Skull-Ranch 94 - Dan Roberts - E-Book

Skull-Ranch 94 E-Book

Dan Roberts

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Beschreibung

Seit dem Bürgerkrieg hat sich vieles in Colorado verändert. Auch John Morgan, der in einem Tal der einst menschenleeren Rockies die Skull-Ranch aufbaute, bekommt das zu spüren. Gesindel aus den umliegenden Diggercamps, Rustler und Betrüger gefährden den Frieden im Bluegrass Valley. In den umliegenden Goldgräberstädten lauert das Verbrechen, lockt das schnelle Geld. Und oft geraten Cowboys auf die andere Seite des Zauns.
Auch der Farmerssohn Hank Benson verfällt der Spielleidenschaft. Skull-Vormann Chet Quade will ihn vor den Kartenhaien retten. Aber da pokert der Tod bereits mit...


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Inhalt

Cover

Tod eines Spielers

Vorschau

Impressum

Todeines Spielers

von Dan Roberts

Seit dem Bürgerkrieg hat sich vieles in Colorado verändert. Auch John Morgan, der in einem Tal der einst menschenleeren Rockies die Skull-Ranch aufbaute, bekommt das zu spüren. Gesindel aus den umliegenden Diggercamps, Rustler und Betrüger gefährden den Frieden im Bluegrass Valley. In den umliegenden Goldgräberstädten lauert das Verbrechen, lockt das schnelle Geld. Und oft geraten Cowboys auf die andere Seite des Zauns.

Auch der Farmersohn Hank Benson verfällt der Spielleidenschaft. Skull-Vormann Chet Quade will ihn vor den Kartenhaien retten. Aber da pokert der Tod bereits mit...

Dick Benson schaut aus den Augenwinkeln zu seinem Vater. Er sitzt auf der anderen Seite des Tisches und löffelt schweigend seine Suppe.

Clark Bensons Gesicht wirkt hart, abweisend und kalt.

Verstohlen blickt Dick zu seiner Mutter hinüber. Er spürt ihren Kummer, sieht die Traurigkeit in ihrem Blick und weiß nicht, wie er helfen kann.

Klirrend fällt Dicks Löffel in den leeren Teller.

»Pass doch auf!«, fährt Clark Benson auf. »Wann lernst du eigentlich, richtig zu essen?«

Dick holt tief Luft.

»Hör zu, Dad«, sagt er laut und deutlich, »ich bin zwanzig Jahre alt. Behandele mich also nicht wie ein kleines Kind. Ich kann nichts dafür, dass Hank wieder mal unterwegs ist, sich in Chripple Creek rumtreibt. Aber ich habe es satt, verstehst du? Ich bin es leid, mir andauernd dein missmutiges Gesicht anzusehen, mir anzuhören, wie du Ma und mich nur anknurrst, statt richtig mit uns zu reden. Ich habe es satt, Hanks Arbeit wieder mitzumachen. Eine Zeitlang sah es ja so aus, als würde sich Hank besinnen. Aber jetzt lungert er wieder in der Stadt herum. Hier gibt es 'nen Berg Arbeit, doch mein Bruder denkt gar nicht daran, seinen Teil davon zu machen.«

Clark Benson legt den Löffel vorsichtig auf den Teller. Ein paar Sekunden starrt der untersetzte Mann auf das blaue Muster des Porzellans.

»Schon gut«, sagt der Farmer, »schon gut, Dick. Ich rede mit Hank, wenn er kommt.«

Aber Dick ist nicht so leicht abzuspeisen.

»Ja, du redest mit ihm«, sagt er laut. »Und was passiert danach? Hank verspricht alles was du willst. Aber er denkt gar nicht daran, seine Versprechen zu halten. Vor ein paar Wochen, ja da steckte ihm die Angst in den Knochen. Die Furcht vor dem Gefängnis brachte ihn wohl zur Besinnung. Doch jetzt ist alles wieder wie vorher.«

»Hör auf!«, schreit Clark Benson, »hör schon auf.«

»Nein, ich höre nicht auf«, brüllt Dick zurück. »Ich werde das nicht länger hinnehmen, dass ich für zwei arbeiten muss. Ich verlange, dass mein Bruder seinen Teil der Arbeit macht. Er kommt und geht wie es ihm passt. Ihr habt ihm großmütig verziehen, dass er unsere Rinder und sogar den Zuchtbullen vergiftete.

