Reif genug für einen Mord - Erwin Sittig - E-Book

Reif genug für einen Mord E-Book

Erwin Sittig

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  • Herausgeber: tredition
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2023
Beschreibung

Ein Mord an einem 10-jährigem Mädchen, der auf einer Waldlichtung inszeniert wird, stellt die Ermittler, wegen der spärlichen Spurenlage, vor Probleme. Der Verdacht eines Sexualverbrechens erhärtet sich nicht, obwohl viele Hinweise in diese Richtung deuten. Dann geschieht ein zweiter Mord an einem Mädchen in gleichem Alter. Die Parallelen zum ersten Fall deuten auf Mobbing. Dennoch scheint ein Missbrauch immer wieder wahrscheinlich, der nicht zum Äußersten ging. Es ist erschreckend, wie viele Personen sich verdächtig machen. Wird ein weiterer Mord geschehen?

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Seitenzahl: 262

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Über den Autor

Der 1953 in Güstrow geborene Autor lebt heute mit seiner Frau in Ludwigsfelde. Sein Studium an der TU Dresden schloss er 1977 als Dipl.-Ing. für Informationstechnik ab.

Neben seiner Arbeit widmete er sich dem Schreiben und der Fotografie. Mit Erreichen des Rentenalters arbeitete er sein Lebenswerk auf und begann mit der Veröffentlichung seiner Bücher.

Es macht ihm Spaß, sich in allen Bereichen der Belletristik auszutoben. So schrieb er neben Kinder- und Jugendbüchern auch Kriminalromane, Abenteuerromane und Fantasygeschichten.

Bei einigen Büchern gestaltete er sein Cover selbst.

Näheres unter https://erwinsittig.de/

Glück wird erst begreifbar, wenn man das Unglück erlebt hat.

Erwin Sittig

Erwin Sittig

Reif genug für einen Mord

Kriminalroman

© 2024 Erwin Sittig

https://erwinsittig.de

ISBN Softcover:

978-3-384-06190-4

ISBN Hardcover:

978-3-384-06191-1

ISBN E-Book:

978-3-384-06192-8

Covergestaltung: Erwin Sittig

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Reif genug für einen Mord

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Reif genug für einen Mord

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Reif genug für einen Mord

1

Es war ein ungewöhnlich schöner Tag. Die Sonne strahlte unaufdringlich, ein laues Lüftchen wehte und der Duft des Waldes sorgte für eine wohltuende Atmosphäre. Die Tiere genossen diesen Frieden und strichen entspannt durch die Natur. Mitten auf der Lichtung des Waldes, die sich in sattem Grün vor ihnen erstreckte, lag ein zierliches kleines Mädchen. Es war nichts, was sie beeinträchtigte oder gar störte. Das Leben lief in normalen Bahnen weiter.

Stunden später wurde diese Ruhe durch hektisches Treiben abgelöst. Menschen füllten die Lichtung und befestigten ein Absperrband an den in den Boden getriebenen Stangen. Das Bild, das sich ihnen geboten hatte, hätte idyllischer kaum sein können. Die langen schwarzen Haare des Mädchens waren sorgfältig ausgebreitet, so dass das Gesicht wie von einem Fächer eingerahmt wurde. Auch das Kleid war exakt fächerartig ausgerichtet. Ihre Gesichtszüge waren ebenmäßig und entspannt, die Augen geschlossen. Sie war dezent geschminkt.

Alle Anwesenden dachten unabhängig voneinander an Schneewittchen, das hier von den Zwergen aufgebahrt worden war. Doch dieser Mord hatte nichts Märchenhaftes. Die Würgemale am Hals rückten diesen Anblick ins richtige Licht. Während der rechte Arm ausgestreckt neben dem Körper ruhte, lag der Linke auf ihrer Brust.

In der Hand hielt sie einen Spiegel, auf dem mit Lippenstift ein Smiley gemalt worden war, der sie mit herabgezogenen Mundwinkeln zu verspotten schien.

Kriminalhauptkommissarin Leni Laurenzi stand mit ihrem Kollegen Henk Kuffner fassungslos vor diesem unschuldigen Mädchen, das ihr ganzes Leben noch vor sich sähe, wenn es nicht ein gewissenloser Mörder anders gewollt hätte. Die Spurensicherung wirbelte emsig herum, bemüht, nichts zu übersehen, das sie zum Täter oder der Täterin führen könnte. Doch in stiller Übereinkunft traute diese Tat niemand einer Frau zu. Die Kleine war circa 11 Jahre alt. Sie war eine Schönheit, wirkte beinahe wie eine Puppe.

