Skull-Ranch 27 - Dan Roberts - E-Book

Skull-Ranch 27 E-Book

Dan Roberts

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Beschreibung

In Hotdog City ist der Teufel los! Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht in den Digger-Camps: Gold in den Schwarzen Bergen gefunden!
Doch die Goldadern sind Heiligtum der Kiowas. Und die Indianer werden bis zum letzten Blutstropfen kämpfen, ehe die Weißen das Gold an sich reißen können. Das wissen die Digger. Aber in den Abenteurern und Outlaws ist die Goldgier erwacht. Jeder will der erste sein, wenn die Claims im Indianerland vergeben werden. Und stellt sich ihnen einer in den Weg, fallen sie über ihn her wie ein Rudel hungriger Wölfe ...

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Seitenzahl: 146

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Digger-Fehde

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Faba/Bassols

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9729-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Digger-Fehde

von Dan Roberts

In Hotdog City ist der Teufel los! Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht in den Digger-Camps:Gold in den Schwarzen Bergen gefunden!

Doch die Goldadern sind ein Heiligtum der Kiowa. Und die Indianer werden bis zum letzten Blutstropfen kämpfen, ehe die Weißen das Gold an sich reißen können. Das wissen die Digger. Aber in den Abenteurern und Outlaws ist die Goldgier erwacht. Jeder will der Erste sein, wenn die Claims im Indianerland vergeben werden. Und stellt sich ihnen einer in den Weg, fallen sie über ihn her wie ein Rudel hungriger Wölfe …

Der alte Mann beugt sich hinab und schöpft mit der hohlen Hand Wasser aus dem Bachlauf. Für eine Sekunde sieht der Alte sein Spiegelbild, sieht die wirren, weißen Haare, die unter der Pelzmütze zottelig herausschauen, sieht das faltige Gesicht und grinst.

Eine kleine Forelle springt hoch, klatscht in das Wasser zurück und zerstört das Bild.

»So ist das nun, Joe Cocker«, sagt der Alte mit heiserer Stimme. »Du bist fertig, ein Wrack. Aber wenn du es schaffst, dann hast du genug Zeit und Geld, um dich zu erholen.«

Wie die meisten Männer, die monatelang, jahrelang in der Einsamkeit der Rocky Mountains jagen und Fallen stellen, spricht auch der alte Joe ab und zu mit sich selbst.

Irgendwann erreichen all diese Trapper den Punkt, an dem sie sich nach einer menschlichen Stimme sehnen, und wenn es nur die eigene ist.

Joe trinkt noch einmal und steht auf. Er tastet nach dem schweren Gewehr, überprüft die Ladung und hält die Waffe in der Armbeuge.

Joes Pferd steht hinter einer Gruppe Coloradokiefern und rupft zufrieden die ersten Bergkräuter ab, die jetzt im Frühling aus dem Boden wuchern.

Auf einmal wirft das Tier den Kopf hoch und schnaubt. Seine Augen verdrehen sich vor Angst, und dann wiehert es gellend.

Der alte Joe reißt das Gewehr hoch und rennt los, so schnell er kann.

Ein dumpfes, drohendes Brummen klingt zwischen den Kiefern auf.

»O heiliger Moses, ein Grizzly«, sagt der alte Trapper und läuft schneller. Und während er rennt, überlegt er sich, ob dieser Grizzly in der Höhle schlief, die Joe so wichtig ist.

Das Pferd steigt hoch, fährt wild mit den Vorderhufen durch die Luft und atmet röchelnd vor Angst.

Joe sieht das graue dichte Fell des Bären und reißt das Gewehr an die Schulter. Der Wind steht günstig. Der Bär ahnt nichts von seinem Todfeind, dem Menschen, der hinter ihm steht.

Er ist gereizt, dieser Grizzly, denn erst vor zwei Tagen erwachte er aus seinem Winterschlaf. Und er hat Hunger, mächtigen Hunger!

Das Pferd keilt nach hinten aus. Blitzschnell weicht der Bär aus. Drohend erhebt er sich auf die Hinterbeine und streckt die Vorderpranken vor.

Wie gelähmt steht das Pferd des Trappers. Es scheint zu wissen, dass es keine Chance hat.

Der alte Joe zielt und drückt ab.

Donnernd bricht der Schuss.

In diesem Moment wirft sich das Pferd herum. Es ist sein letzter Versuch, dem Tod zu entrinnen.

