Der Wolf, der wartete - Jane Wallace-Knight - E-Book

Der Wolf, der wartete E-Book

Jane Wallace-Knight

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Beschreibung

Deputy Charlie Harper hat sich große Mühe gegeben, um den Labortechniker Daniel Conners zu einem Date zu überreden. Nichts hätte ihn davon abhalten können, zu diesem Date zu erscheinen – außer die Verwandlung in einen Werwolf. Nach dem Verlust seines ersten Freundes hat Daniel sein Herz abgeschottet, um sich zu schützen. Schließlich gibt er dem hartnäckigen Deputy nach, der ihm immer wieder Mittagessen gebracht hat, und ist am Boden zerstört, als der ihn versetzt. Dann wird in Daniels Apartment eingebrochen, weshalb er Charlie wieder begegnet, und Daniel muss sich gezwungenermaßen mit der Person auseinandersetzen, die er nie wieder sehen wollte. Als es offensichtlich wird, dass jemand es auf Daniel abgesehen hat, kann Charlie nicht länger auf Abstand bleiben oder verbergen, zu was er geworden ist. Ihre Beziehung zum Laufen zu bringen und sich an ein Leben als Werwolf anzupassen wäre schon schwer genug gewesen, aber jetzt bedroht jemand Charlies Gefährten, und er wird alles tun, um zu beschützen, was ihm gehört, auch wenn Daniel das noch nicht weiß. Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein. Um die gesamte Handlung sowie die Geschichte aller Figuren zu erfahren, empfiehlt es sich, alle Bände in der Reihenfolge ihres Erscheinens zu lesen. Länge: rund 60.000 Wörter

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

ÜBER JANE WALLACE-KNIGHT

LESEPROBE:

Der Wolf, der wartete

Deputy Charlie Harper hat sich große Mühe gegeben, um den Labortechniker Daniel Conners zu einem Date zu überreden. Nichts hätte ihn davon abhalten können, zu diesem Date zu erscheinen – außer die Verwandlung in einen Werwolf.

Nach dem Verlust seines ersten Freundes hat Daniel sein Herz abgeschottet, um sich zu schützen. Schließlich gibt er dem hartnäckigen Deputy nach, der ihm immer wieder Mittagessen gebracht hat, und ist am Boden zerstört, als der ihn versetzt. Dann wird in Daniels Apartment eingebrochen, weshalb er Charlie wieder begegnet, und Daniel muss sich gezwungenermaßen mit der Person auseinandersetzen, die er nie wieder sehen wollte.

Als es offensichtlich wird, dass jemand es auf Daniel abgesehen hat, kann Charlie nicht länger auf Abstand bleiben oder verbergen, zu was er geworden ist. Ihre Beziehung zum Laufen zu bringen und sich an ein Leben als Werwolf anzupassen wäre schon schwer genug gewesen, aber jetzt bedroht jemand Charlies Gefährten, und er wird alles tun, um zu beschützen, was ihm gehört, auch wenn Daniel das noch nicht weiß.

Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein. Um die gesamte Handlung sowie die Geschichte aller Figuren zu erfahren, empfiehlt es sich, alle Bände in der Reihenfolge ihres Erscheinens zu lesen.

Länge: rund 60.000 Wörter

JANE WALLACE-KNIGHT

Der Wolf, der wartete

Dark Hollow 2

Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene

ME AND THE MUSE PUBLISHING

www.meandthemuse.com

Copyright © der englischen Originalausgabe „The Wolf Who Waited“:

Jane Wallace-Knight

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe und veröffentlicht von:

Me and the Muse Publishing – Sage Marlowe

Hohenstaufenring 62, 50674 Köln, 2021

Copyright © Cover Design: Sinfully Sweet Designs

Übersetzt von: Betti Gefecht

URHEBERRECHTLICH GESCHÜTZT:

Dieses Buch darf ohne vorherige eindeutige schriftliche Zustimmung des Urheberrechtsinhabers in keinerlei Form, weder ganz noch auszugsweise, vervielfältigt und / oder vertrieben werden. Dies beinhaltet auch die elektronische und fotografische Vervielfältigung sowie zukünftig entwickelte Methoden. Ebenso ist die kostenlose Weitergabe dieses Buches, beispielsweise über sogenannte File-Sharing Sites ausdrücklich untersagt.

Mit dem Erwerb eines E-Books erhält der Käufer die Lizenz zur persönlichen Nutzung, ist jedoch nicht zur Weitergabe des Inhaltes an Dritte, weder gegen Entgelt noch kostenlos, berechtigt.

