Skull-Ranch 5 - Dan Roberts - E-Book

Skull-Ranch 5 E-Book

Dan Roberts

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Beschreibung

Winterwölfe

Als Nick Sparrow nach Golden City kam, stand der Winter vor der Tür. Der hagere Goldgräber war zu vergleichen mit einem hungrigen Wolf. Er hatte nichts zu essen, er besaß keine Waffe mehr, und in seinen Taschen war kein einziger Dollar. Nick Sparrow suchte einen Job - und das Schicksal führte ihn mit den Männern von der Skull-Ranch zusammen.
John Morgan stellte den glücklosen Digger ein. Und hatte damit einen glücklichen Griff getan. Denn als die Winterwölfe kamen, war plötzlich der Teufel los. Da erst entpuppte sich Nick Sparrow als zweibeiniger Tiger, der nicht die geringste Furcht kannte ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Winterwölfe

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Faba/Bassols

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8190-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Winterwölfe

von Dan Roberts

Als Nick Sparrow nach Golden City kam, stand der Winter vor der Tür. Der hagere Mann war zu vergleichen mit einem hungrigen Wolf. Er hatte nichts zu essen, er besaß keine Waffe mehr, und in seinen Taschen war kein einziger Dollar. Nick Sparrow suchte einen Job – und das Schicksal führte ihn mit den Männern von der Skull-Ranch zusammen. John Morgan stellte den glücklosen Digger ein und gab ihm einen Job. Und damit hatte John Morgan einen glücklichen Griff getan.

Denn als die Winterwölfe kamen, war plötzlich der Teufel los. Da erst entpuppte sich Nick Sparrow als zweibeiniger Tiger, der nicht die geringste Furcht kannte …

Nick Sparrow zieht sich die Fetzen seiner Jacke um die Schultern. Fröstelnd und zweifelnd schaut er zu den Fenstern des Golden Saloon hinüber, aus denen warmer, gelber Lichtschein auf die Straße dringt.

Es ist schon mächtig kalt geworden in dieser Jahreszeit. Der Winter steht vor der Tür, und Nick hat für keinen einzigen verdammten Cent Gold gefunden. Er ist blank. So blank, dass er sich nicht mal einen Whisky zum Aufwärmen kaufen kann.

Aber die Kälte, sie scheint sich für alle Zeiten in seine Knochen eingenistet zu haben. Er friert von innen heraus, fühlt kaum noch seine Glieder.

Was soll’s?, denkt Nick und setzt sich in Bewegung. Vielleicht kann ich mich in eine Ecke drücken und wenigstens eine Stunde oder vielleicht sogar länger die Wärme genießen. Vielleicht spendiert mir irgendein Glückspilz sogar einen Drink.

Sparrow hebt den Kopf. Das Gesicht ist eingefallen, ausgemergelt. Die Augen liegen tief in den Höhlen, und nur manchmal steht ein Funke des alten Feuers in dem Blick des Diggers, der seit fast einem Jahr im Dreck gekratzt und nichts gefunden hat.

Nick geht langsam über die schlammige Straße, deren Oberfläche bereits gefroren ist. Jeder Schritt lässt den hageren Mann mit den Füßen einbrechen, und schmatzend lösen sich die zerschlissenen Stiefel aus dem Brei unter der gefrorenen Schicht.

Nur ein sehr aufmerksamer Beobachter erkennt in dem Gang, in der Haltung des zerlumpten Burschen den Wolf, der er einmal gewesen ist.

Aber das ist lange her, und Nick denkt kaum noch daran. Ein einziger Gedanke beherrscht ihn: Er will ins Warme!

Sparrow streift den Flachwagen und die beiden Ranchpferde an der Deichsel mit einem flüchtigen Blick. Er hat schon ein paar Mal diesen Wagen gesehen. Wenn er in Golden City einrollt, ist er so hoch mit frischem Fleisch beladen, dass die Zugtiere ihn kaum durch die verschlammte Straße bewegen können.

Doch dieses Fleisch ist nur für diejenigen, die ein paar Dollars besitzen; Nick hat seit vier Tagen keine anständige Mahlzeit mehr zu sich genommen, und als er an die Fleischladung denkt, zieht sich in ihm irgendetwas schmerzhaft zusammen. Unwillkürlich tastet Sparrow über die ausgerissenen Taschen der Jacke und zieht resignierend die Schultern hoch. Er weiß doch, dass er keinen Cent mehr besitzt, er weiß doch ganz genau, dass er nichts hat, was er eintauschen könnte.

