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Es ist soweit. Der Treck, der nach mörderischen Strapazen Colorado erreichte und im Bluegrass Valley lagerte, zieht weiter. Als Scouts reiten drei Männer von der Skull mit, denn der Weg in den Goldenen Westen birgt viele Gefahren. Schier unüberwindliche Gebirge, Salzwüsten und kriegerische Indianer lassen den California-Trail für viele zur Endstation werden. Ausgebleichte Knochen und Wagentrümmer zeugen von tödlichen Katastrophen. Gelingt es den Männern von der Skull, ihren Auftrag zu erfüllen ...
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Seitenzahl: 143
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Westwärts in den Tod
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Impressum
Westwärts in den Tod
von Dan Roberts
Es ist so weit. Der Treck, der nach mörderischen Strapazen Colorado erreichte und im Bluegrass Valley lagerte, zieht weiter. Als Scouts reiten drei Männer von der Skull mit, denn der Weg in den Goldenen Westen birgt viele Gefahren. Schier unüberwindliche Gebirge, Salzwüsten und kriegerische Indianer lassen den California Trail für viele zur Endstation werden. Ausgebleichte Knochen und Wagentrümmer zeugen von tödlichen Katastrophen.
Gelingt es den Männern von der Skull, ihren Auftrag zu erfüllen, oder heißt es auch für sie: Westwärts in den Tod?
Doc Smoky bearbeitet die eiserne Pfanne mit einem Hammer.
Hell klingt das Metall, und die Schläfer richten sich in ihren Cowboybetten auf.
Ein paar Männer fluchen schlaftrunken. Ihnen ist, als hätten sie erst zwei oder drei Stunden geschlafen.
Es ist noch mächtig früh, und die Sonne schickt gerade die ersten Lichtstreifen über die Bergkämme des Ostens.
Doc Smoky ist schon seit beinahe zwei Stunden auf den Beinen. Er weiß, dass den Reitern ein harter Tag bevorsteht, und treibt sie erbarmungslos aus ihren Decken.
»Los, los, ihr Faulpelze!«, schreit der Koch mit fistelnder Stimme. »Raus mit euch, das Frühstück ist fertig! Wenn ihr euch nicht beeilt, werfe ich das Zeug in den Bach!«
Die Männer rollen ihre Betten zusammen und marschieren steifbeinig zu dem kleinen Wasserlauf, an dem sie sich waschen.
Smoky häuft Speck, Schinken und Eier auf die ersten Blechteller.
Die Rückwand des Küchenwagens ist heruntergeklappt. Der Koch stellt eine lange Reihe von Blechbechern auf und nimmt eine große, zerbeulte Metallkanne vom Feuer.
Geschickt füllt Smoky die Becher mit dem starken, heißen Kaffee.
Kaffee muss so stark sein, dass er einen Mann in den Sattel hebt und einen drei Tage toten Indianer erzittern lässt –so lautet ein Sprichwort der Treibherdencowboys.
Und Doc Smoky kocht einen höllischen Kaffee!
Brazos ist der Round-up-Captain.
Der mächtige Cowboy marschiert als Letzter zum Chuckwagen und starrt auf den Teller, den ihm Doc Smoky hinhält.
»Soll das ein Scherz sein, du vertrockneter Pfannenschwenker?«, fragt Brazos grollend. »Das ist doch kein Frühstück! Das ist noch nicht mal genug, um einen hohlen Zahn zu füllen.«
»Trödel nicht so rum. Du hast wohl keine Lust zu arbeiten«, knurrt Smoky.
Brazos geht zur Seite, angelt sich mit der Linken einen Becher Kaffee und murmelt: »Als ob man sich an dieser Zwergenportion lange aufhalten könnte.«
Er nimmt einen gewaltigen Schluck Kaffee und brummt zufrieden.
Und innerhalb weniger Sekunden ist der Teller leer!
»Kaffee ist noch da, für alle!«, ruft Doc Smoky.
Die Männer drängeln sich fröstelnd um den Küchenwagen, vor dem noch drei Feuer brennen, und halten ihre Becher hin.
Es ist noch kühl am Morgen. Der Frühling hat gerade erst begonnen, und es dauert eine Weile, bis die Sonne das Bluegrass Valley im Herzen von Colorado erwärmt hat.
Brazos starrt in seinen Becher und trinkt ihn dann leer.
