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Das Gesetz der Gewalt herrscht in der kleinen Stadt Graystone, seit der mächtigste Mann im County, der Rinderbaron Alan Dunham, eine Bande rauer Halunken zu seinem Schutz angeheuert hat. Gegen dieses Rudel kaltblütiger Banditen haben die Small-Rancher und Handwerker der Stadt keine Chance. Der Boss der Bande regiert unbarmherzig mit Galgen und Revolver.
Nachdem wieder einmal ein unschuldiger Bürger Opfer des Banditenterrors geworden ist, handelt eine Ranchersfrau mit dem Mut der Verzweiflung. - Die geheime Botschaft erreicht Deputy Marshal Quade auf der Skull-Ranch. Kann er den Terror brechen?
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Seitenzahl: 144
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Halunken-City
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Faba / Bassols
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7517-0067-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Halunken-City
von Dan Roberts
Das Gesetz der Gewalt herrscht in der kleinen Stadt Graystone, seit der mächtigste Mann im County, der Rinderbaron Alan Dunham, eine Bande rauer Halunken zu seinem Schutz angeheuert hat. Gegen dieses Rudel kaltblütiger Banditen haben die Small-Rancher und Handwerker der Stadt keine Chance. Der Boss der Bande regiert unbarmherzig mit Galgen und Revolver.
Nachdem wieder einmal ein unschuldiger Bürger Opfer des Banditenterrors geworden ist, handelt eine Ranchersfrau mit dem Mut der Verzweiflung. – Die geheime Botschaft erreicht Deputy Marshal Quade auf der Skull-Ranch. Kann er den Terror brechen?
Die Sonne steht hoch am Himmel.
Staubfäden hängen in der Luft, und die mächtige Eiche in der Mitte des Platzes wirft keinen Schatten.
Leise rascheln die mit grauem Staub bedeckten Blätter im schwachen Luftzug.
Ein leeres Fass steht unter dem Baum, genau unter dem untersten, weit ausladendem Ast, der knapp neun Fuß über dem Erdboden wie ein Balken aus dem Stamm ragt.
Und über dem Fass pendelt eine Schlinge im schwachen Wind.
Wie leergefegt ist der Platz, wie leergefegt sind die wenigen Straßen der kleinen Stadt Graystone.
Eine Tür quietscht in den Scharnieren.
Zwei Männer treten auf den Stepwalk und gehen im Gleichschritt zum Mietstall, dessen großes Tor geschlossen ist.
Sie werden beobachtet, denn ein Türflügel schwingt auf, als die beiden Männer nur noch ein paar Yards entfernt sind.
Der pockennarbige Bursche, der ihnen öffnet, grinst und sagt laut: »Wird auch Zeit, dass ihr kommt. Der Kerl wird langsam lästig. Wo bleibt der Boss eigentlich?«
»Er kommt, verlass dich drauf, Hobo«, antwortet einer der beiden Männer.
Der andere betritt den Stall, versucht das Halbdunkel mit seinen Blicken zu durchdringen und erkennt den gefesselten Mann, der in einer leeren Pferdebox auf dem Boden liegt.
»Es ist so weit, Foster«, sagt der Mann, der eintrat. »Wenn du dich wehrst, müssen wir dich niederschlagen.«
Die anderen beiden Kerle treten an die Box und reißen den Gefesselten hoch. Schwer hängt er zwischen ihnen, als sie ihn aus dem Stall schleppen. Seine Füße schleifen über den Boden und graben zolltiefe Spuren in den Staub.
Vom Stallmann ist nichts zu sehen.
Langsam, nahezu unbeteiligt, gehen die drei Männer auf die mächtige Burreiche in der Mitte des Platzes zu.
Die Augen des Gefesselten weiten sich entsetzt, als er die Schlinge und das Fass sieht. Hatte er bisher noch Hoffnung gehabt, so weiß er nun, dass er sterben wird. Er hat keine Chance mehr.
»Es wird Zeit«, sagt der Pockennarbige, kneift die Lider zusammen und schaut zur Sonne hoch, die im Zenit steht.
Im gleichen Moment hören die drei verwegen aussehenden Männer Hufschlag. Eine starke Mannschaft hält auf die Stadt zu.
Das Geräusch der trommelnden Pferdehufe wird deutlicher. Eine große Staubfahne steigt in die Luft, steigt höher als die Hausdächer und sinkt nur allmählich wieder zu Boden.
Der Wind ist eingeschlafen.