Joe brüllt vor Wut, als die schwere Kugel sein eigenes Reitpferd fällt. Das Tier ist sofort tot.

Der Grizzly reagiert sofort. Er wirft sich herum, fällt auf alle viere und rennt auf den Trapper zu.

Joe hat keine Zeit mehr, das Gewehr zu laden. Er reißt den Revolver unter der Pelzjacke hervor und schießt.

Alle sechs Kugeln treffen, aber der Bär läuft weiter, als spüre er die Geschosse überhaupt nicht.

Sicherlich mindert der dichte Winterpelz die Wucht der Geschosse, und die Wunden versetzen den Graubären erst richtig in Wut.

Joe weiß, dass er nur eine hauchdünne Chance hat.

Er reißt das schwere Bowiemesser aus der Lederscheide und stellt sich dem Grizzly.

Davonzulaufen ist sinnlos, denn ein Grizzly rennt mehr als doppelt so schnell wie ein Mensch.

Aber Joe weiß nicht, dass dieser Bär alt und erfahren ist. Er blieb immer wieder Sieger im Kampf zwischen Mensch und Tier.

Und so wartet der Alte darauf, dass sich das massige Tier auf die Hinterbeine aufrichtet und die Vorderpranken hebt.

Aber Joe wartet vergebens!

Der Bär überrennt den alten Trapper einfach, der dem Tier das schwere Messer in den Leib jagt, als er fällt.

Der Grizzly schreit wie ein Kind, als der scharfe Schmerz durch seinen Körper zuckt. Er schlägt wild mit seinen Pranken um sich, und dann sinkt er zusammen.

Mit seinem ganzen gewaltigen Gewicht presst er den alten Trapper zu Boden.

Joe ringt nach Luft. Rote Kreise tauchen vor seinen Augen auf. Und inmitten dieser Kreise treibt ein schwarzes Loch immer schneller auf Joe Cocker zu.

Seine Finger umkrampfen ein Büschel Fell, als ihn der dunkle Schacht verschluckt.

Joe ist besinnungslos.

Der Bär wimmert und wälzt sich weiter. Er zieht eine blutige Spur hinter sich her.

Und nach knapp zweihundert Yards bricht das schwere Tier zusammen.

Als der alte Trapper zu sich kommt, steht die Sonne bereits hoch am Himmel.

Verwundert blickt Joe Cocker auf die steilen Wände des schwarzen Felsmassivs, das etwa drei Meilen hinter ihm liegt.

Und dann holt er tief Luft.

Mit einem trockenen Husten beendet er den Versuch. Ein stechender Schmerz zieht sich von seinen Rippen hoch. Sein ganzer Körper ist wie zerschlagen, als ob er eine stundenlange Prügelei hinter sich hätte.

Joe bewegt seine Finger. Und dann versucht er, die Arme zu heben. Doch nur der rechte Arm gehorcht, der andere bleibt reglos liegen.

Behutsam stemmt sich der Alte mit dem gesunden Arm hoch.

Sofort wird ihm schwindelig, und er sinkt wieder zurück.

Einige Minuten liegt Joe reglos. Er überlegt, wie es weitergeht. Und auf einmal ahnt er, dass sein Trail zu Ende ist.

Er blickt auf seine Beine und versucht, die Zehen zu bewegen.

Joe fühlt nichts!

»Ah, es ist wirklich zu Ende«, sagt der alte Trapper schwach. »Dieser verfluchte Grizzly hat mich richtig erwischt. Das Rückgrat ist gebrochen, ich bin nur noch ein Wrack.«

Ein bitteres Grinsen legt sich auf das verwitterte Gesicht des alten Joe. Er blickt zu der Steilwand der schwarzen Berge hinüber und lacht laut auf.

»Das war es wohl, Joe Cocker«, sagt er laut. »Du hast das Gold entdeckt, aber du holst selbst keinen Cent mehr aus der Höhle raus.«

Und dann denkt der Alte an Murph. Murph Gibbs lieh ihm Geld, als er im letzten Herbst von Hotdog City aus aufbrach, um die Fallenstrecke für diesen Winter einzurichten.

Eigentlich war es unnötig, sich die Dollars zu leihen, denn die Sommerfelle hatten Joe genug Geld eingebracht.

Aber irgendwie wollte Joe den jungen Murph nicht enttäuschen. Er wollte ein Beispiel geben, für eine Chance sorgen, damit das Greenhorn Murph endlich einmal ins Geschäft kam.