Nick steht einen Moment vor der Tür und hört der Melodie zu, die das Orchestrion hämmert. Schließlich geht er einfach weiter, schiebt sich schräg zwischen den beiden Pendeltüren durch und gleitet sofort zur Seite. Mit dem Rücken an der Wand blickt Nick misstrauisch zu den Gästen des Golden Saloon hinüber. Erst als der ausgemergelte Mann sicher ist, dass ihn niemand beachtet, schiebt er sich weiter, der Ecke zu, die unter der Treppe liegt.

Oh, wie gut kennt er diese Stufen!

Als er ankam, vor einem Jahr, da war er auch manchmal mit einer der Saloonschwalben nach oben verschwunden …

Aber das ist schon lange vorbei, und Nick ist nur die Ecke geblieben.

Er schiebt sich an einem mittelgroßen Burschen vorbei, dessen helle Augen erwartungsvoll glitzern. Sparrow kennt diesen Blick. Er senkt den Kopf, macht sich so unauffällig wie möglich und gleitet hinter den Mann.

Irgendetwas in Nick sagt ihm, dass es in den nächsten Minuten Verdruss geben wird. Die alten Instinkte, der rätselhafte Sinn der Kämpfer, es ist noch nicht alles in ihm abgestorben.

An dem langen Tresen steht ein Mexikanerjunge. Er hält den Kopf gesenkt. Der Barmann stellt ein Bier vor dem Jungen ab und nickt dem alten Burschen mit den verwitterten, faltigen Gesichtszügen neben dem Mexikaner zu.

»Noch einen Whisky, Schnapspanscher«, sagt der Alte. »Es ist verdammt kalt geworden. Und nichts wärmt die alten Knochen so wie ein guter Schnaps.«

Der Keeper grinst höflich und schenkt ein.

Der Alte streckt die Hand aus, will das Glas greifen, aber in dem Moment schlägt eine Hand den Bierkrug des Mexikanerjungen vom Tresen.

Das Orchestrion verstummt plötzlich. Hell und scharf klingt das Zersplittern des Kruges durch den Saloon. Der Junge hebt nicht mal den Kopf, nur seine Schultern ziehen sich etwas zusammen.

Der Alte schaut hoch, und auf einmal liegt in seinen Augen eine Gefahr, die jeden erfahrenen Mann warnen muss.

Aber der vierschrötige Bursche, der das Bierglas vom Tresen gewischt hat, kümmert sich nicht darum. Vielleicht ist er zu betrunken. Vielleicht aber hat er auch einen bestimmten Auftrag zu erfüllen.

»Ich denke, du bezahlst das Bier und den Krug«, sagte der Alte leise, aber durchdringend.

»Ein verdammter Mexikaner bekommt hier nichts«, erwidert der massige Kerl. »Und wenn du was dagegen hast …«

Der Bursche mit dem Stiernacken hebt die Rechte und ballt sie zur Faust. Fast gleichgültig blickt der Alte auf diese Hand. Sein Blick gleitet zum Gesicht des Schlägers, zu seinem Waffengurt, und auf einmal verziehen sich die Mundwinkel in dem zerfurchten Gesicht zu einem spöttischen Lächeln.

»Ich kannte mal einen Bullen«, sagt der Alte, »so einen richtigen, wilden Weideking, der immer alles mit Gewalt durchsetzen wollte. Soll ich dir sagen, wie er endete, Mister? Er bekam eine Kugel in seinen sturen Schädel!«

Die Augen des massigen Angreifers glitzern vor Zorn, aber er macht keine Bewegung.

»Wenn hier geschossen wird, dann schießen wir!«, ruft ein Mann mit durchdringend scharfer Stimme. »Wir wissen, wer du bist, Bauchbetrüger. Und wir lassen dir keine Chance. Sieh dich nur um, Doc Smoky, sieh genau hin.«

Langsam wendet der Alte den Kopf.

Die leichten Mädchen des Golden Saloon stehen zusammengedrängt neben dem Podium, auf dem sie sonst ihre Beine schwingen. Link und rechts am Orchestrion halten zwei scharfgesichtige Burschen ihre Colts in den Fäusten.

Doc Smoky dreht sich langsam um.

Auf der Treppe steht ein weiterer Schießer, und die Tür ist durch den massigen Kerl gedeckt, der diese Sache hier angefangen hat.

Nick Sparrow mustert den blonden Mann, der mit dem Rücken an der Treppe lehnt. Und plötzlich weiß der Digger, dass dieser Bursche hier die Fäden in der Hand hält. Die Chancen stehen für den alten Mann mehr als schlecht, erkennt Nick. Der Mexikanerjunge wird diesem Doc Smoky keine Hilfe sein.

