Tom Prox 112 - Alex Robby - E-Book

Tom Prox 112 E-Book

Alex Robby

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Beschreibung

Banditen, die um Almosen bitten - das haben die verdutzten Sergeanten der Ghost Squad, Snuffy Patterson und Ben Closter, auch noch nicht erlebt. Doch ganz so harmlos scheint die "Arizona-Bande" nicht zu sein. Schließlich hat ihr mutmaßlicher Boss, Mike Charow, drei Männer erschossen. In Notwehr, wie er eiskalt behauptet.
Für die Ghosts, die ihr Klientel nur allzu gut kennen, scheint der Fall klar. Dann aber taucht eine zweite Gruppe zwielichtiger Gestalten auf der Bildfläche auf, die "Spielbank-Gang". Deren Anführer, Gordon Heller, kennt nur ein Ziel: Er will einen Zeugen beseitigen, der ihn und seine Männern an den Galgen bringen könnte. Eine Drohung, die man unbedingt ernst nehmen sollte, hat die Regierung in Washington Heller doch gerade erst zum "Staatsfeind" erklärt.
Tom Prox und seine Männer sind gewarnt: Diese Gangster sind eiskalte Killer ...

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Inhalt

Cover

Die Ranch ohne Klinken

Aus dem Wilden Westen

Vorschau

Impressum

Die Ranch ohne Klinken

Von Alex Robby

Banditen, die um Almosen bitten – das haben die verdutzten Sergeanten der Ghost Squad, Snuffy Patterson und Ben Closter, auch noch nicht erlebt. Doch ganz so harmlos scheint die »Arizona-Bande« nicht zu sein. Schließlich hat ihr mutmaßlicher Boss, Mike Charow, drei Männer erschossen. In Notwehr, wie er eiskalt behauptet.

Für die Ghosts, die ihr Klientel nur allzu gut kennen, scheint der Fall klar. Dann aber taucht eine zweite Gruppe zwielichtiger Gestalten auf der Bildfläche auf, die »Spielbank-Gang«. Deren Anführer, Gordon Heller, kennt nur ein Ziel: Er will einen Zeugen beseitigen, der ihn und seine Männer an den Galgen bringen könnte. Eine Drohung, die man unbedingt ernst nehmen sollte, hat die Regierung in Washington Heller doch gerade erst zum »Staatsfeind« erklärt.

Tom Prox und seine Männer sind gewarnt: Diese Gangster sind eiskalte Killer ...

1. Kapitel

Mr. Johnson Spedding, der Filialleiter der Arizona-Landbank in Fourstate Village, saß in seinem kleinen Bretterverschlag vor einem bedenklich wurmstichigen Schreibtisch. Er war sehr stolz auf sein »Privatkontor«. Allerdings wären fremde Besucher, sofern sich solche überhaupt jemals in das winzige, am Südwestausläufer des Wasatch-Gebirges gelegene Nest verirrten, bestimmt daran gescheitert, bis zu Spedding vorzustoßen. Denn es war selten jemand da, der sie bei dem Filialleiter hätte anmelden können.

Das gesamte Personal bestand nämlich nur aus ihm selbst und einem sommersprossigen, rothaarigen, jungen Mann namens Frank Lorman. Dieser sollte eigentlich während der Bankstunden hinter dem Kassenschalter sitzen, war dort aber nur sehr selten anzutreffen. Er war ständig wegen »sehr wichtiger Besorgungen« unterwegs, wozu er regelmäßig mehrere Stunden benötigte. Und das, obwohl man die einzige Straße des kleinen Ortes von einem Ende bis zum anderen bequem in höchstens fünf Minuten durchmessen konnte.

Auch jetzt war Lorman wieder einmal unterwegs, diesmal allerdings mit einem dienstlichen Auftrag. Er sollte seinem Boss eine Flasche Whisky holen – aber vom Besten, wie Spedding ausdrücklich verlangt hatte.

Obwohl die einzige Kneipe des Ortes, die »Centre Bar«, nur schräg gegenüber dem etwas windschiefen Bankgebäude lag, dauerten solche Wege immer sehr lange. Dafür aber brachte der junge Mann dann auch – außer der Whiskyflasche – einen ganzen Sack voll Neuigkeiten mit, etwas, was in diesem weltabgeschiedenen Nest eigentlich ein Wunder war. Aber in der Nachrichtenbeschaffung war der ebenso neugierige wie geschwätzige Lorman ein wahres Genie.