Doch jetzt, im Angesicht des Todes, sagt Joe eine innere Stimme, dass dieser Murph ein schlechter Mensch ist.

Joe tastet unter seinem rehledernen Hemd nach dem Bleistiftstummel. Er zieht ihn hervor und findet auch einen schmutzigen, fettigen Fetzen Papier.

Und auf diesem Papier schreibt Joe Cocker sein Testament.

»Jeder, der mich findet, soll meine Entdeckungen nutzen. Auf halber Höhe der Schwarzen Berge befindet sich eine Bärenhöhle. Diese Höhle weist drei oberschenkelstarke Goldadern auf. Nimm sie in Besitz, Fremder. Ich wünsche dir Glück. Mein Trail ist hier zu Ende, Joe Cocker, der alte Trapper.«

Und dann zwingt sich der Alte dazu, alle Kraft zu sammeln. Er stemmt sich mit dem gesunden Arm hoch und wirft sich auf den Bauch.

In kaum zweihundert Yards Entfernung sieht Joe den Kadaver des Bären.

»Hab ich dich also doch noch erwischt«, murmelt der Alte zufrieden.

Und dann betastet er seine Schulter.

Seine Hand ist rot von Blut, als er sie zurückzieht.

Die linke Schulter ist nur noch ein einziger Klumpen aus Blut und Fleisch.

Old Joe Cocker weiß, dass er keine Chance mehr hat. Mit der unverletzten Rechten tastet er nach dem Gürtel, nach dem Holster.

Aber der Colt liegt irgendwo hinter ihm.

Und dann schiebt sich der zähe alte Trapper weiter. Zoll um Zoll kriecht er zurück, denn er will seinen Revolver erreichen.

Es dauert lange, sehr lange.

Ein paar Mal wird Joe ohnmächtig. Er weiß nicht, wie viel Zeit inzwischen vergangen ist. Endlich erreicht er die Waffe und zieht sie zu sich heran.

»O verdammt«, sagt der Alte keuchend, »ich werde nicht hier liegen und einfach verrecken, nein. Ich werde diesen Colt jetzt laden und ein Ende machen.«

Und genau das macht Joe Cocker auch. Nach langen Minuten ist der Fallensteller soweit. Es war schwierig, den Revolver mit nur einer Hand zu laden, und Joe verzichtete darauf, die Trommel ganz zu füllen.

Nur eine Patrone schob er in die Kammer.

Und dann blickt der Alte noch einmal zum Himmel, wendet den Kopf und betrachtet die Berge, sie seit mehr als dreißig Jahren seine Heimat waren.

»Nun gut«, sagt Joe, »es ist vorbei, und es war ein mächtig gutes Leben. Ein Leben, wie es sich ein Mann nur wünschen konnte.«

Und dann dröhnt der Schuss!

Der alte Mann liegt reglos. Ein Windstoß umwirbelt pfeifend ein paar Felszacken. Das Papier, das Testament des alten Joe flattert hoch. Der weiße Fetzen dreht sich um sich selbst und verfängt sich schließlich zwischen ein paar abgestorbenen Kiefern, die ihre dürren Äste gegen den Himmel strecken.

Stunden später zügelt ein roter Mann sein Pferd. Das Gesicht des Indianers ist mit weißer Farbe bemalt, und sein Pferd ist ebenfalls mit weißen, breiten Farbstreifen verziert. Unruhig scharrt das Tier mit den Vorderhufen über den felsigen Boden.

Der Kiowa mustert jeden Stein, beobachtet jede Deckung. Und dann bleibt sein Blick an einem hellen Fleck hängen, der zwischen ein paar abgestorbenen Kieferästen förmlich aufgespießt ist.

Der Indianer schnalzt mit der Zunge. Das bemalte Pferd setzt willig Huf vor Huf. Doch ab und zu wirft es den Kopf zurück, dass die Mähne auffliegt, und schnaubt wild.

Das Tier riecht das Blut, den Tod.

Und obwohl es ein ausgebildetes Indianerpferd ist, stört dieser Geruch, macht dieser Dunst das Pferd nervös.

Der Kiowa mit dem weißbemalten Gesicht beugt sich seitlich aus dem Sattel und nimmt Joe Cockers Testament an sich.

Der Indianer dreht den Fetzen hin und her. Er weiß wohl, dass hier ein Weißer etwas aufschrieb, aber der rote Mann kann die seltsamen Zeichen nicht deuten.