Aber wenn ich mal vergesse, das Reitpferd zu striegeln, stellst du dich an, als ginge die Welt unter.«

Benson stemmt sich hoch. Beide Fäuste liegen auf der Tischplatte. Die blauen Augen des Ranchers wirken hart und kalt, als er seinen jüngeren Sohn anstarrt.

»Clark, Dick, hört doch endlich damit auf«, sagt Glenda halblaut. »Es hat doch keinen Sinn, dass ihr euch streitet.«

Benson und Dick schauen sie an. Dick hat eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, aber er schweigt. Seine Mutter leidet genau wie er. Vielleicht nimmt sie sich Hanks Verhalten noch mehr zu Herzen. Denn sicher denkt sie, dass sie versagt hat.

Hank ist der Sohn aus Bensons erster Ehe. Als Hank fünf Jahre alt war, heiratete sein Vater zum zweiten Mal.

»Ich weiß nicht, was ich noch tun kann«, sagt Benson mit brüchiger Stimme. »Hank ist eben anders. Ja, ich weiß, das alles hilft uns nicht bei der Arbeit. Hank fehlt hier. Aber ich weiß wahrhaftig nicht, wie ich ihn festhalten soll.«

Hank ist wirklich anders als sein Halbbruder Dick. Irgendetwas Unstetes scheint den älteren Sohn des Farmers und Smallranchers anzutreiben, vorwärts zu jagen.

Vor wenigen Wochen erst ist Hank um Haaresbreite einer Verurteilung entgangen.

Er hatte sich an den größten Rancher der Umgebung angeschlossen. Dieser Mann, Bob Adams, gründete und leitete eine Viehzüchter-Genossenschaft, die aber nur die Tarnung für Viehdiebstahl im größten Stil sein sollte. Nur durch das Eingreifen der Männer aus dem nordwestlich liegenden Bluegrass Valley misslang der Plan des Halunken.

Und Hank hatte gerade in Adams seine Chance gesehen. Aber er war ausgenutzt worden. Er wusste nichts davon, dass Adams Rustling als Geschäft betreiben wollte. Aber Hank war den Anweisungen des Großranchers und seines Sohnes gefolgt und hatte einen Teil der kleinen Rinderherde seines Vaters vergiftet.

»Ich weiß nicht, was ich machen soll«, sagt Clark Benson müde.

»Wir müssen uns damit abfinden, dass Hank für uns verloren ist«, meint Glenda leise. »Ich habe mein Bestes gegeben, aber er hasst mich. Schon als kleiner Junge, als Dick noch gar nicht auf der Welt war, hat mich Hank immer so angeschaut, als hätte ich ihm was angetan.«

Clark Benson strafft sich. Er ist kein Mann, der einfach aufgeben kann. Er ist ein erdverbundener Mensch, mehr ein Farmer als ein Rancher. Und solche bodenständigen Männer gehen zäh ihren Weg weiter, den sie einmal eingeschlagen haben.

»Ich will Hank nicht verlieren«, sagt er laut. »Er ist mein Sohn, genau wie Dick. Ich rede mit Hank, wenn er kommt. Das alles hier, das Land, die Farm, das Vieh, alles ist doch für Dick und Hank. Sie sollen eine Existenz haben, eine Grundlage. Irgendwann wird Hank das begreifen.«

Dick schüttelt schwach den Kopf. Genau das ist es, was er nicht mehr aushält. Immer wieder redet sein Vater davon, dass sein anderer Sohn eines Tages zur Vernunft kommt. Aber wann das sein wird, steht in den Sternen.

