Skull-Ranch 43 - Dan Roberts - E-Book

Skull-Ranch 43 E-Book

Dan Roberts

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Beschreibung

Hart knallt die Peitsche neben dem ausgemergelten Bahnarbeiter auf den Felsboden. "Das war die letzte Warnung!"
Der Aufseher grinst wölfisch, als der abgezehrte Mann all seine Kraft zusammennimmt und die schwere Spitzhacke ins Felsgestein treibt. Auch dieser arme Teufel ist von Francis Talbot mit falschen Verträgen zum Eisenbahnbau gelockt worden und hat keine Chance, aus dem Sklavencamp zu entkommen.
Um nicht zu Tode geschunden zu werden, entschließen sich drei chinesische Arbeiter zur Flucht. Sie begegnen den Männern von der Skull. Und bald ist im Sklavencamp die Hölle los ...


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Seitenzahl: 144

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Sklavencamp

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Faba / Norma

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0703-9

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Sklavencamp

von Dan Roberts

Hart knallt die Peitsche neben dem ausgemergelten Bahnarbeiter auf den Felsboden. »Das war die letzte Warnung!« Der Aufseher grinst wölfisch, als der abgezehrte Mann all seine Kraft zusammennimmt und die schwere Spitzhacke ins Felsgestein treibt. Auch dieser arme Teufel ist von Francis Talbot mit falschen Verträgen zum Eisenbahnbau gelockt worden und hat keine Chance, aus dem Sklavencamp zu entkommen.

Um nicht zu Tode geschunden zu werden, entschließen sich drei chinesische Arbeiter zur Flucht. Sie begegnen den Männern von der Skull. Und bald ist im Sklavencamp die Hölle los...

Chet Quade reitet mit Big Nose und General Carrington an der Spitze. Hinter ihnen folgen Shorty, sein massiger Freund Brazos und zehn Krieger der Kiowa.

Der Winter ist vorbei, aber noch pfeift ein kalter Wind durch die Canyons und verwitterten Abhänge des Grand-Mesa-Landes.

Vereinzelt wagen sich die Bergkräuter an das Licht, und an manchen Stellen bildet frisches, saftiges Gras einen dichten Teppich.

Das Schmelzwasser strömt in mächtigen Bächen von der Mesa herab und verwandelt Rinnsale in gefährliche Flüsse.

Das Gebiet der Skull-Ranch liegt weit hinter der Mannschaft, die sich aus Indianern und Weißen zusammensetzt. Chet wendet sich im Sattel um und blickt auf dem Trail zurück. Dort, von Südosten kamen sie her. Dort liegt das Bluegrass Valley, die Heimat der Skull-Reiter.

Shorty treibt sein Pferd an und schließt zu Chet auf.

Big Nose grinst über das ganze Gesicht. Seine mächtige Nase scheint sich selbständig zu machen, so kräuselt sie sich.

»Dir gefällt dein Pferd noch, Shorty?«, fragt der Häuptling der Kiowa.

»Sicher, großer Boss, sicher«, antwortet der Kleine, »es sieht zwar aus wie eine Bergziege, und es ist mir ein Rätsel, wieso der Klepper immer noch lebt, aber er gefällt mir.«

Vor einiger Zeit tat der kurzbeinige Shorty dem Häuptling einen Gefallen, und Big Nose schenkte dem Cowboy das klapperdürre Pferd. Zuerst dachte Shorty natürlich an eine Beleidigung, doch als er das Tier dann genauer in Augenschein nahm und ritt, war er begeistert. Das dürre, ausgemergelt wirkende Pferd ist zäher als jedes Weidetier. Und es klettert wirklich wie eine Bergziege!

»Warum sollte es nicht mehr leben?«, erkundigt sich der Häuptling.

»Weil es inzwischen neun Hüte gefressen hat«, grollt der massige Brazos mit seiner Bassstimme. »Neun Hüte, Big Nose, eigentlich müsste der Klepper todkrank sein. Und ich verstehe nicht, wieso er keine Krempe um seinen dürren Leib hat. Sie müsste ihm doch eigentlich gewachsen sein, bei der Menge Filz, die er vertilgte.«

Big Nose schüttelt verwundert den Kopf.

»Vielleicht schmecken ihm die Hüte der weißen Männer«, sagt der Kiowa-Häuptling scheinheilig. »Ich sage dir, Brazos, das Pferd hat niemals Federn bei uns gegessen. Aber sicher habt ihr alle etwas auf euren Köpfen, das ihm schmeckt.«

Brazos schnaubt nur und schaut in eine andere Richtung.