Mr. Spedding summte leise vor sich hin. Seine Augen überflogen wohlgefällig die langen Zahlenkolonnen in einem kleinen roten Büchlein, denen er mit seiner gestochenen Handschrift dann schmunzelnd eine neue Zahl hinzufügte. Es war ein recht dünnes Heft, auf dessen rotem Lederdeckel in verschnörkelten Buchstaben »Nur für den Privatgebrauch« stand.

Das Summen – eine Eigentümlichkeit des behäbigen Mannes, wenn er guter Laune war – verstärkte sich. Er glaubte sich durchaus berechtigt, mit sich und der Welt zufrieden zu sein. Von seinem Standpunkt aus befand er sich seit mehreren Monaten in einer permanenten Glückssträhne.

Ja, er erzählte dies auch gern seinen Kunden, ob sie es hören wollten oder nicht. Es gab nämlich im Distrikt eine Anzahl Menschen, die das, was der Bankier für sein Glück hielt, als ihr Unglück betrachteten. Und diese Unzufriedenen stammten sogar gleich aus vier Staaten, nämlich aus Arizona, Utah, Colorado und New Mexico.

Das war bei einer so kleinen Bank eigentlich eine Merkwürdigkeit und doch nicht zu leugnen. Spedding war mit Recht stolz darauf, dass sein kleiner Ableger einer bedeutenden Großbank Kunden aus sämtlichen dieser vier US-Staaten hatte. Nur die Bewohner von Fourstate Village und des riesigen, aus ausgedehnten Weiden und Waldgebirgen bestehenden Bezirks fanden, dass daran nichts Besonderes wäre. Sie waren der Meinung, dass das lediglich an dem klobigen, vierkantig behauenen Stein läge, der den sandigen Marktplatz des Ortes zierte. Dieser Steinkoloss stand nur wenige Meter von der Holzbaracke der Bankfiliale entfernt und wurde ihr gegenüber vom Sheriffs-Office und dem niedrigen Gebäude des Stores und der »Centre Bar« eingerahmt.

Um diesen Stein hatte es schon viele Aufregungen gegeben, und er war tatsächlich in den Vereinigten Staaten einmalig, denn an ihm stießen mitten in einem winzigen Nest vier große Staaten zusammen. Daher hatte der Ort auch seinen Namen Fourstate (Vierstaaten) Village erhalten.

In vergangenen Zeiten hatten der Stein und die von ihm ausgehenden Grenzen für die Bewohner eine recht erhebliche Bedeutung gehabt. Viele Gesetze des einen Staates galten nicht in den Nachbarstaaten. So konnte in Arizona sonntags jederzeit Brandy ausgeschenkt und getanzt werden. Schießereien blieben in diesem Staate unverfolgt, sofern es nicht Tote dabei gegeben hatte.

Das »trockene« Utah dagegen stellte derartige »Sonntagsentheiligungen« unter strenge Strafe. In New Mexico wiederum wurde jeder Pferdedieb unweigerlich aufgeknüpft, wenn man ihn fasste, und im Staate Colorado kam ein Rustler, sofern er bei seiner Verfolgung nicht gerade von seinen Krachern Gebrauch machte, mit fünf bis zehn Jahren Gefängnis davon.

Für gewisse, zwielichtige Persönlichkeiten herrschten damals in Fourstate Village und Umgebung herrliche Zeiten, denn der für Arizona zuständige Sheriff durfte in Colorado keine Amtshandlungen vornehmen, und umgekehrt lief der Marshal, der in Colorado eingesetzt war, Gefahr, von seinem Utah-Kollegen verhaftet zu werden, wenn er auf dessen Gebiet eine Amtshandlung vornehmen wollte.

Diese Zeiten, an die einige der ältesten Einwohner noch mit stiller Wehmut zurückdachten, lagen allerdings schon lange zurück. Das Sheriffsamt in Fourstate Village wurde vom County-Sheriff aus Arizona verwaltet, und dieser im Distrikt gewählte und von Arizona bestätigte Sheriff besaß eine Vollmacht für den gesamten Bezirk. Er war allerdings gehalten, etwaige Amtshandlungen in den Nachbarstaaten den anderen Sheriffs zu melden. Das war aber oft eine so verzwickte und mit Mehrarbeit verbundene Sache, dass sich in Fourstate Village nur schwer jemand bereitfand, dieses recht undankbare Amt zu übernehmen.

