den Händen. „Außerdem kann man Bomben auch mit Uhrwerken zünden.“

„Himmel noch mal“, ächzte der General, „dann brauchen der oder die Saboteure ja nicht einmal in der Nähe zu sein, wenn die Bomben hochgehen.“

Matt schüttelte den Kopf. „Trotzdem haben wir Chancen, sie zu erwischen, Sir. Gleichgültig in welcher Verkleidung sie sich auch verstecken mögen, als Zivilist oder Händler, so brauchen sie dennoch ein Versteck für ihr Mordwerkzeug. Und nach der Anzahl von Bomben, die ja in der letzten Zeit explodierten, handelt es sich um nicht unbeträchtliche Mengen an Pulver oder Dynamit oder was auch immer die Burschen besitzen. Zudem benötigen sie Material und Werkzeuge, um ihre Höllenmaschinen zu bauen. Selbst wenn die Dinger fertig sind, so müssen sie irgendwo aufbewahrt werden, bis man sie braucht.“

„Hören Sie, Colonel, das wissen wir ebenfalls und wir haben intensiv gesucht, das können Sie mir ruhig glauben.“ In der Stimme von Henry Slouch schwang eine Spur von Unwillen mit. „Wir haben, so gut es eben ging, jedes Zelt, jede Hütte, jedes Haus und jedes Fuhrwerk nach dem Zeug abgesucht und nichts entdeckt.“

„Und wenn sich die Saboteure aus unseren Beständen bedienen?“, fragte Matt.

Slouch leckte sich über die Lippen und zuckte dann mit den Schultern. „Hm, wäre natürlich möglich. Die Bestände der Armee können wir nur schwer überprüfen, ohne unsere wahre Identität preiszugeben. Selbst wenn es uns möglich wäre … Es werden jede Menge Sprengungen vorgenommen. Schaffen offener Feuerzonen, Ausheben von Schützengräben bei felsigem Grund und dergleichen. Sie wissen sicher besser als ich, für was die Armee die Sprengmittel alles einsetzt.“

„Dennoch, Gentlemen, lohnt es sich vielleicht, ein Augenmerk auf die Depots und deren Bestände zu richten“, sprach Grant in versöhnlichem Tonfall, um die aufkeimende Feindseligkeit zu dämpfen. „Vielleicht stoßen Sie ja auf ein Depot oder Magazin, in dem man viel Sprengmittel verbraucht hat, obwohl eigentlich nur sehr wenig benötigt wurde. Wenn Sie auf deutliche Fehlbestände stoßen, so kann das die entscheidende Spur sein, die uns zu den Leuten führt, die das Zeug für ihre Zwecke missbrauchen.“

Slouch stieß ein leises Schnauben aus, nickte dann aber. „Möglich, Sir. Wir können es uns nicht erlauben, das nicht zu berücksichtigen. Hm, bei der Gelegenheit fällt mir Camp Albert ein.“

Grant hob eine Augenbraue. „Camp Albert?“

„Ein Nachschubdepot am Chickahominy River, Sir“ assistierte Captain Lorring. Der Adjutant des Generals hatte bislang geschwiegen, aber aufmerksam zugehört. „Das Depot versorgt die Armeeeinheiten der Generäle Burnside, Warren und Hancock. Liegt ungefähr acht Meilen hinter der Front, an der White House Station der Richmond & York River Rail Road. Da werden eine Menge Material und Truppen umgeschlagen, Sir.“

„Verstehe“, murmelte Grant. „Da fällt es vielleicht nicht sonderlich auf, wenn ein paar Kisten verloren gehen, nicht wahr?“

„Ziemlich vage, Sir“, wandte Matt ein.

Slouch griente breit. „Nichts außer Acht lassen, Colonel. Zugegeben, Camp Albert ist keine greifbare Spur. Bestenfalls ein Verdacht. Aber es könnte zu einer Spur werden.“

„Mister Slouch wird sich in Camp Albert nach verdächtigen Männern umsehen“, meinte Grant entschieden und deutete dann auf Matt. „Und Sie, Colonel, überprüfen die dortigen Bestände auf ungewöhnlichen Schwund.“

„Ich, Sir?“

„Selbstverständlich Sie, Matt. Sie sind genau der richtige Mann. Jeder weiß, dass Sie im Augenblick die Wache des Hauptquartiers befehligen. Da ist es durchaus glaubwürdig, wenn ich Sie mit einem Sonderauftrag nach Albert schicke. Sie können ja einfach behaupten, Sie sollen für mich die Bestände feststellen und dann andeuten, dass es um die Planung meiner Offensive geht. Das wiederum macht es glaubwürdig, wenn Sie dabei auf größte Geheimhaltung drängen.“

Grant lachte vergnügt auf und prostete Matt und Slouch zu. „Gentlemen, diese geheimnisvollen Explosionen liegen mir und unseren Leuten schwer im Magen. Je eher wir die Verursacher schnappen, desto besser. Nehmen Sie sich ein paar vertrauenswürdige Leute und reiten Sie schnellstens los. Auf gutes Gelingen, Gentlemen.“

Sie waren entlassen. Seite an Seite verließen sie das Hauptquartier, um die Befehle von Grant auszuführen.