Seufzend stellt er das zerbeulte Gefäß auf die Klappe und sagt: »Zu Mittag will ich etwas Richtiges zwischen die Zähne bekommen, du nachgemachter Pfannenschwenker. Ich suche selbst drei Kälber aus. Und wenn es zu Mittag nicht ausreichend Fleisch gibt, stopfe ich dich in einen Dutch-Ofen und mache eine Knochensuppe aus dir.«
»Bring mir Fleisch, und ich brate es«, antwortet Doc Smoky ungerührt. »Aber bring es gleich und nicht zehn Minuten vor Mittag, klar?«
Brazos grinst und reibt sich seinen breiten Nacken.
»Aufsitzen, los, los, was steht ihr hier rum!«, brüllt der Round-up-Vormann. »Facht das Brennfeuer an. Die Kreisreiter in die Sättel. Wir haben zu tun, Leute.«
Sekunden später lenken die Kreisreiter ihre Weidepferde vom Lager weg zu den halbwilden Longhorns, die sich während der Nacht gelegt hatten.
Unruhe kommt zwischen den Tieren auf, als die merkwürdigen Wesen, die halb Mensch und halb Pferd zu sein scheinen, sie umkreisen.
»Hooooooo, auf ihr müden Tanten«, ruft einer der Männer, »macht, dass ihr auf die Beine kommt!«
Die Longhorns stehen auf, schütteln die Köpfe und betrachten misstrauisch die Reiter, die ihren Kreis immer enger ziehen und die Rinder in Richtung Brennfeuer treiben.
Einem jungen Stier scheint das überhaupt nicht zu gefallen.
Er senkt den Kopf, stößt mit den Hörnern nach rechts und links und brummt drohend.
Aber er macht einen Fehler, denn er sucht sich Shorty aus. Und der kleine Cowboy ist einer der besten Rindermänner, wenn er auf dem Boden auch eher einem krummbeinigen Zwerg gleicht.
»Na, du kleines Bübchen«, frotzelt Shorty, »hast du schlecht geschlafen? Hättest deiner Mami nicht weglaufen sollen. Vielleicht hätte sie dich jetzt getröstet.«
Wild und zornig brüllt der junge Stier auf.
Sein Schwanz richtet sich steil auf.
In der nächsten Sekunde wird der Zweijährige angreifen!
Und so ist es auch.
Er senkt den mächtigen Schädel, und die nadelspitzen Hörner ragen wie zwei Stoßdegen weit vor.
Der Bulle stampft mit den Hufen wild den Boden. Grassoden fetzen unter den Hieben davon.
Und dann rast er los!
Shorty sitzt wachsam im Sattel.
Im letzten Moment stößt der kleine Cowboy einen schrillen Schrei aus und reißt am Zügel.
Mit einem katzenartigen Satz springt das klapprig aussehende Pferd zur Seite, und der junge Stier jagt an dem Reiter vorbei.
Kichernd sieht Shorty dem verrückten Burschen nach.
Aber auch der Kleine hat sich zu früh gefreut, denn der Jungstier beschreibt einen Bogen, wirft den Schädel hoch und brüllt seinen Zorn heraus.
Plötzlich senkt er den Kopf und rast erneut auf den Cowboy los.
Shorty spürt, wie sich das Pferd unter ihm steif macht.
Und als der Bulle heransaust, springt der Klepper, den der Kleine einst von Big Nose geschenkt bekam, wiederum zur Seite.
»Du verrückter Toro!«, schimpft Shorty laut. »Ich möchte wissen, was mit dir los ist.«
Witternd hebt der Bulle den Schädel und kommt zögernd ein paar Schritte näher.
Er schnauft, dass kleine Dampfwolken von seinen Nüstern aufsteigen.
Und dann scharrt er wahrhaftig mit dem Vorderhuf!
Verblüfft starrt Shorty auf das Tier und bricht in helles Gelächter aus.
»Du bist wahrhaftig verrückt, Freundchen. Aber keine Angst, du bist ein richtiger Stier, wie wir Texascowboys ihn lieben. Du könntest eigentlich Old Mossys Nachfolger werden.«
Und dann umkreist der kleine Cowboy den Stier und entdeckt, dass er noch keinen Brandstempel und keine Ohrmarkierung hat.
»Donnerwetter«, sagt Shorty anerkennend, »du hast zwei Winter alleine überlebt, was? Du bist ein ganz zäher Kerl, und ich wette, dass du irgendwo auch schon deinen Harem versteckt hältst. Komm zum Feuer, komm schön, du bekommst einen feinen Brandstempel, und dann darfst du mich zu deinen Damen führen.«
Zögernd setzt sich der Bulle in Bewegung, als Shortys Pferd ihn bedrängt.