»Er kommt«, sagt einer der beiden Männer, die den Gefesselten halten.
Kurze Zeit darauf reiten einundzwanzig Männer in Zweierreihen über die Mainstreet. Ein schlanker, gefährlich wirkender Reiter hält sein Tier vor der Mannschaft. Die drei Pferdelängen Abstand und sein Aussehen kennzeichnen ihn als Anführer.
Er trägt einen schwarzen Stetson, den er tief in die Stirn gezogen hat.
Ohne einen Befehl erhalten zu haben, verteilen sich die Reiter über den Platz. Fünfzehn der verwegenen, hartgesichtigen Männer steigen ab und gehen zu den Türen der Häuser.
Hart dröhnen die Revolverkolben dieser Burschen auf den Haustüren.
Zögernd öffnen die Bürger und treten hinaus.
Der Anführer der wilden Mannschaft reitet auf den Galgenbaum zu und sitzt ab.
Mit der Linken stößt der Schlanke den Hut in den Nacken. Der Blick des Mannes ist ausdruckslos, lässt keine Rückschlüsse auf seine Gefühle zu. Er mustert die Schlinge, das Fass und den städtisch gekleideten Gefangenen, dessen Augen in unerreichbare Fernen blicken.
Die fünfzehn rauen Burschen schaffen es.
Innerhalb weniger Minuten drängen sich die meisten Einwohner Graystones auf dem Platz.
Der Anführer sieht sich um und ist zufrieden.
Ein hartes, grausames Lächeln umspielt seine schmalen Lippen.
Er tritt zu dem Gefangenen, wirft einen Blick auf die Bürger und spricht.
»Ihr alle kennt mich und meine Mannschaft«, sagt er, »wir schafften es, dieses County von den Viehdieben zu befreien. Sicher, dafür wurden wir bezahlt, aber wir blieben, denn immer wieder verirren sich Banditen, Männer vom langen Trail hierher. Die Grenzen der Territorien Wyoming und Utah sind nur wenige Meilen von Graystone entfernt. Wir blieben und verlangten Zusammenarbeit, rückhaltlose Zusammenarbeit. Ihr müsst endlich begreifen, dass nicht nur die Rancher und Siedler gefährdet sind. Entschlossene Banditen werden sich in wenigen Tagen diese Stadt untertan machen, wenn wir nicht eingreifen. Und darum müssen wir hart durchgreifen.«
Der schlanke Mann schweigt einen Moment und mustert die Bürger.
»Es geht einfach nicht«, fährt der Schlanke fort, »dass einzelne Bürger das Recht in ihre eigenen Hände nehmen. Wir sind nur wenige, nur noch vierundzwanzig Mann, und wir haben das ganze County zu schützen. Wir waren fünfundzwanzig, einer von uns wurde von diesem Mann, von Barry Foster, erschossen!«
Der Gefesselte richtet sich etwas auf und sagt laut: »Ich erschoss den Kerl, weil er nicht bezahlen wollte, was er bei mir im General Store kaufte. Aber das war nicht alles! Als meine Frau ihn daran hindern wollte, das Geschäft zu verlassen, schlug er sie und riss ihr die Bluse vom Leib. Verdammt, Rick Jagger, was bildest du dir eigentlich ein? Du bist kein Marshal, kein Sheriff, du bist gar nichts! Und du lässt zu, dass deine wilden Kerle, deine Halunken, große Töne spucken und Frauen anfallen.«
»Du hättest sofort zu mir kommen müssen«, antwortet der Anführer der Männer sanft. »Ich hätte dich bestimmt verstanden, Foster. Aber du bist rumgelaufen und hast damit geprahlt, einen meiner Männer getötet zu haben. Das kann ich nicht zulassen. Wir sind zu eurem Schutz im County. Wir sind die Männer, denen ihr euer Leben verdankt, vergesst das nicht! Die Banditen, die Rustler, hätten euch längst überrannt. Und ihr alle lebt doch nur noch, weil wir hier sind.«
Der schlanke Mann mit dem schwarzen Hut dreht sich zur Eiche um.
»Stellt ihn auf das Fass«, sagt Rick Jagger, der Anführer der Mannschaft.
