Skull-Ranch 79 - Dan Roberts - E-Book

Skull-Ranch 79 E-Book

Dan Roberts

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Beschreibung

Ihr Gesicht ist das eines Engels, ihre aufreizend weibliche Gestalt raubt den Männern den Verstand, und ihre Seele ist schwarz wie die Nacht. Jessica, die Revolver-Lady, kennt keine Skrupel, wenn es gilt, ihr Ziel zu erreichen. Für die schöne Blondine bedeutet das, neunzigtausend Dollar in ihren Besitz zu bekommen. Für diese Bucks hat sie gemordet und wird weitermorden!
Niemand auf der Skull-Ranch ahnt, dass die junge Frau, die bei John Morgan Zuflucht sucht, eine eiskalte Verbrecherin ist. Jessica, die Revolver-Lady, geht über Leichen!


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Seitenzahl: 152

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Jessica, die Revolver-Lady

Vorschau

Impressum

Jessica, dieRevolver-Lady

von Dan Roberts

Ihr Gesicht ist das eines Engels, ihre aufreizend weibliche Gestalt raubt den Männern den Verstand, und ihre Seele ist schwarz wie die Nacht. Jessica, die Revolver-Lady, kennt keine Skrupel, wenn es gilt, ihr Ziel zu erreichen. Für die schöne Blondine bedeutet das, neunzigtausend Dollar in ihren Besitz zu bekommen. Für diese Bucks hat sie gemordet und wird weitermorden!

Niemand auf der Skull-Ranch ahnt, dass die junge Frau, die bei John Morgan Zuflucht sucht, eine eiskalte Verbrecherin ist. Jessica, die Revolver-Lady, geht über Leichen!

»Hooohhh, lauft, ihr lahmen Böcke!«, schreit der Kutscher und klatscht die Zügel auf die Rücken der Pferde.

Das Sechsergespann ist unruhig. So, als witterten sie eine unbekannte Gefahr. Aber sie ziehen willig an. Der Weg wird steiler. Links ragen schroffe Felswände mehr als zweihundert Fuß hoch. Rechts geht es beinahe eine halbe Meile tief hinab.

»Verdammt, Casey, mir juckt der linke Fuß«, sagt der Beifahrer mürrisch.

Der Kutscher blickt kurz auf das Holzbein seines Wächters, das den linken Fuß ersetzt.

Immer, wenn O'Hara von seinem Fuß spricht, den er im Bürgerkrieg verlor, gibt es Verdruss.

»Du solltest dich um deine Flinte kümmern, Tim«, meint der Kutscher gedehnt. »Wir haben es bald geschafft, aber wenn dein Fuß juckt...«

Das Knarren der Räder und das Stampfen der Hufe auf dem steilen Felsenweg übertönen das Gespräch der beiden Fahrer der Stagecoach.

Nur zwei Passagiere sitzen in dem Wagenkasten.

Der Mann ist klein und dick. Eine goldene Uhrkette spannt sich über der Wölbung seines Bauches. Und die Kleidung dieses Mannes zeigt, dass er kein Cowboy oder Arbeiter ist.

Die Frau sitzt ihm gegenüber. Sie haben in den beiden Tagen, die sie gemeinsam in der Kutsche sitzen, nicht mehr als ein Dutzend Sätze miteinander gesprochen.

Dem Dicken kommt es so vor, als wirke seine Reisegefährtin erleichtert. Je weiter sie sich von Denver entfernen, desto fröhlicher sieht sie aus.

Jessica Thornwell schaut nachdenklich zum Fenster hinaus. Die Felsen wirken bedrohlich auf sie. Hier und dort wuchern Bergkräuter aus Rissen heraus, in die der Wind Erde getragen hat.

»Los, legt euch richtig rein, ihr Ziegenböcke!«, brüllt der Kutscher.

Die Peitsche knallt. Der Wagen wird wieder etwas schneller.

»Wir haben die Steigung gleich geschafft«, ruft der Beifahrer, der sich seitlich zum Fenster der Wagentür hinabbeugt.