Shorty ist sicher, dass er recht hat. Denn ein solcher kräftiger Bulle hat bestimmt ein paar Rinder bei sich. Und ganz sicher hat der Boss dieses Rudels ein sicheres Versteck ausgesucht.
Eigentlich ist es wohl nur ein Zufall, dass Shorty den Kerl aufstöberte.
Abrupt bleibt der Stier stehen und verdreht den Kopf.
Er hört das Gebrüll der Rinder und Mavericks, die den glühenden Brandstempel eingedrückt bekommen.
Und irgendwie scheint das dem kräftigen Tier nicht zu passen.
»Machst du, dass du weiterkommst?«, kräht Shorty.
Der Bulle setzt sich gehorsam in Bewegung. Der Cowboy kratzt sich verwundert am Kinn. Er begreift nicht so richtig, dass der Bulle seinen Befehlen gehorcht.
Doch dann bricht er in ein schallendes Gelächter aus und reitet hinter dem Stier her.
Kurze Zeit später sind sie nur noch zwanzig oder dreißig Pferdelängen vom Brennfeuer entfernt.
Brazos greift gerade ein Kalb, das aufgeregt und angstvoll blökt, packt es am Hals und legt es auf die Seite, als hätte er ein Huhn zwischen den Fingern.
Zischend steigt eine sich kräuselnde Rauchwolke vom Fell des Jungtieres auf, und der Geruch verbrannten Fleisches dringt bis zu Shorty und dem zweijährigen Stier.
Der Bulle stemmt die Vorderhufe in den Boden und bewegt drohend den Schädel hin und her.
Brazos lässt los, das Kalb rappelt sich auf, sieht sich verwirrt um und saust auf einmal davon, als sei ein Hornissenschwarm hinter ihm her.
Der Hüne erkennt Shorty und hebt die Hand.
Die beiden sind Freunde, und sie sind wohl das ungleichste Freundespaar, das jemals über die Range ritt.
»Hohhh, Kleiner, was bringst du denn da?«, dröhnte Brazos Stimme. »Oder bringt der Stier dich? Er ist doch eigentlich viel zu groß und mächtig für dich. Aber du sitzt ja im Sattel und bist sicher. Also los, treib ihn her, wenn er nicht gebrändet ist.«
Shorty grinst und antwortet: »Hol ihn dir doch, du großmäuliger Riese. Los, hol ihn dir doch.«
Brazos legt den Kopf zurück und lacht dröhnend.
Und dann marschiert der massige Mann auf den Stier zu, der den Menschen wachsam beobachtet.
Der Bulle spreizt die Vorderbeine und stemmt sie fest in den Boden.
»Na komm schon, Kleiner«, sagt Brazos laut, »komm, es tut nicht lange weh. Aber es muss sein. Wir lassen doch einen so prächtigen Kerl, wie du einer bist, nicht entkommen. Du siehst gut aus, Dicker, wirklich gut.«
Besorgt schaut Shorty auf Brazos und den Stier hinab. Für eine Sekunde denkt der Kleine, dass der Stier gehorcht.
»Lass dich von dem Großmaul nicht beschwatzen!«, ruft Shorty schrill.
Der Stier brummt und schüttelt sein mächtiges Haupt.
Brazos ist gewarnt, und er ist ein verdammt guter Rindermann, einer der Besten.
Mit einer blitzschnellen Bewegung packt er die Nase des Tieres und presst seine Finger zusammen.
Wütend brüllt der Stier auf und versucht, mit Kopfschütteln den Schmerz loszuwerden.
Aber er bleibt stocksteif stehen.
»Bist du verrückt?«, fragt Brazos und verstärkt den Druck seiner Finger. »Du kannst es doch vor Schmerzen kaum noch aushalten. Was ist denn los mit dir, hey?«
Shorty lacht laut auf und sagt: »Wirf ihn doch einfach hier, Brazos. Lass Billy doch mit dem Brandeisen herkommen. Du bringst den Burschen nicht zum Feuer, dafür garantiere ich dir.«
»Also gut«, grollt Brazos.
Er löst seinen Griff und schlingt blitzschnell seine mächtigen Arme um den muskulösen Nacken des Stieres.
Dieser Griff ist Brazos Spezialität.
Mit einem Fuß tritt er fest in die Kniekehle des Bullen und reißt im gleichen Moment an dem mächtigen Haupt.
Aber der Stier taumelt nur ein wenig und brüllt wild auf.
