Skull-Ranch 74 - Dan Roberts - E-Book

Skull-Ranch 74 E-Book

Dan Roberts

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Beschreibung

In Colorado herrschen nach dem Bürgerkrieg raue Zeiten. Jeder versucht sein Glück zu machen, und mancher mit Gewalt. Seit einigen Wochen werden Postkutschen und Frachtwagen der Northwest Freight Company überfallen und ausgeraubt. Einige Kutscher, die sich gegen die Banditen wehrten, wurden brutal niedergeschossen. Die heiße Beute der Outlaws verschwindet in irgendwelchen dunklen Kanälen.
Alle Versuche, die Bande zu fassen, sind bislang im Sande verlaufen. Dann kaufen sich die Männer von der Skull in das höllische Spiel ein ...


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Inhalt

Cover

Heiße Beute

Vorschau

Impressum

Heiße Beute

von Dan Roberts

In Colorado herrschen nach dem Bürgerkrieg raue Zeiten. Jeder versucht sein Glück zu ma‍ch‍en, und mancher mit Gewalt. Seit ei‍n‍i‍g‍en Wochen werden Postkutschen und Frachtwa‍gen der Northwest Freight Company überfallen und ausgeraubt. Einige Kutscher, die sich gegen die Banditen wehrten, wurden brutal niedergeschossen. Die heiße Beute der Outlaws verschwindet in irgendwelchen dunklen Ka‍n‍ä‍l‍en.

Alle Versuche, die Bande zu fassen, sind bis‍l‍a‍ng im Sande verlaufen. Dann kaufen sich die Männer von der Skull in das höllische Spiel ein ...

Es ist später Nachmittag. Die Sonne scheint nur noch als dünner, rötlicher Streifen über die Gipfel der Rockies.

Noch immer liegt die Hitze des Tages drückend über dem steilen Fahrweg. Die kahlen Felsen speicherten die Wärme und geben sie jetzt wieder ab.

Schwer stemmen sich die Zehnergespanne in die Geschirre der mächtigen Frachtwagen. Die Mulis zerren die tonnenschweren Fahrzeuge Yard um Yard weiter.

Die groben Späße sind den Kutschern vergangen. Diese eisenharten Männer sind wie gepudert mit Staub. Sie brüllen ihren Mulis keine Schimpfworte mehr zu. Dazu haben die Fahrer zu viel Dreck geschluckt. Jedes Mal, wenn sie den Mund aufmachten, atmeten sie den heißen, feinen Staub ein.

Sie müssen weiter. Hier können sie nicht lagern. Ist die Höhe erst mal erreicht, finden sie einen Lagerplatz für die Nacht. Denn dort oben gibt es Wasser und Futter für die Mulis.

Aber vorher müssen die zwölf Wagen noch durch einen engen Hohlweg fahren, der etwa eine Meile lang ist.

Ein Reiter zügelt sein Pferd hinter dem letzten Wagen. Der Mann wischt sich mit dem Ärmel des karierten Hemdes den Schweiß von der Stirn. Der Ärmel wird dunkelgrau von Schmutz und Schweiß.

Aus leicht zusammengekniffenen Lidern mustert der Reiter prüfend den Fahrweg. Die Schlucht erscheint ihm wie das dunkle, drohende Maul eines Ungeheuers.

Der erste Wagen ist nur noch wenige Yards vom Eingang des Hohlweges entfernt.

»Los, lauf schon«, sagt der Reiter und schlägt seinem Pferd die flache Hand zwischen die Ohren.

Das Tier wiehert unwillig und geht an. Vorsichtig läuft es an den Wagen vorbei. Es wird erst schneller, als es wieder in der Mitte des Trails gehen kann.

»Weiter, gebt ihnen die Peitsche, den verdammten Biestern!«, brüllt der Reiter mit trockener Stimme.

Die Kutscher stemmen sich fester in ihre Sitze aus groben Brettern. Die Männer wissen, worauf es ankommt. Schaffen sie diesen Hohlweg, so haben sie gewonnen. Denn der schmale Canyon ist der ideale Ort für einen Überfall.