In diesem Moment peitscht eine Winchester.

Die Augen des Beifahrers werden starr. Schwer fällt der Wächter herab, prallt auf den Boden und rollt bis zum Abgrund.

Die Parkerflinte rutscht aus seinen schlaffen Händen. Das Gewehr saust in die Tiefe. Dumpf donnern die beiden Schüsse, als die Flinte irgendwo aufschlägt und die Hähne sich lösen.

Grell wiehern die Pferde im Geschirr. Abermals peitscht das Gewehr. Das vorderste Tier bricht zusammen. Die anderen können nicht langsamer werden. Sie rennen in das tote Pferd hinein. Die Kutsche schwankt bedenklich, rutscht hinten weg und schleudert den toten Wächter mit dem Hinterrad in die Tiefe.

Der dicke Mitreisende umklammert mit beiden Händen seine große Bügeltasche. Sicher führt er etwas Wertvolles mit, aber irgendwie weiß er, dass es keinen Sinn hat, seinen Besitz zu verteidigen.

Jessicas lange blonde Haare wirken auf einmal stumpf. Ihr Gesicht ist eine undeutbare Maske, und die grüngrauen Augen wirken kalt und leblos.

Hart knallt der Bremsblock auf die Eisenreifen der Räder.

Mit einem gewaltigen Satz springt der Kutscher vom Bock, reißt die Winchester unter dem Sitz hervor und presst sich mit dem Rücken gegen die Felswand. Hier hat er Deckung, aber die Banditen haben an alles gedacht.

»Wirf das Ding weg, Mann!«, ruft eine Stimme von oben.

Der Kutscher zuckt zusammen, schaut hoch und reißt das Gewehr an die Schulter.

Er hat keine Chance.

Ein Colt wummert. Der Fahrer der Stagecoach von Denver nach Colorado Springs bricht tot zusammen.

»Kommt raus aus dem Kasten!«, gellt die Stimme eines zweiten Mannes. »Kommt ganz vorsichtig raus. Ihr geht an den Gäulen vorbei und bleibt ein Dutzend Yards vor den Tieren stehen. Nehmt nur nichts mit. Ich will euch mit leeren Händen dort vorne sehen.«

Seufzend steht der dicke Mann auf. Umständlich wälzt er sich aus dem Wagen und geht schwerfällig nach vorne.

Jessica nimmt einen bunt geblümten Beutel in die Linke, bevor sie aussteigt.

Der Dicke wendet den Kopf. Entsetzt weiten sich seine Lider, als er den Beutel sieht.

»Wir sollen nichts mitnehmen«, sagt der Mann krächzend.

Angst liegt in seiner Stimme, und auf der Stirn des Dicken glänzt der Schweiß.

Jessica antwortet nicht. Sie geht einfach weiter. Der andere Reisende marschiert mit erhobenen Händen an den unruhigen Pferden vorbei, die entsetzt die Augen rollen. Das Blut des toten Tieres macht die Gespannpferde nervös.

»Ich hab doch gesagt, ihr sollt nichts mitnehmen!«, gellt die Stimme des Banditen.

Ein Schuss peitscht. Die Kugel faucht dicht an Jessica vorbei und reißt den Stoff des Beutels zwei Inches weit auf.

Entschlossen hält die blonde Frau die Stofftasche vor ihren Oberkörper. So einfach sollen es die Halunken nicht haben. Jessica weiß, dass die Kerle sie lebend erwischen wollen.

Unwillkürlich läuft ihr ein Schauer über den Rücken, als sie daran denkt, was die Halunken mit ihr anstellen werden. Sie presst die Lippen zusammen, dass sie wie ein blutroter Strich wirken.

»Halt!«, ruft der Halunke, »das ist weit genug. Stellt euch mit dem Gesicht zur Felswand.«

Jessica riecht die Angst des Dicken. Er stinkt nach Schweiß.