Und er überlegt, ob er weiterreiten soll.

Er ist auf dem Weg zu einem heiligen Ort, an dem er Medizin machen wollte.

Der Indianer sieht den toten Trapper, und er sieht ein Stück weiter den Kadaver des mächtigen Bären.

Scharf atmet der rote Mann aus.

Der Bär ist das heilige Tier der Kiowa. Und niemals wird ein Angehöriger dieses Stammes auch nur eine Unze Bärenfleisch essen.

Nur die Augen verraten, dass Leben in dem Indianer ist, der reglos im Sattel sitzt. Der rote Mann spürt, dass sich hier ein Schicksal erfüllt hat. Die Spuren sind für ihn ganz deutlich. Der Indianer weiß, was geschehen ist.

Er blickt nochmals den Zettel an, auf dem Joe Cocker sein Vermächtnis hinterließ.

Und dann zieht der Kiowa am Zügel.

Das Pferd wirbelt herum und jagt los. Nach wenigen Schritten fällt es in Trab und geht in Galopp über.

Ohne das Tier zu schonen, treibt der Indianer sein Pferd an. Er will das Dorf erreichen. Er will dem Häuptling das sprechende Papier geben. Und er hofft, dass Big Nose die merkwürdigen Zeichen enträtseln kann.

Norman Carrington sitzt gelassen im Sattel seines Braunen. Der ehemalige General weiß, dass im Bluegrass Valley alles ruhig ist. Ungestört gehen Brazos, Shorty und die anderen Männer ihrer Arbeit nach.

Und General Carrington nutzt die Ruhe, um die Kiowa zu besuchen. Big Nose lässt nur wenig Rinder stehlen. Die Jagd ist gut, wie auch Leroy Spade, der Rockyman, erzählte. Carrington hat den See, an dem die Gebäude der Skull-Ranch liegen, bereits weit hinter sich gelassen.

Der General reitet in nordöstlicher Richtung. Dort liegt das Dorf der Kiowa.

Das bläulich schimmernde Gras sieht kräftig und fett aus. Hier weideten noch keine Longhorns. Die Herden der Ranch sind noch lange nicht groß genug. Erst in einigen Jahren werden so viele Rinder im Bluegrass Valley weiden, dass dieses weite Tal vollständig genutzt wird.

Aber inzwischen muss John Morgan, der ehemalige Baumwollpflanzer aus Alabama, immer wieder Herden nach Kansas treiben, denn er braucht Geld, um seinen Traum von einem eigenen Rinderreich zu verwirklichen.

Carrington reitet entlang eines Creeks, der sich in etwa einer Meile teilt. Der Wasserlauf kommt aus den Bergen, vom Dorf der Indianer her. Zwei Bäche umfließen ein Stück Land wie eine Insel. Weiter südlich vereinigen sich diese beiden Creeks wieder und münden in einen See.

Der General sitzt ab und lässt sein Pferd trinken. Carrington fühlt sich noch frisch, und so gönnt er dem Pferd nur eine kurze Ruhepause.

Nach einer weiteren Stunde steigt der Weg an. Der General kneift die Lider etwas zusammen und mustert den Trail. Das Dorf der Indianer liegt oben auf der Anhöhe, aber es ist durch mächtige Fichten und Gesteinstrümmer geschützt.

Eigentlich ist es ein Hochtal, in dem Big Noses Dorf liegt. Hier, mitten in den Rocky Mountains, zerschneiden zahllose Canyons die Felswände.

Und hier kann sich ein Mann jahrelang verbergen. Und niemand hat auch nur die geringste Chance, einen solchen Mann zu finden.

Lediglich die Trapper, die Männer der Hirschlederbrigade, kennen sich hier aus. Und diese harten Burschen haben anderes zu tun, als nach irgendwelchen Einsiedlern Ausschau zu halten.

Carrington lässt sein Pferd im Schritt bergauf gehen. Er weiß, dass nach etwa einer Meile eine sandige Stelle kommt, und er will die Kraft des Tieres aufsparen.

Auf einmal hört der General ein Geräusch.

Er zügelt seinen Braunen und horcht.

»Bei allen Teufeln der Hölle, bei allen Wächtern des Paradieses!«, schreit ein Mann zornig. »Wollt ihr wohl weitergehen, ihr gottlosen Geschöpfe! Ich prügele euch die Furcht vor dem Herrn mit dieser Peitsche ein, wenn ihr euch nicht sofort bewegt!«

Carrington lächelt und streicht sich mit den Fingern der Linken durch seinen weißen Kinnbart.