In dem beschaulichen Städtchen, in der Schorfheide, blieb man weitestgehend von Gewaltverbrechen verschont. Eigentumsdelikte, Betrug, Unfälle, gelegentliche Randale, Lärmbelästigung, mal ein Selbstmord, das war es schon fast. Leni Laurenzi musste schon tief in ihr Gedächtnis hinabsteigen, um sich an den letzten Mord zu erinnern.

„Wenn die Obduktion nichts anderes hervorbringt, können Sie davon ausgehen, dass das Kind erwürgt worden ist“, erklärte die Mitarbeiterin im atmungsaktiven Schutzanzug aus Tyvek.

Selbst ein Laie hätte diese Diagnose stellen können, da die Druckstellen am Hals unübersehbar waren.

„Keine Spuren sexueller Gewalt“, ergänzte die Mitarbeiterin.

Es war typisch, dass man bei einer Kinderleiche immer zuerst einen Missbrauchsfall vermutete. Wohin hatten uns die gesellschaftlichen Veränderungen der Neuzeit getrieben? Die Praktiken vieler Medien lebten von sexuellen Reizen, die vermutlich oft genug eine Wunschspirale in Gang setzten und mit Sicherheit so manchen Täter hervorbrachten. Leni war froh, dass diesem Mädchen eine Vergewaltigung erspart geblieben war, obwohl sie dem Tod dennoch nicht entkam.

„Eine Tat im Affekt? Haben Sie unter den Fingernägeln Abwehrspuren gefunden?“

„Nein. Es scheint sehr schnell gegangen zu sein. Darum tippe ich auf einen Mann, der mit aller Entschlossenheit vorgegangen ist.“

Leni schaute zu ihrem Kollegen Henk hinüber. Die Sorte Mann, denen man Gefühle noch ansehen konnte.

„Wieso verhöhnt der Täter sein Opfer? Eine Tat im Affekt ist da vermutlich auszuschließen“, überlegte Henk laut.

„Wie viel Hass muss in dem Täter schlummern, wenn er so ein Ritual durchführt“, entgegnete Leni, ohne auf seine Überlegung einzugehen.

„Du denkst, dass er es schon mal getan hat?“

„Keine Ahnung. Wir sollten aber unsere Datenbanken deutschlandweit nach vergleichbaren Fällen durchstöbern. Ich habe kein gutes Gefühl.“

Lenis sorgenvolles Gesicht brachte ihre herben Züge noch stärker zur Geltung. Obwohl sie schon 44 Jahre zählte, stylte sie ihr glattes schwarzes Haar stets mit Gel auf. Es unterstrich ihr italienisches Flair, das schon durch ihren Nachnamen heraufbeschworen wurde. Henk hob sich stark von ihr ab. Ungefähr 10 Jahre jünger, die Seiten fast kahlrasiert und ein blonder Teppich auf dem Haupt. Sein Körper war durchtrainiert, was seine lockere Kleidung nicht kaschieren konnte.

Obwohl er oft den Eindruck eines knallharten Polizisten erweckte, war er innerlich butterweich. Leni meinte sogar bei ihm zurückgedrängte Tränen entdeckt zu haben, als er das Opfer betrachtet hatte.

„Finden wir erst mal heraus, wer die Kleine ist. Vielleicht gibt es Ungereimtheiten in ihrem Umfeld. Habt ihr eigentlich Reifenspuren oder Fußabdrücke gefunden?“

„Es ist ein vielbefahrener Forstweg. Vermutlich sind die Spuren bereits von neueren überdeckt worden. Das Gras und Moos hat sich bereits wieder aufgerichtet. Der Täter hat genau darauf geachtet, keine Sandflächen zu betreten. Doch ein, zwei Vertiefungen, ohne Profil, hat er hinterlassen. Tippe auf Schuhgröße 43. Der Hund führte uns nur bis zum Parkplatz.“

„Eine Allerweltsgröße. Hoffen wir, dass er an anderer Stelle unvorsichtiger war.“

„Denkst du, dass es wegen des Lippenstifts auf dem Spiegel eine Frau gewesen sein kann? Auch Frauen leben manchmal auf großem Fuß“, warf Henk ein.

„Es reicht auch, eine zu haben. Hat er den Mord langfristig geplant, könnte er sich sogar einen gekauft haben?“

„Du meinst für weitere Morde.“

„Beschreie es nicht.“

Sie schaute nochmals auf das Mädchen. Ihre Augen verengten sich und bildeten eine tiefe Stirnfalte aus. ‚Warum hatte sich der Täter die Mühe gemacht, sie auf der Lichtung wie eine Dekoration zu präsentieren? Unwahrscheinlich, dass er sie in den Wald gelockt hatte, ging es ihr durch den Kopf.