Alle in diesem Buch vorkommenden Personen und Handlungen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit zu realen, lebenden oder verstorbenen Personen ist rein zufällig. Sofern Namen real existierender Personen, Orte und Marken verwendet werden, geschieht dies in einem rein fiktiven Zusammenhang.

Bitte beachten:

Einige unserer Titel enthalten Hinweise auf und Beschreibungen sexueller Handlungen, die möglicherweise eine Gefährdung körperlicher und geistiger Gesundheit darstellen können. Mit der Beschreibung solcher Praktiken erheben wir keinen Anspruch auf deren tatsächliche Durchführbarkeit und übernehmen keine Verantwortung für etwaige Verletzungen oder Schäden, die bei der Nachstellung solcher oder vergleichbarer Handlungen entstehen. Generell raten wir unseren Lesern davon ab, potenziell gefährliche Sexualpraktiken ohne entsprechende Sicherheitsvorkehrungen und Anleitung durch Personen mit ausreichender Sachkenntnis durchzuführen.

Prolog

Krieg hinterlässt Spuren bei einem Mann, eine Tätowierung auf der Seele, die nur er selbst sehen kann. Danach scheint das Licht stets dunkler zu sein, getrübt von unerwünschten Erinnerungen. Phantomgerüche von Waffenöl und Wüstenhitze überfallen ihn oft mitten in der Nacht.

Charlie Harper wachte in den meisten Nächten auf, schweißgebadet und so schwer atmend, dass er fürchtete, ohnmächtig zu werden. Eine Zeitlang passierte das so regelmäßig, dass es für ihn fast zur Routine geworden war. Dann lag er da, bis er siebenmal hintereinander wieder ein- und ausatmen konnte. Danach stand er auf, wechselte die durchgeschwitzte Bettwäsche, nahm eine Dusche, legte sich wieder hin und hörte Musik, bis er irgendwann einschlief.

Mit der Zeit war es ein wenig besser geworden. Er hatte es nicht wirklich unter Kontrolle, aber er kannte die typischen Auslöser und vermied sie. Vermeidungstaktiken waren zu einem großen Teil seines Lebens geworden, und er hatte das akzeptiert.

Er war nun seit etwa einem Jahr zurück in Dark Hollow und hatte sich an seinen neuen Normalzustand gewöhnt. Er war von einem Dienst in den anderen gewechselt und gehörte nun zur Polizei von Dark Hollow – eine Arbeit, deren klare Strukturen und Routine ihm wieder inneren Frieden bescherte. Er hatte Freunde, gehörte zum örtlichen Baseball-Team und besuchte an Freitagen sogar die Bar, um am wöchentlichen Quizabend teilzunehmen.

Alles entwickelte sich prima, er kam gut zurecht, und dann – wurde er in einen Werwolf verwandelt.

„Halte durch!“, schrie Sheriff Henry Allen ihn an, während er seine Hand auf die blutende Wunde an Charlies Hals drückte.

In Charlies Verstand liefen erneut die Ereignisse der Nacht ab, die ihn in diese Lage gebracht hatten.

Es war Merlot-Mittwoch in der Bar, eine monatliche Veranstaltung, bei der Wein zum Sonderpreis ausgeschenkt wurde – nicht zu verwechseln mit Durst-Donnerstag, wenn es bis neun Uhr abends zwei Getränke zum Preis von einem gab. Es war zu einer Streitigkeit gekommen, und Henry und Charlie hatten einen betrunkenen Kerl mit zur Wache genommen, um ihn dort auszunüchtern, nachdem er aggressiv geworden war und Gläser zerdeppert hatte.

Als sie den Kerl vom Wagen zur Polizeistation geführt und sich dabei voller Vorfreude über das Thanksgiving-Essen unterhalten hatten, das in der kommenden Woche bei Henry stattfinden würde, hatte der Betrunkene – David … oder Damian … Charlies Gedächtnis hatte unter dem Blutverlust und all dem gelitten – ein Stück Glas aus seiner Tasche gezogen, damit um sich geschlagen und Charlie die Kehle aufgeschlitzt.

Als Charlie zu Boden gesunken war, hatte Henry den Trunkenbold losgelassen und war neben Charlie auf die Knie gefallen, um dessen Wunde mit der Hand zuzuhalten.

„Scheiße“, sagte Henry. „Oh, Scheiße.“

Charlie hatte genug Leute an genau solchen Wunden sterben gesehen, um zu wissen, dass seine Zeit gekommen war. Auf seltsame Weise empfand er das als in Ordnung. Irgendwie hatte er seit seiner Rückkehr aus Afghanistan ohnehin das Gefühl gehabt, seine Uhr wäre längst abgelaufen gewesen.

Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, seinen Freund und Vorgesetzten zu beruhigen und ihm zu versichern, dass alles gut war, auch wenn er wusste, dass es mit ihm zu Ende ging. Aber Henry kam ihm zuvor.

„Es ist alles gut, du kommst wieder in Ordnung“, versicherte Henry ihm. „Ich werde dich nicht sterben lassen.“

Charlie brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass er sich irrte. Er fand Trost bei dem Gedanken, dass Henry den Kerl, der ihm das angetan hatte, erwischen würde. Charlie musste nicht im Kopf nachrechnen – Dark Hollow war eine so kleine Stadt, dass das nächste Krankenhaus zwanzig Minuten entfernt lag. Selbst wenn Henry jetzt Hilfe anforderte, würde Charlie tot sein, bevor der Krankenwagen eintraf.

Er hatte sein Schicksal akzeptiert und seinen Frieden damit gemacht. Aber dann veränderte sich Henrys Gesicht.

Charlie hatte die Wahrheit über den Sheriff erst vor zwei Wochen erfahren. Er hatte ein relativ einfaches, wenn auch bisweilen schwieriges Leben geführt, und dann hatte er gesehen, wie sein Vorgesetzter sich in etwas verwandelte, das er nicht erklären konnte. Henrys Augen hatten rot geglüht, seine Zähne waren länger geworden, und seine Fingernägel hatten sich in Klauen verwandelt. Ganz genau wie jetzt.

Vielleicht war es, weil er bereits erlebt hatte, in was für grausame Monster Menschen sich verwandeln konnten, oder weil er wusste, dass Henry ein guter Mann war, aber Charlie hatte sich nicht gefürchtet, sondern sofort akzeptiert, was sein Boss war.

Sheriff Henry Allen war ein Werwolf, und wie es aussah, würde Charlie in Kürze ebenfalls einer sein.

Kapitel 1

Daniel Conners saß vor dem Polizeibüro in seinem Wagen und zögerte es so lange wie möglich hinaus, reingehen zu müssen. Er hoffte, dass Deputy Charlie Harper endlich nach Hause gehen würde, wenn er nur lange genug wartete, sodass Daniel ihm nicht begegnen musste. Wenn es sein musste, würde er sich in seinem Auto ducken, um nicht entdeckt zu werden.

Er arbeitete als Techniker in einem Labor in Clearspring und hatte den Auftrag bekommen, einige Akten abzuliefern, die laut seinem Chef noch heute Abend beim DHPD sein mussten, da sie möglicherweise helfen würden, einen laufenden Fall abzuschließen. Es war das Letzte, was er noch zu erledigen hatte, bevor er ins Wochenende gehen konnte – auch wenn seine Pläne nicht mehr beinhalteten als ein Buch und eine Flasche Wein zu öffnen. Aber er konnte nichts davon tun, bevor er nicht die Akten abgeliefert hatte.

„Okay. Ich tu’s jetzt“, sagte Daniel zu sich. Dann griff er nach dem Türöffner, und erstarrte sofort wieder. „Erst rufe ich Sam an.“

Ja, er wusste, dass er kniff, aber er nahm sein Telefon vom Beifahrersitz und rief seinen Freund an.

„Hey“, meldete sich Sam. Er klang ziemlich atemlos.

„Hey, was machst du gerade?“

„Laufen“, antwortete Sam.

„Wovor flüchtest du?“, fragte Daniel.

Sam lachte. „Vor gar nichts. Ich jogge … du weißt schon, für die Fitness. Solltest du auch mal probieren.“

„Wieso?“, fragte Daniel angewidert.

„Ich weiß nicht, Danny, es könnte dir guttun.“

„Das bezweifle ich“, sagte Daniel. „Wahrscheinlich würde ich mir nur einen Muskel zerren oder sowas.“

Er konnte praktisch hören, wie sein Freund frustriert den Kopf schüttelte. Dann sah er Bewegung im Eingang zum Polizeibüro und duckte sich, stellte aber noch schnell fest, dass es nicht Charlie war. Der Ex-Soldat war viel größer und breiter … und gutaussehend.

Nein, ermahnte er sich streng. Hör auf, so etwas zu denken.

„Wo bist du? Willst du heute ausgehen? Ein paar von uns gehen etwas trinken, im Whiskyfass“, sagte Sam.