»Und weil du nicht zu mir kamst«, sagte der Boss der Horde, »wirst du jetzt hängen. Es wird Zeit, dass auch die Bürger Graystones begreifen, wer hier das Heft in der Hand hält. Merkt es euch: Ich bin der Boss in diesem County. Wenn ihr euch wegen meiner Männer beschweren wollt, so kommt zu mir. Ich habe Verständnis für euch. Aber wagt es nicht noch einmal, einen Reiter zu töten, der auf meiner Lohnliste steht.«
Dave Foster, der Besitzer des General Store, steht auf dem Fass.
Sein Gesicht ist grau und wirkt eingefallen.
»Dave!«, schreit eine Frau von der anderen Seite des Platzes gellend. »Dave, du hast richtig gehandelt! Du wolltest mich schützen, mich verteidigen, Dave, ich liebe dich! Du bist der einzige richtige Mann in dieser verfluchten Stadt.«
Rick Jagger nimmt seinen schwarzen Hut ab. Weißblondes Haar fällt dem schlanken Mann bis auf die Schultern.
Blitzschnell tritt der Boss der wilden Mannschaft gegen das Fass.
Es fällt um. Der Strick spannt sich, und Dave Foster ist tot.
»Merkt es euch«, ruft Jagger laut, »wer Probleme hat, muss zu mir kommen. Wer sie selbst lösen will, stirbt wie Foster.«
Der schlanke Mann geht zu seinem Pferd und sitzt auf.
Sekunden später reiten seine Männer hinter ihm aus der Stadt. Noch nicht einmal eine Wache lässt Rick Jagger zurück; er weiß, dass er die Bewohner Graystones endgültig eingeschüchtert hat.
Eileen Foster, deren Mann ermordet wurde, bricht auf dem Stepwalk auf der anderen Seite des Platzes zusammen.
Eine junge Frau kümmert sich um sie, hebt sie auf, trägt sie in den General Store und legt sie auf den Tresen.
Es dauert lange bis Eileen, die eine Frau von beinahe fünfzig Jahren ist, erwacht. Harte Linien haben sich um ihre Mundwinkel eingegraben. Sie musste zusehen, wie ihr Mann gehängt wurde, weil er die Ehre seiner Ehefrau verteidigte.
»Warum haben wir bloß keinen Sheriff hier«, flüstert Eileen nach einer langen Weile. »Wir hatten die Chance, damals, als das County vermessen wurde. Aber wir dachten, dass wir ohne Gesetzesbeamte auskämen, wenn wir nur fest genug zusammenhielten. Und nun ist Dave tot. Nie wieder kann ich mit ihm reden, nie wieder geht er im Laden umher und lächelt mich an.«
Die junge Frau presst die Lippen zusammen, dass sie wie schmale Striche wirken.
Sicher, sie kann den Schmerz, den Kummer der älteren Frau verstehen. Aber sie verlor selbst erst vor vier Monaten ihren Mann, und all das Geschehen lässt in ihr wieder den eigenen Schmerz, der noch nicht überwunden ist, aufbrechen.
»Wir wenden uns an den Gouverneur in Denver«, sagt die junge Frau entschlossen. »Wir schreiben ihm, was hier vorgeht, und bitten ihn, uns einen US-Marshal zu schicken.«
Erschreckt zuckt die ältere Frau hoch, stützt sich auf dem Ladentisch ab und sagt: »Nur das nicht! Wenn Jagger erfährt, was wir getan haben, tötet er uns ebenfalls.«
Bitterkeit liegt in der Stimme der jungen Frau, als sie antwortet.
»Genau das will Jagger ja! Er hat dich bereits eingeschüchtert, Eileen. Und ich, ich stehe mit Cathy alleine, auf dem kleinen Stück Land, das mir mein Mann hinterließ. Ich bin sicher, dass es keine Rustler waren, die unsere Zuchtbullen wegtrieben; ich glaube, dass es Jaggers Mannschaft war!«
»Um Himmels willen!«, sagt Eileen Foster halblaut. »Laura, du darfst so etwas niemals laut sagen. Sie stecken dir das Dach über dem Kopf in Brand, wenn sie es erfahren.«
Die jüngere Frau lacht hart auf und meint: »Wie sollten diese Banditen das erfahren? Du, Eileen Foster, bist die einzige, die von meiner Absicht weiß.«
Die Frau des Storehalters ist grau im Gesicht, als sie sich vom Ladentisch rutschen lässt. Sie atmet tief durch und macht ein paar Schritte. Aus angstvollen Augen blickt sie die jüngere Laura Boone an und sagt: »Ich will gar nichts davon wissen. Ich habe nie mit dir darüber gesprochen, verstehst du, Laura? Mach, was du willst, aber lass mich aus dem Spiel! Ich habe meine Lektion gelernt.«
Laura Boones Gesicht wirkt auf einmal verschlossen.