2

Der Fernseher lief. Elsa und Heinz Oswald wurden hellhörig, als man vom Mord an der kleinen Carina Möwius berichtete. Sie war im gleichen Alter, wie ihre Tochter Olivia. Instinktiv verbanden sie deren Schicksal mit einer Bedrohung für ihr Kind. Der Mord geschah in ihrer Stadt. Solange der Täter nicht gefasst war, schalteten sie auf höchste Alarmstufe.

„Olivia! Kommst du mal bitte?“, rief die Mutter in den Raum.

„Was ist? Ich mache gerade Schularbeiten.“

„Komm bitte. Es ist wichtig.“

Langsam schlenderte Olivia ins Wohnzimmer.

„Ein Mädchen ist ermordet worden. Sie ist aus unserer Stadt. Kennst du sie?“

Sie schaute sich interessiert den Bericht an, der das Bild der toten Carina permanent in der oberen Ecke des Bildschirms zeigte. Man bat um Hinweise, wer das Mädchen wann zuletzt mit wem und wo gesehen hätte.

„Sie ist nicht von unserer Schule. Aber ich habe sie schon mal gesehen, bei einem Sportfest.“

„War sie sehr sportlich?“

„Sie ist mir nicht durch sportliche Aktivitäten aufgefallen. Ist eher so eine eingebildete affektierte Zicke, die lieber tratschend mit ihrer Clique herumstand.“

„Das Kind soll erst 11 sein.“

„Na und? Manche fangen schon mit 7 an, von Germany‘s Next Topmodel zu schwärmen. Und so benehmen sie sich auch.“

„Nicht zu fassen. Die sollten sich lieber auf ihren Arsch setzen und was lernen“, empörte sich der Vater.

„Kann ich wieder gehen?“

„Sieh dich vor, Olivia. Der Kerl läuft immer noch frei herum. Steige zu keinem …“

„Jaaaa, ich weiß“, maulte Olivia gelangweilt.

„Steige zu keinem ins Auto, schreie um Hilfe, wenn dir jemand zu nahe kommt, laufe weg, wenn du bei Menschen ein schlechtes Gefühl hast, blablabla. Ich kann es schon singen.“

„Nimm es nicht auf die leichte Schulter. Die Welt ist krank. Als wenn es nur noch Perverse gäbe.“

„Ja, Mutti. Aber sie wurde nicht vergewaltigt.“

„Egal. Aber sie ist tot. Papa bringt dich ab morgen zur Schule.“

Olivia verdrehte die Augen und sah ihre Mutter empört an.

„Soll er auch neben mir auf der Schulbank sitzen?“

„Sei nicht albern. Wir wollen dich schließlich noch eine Weile behalten.“

„Er kann nicht ständig bei mir sein. Also lasst es. Ob sie von der Schule aus entführt wurde, ist überhaupt nicht sicher.“

Olivia schweifte mit den Gedanken ab. Sie hatte sich sehr gut an Carina erinnern können. Wo sie auftrat, stand sie immer schnell im Mittelpunkt und wurde nicht nur von den Jungs angehimmelt. Das Leben hatte sie mit einer Schönheit beschenkt, die die Mitmenschen dahinschmelzen ließ. Es machte ihr vieles leichter, weil sie nachsichtiger behandelt wurde. Manchmal hatte sich Olivia gewünscht, dass sie ein wenig von dieser Schönheit abbekommen hätte.

Sie war zwar nicht hässlich, aber etwas kantig. Wenn sie ihrem Vater gegenüber erwähnte, dass sie gern auch so schön wäre, sobald ein paar Models über den Bildschirm wackelten, wiegelte er ab. Das sei alles nur Schminke und Frisur.