»Dad, so geht das nicht«, sagt Dick laut. »Ich mache dieses Spielchen nicht länger mit. Wenn Hank in einem oder zwei oder vielleicht vier Jahren vernünftig wird, verlangt er seinen Anteil an unserem Besitz.«

»Der steht ihm auch zu«, antwortet Benson rau.

»Nein, Dad«, sagt Dick, »ihm steht nur der Anteil zu, für den er gearbeitet hat. Alles, was wir in der Zwischenzeit schaffen, alles das ist nur unsere Sache. Ich schufte nicht für einen Mann mit, der keinen Handschlag Arbeit macht, sich aber hinterher in das warme Bett legen will.«

Clark Bensons Hände liegen flach auf der Tischplatte neben dem Teller.

Es ist nicht so, dass der Rancher Dick nicht versteht, o nein. Aber Clark weiß sich nicht zu helfen. Seinem Gefühl nach muss eine Familie zusammenhalten, in guten wie in schlechten Tagen. Aber ein Mitglied seiner Familie scheint dieses Gefühl nicht zu besitzen.

»Was, zum Teufel, willst du machen?«, fragt Benson seinen Sohn.

»Das siehst du schon«, erwidert Dick und steht auf. »Ich bin ein paar Stunden weg. Ich nehme den Ackergaul, denn Hank ist ja mit unserem Reitpferd unterwegs.«

Glenda und Clark schauen ihren Sohn an. Als er die Tür öffnet, fragt sein Vater: »Was hast du vor, Dick? Wohin reitest du? Wir haben eine Menge Arbeit.«

Aber Dick macht es so, wie sein Bruder.

»Ich bleibe nicht lange weg«, sagt er. »Bin bald wieder zurück.«

Die Tür fällt zu. Besorgt sieht Glenda ihren Mann an.

»Was hat er vor?«, fragt sie Clark. »Hoffentlich macht er keine Dummheiten. Wenn er auch noch davongeht, steht es schlecht um uns.«

Benson antwortet nicht. Er starrt blicklos auf die Tür. Endlich greift er zu seinem Löffel und isst den Rest der Suppe, der inzwischen kalt ist.

Als der schwere Hufschlag des Zugpferdes aufklingt, schaut Clark Benson nicht zum Fenster. Er will gar nicht wissen, wohin sein zweiter Sohn reitet, was er vorhat. Clark macht sich Gedanken darüber, was er mit Hank anstellen soll, wie er ihn dazu bringen kann, wie ein Mann seine Arbeit zu machen.

»Und das Ass«, sagt der ältere Mann triumphierend, als er die fünfte und letzte Karte auf den Tisch wirft.

Verblüfft starrt sein Gegenüber den Berufsspieler an.

»Wie hast du das gemacht, Kip?«, fragt Hank Benson. »Du hast die Karte nicht aus dem Ärmel geholt. Du hast sie nicht unter dem Tisch herausgezogen. Wo zum Teufel kommt dieses Ass jetzt her?«

Der Ältere hustet trocken, als er an der Zigarre zieht, die in seinem Mundwinkel hängt.

»Das ist ja gerade der Trick«, sagt der schnurrbärtige Pokerspieler. »Die meisten Menschen denken immer nur an die Ärmel. Darum trage ich diese dämlichen Ärmelschoner. Sie liegen so eng am Handgelenk an, dass ich keine Karte unbemerkt dort verschwinden lassen kann.«

Abermals zieht der Gambler an der Zigarre und hustet leicht.

»Unter dem Tisch, Hank steckt eine Wanze. Los, sieh nach.«

Der junge Mann beugt sich hinab. Undeutlich erkennt er auf der anderen Seite der Platte einen dünnen Gegenstand, in dem zwei Karten stecken.

»Da habe ich noch zwei Könige«, verkündet der Spieler. »Vielleicht benötige ich sie in einem der nächsten Spiele.«

»Aber du hast dieses Ass doch nicht unter der Platte rausgeholt«, sagt Hank hartnäckig. »Du hast mir selbst beigebracht, wie man eine solche Bewegung erkennt.«

Lächelnd fegt der Berufsbetrüger die Karten zusammen und mischt sie. Auf einmal lässt er sie von der einen Hand in die andere fliegen. Mehr als ein halber Yard Zwischenraum liegt zwischen den beiden Händen.