Sie geht zu den langen Regalen und sucht aus, was sie einkaufen wollte. Auf dem Ladentresen stapelt sie die Waren auf.
Und als Eileen Foster zusammenrechnet sagt sie: »Vierzehn Dollar, Laura. Ich schreibe es auf.«
Die jüngere Frau, die sicherlich nicht älter als achtundzwanzig Jahre ist, nimmt sich einen leeren Zuckersack und packt ihre Einkäufe ein.
»Danke«, sagt sie nur und verlässt den Laden.
Mit dem halb gefüllten Sack über den Schultern geht sie zum Mietstall.
Die beiden Torflügel stehen weit offen, und der Stallmann hockt auf einer Futterkiste im Hintergrund und erzählt einem kleinen Mädchen, das neben ihm sitzt, eine Geschichte.
»Hank, spann mir bitte das Pferd ein«, sagt Laura.
»Mama!«, ruft das kleine Mädchen und rutscht von der Kiste herab. »Onkel Hank hat mir erzählt, wie er klein war. Er hat Waschbären gejagt, Mama, als er so alt wie ich war. Und ich darf noch nicht einmal Daddys Gewehr haben!«
Laura lächelt und antwortet: »Du bist ja auch kein Junge, Cathy. Nur Jungens haben Gewehre.«
»Aber du sagst doch, dass ich alles bin, was du noch hast«, wendet das knapp sechsjährige Mädchen ein.
»Wir wollen noch abwarten«, antwortet Laura fest. »Vielleicht in zwei oder drei Jahren. Aber wenn es nicht anders geht, dann bekommst du Daddys Gewehr auch schon früher.«
Das Kind schweigt scheu. Es spürt, dass in seiner Mutter etwas Besonderes vorgeht.
»Was heißt das, Laura«, fragte der Stallmann, der ein guter Freund ihres verstorbenen Mannes war.
»Ich brauche Papier und Feder und Tinte, Hank«, sagt Laura Boone fest. »Und dazu eine Ecke, in der ich ungestört schreiben kann. Du kennst doch den Kutscher gut, der jede Woche die Post herbringt, oder?«
»Ja, Bob war während des Krieges immer in meiner Nähe«, antwortet der Stallmann. »Ihm habe ich zu verdanken, dass ich überhaupt noch lebe und mit einem Holzbein davongekommen bin. Warum fragst du, Laura?«
»Er soll den Brief an sich nehmen und erst dann in den Postsack stecken, wenn er dieses County verlassen hat, Hank. Es ist wichtig, wichtig für alle Menschen, die hier leben, glaub mir bitte.«
Der alte Stallmann murmelt etwas Unverständliches.
»Was soll für einen Rick Jagger schon wichtig sein?«, fragt er schließlich. »Und was kann für Alan Dunham wichtig sein? Ihm gehört das halbe County, und er holte diesen verdammten Banditen Jagger her, um mit den Viehdieben aufzuräumen. Jetzt besitzt Jagger die Macht hier, und Dunham glaubt nicht, dass der elende Halunke es eigentlich auf ihn abgesehen hat. Der Weidebaron denkt, dass die Siedler und Smallrancher ihm die gehörnten Biester stehlen. Aaaahh, er glaubt jedes Wort, das ihm Jagger erzählt. Und an wen willst du schreiben, Laura? Wen willst du herholen? Einen Coltmann vielleicht? Und wer soll diesen Kämpfer bezahlen?«
»Warte ab und lass das meine Sorge sein«, antwortet die junge Frau entschlossen.
Sie folgt dem Stallmann in einen Verschlag, den Hank als sein Office bezeichnet. Auf jeden Fall schläft er darin, stellt Laura fest. Denn in einer Ecke liegt eine Pferdedecke über einem Haufen Stroh.
Laura wartet, bis der Stallmann gegangen ist, und nimmt sich einen Papierbogen. Mit wenigen, treffenden Sätzen schildert sie, wie es dazu kam, dass Nachtfalken, Banditen die Macht im County übernehmen konnten.
Sie adressiert einen Umschlag an den US-Marshal des Territoriums Colorado in Denver. Und den Brief legt sie hinein. Anschließend nimmt sie einen zweiten Umschlag, schreibt darauf eine Adresse, die sie selbst nicht kennt, und faltet den ersten Brief zusammen und steckt ihn in den Umschlag, der an eine gewisse Milly Harbour in Colorado Springs gerichtet ist.