„Du würdest dich wundern, wie die nackt unter der Dusche aussehen. Außerdem wirst du mal viel schöner als die. Es gibt genug Beispiele, wo besonders hübsche Kinder im Alter hässlich werden und umgekehrt. Außerdem hast du eine innere Schönheit, die nach außen strahlt. Das ist viel mehr wert.“

3

Erwartungsgemäß hatten die Datenbanken keine vergleichbaren Fälle ausgespuckt. Henk war die Erleichterung anzusehen, dass sie den Kampf offenbar doch nicht mit einem Serienmörder aufnehmen mussten. Dennoch wollten Sie den Fall schnellstmöglich aufklären. Auszuschließen war es nicht, dass weitere Opfer folgen würden. Darum hatten sie sich entschieden, unverzüglich die Medien einzuschalten, obwohl ihr Chef jetzt noch keinen Medienrummel wollte. Letztendlich hatte er klein beigegeben, nachdem sie ihm immer wieder die Fotos des toten Mädchens unter die Nase gehalten hatten. Da die Familie ohnehin kontaktiert werden musste, beschlossen sie, ihr gleich am nächsten Morgen einen Besuch abzustatten. Entsetzt registrierten sie, dass ein übereifriger Mitarbeiter bereits am Abend zuvor die Meldungen an die Medien herausgegeben hatte.

Darum überraschte es sie nicht, dass sie eine total verheulte Mutter vorfanden, die sie wortlos einließ. Bisher hatten sie nur herausgefunden, dass Carina zwischen Freitag und Sonnabend Mittag ermordet worden war. Nachdem sie ihr Beileid ausgedrückt hatten, entschuldigten sie sich, dass sie den Tod ihrer Tochter aus den Medien erfahren mussten.

„Ist schon okay“, sagte der Vater. „Sie werden genug damit zu tun haben, den Täter zu finden.“

„Ihre Tochter vermissen Sie seit wann?“

„Sie ist Freitag Abend nicht heimgekommen“, sagte die Mutter, während sie sich erneut schnäuzte.

„Wieso haben sie Carina erst am Sonntag Nachmittag vermisst gemeldet?“

„Zunächst dachten wir, sie übernachtet bei einer Freundin, wie sie es manchmal zu tun pflegt“, erklärte Matthias Möwius.

„Als sie am nächsten Tag immer noch nicht kam, riefen wir alle Freunde und Bekannte an. Erst als das nichts brachte, informierten wir die Polizei.“

„Hat ihre Tochter so viel Freiheiten, dass sie ohne Erlaubnis bei ihren Freundinnen übernachten darf? Haben Sie als Vater da keinerlei Bedenken?“

„Er ist nicht ihr Vater“, mischte sich die Mutter ein. „Ich habe bei der Heirat seinen Namen angenommen. Aber nein, wir vertrauten ihr. Wir dachten, sie hätte es nur vergessen.“

Unsicher sah sie ihren Mann an. Der wirkte jedoch recht gelassen.

„Könnten wir mal das Zimmer Ihrer Tochter ansehen?“

„Selbstverständlich. Sie war ein sehr ordentliches Mädchen und hat immer auf ihr Äußeres geachtet.“

Als sie das Zimmer betraten, schien die Mutter vergessen zu haben, dass es ihre Tochter nicht mehr gab. Sie schwärmte, wie schön Carina doch sei, und führte die Kommissare zu einem großen gerahmten Foto. Auf diesem war Carina wie ein Model aufgestylt. Die Haare waren onduliert. Haarreif, Kette und riesige Ohrringe schmückten das Mädchen. Das aufwändige Make-up ließ vermuten, dass es von einer Kosmetikerin ausgeführt worden war, bevor sie den Weg zum Fotografen antraten.

„Ist sie nicht wunderschön?“, schwärmte die Mutter. „Sie hat noch eine große Karriere vor sich. Sie möchte mal …“ Da erst fiel ihr ein, dass ihre Tochter nicht mehr am Leben war. Ein neuer Heulkrampf schüttelte sie. Leni führte sie zu einem Stuhl, bevor sie sich weiter umsahen. Bilder von verschiedenen, erfolgreichen Models, hatte sie an die Wand gepinnt. Vermutlich aus Zeitschriften ausgeschnitten. Sie besaß einen richtigen Schminktisch mit allerlei Beautyprodukten. Dagegen wirkte ihr Schreibtisch kümmerlich. Das Zimmer war jedoch, wie angekündigt, vorbildlich aufgeräumt.

Sie gingen wieder hinunter, wo sich der Vater inzwischen den Fernseher angestellt hatte. Er schaute Sport. Leni spürte, wie es in Henk zu kochen begann. Sie wunderte sich, dass ihn der Fall so mitnahm. Er hatte keine Kinder.

„Das geht Ihnen völlig am Arsch vorbei, dass Ihre Tochter ermordet wurde, oder?“, blaffte er Matthias Möwius an.

„Stieftochter“, korrigierte er gelangweilt und sah nur kurz zu Henk auf.