Humphrey Hammerseth, ein etwas krummbeiniger, einäugiger Cowboy – sein zweites Auge hatte er bei einer wüsten Keilerei in der »Centre Bar« lassen müssen –, hätte nie im Traum daran gedacht, einmal so etwas wie eine so wichtige Amtsperson zu werden. Auf dem Wahlmeeting war er in Ermangelung anderer Bewerber sozusagen aus Verlegenheit zum »Vierstaaten-Sheriff« gewählt worden. Böse Zungen behaupteten allerdings, Humphrey hätte volle acht Tage gebraucht, bis er begriffen hatte, was geschehen war, und da sei bereits die Zustimmung aus Arizona dagewesen.

Dick Bowonster, der Besitzer der Eagle-Ranch, hatte aber gleich erklärt, dass die Wahl des krummen Hammerseth zum Sheriff ein ausgemachter Blödsinn wäre, denn der Einäugige könnte nicht mal bis drei zählen, und zum Kritzeln seiner Unterschrift würde er mehr als eine Stunde brauchen. Trotzdem war Rancher Bowonster recht froh gewesen, auf diese Weise seinen von der Gicht geplagten Cowboy versorgt zu wissen, denn bei den Herden war er nicht mehr recht zu gebrauchen gewesen.

Es gab aber auch noch andere Menschen im Bezirk, die diese Wahl freudig begrüßten – vor allem die Mitglieder der Arizona-Bande.

Mit dieser Bande hatte es eine ganz besondere Bewandtnis. In Fourstate Village und auf den weit verstreut liegenden Ranches kannte man die meisten Bandenmitglieder genau, man wusste nur nicht recht, wo sie ihre Schlupfwinkel im Wasatch-Gebirge hatten.

Die Banditen, meist ehemalige Cowboys und Satteltramps, kamen sogar ungeniert auf ein paar Drinks, die sie sich selbstverständlich von den Gästen spendieren ließen, in Dick Kollerts »Centre Bar«, benahmen sie aber im Großen und Ganzen, bis auf gelegentliche Schießereien, die meist ohne tödliche Folgen blieben, recht gesittet. Sie raubten und stahlen auch nicht, sondern brachten ihre Forderungen an Nahrungsmitteln, Pferden und sonstigen lebensnotwendigen Gütern stets in höflichen Bitten um Unterstützung vor. Bitten, die aber keiner der angesprochenen Rancher zu überhören gewagt hätte.

Lediglich Alan Zellermind, ein bärbeißiger, ungeschlachter Hüne, dem die ausgedehnte Evening-Ranch gehörte, hatte es einmal gewagt, ihnen statt der erbetenen vier eingerittenen Pferde drei ausgediente Klepper zu liefern.

Die Bande beschwerte sich keineswegs darüber, sondern schickte lediglich die drei Klepper mit höflichem Dank zurück. Sie klemmte auch nicht etwa einfach ein paar ihr geeignet erscheinende Pferde von der großen Herde ab – was sie leicht gefahrlos hätte tun können –, sondern ließ nichts mehr von sich hören.

Dafür trugen sich auf der Ranch plötzlich höchst merkwürdige Dinge zu. Es begann damit, dass im Hauptgebäude und in den beiden Bunkhäusern jene unangenehmen Schmarotzertierchen, die man Läuse nennt, in rauen Mengen auftauchten und die Ranchbewohner zur Verzweiflung brachten. Dann bevölkerten auf einmal seltsam vertrauliche Tiere den Hof, den Gemüsegarten und die Ställe. Ja, sie kamen sogar bis in die Wohnhäuser.

Diese dunkelbraunen, mit zwei weißen Streifen von grobem Haar vom Kopf bis zum Schwanz geschmückten Lebewesen mit ihren lustigen, furchtlosen Augen waren bisher in dieser Gegend so gut wie unbekannt gewesen. Und in seiner Unkenntnis hatte der Rancher prompt eines dieser possierlichen, keineswegs scheuen Tiere mit dem Reitstiefel aus dem Haus befördern wollen. Das war unvorsichtig von ihm gewesen, denn das friedliche Stinktier nahm seine brutale Behandlung übel und verschoss eine ganze Ladung übler Düfte direkt auf den Rancher.

Der Erfolg war ebenso grandios wie durchschlagend. Das Haupthaus war volle vier Wochen lang wegen des widerlichen Gestanks unbewohnbar gewesen, und der Rancher hatte noch viel schlimmer gestunken und zähneknirschend in eine kleine Jagdhütte am Gebirgshang übersiedeln müssen. Seine Frau und die Kinder hatten sich nämlich strikt geweigert, in seiner Nähe zu leben, und seine Cowboys sogar mit einem Generalstreik gedroht, sofern er ihnen zu nahe käme.