»Der Kutscher darf den Brief erst öffnen, wenn er aus dem County ist«, schärft Laura dem Stallmann ein.
Hank verspricht, alles genau auszurichten.
Er betrachtet den Brief, während der Einspänner mit Laura und ihrer Tochter Cathy davonrollt.
»Milly Harbour«, murmelt Hank Selby, »möchte wirklich wissen, wer das ist.«
Aber er will Laura den Gefallen tun.
Der Kutscher, der am nächsten Tag in Graystone gegen Mittag eintrifft und die Stadt am Abend mit seinem Gespann wieder verlässt, weiß von merkwürdigeren Dingen zu berichten, als er vom Stallmann den Brief übernimmt.
Aber er ist froh, dass er das Schreiben unter seinem Hemd versteckt hat. Denn vier Meilen hinter der Stadt wird der Kutscher angehalten und muss den Postsack öffnen.
Drei hartgesichtige Burschen durchwühlen die Briefe und lassen den Wagen schließlich weiterziehen.
Und als der Kutscher am nächsten Morgen den Umschlag öffnet, einen zweiten findet, auf dem die Anschrift des US-Marshals von Denver steht, pfeift er schrill durch die Zähne.
Er holt einen Bleistiftstummel aus seiner Hemdentasche und schreibt auf die Rückseite des zweiten Umschlages, dass er angehalten und durchsucht wurde.
»Ich schätze, dass in wenigen Wochen in Graystone die Hölle aufbrechen wird«, sagt der Kutscher leise und treibt die vier Mulis an, die im Gespann gehen.
Chet Quade lehnt am offenen Fenster des Küchenhauses der Skull-Ranch. Doc Smoky, der Koch, füllt gerade vier Blechbecher mit Kaffee aus der großen Kanne, die er immer auf dem Herd stehen hat.
»Ich wollte nur drei Tassen«, sagt Chet.
Der Alte sieht auf und grinst.
Sein Gesicht verwandelt sich in eine rissige Landschaft. Zahllose Falten ziehen sich über Doc Smokys Gesicht, und er zeigt seine gelblichen Zähne.
»Ich gehe mit und trinke auch einen Kaffee«, sagt der Alte.
»Und unser Abendessen?«, fragt Chet.
»Aaaahhh, ich habe einfach keine Lust mehr, für euch zu kochen«, sagt der Alte. »Ihr verschlingt alles einfach, verstehst du. Ihr habt nicht einmal mehr ein Wort des Dankes für mich und meine Kochkünste. Ich denke, ich sattele mir einen Gaul und reite ein paar Wochen durch die Gegend. Wenn ich zurückkomme, und ihr seid nicht an dem Zeug gestorben, was ihr euch selbst kocht, wisst ihr mich wieder zu schätzen.«
Chet verzieht keine Miene. Er blickt den Alten an und sagt halblaut: »Hör mal, bei uns ist es genauso, wie bei Eheleuten. Wenn alles in Ordnung ist, ja, selbst wenn es gut ist, dann sagt kein Mensch was. Aber wenn mal etwas schief geht, dann wird gemeckert. Du bist so alt geworden, Doc Smoky, und das weißt du nicht?«
Sofort plusterte sich der Koch wie eine Krähe im Winter auf.
Er schiebt sich den großen Lederhut in den Nacken, den er meist nur zum Schlafen auszieht, und holt tief Luft.
Quade nimmt die vier Becher, die innen auf dem Fensterbrett stehen, und geht davon.
Grinsend sieht ihm Doc Smoky nach.
Der Revolverkämpfer, der jetzt Vormann auf der Skull-Ranch ist, fürchtet die Geschichten des Alten, denn sie haben kein Ende.
Der Koch schaut auf das Fleisch, das auf dem großen Küchentisch liegt, nimmt das Messer in die Hand und wirft es mit einer unmerklichen Handbewegung mitten in die Steaks, die er bereits zurechtgeschnitten hat.
Er bindet sich die Schürze ab und verlässt das Küchenhaus.
Als er zur Veranda des Haupthauses stiefelt, sieht er John Morgan, den Boss der Ranch, Chet Quade und General Carrington auf dem Vorbau sitzen.
»Hey, Doc, komm«, sagt Morgan, »dein Kaffee steht schon hier.«