Shorty klopft dem Pferd den Hals. Das Tier wendet den Kopf in einer unglaublichen Verrenkung und scheint dem kleinen Cowboy zuzublinzeln.

»Hey, Chet, wie weit wollen wir denn noch?«, fragt Shorty. »Wir sind schon zwei Tage unterwegs, und bisher haben wir niemand gefunden.«

Quade wendet sich halb um und antwortet: »Wir haben jeden Canyon durchsucht, Kleiner, daher hielten wir uns so lange auf. In Wahrheit sind wir nicht mehr als einen knappen Tag von der Ranch entfernt, wenn wir glatt reiten.«

»Es ist doch sinnlos, jede Schlucht zu durchsuchen«, meint Brazos. »Wir können nur abwarten, Chet, mehr nicht.«

»Sag das nicht«, wirft der General ein. »Wenn sich hier Halunken oder Goldsucher rumtreiben, so sind sie auf jeden Fall gewarnt. Wir bilden eine starke Mannschaft, Brazos. Und Big Noses Krieger sind eine wertvolle Verstärkung. Denn die Halunken werden sich hüten, irgendetwas anzurühren, wenn sie gegen uns und die Indianer stehen.«

»So ist es«, sagt Chet, »John Morgan will wissen, wer sich in der Umgebung des Bluegrass Valleys niederlässt. Zumal sich in der letzten Zeit viel Gesindel in Golden City herumtreibt.«

»Das Valley ist zu groß, um es dauernd zu überwachen«, meint Shorty. »Wir haben genug zu tun, dort für Ordnung zu sorgen. Und jetzt sollen wir auch noch die Berge durchkämmen, um vielleicht eine Banditenhorde aufzuspüren und zu verjagen.«

»Es hat sich herumgesprochen, dass sich Angreifer bei uns blutige Köpfe holen«, sagt General Carrington. »Ich glaube nicht, dass irgendein Desperado es wagt, seinen Leuten den direkten Angriff zu befehlen. Aber sie können versuchen, unsere Herden zu stehlen, und das wäre ein schwerer Schlag für die Ranch. Die Rinderpest hat uns damals schon schlimm genug zugesetzt.«

Sicher hat der kleine Cowboy irgendwie recht. Das Bluegrass Valley, das John Morgan in Besitz nahm, ist zu groß. Zudem führen in das riesige Tal zahllose Zugänge, die nicht alle überwacht werden können.

Aber auch Chet und Carrington haben recht. Eine starke Mannschaft, die sich offen zeigt, gibt den Langreitern und Outlaws sicher zu denken. Sie werden sich mächtig gut überlegen, ob sie eine Herde Longhorns abtreiben, denn die Skull-Ranch ist stark genug, die Verfolgung aufzunehmen und um die Rinder zu kämpfen.

Aber bis jetzt sind die Reiter keinem Menschen begegnet. Das Grand-Mesa-Land wirkt wie leergefegt, wie ausgestorben.

»In der Dämmerung kehren wir um«, sagt Chet. »Ich denke, wir sind weit genug geritten. Alles, was noch weiter entfernt ist, wird nicht so schnell zu einer Bedrohung. Denn hier, in diesem Gebiet, kreuzen sich viele Trails.«

Der Weg steigt an und wird steiler. Er führt gerade zu einem kleinen Pass hoch. Und diese Höhe will Chet noch erreichen, denn von dort haben sie einen guten Überblick.

Big Nose richtet sich steiler im Sattel auf, als er noch vier oder fünf Pferdelängen von der Passhöhe entfernt ist.

Irgendwie spürt der Häuptling, dass etwas auf sie wartet.

Chet Quade und Norman Carrington sehen einander beunruhigt an.

Sie erreichen die Höhe und zügeln die Pferde.

Sorgfältig mustern die Männer die zerklüfteten Felsen. Big Nose gibt einen Befehl in der kehligen Sprache der Kiowa, und seine zehn Krieger reiten an.

Innerhalb einer Minute haben sich die Indianer getrennt und reiten in verschiedenen Richtungen. Und kurze Zeit später sind nur noch zwei der Krieger zu sehen.

Die Männer der Skull-Ranch und der Häuptling verhalten ihre Tiere auf der Kuppe des kleinen Passes.

Minutenlang bleibt es still. Ab und zu zucken die Ohren eines der Pferde. Mit angespannten Sinnen lauschen die Männer.

Und auf einmal tönt das Heulen eines Wolfes auf.

Chet erkennt drei dunkle Striche, die in rasender Schnelligkeit über die noch eiskalten Granitflächen huschen. Doch bevor Quade oder einer der anderen zum Schuss kommen kann, sind die Grauwölfe verschwunden.