Ein paar kleine Steine poltern, als ein Mann geschickt die Steilwand herabklettert.

Der Bandit steigt in den Wagenkasten und rumort darin herum.

»Hee, das ist ein Whiskyvertreter!«, brüllt der Bursche, als er wieder herauskommt und die große Bügeltasche schwenkt.

»Wirf das Zeug in den Abgrund«, befiehlt der Anführer.

»Danny, bist du verrückt geworden?«, schreit der zweite Mann. »Das ist richtig guter Stoff, nicht so ein Dreckszeug wie das, was wir sonst trinken.«

»Wirf es runter!«

Die Stimme des anderen Halunken hat auf einmal einen eiskalten Unterton. Der Bandit scheint diesen Tonfall zu kennen. Sofort holt er aus und schmeißt die Whiskyproben in die Tiefe.

Mit stumpfen Augen schaut der Dicke zu.

»Hast du gefunden, was wir suchen?«, fragt der Boss der Halunken.

»Nein, Danny, das Zeug ist nicht in der Kutsche.«

»Aber das Girl ist die Richtige«, antwortet der Anführer. »Slim, leg den Dicken um. Sie soll wissen, dass wir keine Rücksicht nehmen. Außerdem weiß er schon zu viel. Er kann die Tante beschreiben, und das hetzt uns sicher die Sternträger auf die Fährte.«

Ein Revolver wummert.

Der Whiskyvertreter bricht in die Knie. Seine Augen sind plötzlich leblos. Der Mann ist tot.

»So, du schöne Blonde«, ruft der Anführer, »du gehst jetzt weiter, bis du 'ne Felsspalte siehst. Sie ist breit genug für dich. Geh rein, alles andere sage ich dir später.«

Jessica holt tief Luft. Sie weiß, dass sie noch eine Chance hat. Die Halunken machten einen Fehler. Sie hätten sie gleich umbringen müssen.

Die blonde Frau, die sicher noch keine dreißig Jahre alt ist, geht langsam weiter. Die Felsspalte ist gerade so groß, dass sich ein schlanker Mann durchzwängen kann. Geschickt windet sich Jessica in die Öffnung. Nach drei oder vier Yards biegt der enge Gang nach links ab. Ein Dutzend Schritte weiter verbreitert er sich zu einem Talkessel, durch den sogar ein kleiner Bach fließt.

Drei Pferde stehen am Wasser.

»Hank, kümmere dich um sie«, befiehlt der Boss der Halunken. »Slim und ich jagen die Kutsche in den Abgrund. Wir brauchen einen Vorsprung, wenn die Kerle von der Stagecoachlinie kommen. Sie sollen sich erst mal mit der Bergung des Wagens beschäftigen. Schmeiß den Dicken in den Kasten.«

Gestein knirscht unter Stiefelsohlen. Jessica fährt herum. Ein Schatten taucht über der Kuppe des kleinen Talkessels auf. Der Mann, der die Kutsche durchsuchte, schwingt sich über die Felsen.

Als er vor der blonden Frau steht, gleitet sein tastender Blick über ihre Rundungen. Jessica fühlt Ekel in sich aufsteigen, als sie den Blick des Hundesohnes sieht. Aber das ist ihre Chance.

Auf der anderen Seite des kleinen Kessels führt ein Pfad hinaus, der einem Pferd genug Platz bietet. Sie muss hier weg!

»Du musst mir helfen, Danny«, ruft der zweite Bandit, »der Dicke ist verdammt schwer.«

Geräusche klingen auf. Ein paar Pferde wiehern grell, und dann schabt Metall über den Felsboden.

Der Mann, den der Anführer Hank nannte, blickt sich rasch um. Er weiß, dass seine Kumpane beschäftigt sind. Warum soll er nicht die Gelegenheit nutzen, dieser schönen Frau etwas näher zu kommen?

Er ist sicher, dass er mit einer Frau jederzeit fertig wird. Und vielleicht hält er sich auch für einen feinen Burschen, hinter dem jedes Girl her ist.