Kapitel 3 Tod in der Nacht

Unions-Depot Camp Albert am Chickahominy River, acht Meilen hinter der Front.

Vor einer guten Woche waren sie in Camp Albert eingetroffen.

Lieutenant-Colonel Matt Dunhill und das erste Platoon der „C“-Kompanie seines Regiments hatten das große Camp und Versorgungsdepot bewusst drei Tage nach Henry Slouch und dessen Gruppe von Pinkerton-Agenten erreicht. Während Matt sich mit den Beständen des Depots befasste und gelegentlich scheinbar unbedachte Äußerungen fallen ließ, die auf eine nahende Offensive hindeuteten, trat Slouch mit seiner Gruppe als Händler auf, wie sie zu Dutzenden in den großen Lagern zu finden waren und bei denen die Soldaten jene Dinge erwerben konnten, die ihnen die Freizeit zu gestalten verhalfen.

Wie üblich gehörten Würfel und vor allem Kartenspiele zu den begehrtesten Artikeln. Sie wurden immer gebraucht. Die Soldaten frönten dem Glücksspiel und wenn eine Schlacht bevorstand, wurden sie sich bewusst, dass sie fallen konnten und man ihre Habseligkeiten dann nach Hause schicken würde. Doch was sollten Frau, Kinder und Verwandte von ihnen denken, wenn man Utensilien entdeckte, die auf eine wenig christliche Freizeitgestaltung hinwiesen? Nein, vor der Schlacht warf man solche Dinge besser fort. Die Lieben daheim sollten schließlich ein gutes Andenken bewahren. Würfel und Karten konnte man nach der Schlacht für kleines Geld neu erwerben.

Matt Dunhill musste anerkennen, dass die Pinkertons eine gute Tarnung gewählt hatten. Sie verstanden sich auf die verschiedensten Arten von Spielen und hatten Karten mit vielfachen Motiven im Angebot. Das öffnete ihnen Tür und Tor zu fast allen Bereichen des Lagers und sie kamen ins Gespräch mit den Soldaten.

Für Matt und seine Männer war das weitaus schwieriger. Ihre Fragen bezüglich der Vorräte an Sprengmitteln konnten sehr leicht Misstrauen oder Unruhe hervorrufen, denn die geheimnisvollen nächtlichen Explosionen beunruhigten die meisten Unionssoldaten.

Seit der Ankunft von Matt waren zweimal nächtliche Detonationen zu hören gewesen und es gab mündliche Berichte aus anderen Lagern. Camp Albert schien jedoch verschont zu bleiben.

Der Umstand, keinerlei eindeutige Informationen oder wenigstens vage Hinweise finden zu können, ließ Matt am Sinn des Aufenthaltes im Camp zweifeln. Daher vereinbarte er für diese Nacht ein erstes geheimes Treffen mit Slouch.

Es war eine sternenklare Nacht und dennoch schien ein Gewitter in der Luft zu liegen. Doch das ferne Blitzen und Donnergrollen kam von vereinzeltem Artilleriefeuer. Meist waren es Geschütze der Union. Im Grunde schoss man nicht, um dem Gegner Verluste zuzufügen, sondern um ihm die Nachtruhe zu rauben. Matt Dunhill hatte jedoch die Erfahrung gemacht, dass man sich überraschend schnell an eine solche Geräuschkulisse gewöhnte.

Mit Einbruch der Dunkelheit war Camp Albert beleuchtet worden. Man befand sich außerhalb der Reichweite der Geschütze der Konföderierten und das Licht sollte helfen, das Herumschleichen von Saboteuren zu erkennen. Jeder Soldat hatte von den unheimlichen nächtlichen Bombenanschlägen gehört. Die fieberhafte Suche nach Agenten der Rebellen säte zunehmend Misstrauen. Die Wachen waren angespannt und gelegentlich wurden die Camps der Union von Schüssen aufgeschreckt, die ein nervöser Posten abgab.

Während man früher überwiegend das Licht der Sterne genutzt hatte, um die Latrinen aufzusuchen, tat man inzwischen gut daran, trotz der „Festbeleuchtung“ des Camps eine der üblichen Kerzenlaternen mitzuführen. Wer im Dunklen durch die Nacht schlich, der riskierte den Warnruf eines Postens und einen Schuss, und das nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.