Big Nose verzieht sein Gesicht zu einem breiten Grinsen und presst seinem Pony die Hacken in die Seiten. Willig geht das Tier an. Der Häuptling setzt sich bequemer in dem schweren Kavalleriesattel zurecht und lenkt sein Tier den Abhang hinunter.

Der schrille Schrei eines Adlers durchbricht den trüben Nachmittag.

Unwillkürlich blickt Chet hinauf, aber keiner der gewaltigen Vögel kreist vor dem dunklen Nachmittagshimmel, der im Westen blutrot gefärbt ist.

»Sie haben die Wölfe von ihrer Beute vertrieben«, sagt der General laut. »Und der Adlerschrei war das Signal der Krieger. Los, Männer, wir sollten Big Nose nicht aus den Augen verlieren. Wer weiß, was seine Krieger fanden.«

Die Skull-Reiter treiben ihre Pferde an.

»Hoooh, würde mich nicht wundern, wenn die roten Brüder einen Whiskyhändler gefunden haben, der an seinem eigenen Gebräu eingegangen ist«, dröhnt Brazos. »Und jetzt werden sie es mächtig eilig haben, den kostbaren Stoff vor uns zu verstecken.«

Chet wendet den Kopf und grinst.

»Du machst dir wohl Hoffnungen, was, du Bulle?«

Brazos schnaubt und antwortet: »Puuuhh, ich werde mich doch nicht an Indianerwhisky vergreifen. Da ist Perrys Schmerzmittel oder Tabak oder rote Tinte drin, und ich habe keine Lust, mich von Doc Smoky kurieren zu lassen.«

»Als ob bei dir noch was zu retten wäre«, schnaubt Shorty.

Brazos will seinem Freund gerade die entsprechende Antwort geben, als er sieht, wie sich Chet in den Steigbügeln steil aufrichtet.

Sofort vergisst der massige Mann den nicht ernstgemeinten Streit und blickt nach vorn.

Er sieht Big Nose, der wieselflink auf eine Geröllhalde zu seiner Rechten zuläuft.

Und der Häuptling ließ sein Pferd einfach stehen.

Sieben Krieger bilden einen Kreis um etwas, das die Reiter der Ranch noch nicht erkennen können.

Chet stößt einen hellen Schrei aus. Sein Pferd fällt in Trab und geht nach wenigen Schritten in Galopp über.

Das Tier des Generals hält mit, aber Shorty und Brazos reagieren nicht so schnell wie Carrington und bleiben zwei Längen zurück.

Quade verhält seinen Grauen, wirft ihm die Zügel über den Kopf und springt aus dem Sattel.

Chet erreicht mit vier, fünf langen Sätzen die Geröllhalde. Er achtet nicht auf die Steine, die sich unter seinen Stiefeln lösen, er läuft zu den Kiowa, die ihrem Häuptling Platz gemacht haben.

Hell klingt Carringtons Säbel, als die Waffe gegen einen Felsbrocken schlägt. Der General läuft dicht hinter Chet, und sie erreichen beide zu gleicher Zeit den Kreis der Indianer.

»Uff«, sagt Big Nose erstaunt, »ich habe schon davon gehört, aber niemals sah ich einen gelben Mann.«

Die Wolfskrieger, die Leibgarde, die Polizei der Kiowa, treten zur Seite, als Carrington und Chet herankommen.

Quade atmet pfeifend aus, als er die drei Gestalten sieht, die bewusstlos auf dem Gestein liegen.

Es sind drei Chinesen, und sie sehen so aus, als würden sie die nächsten Stunden nicht überstehen.

Die gelbliche Haut spannt sich über den Wangenknochen. Und die Gelenke, die Schultern, zeichnen sich scharf unter den dünnen Fetzen Stoff ab.

Sicherlich ist kein Gramm Fett an den ausgemergelten Körpern. Die Chinesen sehen so aus, als hätten sie seit Tagen nichts mehr gegessen.

Carrington lässt sich auf die Knie sinken. Er achtet nicht auf die Steine, die schmerzhaft gegen seine Knie drücken. Vorsichtig zieht der General die Lider eines der Männer hoch.

»Noch leben sie«, sagt Carrington leise, »aber wie lange diese Männer am Leben bleiben werden, weiß nur der Himmel.«

Chet beugt sich hinab und zieht die Kleidungsfetzen auseinander. Die Rippen der Chinesen treten scharf hervor.

Wenige Sekunden später hat Quade die Lumpen durchsucht, in die sich die drei Männer eingehüllt haben.