In den letzten beiden Monaten gelangte kein Wagenzug unbeschadet nach Nordwesten. Die Banditen schlugen erbarmungslos zu. Acht Männer ließen bisher ihr Leben, weil sie die Fracht verteidigen wollten. Sie mussten sterben; die Halunken kannten keine Gnade.

»Dieser Hohlweg«, sagt der Reiter halblaut zu sich selbst, »dort werden sie uns auflauern.«

Der Mann verzieht die Lippen zu einem grimmigen Lächeln, als er die Winchester aus dem Scabbard zieht. Er hebelt die erste Patrone aus dem Röhrenmagazin in das Lager. Das Gewehr liegt quer über den Oberschenkeln des Wächters.

Er ist ein erfahrener Mann, der einen solchen Job nicht zum ersten Male ausführt. Er ist sicher, die Banditen zurückschlagen zu können.

Aber er weiß nicht, dass er sich täuscht.

Genau in der Mitte des Canyons reitet der Wächter bergan. Die Wagen folgen langsamer. Das Knarren der Räder wird lauter, denn in der Schlucht kann sich der Schall nicht so schnell verlaufen.

Für einen Moment runzelt der Begleiter die Stirn. Das Räderknarren übertönt alle anderen Geräusche. Wenn die Banditen dort irgendwo lauern, können sie sich ungeniert unterhalten.

Entschlossen presst der Wächter seinem Pferd die Hacken in die Flanken. Das Tier greift mächtig aus und wird schneller. Es legt seine ganze Kraft in seine Schritte. Endlich erreicht es das Ende des Canyons.

Die Sonne blendet den Wächter für ein paar Sekunden. Die schützenden Felswände weichen zurück.

Als der Begleiter des Wagenzuges wieder etwas sehen kann, erstarrt er. Mehr als zwei Dutzend Männer erwarten ihn.

Die Kerle haben die Hüte tief in die Stirnen gezogen. Das übrige Gesicht ist von Halstüchern verhüllt.

»Mach keinen Unsinn, Mister!«, ruft einer der Banditen, »mach nur keinen Ärger. Du bekommst eine Kugel, wenn du was anfängst.«

Der Begleiter spürt Wut in sich auflodern. Er reißt das Gewehr hoch, feuert, aber da ist es für ihn auch schon vorbei.

Mehr als vier der Halunken drückten ab. Als der Wächter von den Einschlägen der schweren Geschosse aus dem Sattel gestoßen wird, ist er bereits tot.

Der erste Wagen rollt durch den Canyon. Der vierschrötige Fahrer hat die Schüsse gehört. Er sitzt steif wie ein Ladestock auf dem Bock. Mit der Linken hält der schwere Mann die Zügel des Zehnergespannes, aber die Rechte ist nicht zu sehen.

Die Angreifer warten ab, bis der dritte Wagen die Mündung des Hohlweges passiert.

Und dann jagen ihre Pferde los!

Der Fahrer des Frachtwagens holt tief Luft. Er reißt mit der Rechten an einer Leine, die neben dem Sitz angebracht ist. Ein Sekundenbruchteil später fliegt die graue Plane von den Bögen. Bewaffnete Männer schnellen hoch. Sie reißen die Gewehre an die Schultern und jagen in wilder Folge Schuss um Schuss aus den Läufen.

Die Banditen reißen ihre Pferde herum, zwingen die Tiere im Zickzack an dem ersten Wagen vorbei und feuern auf die Fahrer der folgenden Frachter.

Eine gewaltige Explosion dröhnt plötzlich auf. Schmerzensschreie hallen durch das Peitschen der Gewehre. Der erste Wagen ist nur noch ein Haufen Holz, aus dem schwaches Stöhnen dringt. Die Begleiter, die bewaffnete Truppe, die diesen Wagenzug schützen sollte, ist erledigt.