»Sieht nicht gut aus, wie?«, krächzt der Alte am Tresen.

Unsicher tastet er nach dem Schnapsglas, führt es mit zitternder Hand zum Mund, und im nächsten Moment klatscht der scharfe Whisky dem Stiernackigen ins Gesicht.

Der Kerl brüllt wild auf, reibt sich die Augen und schmettert sofort anschließend seine Faust in Doc Smokys Richtung.

Der Alte ist weggetaucht. Mit zwei Schritten gelangt er neben den Tresen und hält plötzlich seinen Revolver in der Hand.

Der Blonde, der bisher an der Treppe lehnte, macht einen kurzen Schritt nach vorn und sagt laut: »Casey, zeig ihm deine Flinte.«

Der Barkeeper bückt sich. Mit einer einzigen fließenden Bewegung zieht er unter der Theke eine abgesägte Schrotflinte hervor. Während er sie hochschwingt, spannt er beide Hähne. Doc Smoky kennt die Wirkung einer solchen Waffe. Sekundenlang mustert er das Gesicht des Barmannes. Casey wird schießen, das steht ganz deutlich in seinem Blick. Der Alte steckt langsam den Revolver wieder ein und verschränkt die Arme über der Brust.

»Wir gehen jetzt raus«, sagt der Blonde. »Ein Stückchen weiter sind wir ungestört, Pfannenschwenker. Wir werden uns unterhalten, verstehst du? Wir machen dir ein Angebot, das du uns nicht abschlagen kannst. Also los, geh schon!«

Die letzten Worte hat der Blonde mit einem scharfen, unnachgiebigen Tonfall hervorgestoßen. Niemand im Saloon zweifelt daran, dass der alte Mann ohne jede Chance ist. Die meisten der Gäste wissen, wer er ist. Jeden Monat einmal kommt der Koch der Skull-Ranch in die Town. Er bringt frisches Fleisch und nimmt Vorräte mit. Hier holt er all die Dinge, die auf einer neuen Ranch benötigt werden.

Sparrow denkt sich, dass ihn das alles doch eigentlich gar nichts angeht. Aber ganz tief in seinem Inneren, da schwingt ein Gefühl, das er nicht missachten kann. Nick seufzt. Seine Hand tastet an der Hüfte entlang. Sekundenlang umkrampfen seine Fingerspitzen den zerrissenen Stoff der Hose.

Sparrow weiß auf einmal, dass er nicht anders kann. Er muss eingreifen.

Nick streckt den Arm aus, berührt den Revolver des Blonden vor ihm und reißt mit einem Ruck die Waffe aus dem Holster. Der Anführer dieses wilden Rudels wirbelt herum, aber da schmettert Sparrow ihm auch schon den Colt an die Schläfe. Der Blonde bricht bewusstlos zusammen.

Nick spannt den Hahn, macht zwei lange Schritte und sieht den Barmann, der die Flinte auf die Ecke unter der Treppe richtet. Sparrow hat keine Wahl. Er drückt ab. Der Keeper bekommt die Kugel in die Schulter, wird zurückgestoßen, und im Fallen reißt er beide Abzüge seiner Flinte zurück.

Donnernd entladen sich die Läufe der Parker. Die Schrotladungen schlagen in das Flaschenregal ein, zerschmettern den großen Spiegel, und in der nächsten Sekunde steigt eine Schnapswolke auf.

Doc Smoky reagiert sofort. Er reißt den Revolver heraus, stürmt vor und drischt dem Schläger die Waffe auf den Kopf.

Nick ahnt die Gefahr hinter sich. Er lässt sich fallen, und trotz der Kälte, die ihm in den Knochen hängt, rollt er blitzschnell weiter. Mit einer geschmeidigen Bewegung kommt er auf die Beine.

Der Schießer auf der Treppe zieht durch. Heiß fährt das Blei über Sparrows linke Schulter. Automatisch drückt er ab und sieht den Kerl noch fallen, als ihn ein harter Schlag am Kopf erwischt. Im nächsten Moment dröhnt sein Schädel wie eine Glocke. Feucht und warm läuft es ihm in die Augen. Er taumelt zurück, hört dumpfes Wummern und weiß nicht, dass es Schüsse sind.

Doc Smoky macht sich den Weg frei.

»Paco, hol den Fremden!«, brüllt der Alte und stürmt zur Tür.

Er dreht sich um. Drohend weist sein Revolver auf die Gäste des Saloons.