Daniel zögerte mit einer Antwort. Ihm war durchaus klar, dass er dazu neigte, aus reiner Gewohnheit solche Einladungen abzulehnen. Er fühlte sich einfach wohler daheim mit einem Buch als in einer Bar.

„Wer kommt alles mit?“

„Leute“, antwortete Sam.

„Was für Leute?“

„Keine Ahnung“, sagte Sam. „So ein Typ, den ich kenne, erwähnte es.“

„Dann wärest du der Einzige, den ich kenne?“, fragte Daniel, der in diesem Moment bereits wusste, dass er nicht gehen würde.

Sam war Künstler, und alles bei ihm war frei und einfach. Daniel fragte sich oft, wieso sie überhaupt miteinander befreundet waren. Daniel selbst war eher steif und hielt sich immer an die Regeln – nicht gerade sehr unterhaltsam und gesellig.

„Du hast schon beschlossen, nicht zu kommen, oder?“, sagte Sam, der ihn nur zu gut kannte. „Bist du zuhause? Vielleicht komme ich bei dir vorbei, bevor ich losgehe, und versuche dich zu überreden.“

„Äh, um ehrlich zu sein, bin ich gerade in Dark Hollow“, sagte Daniel, „und verstecke mich in meinem Auto vor der Polizei.“

Sams schweres Atmen verstummte, was anzeigte, dass er aufgehört hatte zu rennen. „Oh mein Gott. Bitte sag mir, dass du ihn nicht stalkst!“

„Was? Nein, natürlich nicht“, widersprach Daniel. „Ich muss etwas im Polizeibüro abgeben. Ich warte nur, bis … na ja, bis er gegangen ist. Falls er überhaupt da drin ist.“

„Daniel, das kannst du nicht ernst meinen“, sagte Sam entrüstet. „Der Kerl flirtet wochenlang mit dir, bittet dich endlich um ein Date, und dann versetzt er dich, ohne auch nur anzurufen und sich zu erklären oder zu entschuldigen. Du hast nichts falsch gemacht. Also steig aus deinem Auto und geh hoch erhobenen Kopfes hinein. Sieh ihm direkt in die Augen, drück ihm in die Hand, was immer es ist, und dann spazierst du wieder hinaus.“

Das klang wie etwas, das Sam tun würde, nicht Daniel. „Was, wenn er versucht, mit mir darüber zu reden? Was, wenn es richtig peinlich wird?“

„Peinlicher als so lange allein im Restaurant zu sitzen, dass die Bedienung Mitleid bekommt und dir einen Gratis-Nachtisch zum Mitnehmen schenkt?“, sagte Sam und erinnerte Daniel an die Demütigung, die er empfunden hatte, als Charlie ihn versetzt hatte.

Daniel legte seine Stirn an das Lenkrad. „Gott, ich bin so ein Verlierer.“

Wie um einen weiteren Beweis dafür zu liefern, schüttelte er den Kopf und betätigte so versehentlich die Hupe, worauf er zusammenzuckte und beinahe sein Telefon fallen ließ.

„Was war das?“, fragte Sam. „Oh Gott, bitte sag mir, es ist nicht das, was ich denke.“

„Ja“, flüsterte Daniel und duckte sich so tief wie möglich. „Ich bin an die Hupe gekommen. Oh Scheiße, was mache ich jetzt?“

„Los!“, rief Sam.

„Was?“

„Hau ab. Fahr los. Sofort!“

„Und was ist mit ,erhobenen Kopfes reingehen‘?“, fragte Daniel, während er bereits den Motor anließ.

„Dafür ist es jetzt zu spät, Danny“, erklärte Sam. „Man muss auch wissen, wann der Punkt gekommen ist, an dem man sich aus dem Staub machen muss.“

Daniel lenkte den Wagen aus der Parklücke und auf die Straße, aber nicht, bevor er im Rückspiegel noch die vertraute Gestalt aus dem Polizeibüro kommen sah.

„Oh, Scheiße“, sagte er. „Ich glaube, er hat mich gesehen.“

„Wer? Deputy Arschloch?“, fragte Sam. „Oh mein Gott.“

„Was mache ich jetzt?“, fragte Daniel, während er davonfuhr.

„Such dir einen Imbiss oder irgendwas, trink einen Kaffee oder zwei, und danach fährst du zurück und tust so, als wäre nichts passiert“, riet Sam ihm.

„Okay, ich ruf dich später an“, sagte Daniel.