„Sie ist tot. Meinen Sie, sie wird wieder lebendig, wenn ich hier Trübsal blase?“

„Wie fanden Sie Ihre Stieftochter?“

„War ganz cool. Ein Sahneschnittchen. Die wusste, was sie wollte. Hätte sie gern als Model erlebt.“

„Das war ihr großes Ziel, Model zu werden?“, nahm Leni den Ball auf und wandte sich der Mutter zu.

„Sie wäre ein außergewöhnliches Model geworden. So ungewöhnlich schön, so elegant, wie sie sich bewegen konnte. Schade, dass es bei uns nicht solche Wettbewerbe für Kinder gibt, wie in Amerika.“

Verträumt sah sie zum Fenster, als könne sie in eine Zukunft sehen, die es nun nicht mehr geben würde.

„Und wie waren die schulischen Leistungen? War sie da auch so außergewöhnlich?“

„Sie kam zurecht. Dort wo sie hinwollte, muss man kein Mathegenie sein.“

„Ihre Freundinnen ticken genauso?“

„Natürlich träumen sie auch von einer Modelkarriere, haben aber sehr schnell gemerkt, dass sie Carina nicht das Wasser reichen können.“

„Gab es Neider?“

„Ich würde sie eher Bewunderer nennen.“

„Wer bewunderte sie denn so?“

„Na, ihre Freundinnen und die anderen Mädchen. Auch ein Lehrer war von ihr sehr angetan. Sie erzählte sehr viel von ihm.“

„Hört sich so an, als hätte sie ihn bewundert. Wer war es?“

„Der das Computerkabinett betreut, ich glaube, Elias hieß er.“

„Sie nannte ihn beim Vornamen?“

„Ja, wie Kinder halt so sind, wenn sie für jemanden schwärmen und ein positives Feedback bekommen.“

„Lief da etwas zwischen den beiden?“

„Was reden Sie denn da? Carina war erst 11 Jahre alt.“

„Sieht aber schon viel älter aus. Wie war es mit Jungs? Hatte sie einen festen Freund?“

Sofort fing sie wieder an, in Erinnerungen zu schwelgen, und schien erneut den Tod ihrer Tochter vergessen zu haben.

„Leonardo. Ein wunderbarer Junge. Ist eine richtige Sportskanone. Passte auch optisch wunderbar zu unserer Prinzessin. Sie wären später ein schönes Paar geworden. Seine Eltern sind Ärzte. Haben eine Prachtvilla, von der wir nur träumen können. Sie mochten unsere Carina auch.“

„War sie oft dort?“

„Sie machte bei Leonardo gern ihre Schularbeiten. Die Beziehung tat ihr gut. Seitdem ist sie richtig aufgeblüht. Er ist schon dreizehn Jahre alt. Es war nicht nur sein Wissen, das ihre Entwicklung voranbrachte.“

„Haben Sie mal die Adresse für uns?“

„Was möchten Sie von den Hansens?“

Irritiert schaute sie zu Leni auf.

„Er wird uns sicher mehr zu Carina sagen können. Ihre Bekanntschaften, ihre Vorlieben, auffällige Personen in ihrer Nähe.“

„Aber natürlich.“

Sie schrieb ihnen die Adresse von Helena und Enrico Hansen auf einen Zettel.

„Finden Sie den Mörder unserer Tochter“, forderte Gudrun Möwius eindringlich, während Sie die Kommissare hinausbegleitete.

„Er soll dafür bezahlen!“

„Es hörte sich so an, als erwartet sie vom Mörder eine finanzielle Entschädigung für die entgangene Karriere ihrer Tochter“, lästerte Henk, als sie zum Wagen gingen.

„Dieser Junge, Leonardo. Meinst du, er wollte mehr von dem Mädchen, als in dem Alter üblich ist?“

„Wenn er auch so ein verkorkstes Weltbild implantiert bekommen hat, wäre es schon denkbar. Als angebliche Sportskanone hätte er sicherlich auch die Kraft besessen, die Tat auszuführen, besonders wenn er wütend war, weil sie sich ihm nicht fügte.“

„Na komm, Henk. Das ist nun doch etwas weit hergeholt. Aber das Elternhaus sollten wir unbedingt unter die Lupe nehmen.“