Er hebt das Kartenpaket mit der Linken in Brusthöhe. Die Rechte führt der Gambler langsam zu diesem Päckchen, und jetzt sieht Benson, dass Kip Malone noch eine Karte in der rechten Hand verbirgt.

»Teufel noch mal«, sagt der junge Mann bewundernd, »wo bringst du die Karte jetzt unter?«

Eine blitzschnelle Bewegung folgt, aber Hank wird dadurch abgelenkt, dass Kip das Kartenpaket auf den Tisch flattern lässt. Als er eine Sekunde später beide Hände vorzeigt, sie umdreht, ist die Karte verschwunden.

Der Keeper hinter dem Tresen lacht leise, als er Hank Bensons erstauntes Gesicht sieht.

»Kip hat 'ne Lasche in der Weste!«, ruft der Mann hinter der Theke. »Da kann er zwei oder drei Karten unterbringen. Verstehst du, Hank, das ist sein großer, sein ganz großer Trick. Er gibt sich ehrlich, kann nichts in den Ärmeln unterbringen, aber dafür benutzt er sämtliche anderen Mittel, um sein Blatt besser zu machen.«

Entschlossen steht Hank auf, marschiert um den Tisch herum und baut sich seitlich des alten Spielers auf. Als der junge Mann zugreifen will, als er die ärmellose Weste aufschlagen will, zaubert Kip Malone einen Sharps Derringer hervor.

Benson starrt das Bündel von vier Läufen an und grinst.

»Das ist ja 'ne feine Waffe«, sagt er. »Damit holst du ja noch nicht mal 'ne Fliege von der Wand. Mann, Kip, eine .22er-Kugel fange ich mit dem Stetson auf.«

Diese Einstellung entspricht der Meinung dieser Zeit. Ein derart kleines Kaliber nimmt kaum ein Mann ernst. Das ist eine Waffe für die leichten Mädchen, eine Strumpfbandpistole. Aber kaum einer der großspurigen Burschen macht sich Gedanken darüber, dass sich die leichten Girls mit diesen Minikalibern schon mehr als einmal erfolgreich verteidigten.

»Bring mal drei Steaks«, ruft der alte Spieler dem Keeper zu.

Der glatzköpfige Mann verschwindet durch die Tür neben seinem Tresen und kommt Sekunden später mit drei mächtigen Fleischstücken zurück.

»Falt sie zusammen«, befiehlt der Gambler dem jungen Pokerpartner, »falt sie zusammen und setz dich auf deinen Stuhl.«

Wortlos gehorcht Hank. Er ahnt, was Kip vorhat. Und so hält Benson, der sich hier im Saloon amüsiert, statt auf der Farm zu schuften, das Bündel Fleisch in Schulterhöhe hoch.

Kip drückt blitzschnell hintereinander ab. Dünn peitschen die vier Schüsse, und jede Kugel sitzt im Ziel, in dem Fleischbatzen, den Hank hält.

Während der alte Gambler das Laufbündel vorzieht, die Hülsen ausschüttelt und neu lädt, sagt er: »Schau dir die Rückseite an.«

Hank Benson dreht das Fleisch um. Die Augen des jungen Mannes werden starr, als er die vier Ausschüsse sieht. Durch mehr als fünf Inches Rindfleisch jagten die kleinen Geschosse durch.

»Wie ist das«, fragt Malone, »willst du noch immer die Kugeln aus meinem Derringer mit dem Hut auffangen?«

Hank bringt die Steaks zum Keeper zurück.

»Ihr werdet nachher dieses zerschossene Fleisch essen«, sagt der Glatzkopf hinter dem Tresen. »Ich lasse mir doch nicht meine Steaks durchlöchern.«

»Mach dir mal nicht das Hemd nass«, antwortet Malone. »Denk lieber an die guten Zeiten. Da brachte ich dir hundert Dollar Umsatz am Abend. Du hast an mir doch genug verdient.«

»Das ist aber lange her«, meint der Keeper.