So tritt er näher heran. Grinsend streckt er die Linke aus, legt sie an Jessicas Wange, lässt die Hand auf die Schulter und dann tiefer rutschen. Als er die weichen Rundungen spürt, atmete er heftiger.

Und als Jessica ihm einen auffordernden Blick schenkt, glaubt er sich am Ziel.

Aber er weiß nicht, dass diese Frau eine Mischung zwischen Raubkatze und Klapperschlange ist.

Jessica geht mit zwei kurzen Schritten zum Bachufer. Sie setzt sich in das weiche Gras und zieht den Rock so weit hoch, dass dem Halunken die Luft wegbleibt.

Er hat es jetzt eilig, stolpert fast über die eigenen Füße, als er zu ihr läuft. Er kniet sich zu dem Mädchen und drückt es an sich. Jessica greift unter den Rock, und sicher nimmt der Kerl an, dass er gleich am Ziel ist.

Aber sein Irrtum kostet ihn das Leben!

Die Blonde spannt den Hahn des Derringers, den sie unter ihrem Rock trägt und drückt ab.

Die Schussdetonation ist kaum zu hören, denn der Körper des Banditen dämpft den Knall.

Mit einem Ruck befreit sich Jessica und steht auf. Ausdruckslos starrt sie auf den Toten hinab. Nach ein paar Sekunden geht sie zu den Pferden. Die Tiere heben die Köpfe. Jessica entscheidet sich für einen starkknochigen Grauen, der sicher in den Bergen gut klettern wird.

Geschickt schwingt sich die Frau in den Sattel. Mit dem Wurfseil, das am Horn hängt, treibt sie die beiden anderen Tiere auf den Pfad zu, der aus dem kleinen Talkessel hinausführt. Unwillig marschieren die Pferde los.

Hinter ihnen poltert es gewaltig. Die Halunken haben die Kutsche in den Abgrund gestürzt.

Jessica hat keine Zeit mehr.

Sie reißt die Winchester aus dem Scabbard und hebelt eine Patrone in das Lager.

Zwei Mal peitscht das Gewehr. Die beiden Reitpferde der Banditen brechen tot zusammen.

Und dann treibt die blonde Frau den Grauen an, der mit sicheren Schritten den Bergpfad hinabgeht.

Aber Jessica machte einen Fehler. Sie ahnt es, aber sie kann nicht sagen, woraus dieser Fehler besteht.

Links und rechts des Weges bedecken dichte Teppiche aus Bergkräutern die karge Erdkrume auf den Felsen. Zwei, drei Krüppelkiefern recken ihre krummen Äste in den Trail. Das Pferd wirft den Kopf hoch, aber ein paar der harten Nadeln stechen in seine Nüstern. Wütend schnaubt der Graue. Er keilt aus, rutscht mit der Hinterhand weg und schlittert mehr als zwanzig Yards abwärts. Endlich gelingt es dem Tier, die Hufe in eine flache Sandmulde zu stemmen und anzuhalten.

Erleichtert will Jessica aufatmen, aber sie erstarrt, als sie das gefährliche Rasseln hört.

Hornklappern schlagen gegeneinander. Das Pferd wiehert entsetzt; es kennt dieses Geräusch und weiß, dass es seinen Tod bedeutet.

Die mächtige Felsklapperschlange schnellt vor. Sie hackt ihre Giftzähne in das linke Vorderbein des Tieres. Das Pferd steht ganz still. Sekunden später durchläuft ein Zittern den Grauen. Er knickt vorne ein, fängt sich wieder, stemmt sich hoch, aber das Gift ist für das Herz des Reitpferdes zu stark. Sicher biss die Schlange lange Zeit nicht zu, und so bildete sich in ihr eine Menge des bösartigen, gelblichen Giftes.

Jessica reißt die Füße aus den Steigbügeln. Verzweifelt sieht sie sich um, aber nirgendwo findet sie Sicherheit. Die Felsen ragen zu steil auf, als dass die Frau mit einem Sprung hinauf könnte.