»Nichts, keine Waffe«, sagt Chet, »sie haben noch nicht mal ein Messer, diese armen Teufel.«

Big Nose starrt auf die Köpfe der drei Besinnungslosen. Runde, schwarze Käppchen verbergen den größten Teil der Haare auf dem Hinterkopf.

Und dann gibt der Häuptling eine Reihe Befehle.

Vier Krieger klettern die Geröllhalde hinab und schwingen sich in die Kavalleriesättel, die sie einst bei irgendeinem Raubzug erbeuteten.

»Wir müssen ihnen helfen«, sagt Carrington nüchtern. »Aber sie werden nichts bei sich behalten, was wir ihnen einflößen. Ich denke, dass die drei Chinesen seit Tagen nichts gegessen haben.«

»Warte ab, langes Messer«, sagt Big Nose. »Meine Krieger helfen.«

Und kurze Zeit später kommen die Indianer zurück. Sie halten Zweige, Kräuter und Wurzeln in den Händen. Nach wenigen Minuten brennt ein kleines, rauchloses Feuer, und über der Flamme hängt ein Büffelmagen an einem gegabelten Ast.

Und in diesem Kochgefäß brodelt Wasser, in das die Krieger die Kräuter und Wurzeln hineingeben.

Ein angenehmer Duft schwebt über dem Feuer, und der massige Brazos, der mit Shorty am Fuß der Geröllhalde steht, leckt sich über die Lippen.

»Wir sind hier, um aufzupassen, Großer«, sagt Shorty warnend. »Wer weiß, was die Kiowa für einen Sud brauen. Hoffentlich überstehen die Gelben dieses Gebräu.«

Aber der Kleine braucht sich keine Sorgen zu machen. Big Nose weiß genau, was er tut.

Als der erste Chinese nach einigen Minuten zu sich kommt und vergeblich zu sprechen versucht, lässt der Indianerhäuptling ihm erst einmal einen Schluck des Wurzelsuds verabreichen. Der Fremde behält die Flüssigkeit bei sich. Doch dann schläft er vor Erschöpfung wieder ein.

»Wir müssen Geduld haben«, sagt Big Nose und richtet sich auf. »Sie sind zu schwach, um zu reiten. Wohin sollen die gelben Männer?«

»Auf die Ranch, Big Nose«, antwortet Chet halblaut.

Er blickt auf die dürren, knochigen Körper und sein Blick verweilt lange auf den schwieligen Knöcheln der Hand und der Finger.

»Sie leisteten irgendwo harte, mächtig harte Arbeit«, meint der General. »Diese Schwielen kommen nicht von selbst.«

»Aber woher kommen sie?«, fragt Chet und blickt ahnungsvoll auf die zerklüfteten Berge und Felsen des Grand-Mesa-Landes.

Das Rot der untergehenden Sonne weicht einem schwefeligen Gelb, das wie eine Drohung über den Gipfeln hängt.

Chet spürt innerlich, dass die drei gelben Männer eine mächtig böse Geschichte erzählen werden, wenn sie wieder bei Besinnung sind.

Und er ahnt auch, dass die Skull-Ranch in diese Sache hineingezogen wird.

Eine halbe Stunde vergeht, und die Krieger haben drei Schleppbahren angefertigt, drei Travois, die mit den Seitenstangen an den Sätteln der Pferde befestigt werden.

»Es wird ein langer Ritt zur Ranch«, murmelt der General. »Sie sind zu erschöpft, als dass wir traben könnten. Hoffentlich versteht wenigstens einer der Burschen unsere Sprache.«

Chet steht vor den drei Chinesen. Und er steht mit dem Rücken nach Westen, so dass er gegen die letzten Sonnenstrahlen als scharf umrissener Schatten zu sehen ist.

Einer der Männer auf der Halde schlägt die Lider auf.

Sekundenlang ist sein Blick leer, ausdruckslos. Aber dann kehrt das Leben in die dunklen, fast schwarzen Augen zurück.

Deutlich erkennt Chet nach ganz kurzer Zeit die Hoffnungslosigkeit in diesem Blick.

Quade verfolgt die Richtung und verspürt Unbehagen. Denn der Chinese starrt auf Chets Revolver.

Und auf einmal weiß der Vormann der Skull-Ranch, dass der halbverhungerte Mann auf dem Boden Furcht vor der Waffe hat, dass ihn dieser Colt an die Ursache seiner Not, seiner Angst erinnert.

Mühsam versucht der Chinese, Worte zu formen, aber nur ein Krächzen dringt aus seiner Kehle.