Der massige Kutscher liegt in einem Dutzend Yards Entfernung auf dem Bauch. Er kann kaum etwas hören, und sein Atem geht schwer und stockend. Die Detonation trieb ihm die Luft aus den Lungen.

In seinen Ohren knackt es scharf. Der Kutscher hört schwach das Aufpeitschen der Gewehre. Ein paar Revolver wummern dumpf, dann ist es zu Ende.

»Hey, Ned, wir haben es geschafft!«, ruft ein Mann. »Wir haben es wahrhaftig wieder geschafft.«

»Natürlich, Kid«, antwortet einer der anderen Halunken, »hattest du daran gezweifelt? Was ich mache, mache ich richtig.«

An der Oberkante des Hohlweges richten sich vier Männer auf. Sie warfen das Dynamit, das die Begleiter mitsamt dem ersten Wagen zerriss. Die Kerle winken nach unten, bevor sie verschwinden.

Die Halunken galoppieren auseinander. Ein Teil der Banditen treibt ein Rudel Mulis heran, die mit Packsätteln ausgerüstet sind. Andere Kerle spannen die Tiere vor den Wagen aus und leinen sie zusammen.

Eine halbe Stunde später erinnern nur noch die ausgeraubten Wagen, die Toten und das zerfetzte erste Fahrzeug an den Überfall.

Der massige Kutscher wälzt sich vorsichtig herum. Er atmet flach, als er die Verwüstung sieht.

Er stößt einen grimmigen Fluch zwischen den Zähnen heraus. Der Fahrer stemmt sich hoch, versucht ein paar Schritte und stellt fest, dass er noch aus einem Stück ist.

Wenig später weiß er, dass außer ihm keiner seiner Freunde diesen Überfall überlebte.

Mit ausdruckslosem Gesicht steht der schwere, große Mann vor den Toten.

»Ich muss zurück«, murmelt er, »aaahhh, wir hatten US-Post bei uns. Das hetzt den Hundesöhnen den Marshal auf den Hals. Ich wünsche nur, dass die verfluchten Kerle ganz langsam zur Hölle fahren. Sie sollen was davon haben, bevor sie sterben. Diese elenden Bastarde!«

Der Kutscher dreht sich um, nimmt eine Winchester und einen Colt auf, und stopft sich die Taschen voll Patronen. Eine Wasserflasche hängt er sich um den Hals.

Dann marschiert der massige Kerl los. Er geht zurück. Es ist ein weiter Weg bis Denver, und er muss ihn zu Fuß gehen. Aber die Wut in ihm ist so stark, dass er gar nicht daran denkt. Denn sonst hätte er den Banditen sicher noch mehr als die Pest an den Hals gewünscht.

Chet Quade sitzt auf der Veranda des Haupthauses. Der Vormann der Skull-Ranch erwartet Shorty und Brazos. Die beiden fuhren vor zwei Tagen nach Hotdog City, um dort eine Wagenladung Fleisch abzuliefern.

Eigentlich müssten die beiden Unzertrennlichen schon zurück sein. Aber wenn Brazos wieder einmal zu tief in die Whiskyflasche geschaut hat, dauert alles etwas länger. Wer weiß, vielleicht zerlegte der Hüne sogar einen Saloon in seiner Trunkenheit.

Chet seufzt hörbar, als er daran denkt. Wenn die beiden so ungleichen Männer nicht so ausgezeichnete Cowboys wären, hätte sie der Boss schon längst davongejagt. Aber Shorty, der kleine, krummbeinige Reiter und sein massiger Freund Brazos sind wirklich die besten Rindermänner, die sich ein Rancher wünschen kann.

Doc Smoky klappert in seinem Küchenhaus mit den Töpfen und Pfannen. Chet steht auf, reckt sich und murmelt: »Hoffentlich hat der alte Halunke Kaffee auf dem Herd stehen.«

Der Vormann geht mit geschmeidigen Schritten zum Kochhaus hinüber. Quade scheint über den Boden zu gleiten, ihn gar nicht zu berühren. Irgendwie wirkt der schlanke, dunkelhaarige Mann indianerhaft. Er strahlt etwas aus, das andere Menschen zur Vorsicht gemahnt. Besonders harte Burschen und solche, die sich für hart halten, werden hellwach, wenn sie Chet sehen.