Während Alan Zellermind in seiner unfreiwilligen »Quarantäne« saß und »leise, aber heftig vor sich hin stank«, wie sein boshafter Vormann Gus Winter es nannte, kam es auf seiner Ranch zu neuen unverständlichen und sehr unangenehmen Vorfällen.

Die alte Köchin Mary Viktoria, die schon an die vierzig Jahre das Zepter in der Küche schwang, wollte kündigen, weil sie eine entsetzliche Angst vor den Fledermäusen hatte, die plötzlich in Scharen auf dem Dachboden hingen, wo die Vorräte an Geräuchertem untergebracht waren. Auf der Ranch war plötzlich Schmalhans Küchenmeister geworden, wenigstens was Wurst und Speck anbetraf, denn auch die Rancherin und die anderen Frauen getrauten sich nicht mehr auf den Räucherboden, aus Angst, die Flattertiere könnten ihnen in die Haare geraten.

Das war aber noch lange nicht alles. Eines Nachts heulten plötzlich um die Pferdeherde ganze Wolfsrudel, obwohl Wölfe in dieser Gegend noch nie aufgetreten waren. Die Weidereiter kamen keine Nacht mehr zur Ruhe, geschweige denn zum Schlafen. Es waren alle Hände nötig, um die aufgeschreckten Gäule zusammenzuhalten und am Ausbrechen zu hindern.

Der Höhepunkt all dieser Geschehnisse aber war dann das Erscheinen eines gewaltigen Braunbären, der am helllichten Tage am Waldrand stand und die verstörten Rinder zu einer wilden Stampede veranlasste.

Die erste Handlung Alan Zellerminds, als er sich wieder unter Menschen und auf seinen Hof wagen konnte, war die Entsendung von vier seiner besten Pferde mit einem herzlichen Gruß an die Arizona-Bande. Die Tiere wurden an der zu einer Art Poststelle der Banditen erkorenen Wegekreuzung, »Bei den fünf Tannen« genannt, zur Abholung bereitgestellt.

Mike Charow, ein Mann, an dem alles, von den Sporen und den Colts bis zum Halstuch und der Silberschnalle am Stetson, vor Sauberkeit blitzte, erschien prompt zwei Tage später auf der Ranch und überbrachte den innigsten Dank seines Bosses für die großmütige Spende des Ranchers. Er habe auch zufällig gehört, meinte Mike Charow dann so nebenbei, dass die Ranch über hässliches Ungeziefer zu klagen hätte. Ohne eine Antwort abzuwarten, betätigte er sich sofort als »Kammerjäger« und räucherte die Läuse aus.

Dann wurde er zum Rattenfänger, nur, dass auf seine Lockrufe statt der Ratten eine ganze Anzahl von Skunks gehorsam aus ihren Schlupfwinkeln hervorkamen. Mike versorgte die Tiere, ohne Angst vor ihren hochexplosiven Stinkdrüsen zu zeigen, in mehreren Säcken, die er vorsorglich auf einem Packpferd mitgebracht hatte. Zum Schluss begab er sich wortlos, aber mit beachtenswerter Hauskenntnis, dann noch mit weiteren Säcken und einem Begleiter, den er bei sich hatte, auf den Räucherboden.

Nachdem die beiden, höflich grüßend, die prallen Säcke auf dem Packpferd, abgeritten waren, fanden die Rancherin und ihre schwarze Küchenfee keine Fledermäuse mehr vor. Dafür waren allerdings sechs von den größten Schinken, eine Anzahl Speckseiten und fast der größte Teil der Räucherwürste verschwunden. Das Wolfsgeheul aber war von diesem Tage an verstummt, und auch der riesige Braunbär zeigte sich nicht mehr.

Obwohl dieses Ereignis schon geraume Zeit zurücklag, war es noch lange Gesprächsthema in der »Centre Bar«, da es Interessanteres an Neuigkeiten nicht gab.

Das recht verräucherte Lokal mit der langen, schmierigen Theke an der Hinterwand und den zahlreichen blinden Spiegeln zwischen den mit Flaschen gefüllten Regalen war nur von wenigen Gästen besucht.

Dick Kollert, der glatzköpfige Wirt, der gleichzeitig Inhaber des angeschlossenen Stores war, stand ungewaschen, unausgeschlafen und unrasiert in Hemdsärmeln hinter seinem hohen Thekentisch. Er bot keinen erfreulichen Anblick.