Der junge Mexikaner hat bisher regungslos vor dem Tresen gestanden. Auf Smokys Befehl hin läuft er in die Ecke, nimmt dem halb besinnungslosen Mann den Revolver ab und wuchtet sich den ausgemergelten Körper über die Schultern.

Das Blut läuft aus Sparrows Kopfwunde und hinterlässt eine Spur auf den blankgewetzten Bohlen des Fußbodens.

Der Alte hält einen Flügel der Pendeltür auf. Geschickt windet sich der Mexikaner mit seiner Last hinaus. In der nächsten Sekunde steht auch Doc am Wagen und räumt die Waren zur Seite, die mittlerweile aufgeladen wurden.

»Vorsichtig, Paco. Ganz vorsichtig«, sagte der Alte. »Wir wissen nicht, wie schwer seine Verwundungen sind. Schau nach, ob wir alles haben, was wir wollten.«

Nach ein paar Sekunden nickt der Mexikanerjunge und schwingt sich auf den Bock. Die Zügel klatschen auf die Pferderücken. Schmatzend lösen sich die Hufe aus dem Schlamm. Es knirscht, als die Tiere die ersten Schritte machen. Sie stemmen sich mächtig ins Geschirr, um den Wagen durch die verschlammte Straße zu ziehen.

Wachsam beobachtet Doc Smoky die Häuser und Saloons. Er hält den Revolver schussbereit in der Faust, und die Linke umklammert den Kolbenhals der Winchester.

Unangefochten erreichen sie die letzten Häuser. Die Gangart der Pferde wird schneller. Leichter rollt der Wagen über den felsigen Weg, und nach zehn Minuten erreichen sie freies Land.

Nick spürt das Hämmern in seinem Kopf. Sekundenlang weiß er nicht, was geschehen ist. Langsam atmet er ein, versucht, den Kopf zu bewegen, aber der jähe Schmerz lässt ihn innehalten. Vorsichtig bewegt Nick die Hände, tastet nach seinem Kopf und fühlt die Binden. Er will die Augen aufschlagen, aber er schafft es noch nicht. Regungslos liegt er und sammelt Kraft. Nach Minuten gelingt es Sparrow, die Lider zu heben.

Der Anblick, der sich ihm bietet, ist so erstaunlich, dass er sich mit einem Ruck aufsetzen will. Fast stößt er einen Schrei aus, als der scharfe Schmerz durch seinen Kopf zuckt. Matt sinkt Nick zurück und atmet tief durch.

Das Mädchen, das im Lehnstuhl vor seinem Bett sitzt, wendet den Kopf.

Sekundenlang denkt Sparrow, dass er im Himmel ist, aber als er den Löffel sieht, weiß er, dass er es noch einmal geschafft hat.

»Na endlich«, sagt die junge Frau und lächelt. »Ich dachte schon, Doc Smoky hätte sich geirrt. Er sagte voraus, dass Sie um diese Zeit aufwachen würden. Er hat Ihnen eine Fleischsuppe gekocht. Sie sollen essen, soviel Sie können.«

Nick starrt die dunklen Haare des Mädchens an, ihre Augen, das Gesicht, das sehr reizvoll ist.

»Habe ich geredet, geschrien?«, fragt Nick schwach.

»Ja. Wir versuchten alles. Sie waren nicht zu beruhigen. Chet hatte die richtige Idee. Und so setzte ich mich zu Ihnen und sprach Sie an, wenn es zu schlimm wurde.«

»Chet?«, fragte Sparrow. »Wer ist das? Wo bin ich überhaupt?«

»Sie sind auf der Skull-Ranch«, antwortet die junge Frau. »Chet Quade ist einer unserer Reiter. Einer, der sich auskennt mit Schusswunden. Der Streifschuss an der Schulter heilt bereits. Und Ihr Kopf ist auch einigermaßen heil geblieben. Sie haben nur eine mächtige Gehirnerschütterung. Und nun essen Sie die Suppe. Sind Sie kräftig genug? Sie haben mehr als sechsunddreißig Stunden geschlafen.«

Nick richtet sich langsam auf und greift nach der Schale. Das Mädchen stopft ihm das Kissen hinter den Rücken und reicht den Löffel herüber.

Langsam isst Nick. Nach sechs oder sieben Löffeln hört er auf.

»Schmeckt Ihnen die Suppe nicht?«, fragte das Mädchen verwundert und etwas zornig.