Denn er ist ein Kämpfer.

Früher verdiente er sich seinen Lebensunterhalt mit dem Colt. Er war ein professioneller Revolvermann. Aber seit er auf John Morgans Skull-Ranch Vormann wurde, greift Quade nur noch zur Waffe, wenn die Ranch bedroht ist.

Ein schwaches Geräusch lässt Chet herumwirbeln. In einer Reflexbewegung packt er mit der Rechten den Griff des Revolvers.

»Es steckt ganz tief in dir drin, wie, Chet?«, fragt die junge Frau halblaut, die auf die Veranda trat.

Sie blickt den Vormann aus ihren dunklen Augen ernst an. So etwas wie Kummer steht in ihrem Blick, als sie auf die schwere Waffe im Holster schaut. Mary-Lou Morgan, die Tochter des Ranchers, mag keine Waffen, mag keine Auseinandersetzungen, bei denen heißes Blei als letztes Argument durch die Luft fliegt. Aber sie ist klug. Sie weiß, dass in diesem wilden, rauen Land der Colt oder die Winchester oftmals das letzte Wort haben. Mary-Lou weiß es, aber sie findet sich nicht einfach damit ab. Sie war schon mehr als einmal in Lebensgefahr, wenn Halunken und Rustler in das herrliche Blaugrastal eindrangen.

Chet lächelt schwach. Es hat keinen Sinn, der jungen Frau zu antworten. Sie kennt ihn genauso gut, wie er sich selbst kennt. Sie weiß, dass der Griff zum Revolver ein Reflex ist, der die Steuerung des ehemaligen Kämpfers übernimmt, wenn er überrascht wird.

»Bring mir einen Kaffee mit«, bittet Mary-Lou.

Chet nickt und schlendert auf das Kochhaus zu.

Als er noch sechs oder sieben Yards von der geöffneten Tür entfernt ist, hallt ein fürchterliches Getöse aus dem Raum.

Doc Smoky, der alte faltengesichtige Koch stößt einen bösen Fluch aus, bei dem ein Maultiertreiber rot geworden wäre.

Ein Hund jault auf, abermals scheppert es, und dann saust General Lee aus der Tür. Im Fang trägt er ein rohes Stück Fleisch. Der Schäferhund springt mit einem Satz zur Seite, saust an Chet vorbei und verschwindet in den Büschen des Seeufers.

Doc Smoky rennt mit flatternder Schürze aus seinem Küchenhaus. In der Rechten schwingt der Koch eine zerbeulte Kanne, die sicher zwei Gallonen fasst.

»Ich schlage dir deinen dummen Hundeschädel ein!«, kreischt der Alte mit vor Erregung fistelnder Stimme.

Er sieht Chet gar nicht, der den Ansturm des Alten gelassen erwartet.

Und da prallt Doc Smoky auch schon gegen den Vormann. Der Koch fackelt nicht lange, er reißt die Rechte hoch, will zuschlagen, aber da fühlt er den eisenharten Griff um seinen Arm.

»Heeee!«, schreit er, lässt sich fallen, spreizt die Beine und legt sie wie die Backen einer großen Zange um Chets Unterschenkel.

Smoky ist ein alter Bursche, aber noch immer hat er Kraft. Er macht den meisten Jüngeren noch was vor, und er kennt eine ganze Kiste voller Tricks.

»Lass das, Smoky«, sagt Chet laut, »deine Knochen sind schon morsch. Wenn du dich noch mehr anstrengst, brechen sie, und dann müssen wir uns einen neuen Koch suchen.«

Der Alte lockert die Umklammerung. Er zieht sich an Chets Arm hoch und schnauft wütend.