An der Theke lehnte der Sheriff von Fourstate Village, Humphrey Hammerseth. Er stand dem Aussehen des Keepers nicht nach, nur, dass er dazu noch einen ungekämmten Haarschopf zeigte und intensiv nach schlechtem Tabak und ungewaschenem Unterzeug duftete.

Von diesen beiden Männern stach der neben dem Sheriff stehende, freundlich lächelnde Mann erheblich ab, denn er war wie aus dem Ei gepellt. Sein lederner Reitanzug schien nur ein wenig zu viele bunte Bänder als Verzierungen zu haben, und die versilberten mexikanischen Radsporen wirkten in dieser Umgebung deplatziert, genau wie die beiden mit Elfenbeineinlagen geschmückten Coltkolben, die aus den auf Hochglanz polierten Halftern lugten. Jeder, der Mike Charow in diesem Staat erblickte, musste ihn eher für einen auf Besuch weilenden reichen Mexikaner halten als für den Angehörigen einer Banditenbande.

Der vierte Mann in der Runde war Johnson Speddings Angestellter Frank Lorman. Obwohl der Raum nur durch ein Seitenfenster und das über der halbhohen Pendeltür einfallende Licht mäßig erhellt wurde, leuchtete Lormans roter Haarschopf, wenn er seinen Redestrom durch ein wirkungsvolles Kopfschütteln unterstrich, wie ein Leuchtfeuer.

»... und ich sag's frei heraus, Mike, selbst auf die Gefahr hin, dass man mir böse ist: Ihr Boys von der Arizona-Bande seid ganz ausgekochte Burschen! Ihr wisst mehr von der Sache. Mir kann doch keiner erzählen, dass das mit den Skunks und dem Braunbären mit rechten Dingen zuging, und dasselbe galt auch für heulenden Wölfe, die's hier gar nicht gibt.« Lorman schloss seinen Sermon mit einem meckernden Lachen.

»Ja, was soll ich darauf erwidern?«, feixte Mike Charow. »Natürlich habe ich mich gefreut, dem armen Zellermind aus seiner Bedrängnis helfen zu können. Solche Dinge gefallen dem Herrn wohl«, schloss er mit gespielter Frömmigkeit.

»Ich habe Wohltaten von eurer Seite wirklich noch nicht festgestellt, Mike«, schaltete sich der Keeper missmutig ein. »Es sei denn, ihr haltet das, um was ihr mich so im Laufe des vergangenen Jahres an Brandy und anderem erleichtert habt, für 'ne Art der Nächstenliebe.«

»Ja, was soll ich dazu nun wieder sagen? Was stellt ihr heute bloß für knifflige Fragen an mich?« Der geschniegelte Bandit betrachtete den Glatzkopf des Gastwirts gedankenvoll. »Wir hatten ja bei dir bisher noch keine Gelegenheit zu einer besonderen Wohltat, Dick. Solltest du aber mal plötzlich Ratten von der ganz großen Sorte bei dir feststellen, dann brauchst du mich nur zu rufen. Ich werde dann gern ... «

»Du nimmst doch noch einen auf mein Wohl, Mike«, unterbrach ihn der Gastwirt hastig und füllte die Gläser. »Wo ist denn der andere geblieben?«, ging er rasch auf ein anderes Thema über. »Du kamst doch mit dem dicken Schnauzbart, dem finsteren Will, Mike. Sein Gaul steht noch draußen neben deinem an der Stange.«

»Der Schnauzbart hört es nicht gern ›finsterer Will‹ genannt zu werden, das solltest du wissen, Dick«, mahnte Mike und nahm einen gewaltigen Zug aus dem ihm zugeschobenen Glas. »Keiner kann nun mal was für seine Visage, du bist auch nicht gerade der Hübscheste, Boy. Im Übrigen, warum fragst du mich? Soll ich etwa meines Bruders Hüter sein?«

»Wenn du nur deine frommen Sprüche lassen würdest, Mann. Das ist ja bald Gotteslästerung«, mischte sich der Sheriff ein. »Und meiner Seel', Frank hat völlig recht. Mit dem Wolfsgeheul stimmte was nicht, auch die Sache mit den Stinktieren stinkt wirklich, nämlich zum Himmel. Das ist sozusagen eine Angelegenheit von Amts wegen für den Sheriff, Mike.« Er reckte sich, soweit ihm das bei seinen krummen Reiterbeinen überhaupt möglich war, um den an seiner Brust glänzenden Sheriffstern zur Geltung zu bringen. »Ich hätte eigentlich an euch ein paar scharfe Fragen stellen müssen, wenn man's genau betrachtet.«

»Hm, und warum hast du's dann nicht getan, Sheriff? Kannst es ja heute noch, jetzt gleich! Werde dir eine Antwort auf deine Frage nicht schuldig bleiben, Humphrey!« Das Grinsen auf Mike Charows Gesicht hatte sich verstärkt. Seine rechte Hand lag jetzt unmissverständlich am Coltkolben.