Aber sie hat Glück im Unglück. Blitzartig fällt der Graue vornüber. Er begräbt die zurückschnellende Schlange unter seiner starkknochigen Brust. Das Reptil windet sich, aber sein Rückgrat ist verletzt.

Vorsichtig steigt Jessica ab. Aufmerksam sucht sie die Umgebung mit ihren Blicken ab. Aber keine weitere Schlange ist zu sehen.

Aufatmend klettert die junge Frau in die Felsen. Die Krüppelkiefern bieten ihr genügend Deckung.

Jessica späht den Weg entlang. Von den beiden Banditen ist noch nichts zu entdecken. Und jetzt weiß sie auch, welchen Fehler sie machte. Sie hörte keine Schüsse. Die Halunken ließen die Kutschpferde am Leben. In wenigen Minuten werden die beiden Banditen hinter ihr her sein.

Nachdenklich blickt Jessica auf den Grauen und die Schlange, die sich nur noch schwach bewegt. Die drei Kiefern sind keine gute Deckung. Denn sehen die Banditen erst das tote Reitpferd, wissen sie, dass ihr Wild noch in der Nähe ist.

Jessica steht auf. Sie klettert auf den Weg hinab. Mit gleichmäßigen Schritten läuft sie davon. In steilen Bögen windet sich der Felsentrail nach unten. Aber auf der anderen Seite dieses Tales muss sie wieder hinauf.

Als die junge Frau endlich unten ankommt, blickt sie zurück. Noch ist von den Verfolgern nichts zu erkennen. Aber Jessica weiß, dass sich die Kerle auf ihre Spur setzen werden. Dafür ist der Inhalt ihres Beutels zu wertvoll, als dass die Banditen aufgäben.

»Ich muss nach Westen, durch die Berge«, murmelt die Frau. »In einer der größeren Städte habe ich keine Chance. Vielleicht schaffe ich es bis ins Goldland.«

Sie hörte von Siedlungen wie Golden City, Stagebreak und Hotdog. Dort wühlen Digger den Boden um, suchen nach dem gelben Metall und träumen vom großen Reichtum. Sogar eine Postkutschen-Linie soll von dort aus weiterführen.

Während Jessica mit schnellen Schritten das kleine Tal durchquert, lächelt sie. Aber es ist ein böses, hartes Lächeln, das im Gesicht der blonden Frau liegt. Und so ist sie auch: böse und hart. Aber sie weiß sich geschickt zu verstellen. Denn sie will nur eines: zu Geld kommen, so leben, wie sie sich das erträumte. Sie will weg aus diesem Colorado, das von hartbeinigen, rohen Pionieren erschlossen wird.

»San Francisco«, sagt Jessica leise und starrt nach Westen, »ja, da kann man leben.«

Entschlossen macht sie sich an den Aufstieg auf der anderen Seite des Tales. Der Weg wird enger, ist aber noch so breit, dass ein Pferd genug Platz hat.

Auf halber Höhe des Hanges wendet sich die Frau um. Sie blickt auf die andere Seite. Deutlich ist das tote Pferd zu erkennen. Genauso deutlich sieht Jessica zwei Reiter, die auf dem Weg verharren. Sofort lässt sich das Mädchen fallen. Doch dann nennt sie sich innerlich eine Närrin. Wenn sie hier abwartet, erwischen sie die letzten beiden Halunken. Sie muss weiter! Denn die Burschen wissen, dass sie eine Waffe hat.

Jessica flucht, und es ist ein böser, gemeiner Flucht, den sie ausstößt.

»Warum nahm ich die Winchester nicht mit?«, fragt sie laut.

Abschätzend blickt sie hinüber. Zumindest die Pferde würde sie treffen. Bis diese beiden Wölfe zwei neue Tiere geholt hätten, wäre ihr Vorsprung mächtig groß geworden.