»Dieser verdammte Köter«, schreit der Koch, »ich hatte gerade alles fein saubergemacht! Für den Boss lag noch ein Steak da. Ich wollte es ihm braten, wenn er von der Nordweide zurückkommt. Dieser verfluchte General Lee sauste einfach durch die gespülten Töpfe und Pfannen und schnappte sich das Fleisch. Jetzt ist alles umsonst. Wenn ich den Kerl erwische, mache ich einen Frosch aus ihm, so wahr ich Doc Smoky heiße.«

Chet grinst ein paar Sekunden lang. Die Fehde zwischen Doc Smoky und dem Hund besteht schon lange. Immer sieht es so aus, als hassten sich die beiden, dabei sind sie in Wahrheit die besten Freunde.

»Lass ihm doch seinen Spaß«, sagt Chet besänftigend, aber er trifft den Koch damit an einer empfindlichen Stelle.

Smoky ist kein kleinlicher Pfannenschwenker, o nein. Aber er kann es auf den Tod nicht ausstehen, wenn ihm jemand aus seiner Küche etwas wegnimmt. Da bildet auch der Hund keine Ausnahme.

Chet verdreht die Augen und starrt ergeben zum Himmel, als der alte Koch ihm einen wütenden, mit Flüchen gewürzten Vortrag hält.

Als Smoky Luft holen muss, fragt der Vormann: »Mary-Lou möchte Kaffee, Doc. Wie sieht es damit aus?«

Smoky klappt den Mund zu, kratzt sich zwischen den spärlichen Haaren, die in einem dünnen Kranz über seinen Ohren verlaufen und grunzt.

»Ihr wollt also Kaffee«, sagt der Alte, »okay, okay, hol dir den verdammten Kaffee. Ich habe keine Zeit, euch zu bedienen. Ich muss jede Arbeit zwei- oder dreimal machen. Entweder bringt der Hund alles durcheinander oder ihr fuhrwerkt in meiner Küche herum. Wird Zeit, dass ich mal für ein paar Wochen verschwinde. Ihr wisst es gar nicht mehr zu schätzen, was ich alles für euch mache.«

Chet geht schnell in das Kochhaus, denn er spürt, dass ein neuer Vortrag droht, und dem will er sich nicht aussetzen. Der Vormann holt zwei eingebeulte Blechbecher und die Kanne aus der Küche. Smoky schimpft vor sich hin, als er sein Reich wieder betritt und böse auf den Berg Geschirr blickt, der neben der Pumpe am Boden liegt.

Der Alte hat es satt. Ihn jucken die Füße. Er möchte mal wieder ein Abenteuer erleben. Darum wurde er auch so böse, als General Lee das Fleisch stahl, das für den Boss bestimmt war.

Chet kennt Smoky lange genug. Der Vormann spürt, was in dem Alten vorgeht. Besorgt denkt Quade daran, dass Doc Smoky sich bald ein Pferd schnappen und davonreiten wird. Irgendwann in ein paar Tagen oder Wochen erreicht dann der Hilferuf des Alten die Ranch. Die Männer werden dann satteln müssen, um ihren Koch herauszuhauen. Das ist oft genug so passiert.

Mary-Lou lächelt, als sie Chets unbewegtes Gesicht sieht. Sie ahnt, dass sich der Vormann Sorgen macht.

»Lass ihn doch«, sagt das Mädchen und lehnt sich dicht an Quade, »er kommt immer wieder zurück. Hier ist seine Heimat, Chet. Er kann ohne uns nicht alt werden.«

Der Vormann schenkt Kaffee ein. Seine schwarzen Augen wirken ausdruckslos. Er spürt mit dem unerklärlichen Instinkt eines Kämpfers, dass ihm etwas bevorsteht, das er noch nicht erkennen kann.

Nach einer Weile hebt er den Kopf und lauscht. Mary-Lou sieht Chet fragend an.

»Ein Wagen kommt«, sagt Quade, »von Nordwesten, er fährt ziemlich langsam. Brazos wird wohl wieder erfolgreich den Alkohol bekämpft haben. Und Shorty transportiert ihn auf dem Wagen, damit der Dicke seinen Rausch ausschlafen kann.«

So ist es auch. Nach einer halben Stunde zügelt der kleine Shorty die Deichselpferde vor dem Stall und klettert steifbeinig vom Kutschbock.