4

Immer wieder lief Gisela Zubert vor ihrem kleinen Haus im Wald auf und ab. Sie schaute unruhig in alle Richtungen, ob sich dort irgendetwas bewegen würde. Paul wollte längst zurück sein. Nicht auszudenken, wenn er eines Tages ausbliebe. Was sollte sie dann tun? Mit ihren 21 Jahren hatte sie sich die Angst bewahrt, die sie schon ein halbes Leben mit sich herumschleppte. Jeden Tag kroch sie weiter mit ihrem Schatten auf sie zu. Sie war sich sicher, dass sie sie auffressen würde, wenn ihr Schatten über sie käme. Noch hatte sie Paul, der wie ein leuchtender Stern diese Gefahr hinwegfegte, sobald er erschien. Bereits mit 12 war sie in diese Waldhütte gezogen. Seitdem war Paul der einzige Mensch, der ihr Leben teilte und es angenehmer machte. Er las ihr jeden Wunsch von den Augen ab und erfüllte ihn, soweit es ihm möglich war. Sie verfluchte diesen Tag, als sie gezwungener Maßen dieses Haus beziehen musste, da ihre Eltern in Gefahr gerieten. Sie hatten einen Mord im Clanmilieu beobachtet und konnten im letzten Moment fliehen. Nach ihrer Aussage reagierte die Polizei schnell. Sie kamen ins Zeugenschutzprogramm und wurden unter neuer Identität ins Ausland geschafft. Auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern sollte für ihr Kind ein gesonderter Zufluchtsort gefunden werden. Sie fürchteten, dass man auch Gisela töten würde, falls man sie aufspürte. Andererseits waren sie, durch die Existenz ihres Kindes, auch erpressbar. Darum konnte die Sicherheitsstufe immer noch nicht heruntergefahren werden. Die Polizei registrierte weiterhin Bemühungen des Clans, sie zu finden. Paul hatte ihr alles ganz genau erklärt. Er hatte diese Hütte im Wald ausgebaut, die die Polizei nun als sogenanntes Safehouse nutzte. Sie befand sich in einem der größten zusammenhängenden Waldgebiete. In welchem Land es lag, durfte er ihr nicht sagen. Ihr Vorteil war, dass in unmittelbarer Nähe auch ein Wolfsrudel ansässig war, was die Wahrscheinlichkeit verringerte, dass Menschen hier zufällig vorbeikamen. Regelmäßig hörte sie das Geheule des Rudels und wagte sich nie weiter vor, als 20 bis 30 Meter vors Haus. Fernsehen, Radio, Telefon und Internet gab es für sie nicht. Das Risiko wäre zu groß, über diese Kanäle gefunden zu werden. Es gab genug Fälle, wo kleine Unachtsamkeiten die Gegner zum Opfer geführt hatten. Stattdessen brachte er ihr jede DVD mit, die sie sich wünschte, egal ob Musik oder Film. Gelegentlich ließ er sie, unter seiner Aufsicht, in seinem besonders abgeschirmten Netz danach suchen. Sie hatte genug Thriller über Zeugenschutzprogramme gesehen, die ihr Paul in seinen Lehrstunden vorführte. Er hatte sogar ihre Ausbildung übernommen. Dementsprechend viele Bücher zierten ihr kleines Heim. Ob Deutsch, Geschichte, Mathematik, Physik oder die englische Sprache. Gisela war bestens gerüstet, falls es mal wieder in die Freiheit ginge.

Wenn sie merkte, dass sich etwas Ungewöhnliches näherte, hatte sie das Haus abzuschließen und unter einer Kellerluke zu verschwinden, an deren Klappe der Teppich befestigt war, der ihr Versteck überdeckte. Paul spürte, dass sie unter der Einsamkeit litt. Einmal im Jahr verkleideten sich beide so professionell, dass sie jedes Mal lachen musste, weil sie sich bei aller Mühe, die sie sich gab, nicht wiedererkannte. Das waren die Tage, an denen er ihr ein Unterhaltungsprogramm vom Feinsten bot. Sie besuchten einen Vergnügungspark oder eine besondere Sehenswürdigkeit, die er ihr zuvor in Dokumentationen gezeigt hatte. Allerdings betäubte er sie, sobald sie losfuhren und bei der Rückfahrt ebenfalls. Je weniger sie wusste, umso sicherer waren sie. Das sah sie ein und fügte sich in ihr Schicksal, nur um ihre Eltern nicht zu gefährden. Darum waren auch Fotos von ihnen verboten. Er war jetzt ihre Familie, bis das Problem beseitigt wäre.

Endlich näherte sich ein Fahrzeug. Paul gab schon von weitem ein Signal mit der Lichthupe, damit sie sich nicht verstecken musste. Sie konnte sich nur an zwei Vorfälle erinnern, dass sie mal jemanden wahrnahm, der sich ihrer Hütte näherte. Doch sie hatten Glück. Es war nur der Revierförster.

Freudig lief sie ihm entgegen. Als Paul ausgestiegen war, fiel sie ihm um den Hals und drückte ihn innig.