»Lass doch den Unfug mit dem Kracher«, knurrte Hammerseth böse. »Ich bin im Ziehen nicht langsamer, Mike. Es stände also gleich. Ich habe ausdrücklich gesagt: Ich hätte ein paar Fragen an euch stellen müssen. Habe sie aber nicht gestellt. Ist das ein Faktum oder ist es keines?«

»Kann es nicht leugnen und will es auch nicht. Es ist eines«, gab Charow bereitwillig zu. »Es ist aber auch ein Faktum, dass allzu neugierige Fragen das Leben erheblich verkürzen können. Unser junger Freund hier, der Schreiber, sollte sich das endlich einmal hinter seine grünen Löffel schreiben.« Er kniff ein Auge zu und starrte Lorman vielsagend an.

»Äh ... hem ... ich ... Sie wollen doch damit nicht etwa sagen ... nicht ... sagen«, stotterte der Rotkopf unsicher, ohne den Satz zu Ende zu bringen. Er wurde durch das Knarren der plötzlich aufgestoßenen Pendeltür abgelenkt.

»Los, komm, Mike! Es ist alles erledigt!« Der große, breitschultrige Mann, der den Türrahmen ausfüllte, stieß die Aufforderung mit heiserer Stimme hervor. Keeper Kollert hatte nicht zu viel gesagt, als er Will Barton als »finster« bezeichnete. Jeder im Ort war derselben Ansicht, auch wenn man von Barton früher, als er noch Vormann auf der Dreispitzen-Ranch war, nur vom »lustigen Will« gesprochen hatte. Jetzt aber schien alles an dem Mann irgendwie düster, unheimlich, finster ... angefangen von der dunklen Kleidung mit dem schwarzen Halstuch bis zu dem, von einem pechschwarzen Schnurrbart umrahmten düsteren Gesicht, in dem zwei kohlschwarze Augen glimmten.

»Okay, Will! Ich komme schon. Wir reiten sofort los. Was habe ich zu zahlen, Dick?« Es war die Frage, die Mike Charow wie auch die anderen Mitglieder der Arizona-Bande nach jedem Besuch an den Keeper stellten.

»Ist bereits alles erledigt, Mike. Gute Reise«, erwiderte der Keeper wie immer mit sauersüßer Miene.

»Na, dann einen schönen guten Morgen allerseits!« Mike klirrte mit hell singenden Sporen aus der Kneipe. Die Gäule vor dem Haus wieherten grell und stoben dann, in eine Staubwolke gehüllt, die Straße hinunter aus dem Ort.

»Hell and devil, wie doch die Zeit vergeht, wenn man ein paar Worte wechselt«, stellte Frank Lorman mit einem Blick auf Kollerts Wanduhr fest. »Ich muss jetzt aber gehen. Mein Alter wird schon auf seinen Whisky warten. Morning, Dick, morning, Sir!« Der zweite Gruß galt einem unweit der Tür an einem Tisch sitzenden jungen Mann, an dem er durch die Pendeltür vorbei stolperte.

Der Gast am Tisch, der den Gruß liebenswürdig erwiderte, erhob sich. Seine Anwesenheit kam den anderen erst jetzt wieder zu Bewusstsein. Er musste all die Gespräche mitangehört haben!

»Was man so alles aus Langeweile daherredet«, begann Kollert etwas unsicher. »Ich hoffe, es hat Sie nicht gestört, Sir?«

»Ganz im Gegenteil«, versicherte der Gast mit amüsiert funkelnden Augen. »Es ist nur schade, dass ich schon weiter muss. Bei Ihnen ist es so schön kühl und der Whisky ungewöhnlich gut.« Er trat an die Theke und warf eine Dollarnote auf den Tisch. »Ich werde die ›Centre Bar‹ im guten Andenken behalten und gern weiterempfehlen. Besonders, was die interessante Unterhaltung betrifft, die man hier hat.«