»Heee, Chet, pack mal mit an«, kräht der kleine Cowboy, »der Klotz ist steif wie ein Baumstamm.«

Quade seufzt und steht auf. Als er bei Shorty angelangt ist, sieht er die bläulich schimmernde Schwellung unter dem linken Auge des Kleinen.

Shorty lächelt schwach und sagt: »Ohne den Dicken wäre es mir mächtig schlecht ergangen, Vormann. Irgend so ein Townwolf, so ein Kerl mit tief hängendem Eisen legte sich mit mir an. Ich verdrosch ihn, aber er verpasste mir das Veilchen. Seine Freunde waren verdammt unfair, und da griff Brazos ein. Ich glaube, der Kerl schläft immer noch.«

Shorty kichert und verzieht das Gesicht vor Freude, als er daran denkt.

»Ihr seid beide vollkommen verrückt«, sagt Chet kopfschüttelnd.

Er packt Brazos unter den Achseln und wuchtet den schweren Mann von der Ladefläche des Ranchwagens. Gemeinsam mit Shorty trägt er ihn in den Pferdestall. Sie legen den massigen Cowboy in eine leere Box. Dort kann er seinen Rausch ausschlafen.

Shorty liefert das Geld ab, das sie für die Fleischladung bekamen. Es fehlt kein Cent. Shorty und Brazos sind zwar raue Burschen, aber absolut ehrlich. Sie würden niemals auch nur einen Cent von den Dollars anrühren, die dem Boss gehören.

Eine halbe Stunde später hat der Cowboy gegessen. Er hockt zufrieden auf den Stufen der Veranda und rollt sich eine Zigarette aus krümeligem Durham-Tabak. Als das Stäbchen brennt, ist Shorty vollkommen zufrieden.

John Morgan reitet unter dem Torbogen durch, der den nackten Schädel eines mächtigen Bullen trägt. Dieser Schädel gab der Ranch ihren Namen.

Aber noch ein zweiter Reiter nähert sich den Gebäuden. Der Mann lässt sein Pferd im Trab gehen. Er zügelt das Tier auf dem Ranchhof, als Shorty gerade John Morgans Tier versorgt hat.

Chet blickt den Fremden an und lächelt.

»Matt Kirkwood, der US-Marshal von Colorado«, sagt der Vormann mit flacher Stimme, »welcher Wind weht dich hierher?«

Die Männer kennen sich. Chet übernahm schon früher ein paar heiße Jobs als Deputy des Bundesmarshals. Und jetzt fühlt der indianerhafte Vormann deutlich, dass ein neuer Auftrag auf ihn wartet.

Kirkwood sitzt ab. Er führt seinen Braunen am Zügel zum Stall. Shorty mustert das Pferd. Es hat einen harten Ritt hinter sich. Der Kleine versorgt das Tier gewissenhaft. Denn in diesem Land ist ein Mann ohne Pferd so gut wie verloren.

John Morgan steht neben seiner Tochter und dem Vormann auf der Veranda. Mary-Lou legt ihre Hand auf Chets Arm, als der Marshal die Stufen hinaufsteigt.

Es sieht so aus, als wolle Mary-Lou den Vormann festhalten, zurückhalten, denn sie spürt genau, dass Kirkwood mit einem heißen Auftrag zur Skull-Ranch gekommen ist.

»Marshal, willkommen«, sagt John Morgan.

Sie begrüßen den Beamten, der sich aufseufzend in einen der gepolsterten Sessel fallen lässt, die um den selbstgezimmerten Tisch herumstehen.

»Das stellt sich noch heraus, ob ich willkommen bin«, sagt Kirkwood langsam. »Mary-Lou scheint gar nicht erfreut zu sein.«

Der Marshal ist sehr direkt, denkt Chet. Irgendetwas muss ihm hart zusetzen, dass er ohne Einleitung auf sein Ziel zusteuert.