Die junge Frau steht auf und geht weiter. In gleichmäßigem Tempo steigt sie den Hang hinauf. Ab und zu blickt sie über die Schulter zurück. Die beiden Pferde haben das Hindernis überwunden. In wenigen Minuten erreichen sie den Talboden.

Und dann wird es nur noch Minuten dauern, bis die Kerle heran sind.

Jessica zieht die Lippen zu einem bösen Lächeln zurück. Ihre perlweißen Zähne blinken im Sonnenlicht.

»Welche Chance habe ich?«, fragt sie sich laut. »Einer der Kerle hält mich mit der Winchester in Deckung, und der andere arbeitet sich heran.«

Die Kerle haben ihr Wild entdeckt. Sie sind nicht besser als die Frau, o nein. Sie sind von der gleichen Art: von der Art gieriger Raubwölfe. Es ist ihnen verdammt egal, dass sie eine Wölfin jagen. Sie wollen den Inhalt des Beutels haben. Dazu brauchen sie die Frau lebend. Denn nur sie weiß, wie sich dieser Inhalt verwerten lässt.

Jessica bleibt stehen. Der Weg beschreibt eine weite Biegung. In Serpentinen schlängelt er sich den Felsenhang hinauf.

Entschlossen hängt sich die junge Frau ihren Beutel um den Hals. Sie reißt sich die Finger blutig, als sie über das mürbe Gestein nach oben klettert. Sicher, sie bietet ein gutes Ziel, aber die Kerle werden nicht schießen. Denn die Gefahr, dass sie abstürzt und sich das Genick bricht, ist zu groß.

Innerhalb von zehn Minuten überwindet die blonde Frau den Hang. Sie tastet an der Oberkante entlang, sucht festen Halt, damit sie sich hinaufziehen kann, aber sie spürt nur glatten, vom Wind polierten Felsen unter den Fingerspitzen.

Behutsam verlagert sie ihr Gewicht. Unter ihren Füßen knirscht es. Jäh bricht der schmale Grat weg, auf dem sie steht.

Jessica umklammert mit den Fingerspitzen einen Felszacken und hängt hilflos in der Luft.

Alles in ihr bäumt sich dagegen auf, dass ihr Weg hier zu Ende sein soll. Sie streckt das linke Bein aus, tastet mit der Fußspitze umher und findet Halt. Prüfend stampft sie auf, aber der Untergrund gibt nicht nach.

Jessica spannt ihren geschmeidigen Körper an, wirft sich zur Seite und streckt beide Arme wieder hoch.

Ihre Fingerspitzen umklammern die Kante der Felswand.

»Bleib so, Jessica!«, gellt eine Stimme aus dem Tal auf, »beweg dich nicht, oder du bekommst eine Kugel.«

Wie zur Bekräftigung dieser Worte peitscht eine Winchester. Das Blei klatscht einen halben Yard neben dem Kopf der jungen Frau gegen das Gestein.

Jessica kümmert sich nicht um die Drohung. Sie weiß, dass die Kerle dieses Risiko nicht eingehen werden.

Sie spannt ihre Muskeln an und zieht sich über die Kante. Ein paar Sekunden bleibt sie liegen und beruhigt ihren Atem. Sie wälzt sich herum, blickt ins Tal, aber im gleichen Moment knattern zwei Gewehre los. Hageldicht pfeift das Blei über die Kante.

Die Kerle platzen sicher bald vor Zorn. Und es ist ihnen egal, ob sie die Frau verletzen.

Auf einmal stellen die Burschen das Feuer ein. Pferdehufe hämmern über den Boden.

Jessica schiebt sich wieder vor. Die beiden Kerle treiben ihre Pferde auf den Weg, der nach oben führt.

»Ich muss sie aufhalten«, murmelt die junge Frau.

Sie sammelt ein paar kopfgroße Steine auf und schleppt sie an den Rand des Hanges.

Die Reiter umrunden eine Biegung. Sie haben bereits die halbe Höhe hinter sich gebracht. Jessica lächelt verzerrt. Sie hebt den ersten Stein und wirft ihn hinab.