Brazos Muskelstränge schwellen an, zeichnen sich deutlich unter dem karierten Hemd ab, und in das Gesicht des massigen Cowboys tritt ein verbissener Ausdruck, während es allmählich vor Anstrengung rot anläuft.
»Gib's auf, Dicker«, spottet Shorty, »du schaffst es einfach nicht. Der Kerl ist zu stark für dich.«
Brazos löst seinen Griff und springt mit einem weiten Satz zurück. Aber seine Vorsicht war unnötig, denn der Stier rührt sich nicht. Er dreht nur den Kopf und schaut den Menschen aus bösen blutunterlaufenen Augen an.
Oha, er hasst ihn, diesen massigen Kerl, der da gerade versuchte, ihn zu Boden zu zwingen.
»Also, geh zum Feuer, los, mach schon, du verrückter Bulle«, kräht Shorty von seinem Klepper herunter und treibt das Pferd an.
Brazos steht stocksteif, als sich der Stier wahrhaftig in Bewegung setzt und vor dem Kleinen hertrottet.
»Du hast ihn dressiert!«, brüllt der massige Round-up-Captain auf einmal. »Ja, du hast ihn während des Winters abgerichtet. Und jetzt setzt dieses Vieh die schmutzigen Tricks, die es von dir lernte, gegen mich ein. Ha. Ich werde euch schon zeigen, was es heißt, Brazos reinzulegen!«
Bevor Shorty etwas sagen kann, saust Brazos zum Brennfeuer und reißt den Eisenstab mit dem Brandzeichen der Skull-Ranch aus der Glut.
Unten, am Ende der Stange, flirrt die Luft von der Hitze des heißen Stempels.
Er trägt die Umrisse eines Bullenschädels, eines Skull, und John Morgan gab seiner Ranch diesen Namen, als er mit seiner Herde Longhorns über den Pass von Kansas gezogen kam und den Leitstier erschießen musste, weil er Big Nose und seine Krieger angreifen wollte.
Die Indianer präparierten den Knochenschädel, und seit der Zeit hängt er als Symbol des Namens am Ranchtor.
Und dieser zweijährige Stier, dem Brazos nun mit dem Brandeisen entgegengeht, kann ein wirklicher Nachfolger von Old Mossy werden.
Er könnte es schaffen, wenn er die Kämpfe mit den anderen Stieren besteht und sich durchsetzt.
In ein paar Jahren wird er auf jeden Fall ganz oben in der Liste der Longhorn-Stiere stehen, die im Bluegrass Valley die Rinder beherrschen.
Brazos geht ganz vorsichtig. Und bei einem so großen und schweren Mann wirkt ein katzenhafter Gang wirklich komisch.
Shorty verbeißt sich das Lachen, denn er will weder seinen Freund noch den Stier ablenken.
Und dann ist Brazos heran!
Mit aller Kraft presst er das glühende Ende des Eisens in das Fell des jungen Rindes.
Der Stier wirft den mächtigen Schädel zurück und stößt ein röhrendes Gebrüll aus.
Mit einem pumaartigen Sprung schnellt er sich mit allen Vieren zugleich in die Luft und brüllt seinen Zorn heraus.
In großen Fetzen fliegt das Blaugras mitsamt der daran haftenden Erde unter seinen Hufen davon.
Brazos saust davon und umklammert krampfhaft das Brenneisen.
»Heeee, reg dich nicht auf!«, kreischt Shorty schrill, »es ist ja schon vorbei. Komm, lauf zurück zu deinem Harem, mein Freund.«
Aber der »Freund« lässt sich nun auch nicht mehr von Shorty überreden. Sicherlich hat der Jungstier von Menschen und Pferden einstweilen die Nase voll.
Er wirft sich herum, der Schwanz steilt hoch in die Luft, und dann jagt der Bulle auf Shortys Pferd zu.
In der letzten Sekunde weicht das Tier aus. Es wird noch von der Spitze eines Hornes an der Seite gestreift, als der Stier mit einem Kopfschlenker seinen Zorn an dem Tier auslassen will.
Und dann jagt er in wilder Karriere auf die Berge zu.
»Drei Mann hinterher!«, brüllt Brazos mit aller Kraft seiner Lungen. »Er hat doch einen Harem. Ein solcher Kerl bleibt doch nicht alleine. Holt sie her, die Longhorn-Tanten, holt sie, und lasst euch nicht von dem Stier erwischen!«
Drei der Kreisreiter geben ihren Weidepferden die Zügel frei. Die Tiere preschen hinter dem soeben gebrändeten Bullen her, und sicher wird es nicht allzu lange dauern, bis sie mit den Rindern zum Feuer kommen.