Die Tür des Saloons schwingt auf. Ein hochgewachsener, schlanker Mann tritt ein. Argwöhnisch sieht er sich um. Auf seiner schwarzen Jacke schimmert das Abzeichen des Town Marshals.

»Malone, ich habe den Klang noch genau in den Ohren«, sagt der Sternträger. »Warum haben Sie mit Ihrer Westentaschenkanone geschossen?«

Der Gambler grinst, als er antwortet: »Der junge Hüpfer hier wollte die .22er Kugeln mit dem Stetson auffangen. Ich zeigte ihm nur, dass er auf kurze Distanz keine Chance dagegen hat.«

Kopfschüttelnd tritt der Marshal an den Tisch.

»Hank Benson«, sagt Terence Carradine, »du solltest besser auf eurer Ranch arbeiten, als hier die Zeit zu vertrödeln.«

Angriffslustig springt der junge Mann auf.

»Marshal, Sie haben mir gar nichts zu befehlen«, ruft Hank laut und wütend. »Es ist meine Sache, was ich mit meiner Zeit anfange. Oder verstößt es etwa gegen das Gesetz, in einem Saloon zu sitzen und zu pokern?«

»Leider nicht«, antwortet Carradine und dreht sich um.

Er geht zur Tür, aber als er die Hand ausstreckt, die Tür öffnen will, sagt er über die Schulter zurück: »Wenn du Ärger anfängst, stecke ich dich in den Käfig. Du hast genug angestellt in den letzten Monaten.«

Hank spürt den Zorn mächtig in sich aufsteigen. Aber er beherrscht sich krampfhaft. Er will Carradine keine Gelegenheit geben, sich einzumischen, ihn vielleicht festzunehmen oder der Stadt zu verweisen.

Der Marshal nickt leicht, als er bemerkt, wie sehr sich der junge Benson zusammennimmt.

»Du bist auf dem falschen Weg, Junge«, sagt der erfahrene Gesetzeshüter. »Ich sah mehr als hundert Burschen deiner Art. Und nur drei oder vier schafften es. Die anderen starben schnell. Entweder waren sie nicht gut genug am Spieltisch und gerieten auf die andere Seite des Zaunes, oder aber sie wurden erschossen, als sie dem Glück zu sehr nachhelfen wollten. Überleg dir die Sache noch mal. Kip Malone war ein guter Spieler. Aber jetzt ist er zu langsam geworden, viel zu langsam.«

Der Marshal verlässt endgültig den Saloon.

Hank schaut auf die Tür, blickt aus den Augenwinkeln zu dem älteren Mann, auf dessen Gesicht sich so etwas wie verletzter Stolz und Resignation abzeichnet.

»Du bist zu langsam?«, fragt Hank. »Was will er damit sagen?«

»Er hat recht«, antwortet Kip. »Ich bin für die wirklich guten Spieler nicht mehr schnell genug. Meine Knochen rosten allmählich ein. Zudem macht mir dieser verdammte Husten zu schaffen. Ja, Hank, ich kann bei einer großen Runde nicht mehr mithalten.«

»Aber du bist schneller, als ich sehen kann«, ruft Hank Benson.

»Du hättest ihn früher sehen sollen«, meint der Keeper. »Da war er schneller, als du denken kannst. Ja, Kip hat mächtig nachgelassen. Aber es reicht sicher noch, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen.«

Doch der Berufsspieler schüttelt den Kopf.

»Nein«, sagt er, »auch das geht nicht mehr. Es gibt zu viele gute Pokerspieler. Ich müsste meine Tricks zu oft einsetzen. Das fällt auf. Junge, denk immer daran: nur ein oder zwei Mal an einem Abend darfst du die großen Tricks einsetzen. Höchstens drei oder vier Mal, wenn du die ganze Nacht pokerst. Nur bei wichtigen Spielen. Für zehn Dollar im Topf darfst du nicht deine Gesundheit oder gar das Leben riskieren.«

Nachdenklich betrachtet Hank Benson den älteren Mann. Der Farmerssohn nimmt jede Einzelheit in sich auf. Schließlich blickt er auf den grünlich schimmernden, halbrunden Augenschirm, der das Licht abhalten und die Sehkraft wohl schützen soll.