„Ist ja gut. Du zerquetscht mich ja, Schatz.“

„Hast du mir etwas mitgebracht?“

„Na klar. Brot, Butter, Kartoffeln …“

„Hör auf. Du weißt, was ich meine“, sagte sie lachend.

Er kramte in einer der Einkaufstaschen, zog eine DVD hervor und drehte sie vielsagend. Sie hüpfte vor Freude wie ein Kind auf der Stelle und küsste ihn auf die Wange. Sie packten gemeinsam aus. Paul arbeitete noch etwas an seinem Laptop, zu dem sie keinen Zugang hatte, ja nicht einmal in seine Nähe durfte und Gisela setzte sich vors Haus und las ein Buch. An die Stille und die wenigen Geräusche des Waldes hatte sie sich gewöhnt. Inzwischen liebte sie diese Momente.

Nach ein paar Stunden setzte er sich zu ihr.

„Sag mal, Gisi“, er mochte das harte Wort Gisela nicht, das so gar nicht zu diesem liebevollen Menschen passen wollte. Darum bevorzugte er die Koseform.

„Was hältst du davon, wenn wir ein Kind bei uns aufnehmen. Mein Kontaktmann fragt an. Sie ist ebenfalls im Zeugenschutzprogramm. Unser Safehouse hat sich bewährt, wie keines bisher. Nicht die geringste Spur, die zu uns führt. Darum haben sie gleich an uns gedacht. Wäre es nicht schön, wenn wir eine kleine Tochter bei uns hätten?“

Sie wurde traurig.

„Wie klein.“

„Sie ist jünger, als du es damals warst. 9 oder 10, denke ich.“

„Das arme Kind. Es ist schlimm, wenn man mit keinen anderen Kindern spielen kann. Gibt es keine andere Lösung, wo sie unter Menschen ist?“

Noch nie hatte er seine Gisi so bewegt darüber sprechen hören. Sie hatte immer alles geduldig ertragen. War sie doch nicht glücklich bei ihm?

„Die Gangster sind sehr brutal. Auch ihre Eltern wollen die größtmögliche Sicherheit für ihre Tochter. Und die bietet nun mal unser kleines Häuschen. Vielleicht hat sie Glück und muss nicht so lange bei uns bleiben, wie du. Aber in dieser Zeit hättest du Gesellschaft, könntest dich unterhalten, von Frau zu Frau. Und ein bisschen wird es auch sein, als hätten wir ein eigenes Kind. Wir würden ihm unsere ganze Liebe schenken. Was meinst du, Schatz?“

„Für mich wäre es himmlisch. Es gibt nichts, was ich mir sehnlicher wünsche. Mir tut nur die Kleine leid.“

„Also abgemacht? Kann ich zusagen?“

Sie rang immer noch mit sich. Er konnte es deutlich in ihrem Gesicht lesen. Die schwankenden Gefühle liefen wie Wellen über ihr zartes Antlitz, die nur er sehen konnte. Die dunkelblonde Kurzhaarfrisur, die sie sich selbst wählte, weil sie sehr pflegeleicht ist, verdeckte nichts von ihrer Schönheit und ihren Regungen. Ihre Hände, die rastlose Bewegungen miteinander ausführten, unterstützten den schweren Kampf um die Entscheidung.

„In Ordnung“, sagte sie schließlich und alles in ihr kam zur Ruhe.

„Bringe die Kleine zu uns. Ich will ihr eine gute Mutter sein.“

Am Abend legte Paul die neue DVD ein und sie schauten sie gemeinsam an, während sie sich an ihn kuschelte und ihm hin und wieder einen Kuss auf die Wange gab. Pauls Gesicht war etwas entstellt. Er schämte sich dafür. Anfangs hatte er versucht, die unschönen Stellen zu überschminken, damit sie seinen Anblick nicht ertragen muss. Beim Grad seiner Entstellung war dies allerdings nutzlos und nur eine Geste des guten Willens. Doch Gisela bat ihn, das zu lassen. Für sie sähe er auch so gut aus. Und wenn sie ihn streichelte und sie gelegentlich ein Küsschen auf die Wange spendierte, wurde er zum glücklichsten Menschen der Welt.

5

Da sie schon vor einer gefühlten Ewigkeit die Schulzeit hinter sich gebracht hatten, fühlten sie sich, als würden sie ein Museum aufsuchen.

Leni und Henk näherten sich der Schule, die Carina besucht hatte, mit gemischten Gefühlen. Was würde sie hier erwarten? Der Schulhof war wie leergefegt. Ein kleiner Mann, der wackelnd über den Hof ging, um für Ordnung zu sorgen, erweckte ihre Aufmerksamkeit. Er hatte scheinbar Schmerzen beim Laufen.