»Miss, ich habe seit mehr als fünf Tagen nichts Richtiges mehr gegessen. Ich kann einfach nicht mehr, verstehen Sie? Ich würde einen ganzen Kessel dieser Suppe leeren, aber ich schaffe es nicht.«

Das Mädchen greift zu, als Nick zurücksinkt und sofort einschläft. Sie kann die Schale gerade noch erwischen. Nach zehn Minuten verlässt die junge Frau leise den Raum. Der Fremde, der Doc Smoky und Paco aus der Patsche geholfen hat, schläft tief. Es ist ein Schlaf der Gesundung, in dem Sparrow liegt. Er fantasiert nicht mehr, sieht nicht länger fallende, blutige Männer im Traum, nein, er ruht sich aus; sein Körper sammelt Kraft.

Als Nick Sparrow abermals erwacht, dringen ihm Bratenduft und aromatischer Kaffeegeruch in die Nase.

Sparrow richtet sich auf. Langsam schwingt er die Beine vom Bett und steht auf. Außer einem dumpfen, matten Schmerz scheint sein Kopf klar zu sein. Nick nimmt die Hose vom Stuhl, doch es ist nicht seine zerfetzte Levis-Hose. Es ist eine richtige, nagelneue Hose. Und auch Hemd und Stiefel sind neu.

Nick zieht sich langsam und bedächtig an. Er genießt es richtig, nicht mehr nur noch Lumpen und Fetzen am Körper zu haben.

Sparrow geht langsam zur Tür und öffnet sie vorsichtig.

»Setz dich an den Tisch, und iss«, sagt Doc Smoky vom Herd her. »Ich habe dich gehört, Mister. Ich bin zwar ein alter Knacker, aber meine Ohren sind noch verdammt gut. Bei Gelegenheit erzähle ich dir mal, wie ich in der Armee eine eigene Abteilung bekam. Und das nur, weil ich ein so gutes Gehör habe. Ich wurde nämlich als Kundschafter eingesetzt, weißt du. Und ich hatte niemals Schwierigkeiten. Weil ich immer weit genug weg von den Gegnern wartete und einfach ihre Gespräche belauschte, wurde ich niemals erwischt. Und dann kamen die Bosse eines Tages dahinter. Sie gaben mir dreißig Mann. Ich sollte sie dazu bringen, dass sie genauso gut wurden wie ich. Du kannst dir vorstellen, dass das eine ganz dämliche Aufgabe war. Diese Kerle waren alle richtig taub, verstehst du? Sie konnten nicht mal auf eine halbe Meile einen Maulwurf ausmachen, der gerade seinen Erdhaufen aufwarf.«

»Und eines Tages hattest du die Sache satt«, sagt Nick grinsend, »und da bist du einfach abgehauen. So war es doch, nicht wahr, Doc Smoky?«

»Verdammt, woher weißt du das? Ich habe dich nie zuvor gesehen, Mister. Woher kennst du meine Geschichte?«

Sparrow setzt sich an den Tisch des Küchenhauses und lässt sich von dem Alten ein Essen vorsetzen, von dem er in den letzten Wochen immer nur geträumt hat.

Nick kaut sorgfältig und spült mit einem Schluck Kaffee nach.

»Ich traf kurz nach dem Krieg einen Burschen«, sagt er. »Der junge Kerl war richtig verrückt geworden. Er konnte keinen Maulwurfshaufen sehen. Er rannte sofort hin, schaufelte die Erde sorgfältig zur Seite und schoss seinen Colt in das Loch leer. Er hatte einen richtigen Hass auf Maulwürfe. Und weißt du, woher das kam? Während seiner Soldatenzeit war er einem alten Knaben zugeteilt worden, der ihn zum richtigen Hören ausbilden sollte. Der Alte hatte ihm zum Ziel gesetzt, er müsse hören, wenn in einer halben Meile Entfernung ein Maulwurf die Erde hochschaufeln würde. Und das gelingt doch keinem normalen Menschen, das musst du doch einsehen, Doc Smoky.«

Der Alte dreht sich um und schiebt den mächtigen Lederhut in den Nacken. Die Augen des Kochs funkeln vor Freude.

»Als ich das hörte«, sagt Nick zwischen zwei Bissen, »dachte ich natürlich, dieser Bursche erzählte mir eine Story, ein Märchen. Aber nachdem du jetzt zugibst, dieser Ausbilder gewesen zu sein …«

»Du bist verdammt gut, Mister«, murmelt Smoky. »Nicht nur mit dem Colt. Sag mal, warum hast du dich eigentlich eingemischt? Du hast geschossen wie einer vom schnellen Eisen. Hast du den Colt an den Nagel gehängt?«

Nick lässt die Gabel sinken und schüttelt leicht den Kopf.