Brazos schleicht sich misstrauisch an Shorty und Rosinante – so heißt das klapprig wirkende Pferd des Kleinen – heran.
Abschätzend wiegt der massige Round-up-Vormann das Brandeisen in der Rechten und blickt zu seinem kleinen Freund hinauf.
»Wie hast du das gemacht, du Zwerg?«, will Brazos wissen. »Wie schafftest du es, dass dir dieser wilde Stier aufs Wort folgte, he?«
»Du wirst es nicht glauben«, antwortet der Kleine mit einem feierlichen Tonfall in der Stimme. »Mein Pferd hat mit ihm gewettet.«
Brazos lässt die Rechte mit dem Eisen sinken. Über das Gesicht des massigen Mannes legt sich ein Ausdruck, den Shorty als ausgesprochen dämlich bezeichnet.
»Hä?«, fragt Brazos, »wie war das? Gewettet?«
»Ja, gewettet«, sagt Shorty nachdrücklich. »Rosinante wettete mit diesem wilden Stier, dass du ihn umwerfen würdest. Er hielt dagegen. Und wie du siehst, hat er gewonnen!«
Shorty ist auf der Hut.
Er schlägt dem Pferd die Hacken in die Seiten, als er Brazos blitzschnelle ausholende Bewegung erkennt.
Und das Tier springt mit einem weiten Satz aus dem Stand zur Seite.
Aber noch ist der Kleine nicht in Sicherheit.
Brazos holt weit aus und denkt nicht daran, dass ein einziger Hieb den kleinen Shorty zerschmettern würde.
Und dann saust das Brandeisen pfeifend durch die Luft.
In der letzten Sekunde duckt sich Shorty.
»Du bist genauso verrückt wie der Stier«, kräht der Kleine. »Wenn ich nicht so faul wäre, würde ich jetzt absteigen und dir das Fell gerben, du wahnsinniger Hufschmied.«
Brazos grinst nur.
»Ich verschwinde jetzt«, verkündet Shorty, »ich versuche, noch ein paar gute Stiere heranzutreiben. Vielleicht solltest du dann das Bränden den Männern überlassen, die was davon verstehen. Du erschreckst die armen Tiere so furchtbar. Aber sicher liegt das nicht am glühenden Eisen, sondern an deinem Anblick, der wahrhaftig zum Fürchten ist.«
Brazos Grinsen erlischt wie das Licht einer Lampe.
Aber bevor er antworten kann, gibt Shorty seinem Pferd die Zügel frei und reitet davon.
Brazos schaut sich um und sieht nur lachende Gesichter.
»Also gut, ihr habt euren Spaß gehabt«, dröhnt der Round-up-Vormann. »Aber jetzt geht es weiter. Wir werden doch nicht fürs Lachen bezahlt, Männer.«
Die Cowboys arbeiten in den nächsten beiden Stunden konzentriert und angestrengt.
Immer wieder sondern sie aus der Hauptherde ungebrändete Tiere aus und versehen sie mit dem Skull-Brandzeichen.
Kurz vor Mittag treiben drei Männer eine kleine Herde von achtundzwanzig Longhorns an das Feuer heran.
Es sind die Rinder, die der zweijährige Stier um sich gesammelt hat.
Und nur drei von ihnen tragen den Brand. Aber das hat sich nach kurzer Zeit geändert, und die verschreckten, halbwilden Longhornkühe sausen davon, um ihren Stier zu suchen.
Und wenig später hämmert Doc Smoky mit seinem Hammer auf der eisernen Pfanne herum.
Er kündigt an, dass es Essen gibt.
Und als sich die Hälfte der Mannschaft unter Brazos am Chuckwagen einfindet, ist sogar der Vormann zufrieden.
Doc Smoky hat sein Bestes gegeben.
Nach knappen zwanzig Minuten lösen die Männer ihre Gefährten ab, die weiterhin die Herde umkreisten.
Jimmy Twodance, der zu den Männern der zweiten Gruppe gehört, blickt nach Nordwesten.
»Hey, wir bekommen Besuch«, sagt der junge Cowboy und deutet mit der Hand, die den heißen Kaffeebecher hält, dicht an Smokys Ohr vorbei.
»Du Narr, du ausgemachter Narr«, schimpft der Koch und springt einen Schritt zurück. »Beinahe hättest du mir das Ohr abgesengt!«
»Stell dich nicht so an«, murmelt Jimmy.