Der General ahnt, wen der Unbekannte mit »gottlose Geschöpfe« meinte.

Und als Carrington weiterreitet, sieht er, dass er recht hat.

Ein langer dürrer Mensch steht vor einem Vierergespann Maultiere und droht ihnen. Seine Hände schleudert dieser Fremde förmlich auf die Zugtiere zu und fuchtelt vor ihren Augen durch die Luft.

Er belegt die Mulis mit biblischen Namen, und er verwendet wahrhaftig nur die Namen der Bösen, der Tyrannen, die in uralter Zeit herrschten.

Aber die Mulis stört das überhaupt nicht.

Sie stehen wie angewachsen. Ihre Hufe sind im sicherlich mehr als fußhohen Sand verschwunden, und die störrischen Biester denken wohl gar nicht daran, auch nur einen Schritt weiterzugehen.

»Barbara, so hilf mir doch!«, ruft der dürre Mann verzweifelt.

Carrington stößt sich den Militärhut in den Nacken.

Der dürre Mann ist ganz in Schwarz gekleidet. Er scheint eine Art Prediger zu sein; und nur der Himmel selbst mag wissen, was er hier sucht.

Der General beobachtet, wie eine noch junge Frau, die ein hochgeschlossenes Kleid trägt, vom Kutschbock klettert. Sie geht langsam nach vorne und klopft den Mulis liebevoll die Hälse.

»Mit Schimpfen erreichst du nichts, Clement«, sagt die Frau sanft.

Sie redet den Maultieren zu, sie spricht mit ihnen, lockt sie und feuert sie an.

Aber die störrischen Viecher wackeln nur mit den Ohren.

Den Dürren packt der heilige Zorn. Er steigert sein Geschrei zu einem schrillen Kreischen und hebt die Peitsche. Klatschend fährt der Lederriemen auf den Rücken des vordersten Tieres herab.

Das Muli steht reglos.

Aber der Mann in Schwarz arbeitet sich in Wut, in richtige Wut. Sein Arm saust auf und nieder wie ein Pumpenschwengel.

Carrington presst seinem Tier die Hacken in die Weichen und trabt los.

Staubwolken umwirbeln die Hufe des Braunen, und der Sand wirbelt in kleinen Wolken hoch.

»Clement, sieh!«, sagt die junge blonde Frau scharf.

Carrington greift grüßend an die Hutkrempe. Unmittelbar neben dem Wagen hält er an. Kopfschüttelnd betrachtet der General den Aufbau auf der Plattform des ehemaligen Flachwagens. Es ist eine Hütte mit richtigen Fenstern, die auf der Ladefläche des Ranchwagens errichtet wurde.

Und vier Maultiere sind viel zu wenig, um das schwere Gefährt über eine solch schwierige Strecke zu ziehen.

»Ein General«, sagt der dürre Mann in Schwarz verblüfft, »ein richtiger General.«

»Mein Name ist Norman Carrington«, sagt der Offizier. »Ich denke, ich kann Ihnen helfen.«

»Clement Winslow«, stellt sich der Prediger vor. »Und das ist meine Frau Barbara. Wir sind auf dem Wege zu den Kiowa. Wir halten es für unsere Pflicht, diesen Heiden den wahren Glauben zu bringen.«

Carrington lächelt leicht und fragt ganz sanft: »Woher wissen Sie, dass Ihr Glaube der richtige ist, Mister Winslow?«

Der dürre Mann zuckt wie unter einem unsichtbaren Hieb zusammen. Entsetzt starrt er den General an.

»Aber, Sir!«, ruft er schließlich entrüstet, »wir sind Christen!«

Bevor der Prediger weitersprechen kann, winkt Carrington ab.

Er weiß, dass es keinen Sinn hat, mit fanatischen Menschen zu reden. Big wird auf seine Art mit solchen Leuten fertig werden, denkt der General.

Und dann schnalzt er mit der Zunge. Der Braune geht an. Vor den Deichseltieren verhält Carrington sein Pferd.

»Nur ein Narr streitet mit einer Frau, einem Koch oder einem Muli«, sagt Carrington. »Das sollten Sie wissen, Prediger.«

Clement Winslow holt tief Luft. Für Sekunden glaubt er sogar, diesen grauköpfigen General zu hassen.



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