Hank schaut zu den Fenstern. Die Sonne steht hoch am Himmel. Sie muss den höchsten Punkt bereits überschritten haben. Aber noch immer dringt ihr grelles Licht nicht in den Saloon.

Warum trägt Malone diesen Augenschutz?

Dunkel ahnt Benson, dass auch dieser grüne Schirm zu den Tricks gehört, mit denen Kip Malone einer der großen Gambler geworden ist.

Aber Hank soll heute keine Gelegenheit mehr haben, diesen Trick kennenzulernen.

Der Hufschlag eines schweren Pferdes klingt draußen auf. Schließlich bleibt das Tier stehen.

Der Farmerssohn achtet nicht weiter darauf. Er greift nach dem Kartenpäckchen, mischt und versucht, die Blätter so von einer Hand in die andere flattern zu lassen, wie er es eben bei Kip gesehen hat.

Es geht erstaunlich gut. Sogar sehr gut, denkt der alte Gambler und beobachtet, wie Hank eine Karte in der leicht gekrümmten Hand zurückhält.

»Falsch, ganz falsch«, sagt Malone, »du darfst die Finger nicht biegen. Das fällt selbst einem Greenhorn auf. Denn so dumm ist niemand, dass er so was nicht bemerkt. Du musst die Karte unten mit dem Daumenballen und oben mit Mittel- und Ringfinger halten. Du musst das so lange üben, bis deine Hand locker aussieht.«

Die Saloontür schwingt auf.

Weder Hank noch Kip blicken auf.

Aber als Stiefelabsätze hart über die Bretter stampfen, sieht Hank doch hoch.

»Ha, mein kleiner Bruder«, ruft er grinsend. »Hast du dich gelangweilt, Brüderchen? Du hast recht: man kann nicht immer wie ein Ochse schuften. Setz dich, Dick, spiel eine Partie mit Kip und mir.«

Aber Dick Benson setzt sich nicht. Er tritt dicht an Hanks Stuhl heran. Die Arme des jüngeren Benson hängen locker an beiden Seiten des Körpers herab. Die breiten, kräftig wirkenden Hände sehen so aus, als könnten sie mühelos eine Wagendeichsel zerbrechen.

Dagegen wirkt Hank eher schlank und geschmeidig. Dick verkörpert den Schlag des kräftigen, untersetzten Mannes, der harte körperliche Arbeit leistet.

»Ich spiele keine Partie mit euch«, sagt Dick rau. »Und du spielst auch nicht länger.«

Erstaunt blickt Hank seinen Halbbruder an.

»Warum nicht?«, fragt er leichthin. »Das ist doch meine Zeit, nicht wahr, Brüderchen?«

»Es ist nicht deine Zeit«, stellt Dick nachdrücklich fest. »Es ist unsere Zeit, die Zeit der Bensons. Denn ich schufte für dich mit. Dad schuftet für dich auf der Farm mit, und Ma hat so viel Arbeit, dass sie kaum noch auf den Beinen stehen kann.«

»Es ist deine Mutter«, sagt Hank und zieht die Schultern hoch. »Rede du ihr doch zu, sich etwas mehr Ruhe zu gönnen.«

Dick kann sich nicht länger beherrschen.

Er packt blitzschnell zu. Mit beiden Händen reißt er seinen Bruder hoch und versetzt ihm eine gewaltige Ohrfeige.

Hank rechnete nicht mit diesem Schlag. Sein Kopf ruckt weit zur Seite. Und als er ihn wieder gerade hält, funkelt es hart und böse in seinen Augen auf.

Hank verschränkt die Finger, reißt zugleich beide Arme hoch und schmettert Dick die Hände von unten gegen den Unterkiefer.

Dick ächzt, aber dieser Hieb macht ihn nur noch wütender, als er ohnehin schon ist.