„Verzeihen Sie. Wir würden gern den Sportlehrer sprechen. Wissen Sie, wo wir ihn finden können?“

„Wo schon. Er ist im Unterricht. Was wollen Sie von ihm?“

Den Mann hatte eine gewisse Unruhe erfasst. Er musterte sie skeptisch.

Leni und Henk wiesen sich aus.

„Wir sind von der Kriminalpolizei und haben ein paar Fragen zum Mordfall, von dem Sie bestimmt schon gehört haben. Sie sind der Hausmeister?“

„Der bin ich. Und was hat der Mordfall mit Herrn Grebe zu tun? Der tut keiner Fliege was zuleide.“

„Wir haben ihn auch nicht beschuldigt. Mit wem müssten wir denn Ihrer Meinung nach reden? Mit Ihnen? Vor Ihnen müssen sich die Fliegen bestimmt fürchten.“

„Was wollen Sie mir unterstellen?“, rief er und trat nervös von einem Bein aufs andere.

„Nur, dass Sie hier den Dreck wegmachen, wie es sich für einen Hausmeister gehört“, entgegnete Henk. „Wie ist Ihr Name?“

Er wurde nun noch nervöser.

„Harald Luders. Mein Name ist Harald Luders. Was wollen Sie denn wissen?“

„Kannten Sie Carina Möwius näher?“

„Wie man eben die Kinder seiner Schule so kennt. Nur was man in den Pausen so mitbekommt.“

„Sie soll ja sehr beliebt gewesen sein. Mochten Sie das Mädchen auch?“

„Beliebt? Vielleicht bei ihren Gaken, mit denen sie sich umgab. Sie war ein Miststück. Keine Achtung vor niemanden. Nur wenn sie etwas wollte, kehrte sie das liebe Mädchen heraus.“

„Ist sie Ihnen auch zu nahe getreten?“

„Sie schauten mich stets abwertend an und machten dumme Sprüche über mich. Wahrscheinlich, weil ich nicht ihrem Schönheitsideal entspreche.“

„Worum ging es konkret?“

Er hatte sich während seiner Rede erregt, und auch jetzt wurde jedes Wort von hasserfüllten, angewiderten Gesichtszügen begleitet.

„Sie machten sich darüber lustig, dass ich so klein bin und wegen meines Hüftleidens immer ein Bein nachziehe. Dabei gaben sie sich nicht mal Mühe, leise zu sprechen. Ich sollte es hören und die anderen Kinder auch. Spacko haben sie immer gesagt.“

„Dann trauern Sie dem Mädchen vermutlich nicht nach.“ Seine Mine schaltete sofort um, als er erkannte, wie seine Worte auf die Kripobeamten gewirkt haben mussten. Sein Gesicht wurde milde, fast freundlich.

„Ich würde doch niemals einem Kind etwas Schlechtes wünschen. Sie sind eben so. Die Schuld sehe ich eher bei den Eltern. Achtung und Mitgefühl werden heute kaum noch vermittelt.“

„Und der Sportlehrer, Herr Grebe, machten sie sich über den auch lustig?“

„Was haben Sie denn immer mit Herrn Grebe? Fabian ist ein ganz feiner Mensch. Bei ihm haben sie sich eher eingeschleimt. Er sieht gut aus und hat eine sportliche Figur. So etwas mögen diese kleinen aufgemotzten Zicken.“

Ihm fiel nicht mal auf, dass er erneut zu seinen Hasstiraden zurückkehrte.

„Hat Herr Grebe die Nähe der Mädchen gesucht, da er so verehrt wurde?“

„Nein, wo denken Sie hin. Der Mann ist immer korrekt. Der hat sie immer auf Distanz gehalten.“

Er musste einen Narren an dem Mann gefressen haben, so wie er sich für ihn ins Zeug legte.

„War es denn nötig, sie auf Distanz zu halten? Wurden sie anzüglich?“

„Nein. So war das nicht“, sagte er nun fast verlegen.

„Ich sage am besten gar nichts mehr. Fragen Sie ihn selbst. In zehn Minuten ist Pause. Warten Sie vor der Turnhalle auf ihn.“

„Danke, Herr Luders. Gab es andere Lehrer, die ein Problem mit Carina hatten?“

„Ich habe schon zu viel gesagt. Schönen Tag noch.“ Er nahm seine Arbeit wieder auf, ohne sie weiter zu beachten.