Einer der Krieger stützt den Mann und flößt ihm etwas von dem Absud ein. Der Chinese schüttelt sich und holt vorsichtig Luft.

Und dann spricht er, er ist noch schwach, aber er spricht.

»Du kannst uns zurückbringen, Wächter«, sagt der gelbe Mann. »Wir wollten der Hölle entkommen, aber hier ist mehr als die Hölle. Du kannst uns auch sofort töten, es ist egal.«

Chet holt tief Luft und sagt deutlich: »Ich weiß nicht, was du meinst, Mann. Wir sind Reiter einer Ranch, die einen Tagesritt entfernt ist. Wir sehen hier zum ersten Mal Männer deiner Rasse. Wir bringen euch zur Skull-Ranch und pflegen euch. Alles andere könnt ihr später erzählen.«

Wieder hebt sich der Blick des Chinesen, und für den Bruchteil einer Sekunde glaubt Chet, so etwas wie Hoffnung zu erkennen.

Aber dann fallen die Lider wieder herab, und der Fremde versinkt erneut in Bewusstlosigkeit.

»Sie sind vor etwas davongelaufen«, sagt Carrington langsam. »Chet, weißt du etwas davon, dass Chinesen in der Umgebung sind?«

Quade schüttelt nur den Kopf und blickt nach Westen.

Er ist sicher, dass die drei Männer von dort kamen, aber hinter dem Grand-Mesa-Land liegt nichts, was die Männer aus dem fernen China anlocken könnte.

Big Noses Krieger heben die drei ausgemergelten Körper auf die Schleppbahren und lassen die Tiere langsam angehen. Die Travois schleifen über den Boden. Kurze Zeit später erreichen die Reiter die Höhe des kleinen Passes.

Quade wendet sich im Sattel um. Dort hinten, hinter dem zerrissenen Felsengebiet, dort liegt das Geheimnis, das die drei gelben Männer umgibt. Und Chet weiß, dass er ihnen helfen wird, helfen muss. Denn in diesem Land Colorado, das noch immer im Aufbau begriffen ist, müssen Männer wie John Morgan, Chet Quade und General Carrington die Schwachen beschützen und dafür sorgen, dass Gesetz und Ordnung Fuß fassen können.

Sie reiten die ganze Nacht im Schritt. Der Mond ist hell genug, um den Trail erkennen zu können.

Big Nose leitet sein Tier neben Chets Pferd.

»Was wird geschehen?«, fragt der Häuptling.

»Ich weiß es nicht, noch nicht«, antwortet Quade. »Aber ich spüre Gefahr. Gefahr für diese halbverhungerten Chinesen, und Gefahr für uns.«

Er blickt den Häuptling an, dessen schwarzes Haar im Mondlicht merkwürdig schimmert.

»Ich habe so eine Ahnung, Big Nose«, sagt Chet langsam, »ich glaube, wir müssen die Skull-Ranch für einige Zeit verlassen. Du weißt, warum wir hier reiten.«

»Ich weiß es«, bestätigt der Häuptling, »und John Morgans Feinde sind auch die unseren. Wir wollen keinen Krieg im Tal, hier nicht.«

Chet lächelt schwach, als er Big Noses scheinheiliges Grinsen sieht. Quade weiß genau, dass die Krieger der Kiowa weit reiten, wenn sie auf Raubzüge ausgehen. Doch solange es im Bluegrass Valley ruhig bleibt, kümmern sich die Männer der Ranch nicht um solche Dinge.

»Ich bitte dich, auf die Ranch zu achten«, sagt Chet. »Wenn ich mit einigen guten Männern weg muss, so sollten John Morgan und Mary Lou nicht schutzlos sein. Die Mannschaft verteilt sich über die riesige Weide, und beim Haus sind nicht genügend Männer.«

»Ich verstehe«, sagt der Häuptling nur und lässt sein Pferd zurückfallen.

Quade weiß, dass er sich auf Big Nose verlassen kann, wenigstens in dieser Beziehung.

Kurz vor dem Morgengrauen erreichen die Reiter die Ranch.

Im Küchenhaus brennt Licht. Doc Smoky bereitet das Frühstück vor.

Big Nose richtet sich steil im Sattel auf und grinst breit. Schnaufend zieht er die Luft ein, und seine große Nase sieht wahrhaftig so aus, als führe sie ein Eigenleben.

»Doc Smoky macht Pfannkuchen«, sagt der Kiowa freudig.

Chet und die anderen Reiter der Skull-Ranch wissen, dass der Häuptling nach den süßen runden Dingern wie verrückt ist.