Er legte auf und fuhr ziellos einige Minuten lang umher. Dabei sah er ständig in den Rückspiegel und duckte sich so viel wie möglich. Die wenigen Male, die er bisher in Dark Hollow gewesen war, hatte er stets nur die Polizeistation besucht, also kannte er sich nicht aus. Er erreichte die Hauptstraße, und als er ein Café namens Gebräu entdeckte, hielt er an. Er schaltete den Motor ab und überlegte, dass eine Tasse Kaffee jetzt gerade vielleicht doch nicht die beste Idee war angesichts dessen, wie aufgekratzt er sich bereits fühlte.

„Okay“, sagte er, um sich selbst Mut zuzusprechen. „Du bist kein Idiot. Du hast einen Abschluss in Biochemie. Dass der irre scharfe Hilfssheriff mit deinen Gefühlen gespielt hat, bedeutet nicht, dass du nicht etwas Besseres verdienst.“

Daniel nahm mehrere tiefe Atemzüge, dann betrachtete er den braunen Umschlag auf dem Beifahrersitz, als hätte das verdammte Ding ihn persönlich beleidigt. Die Ladenfassade direkt neben dem Gebräu erregte seine Aufmerksamkeit.

Es war einmal … stand auf dem Ladenschild.

Das Schaufenster des Buchladens war mit niedlichen Origamifiguren dekoriert, die offenbar aus alten Buchseiten gefaltet worden waren. Daniel hoffte, dass es sich um Fotokopien handelte und keine Bücher dafür zerstört worden waren. Ein Drache hing an einem Draht und umkreiste eine Burg, die aus einer Mischung von Büchern und Lesezeichen gebaut war. Das war ziemlich clever, und Daniel fühlte sich schon etwas besser. Er war ein begeisterter Leser, und er brauchte etwas, auf das er sich freuen konnte, wenn er heute nach Hause fuhr. Also beschloss er hineinzugehen und sich ein wenig umzusehen.

Eine Glocke klingelte über der Tür, als er den Laden betrat. Im Inneren war es warm, und der typische Geruch von Büchern, den Daniel so liebte, hüllte ihn ein. Der Laden war so aufgebaut, dass die Mitte des Raums leer blieb, sodass Daniel sofort freien Blick auf den Tresen hatte.

Dahinter saß in einem Buch lesend ein Mann, den Daniel sogleich aus der Lokalzeitung wiedererkannte.

Caleb Todd.

Er war erst vor Kurzem nach Dark Hollow gezogen, nachdem er das Haus seines Onkels geerbt hatte. Am Ende hatte er den Mord an seinem Onkel aufgeklärt und wäre dabei beinahe selbst umgekommen. Eine Woche lang hatte die Zeitung über fast nichts anderes berichtet, und es hatte Neuigkeiten über ihn gegeben, wohin Daniel auch geschaut hatte – besonders, nachdem sich herausgestellt hatte, dass er mit dem örtlichen Sheriff zusammen war.

„Hallo“, begrüßte Caleb ihn freundlich lächelnd, als er von seinem Buch aufblickte. „Sag einfach Bescheid, falls du irgendetwas Bestimmtes suchst.“

Daniel starrte den Mann an, was ihm erst auffiel, als der fragend die Brauen hob.

„Entschuldigung, äh, ich weiß eigentlich gar nicht, wonach ich suche“, gestand Daniel.

Calebs Gesicht leuchtete auf. „Oh. Na dann … ich helfe gern.“ Er legte sein Buch zur Seite und umrundete den Tresen.

„Das ist nicht nötig, ich–“

„Ich habe hier mein eigenes System“, sagte Caleb und ignorierte Daniels Protest. „Genres und Subgenres. Also, stehst du mehr auf Sci-Fi oder Krimis?“

„Ähm, ich mag beides“, sagte Daniel, und Calebs Gesicht erhellte sich erneut.

„Oh, super, Weltall-Krimis sind gleich hier drüben“, antwortete Caleb, schnappte sich Daniels Arm und führte ihn zu einem Regal. „Hast du gern ein bisschen Romantik in deinen Krimis?“

„Ich … glaube schon“, sagte Daniel. Er war sich an diesem Punkt ziemlich sicher, dass der Kerl ihm etwas verkaufen würde, ob Daniel wollte oder nicht.

Die Glocke am Eingang ertönte hinter ihnen und signalisierte die Ankunft eines weiteren Kunden. Als Daniel sich umdrehte, stand vor ihm die eine Person, der er nicht begegnen wollte.

Kapitel 2

Charlie verließ die Polizeiwache, um zu schauen, wer da draußen hupte, sah aber lediglich einen Wagen mit hoher Geschwindigkeit davonfahren. Einen Wagen, den er erkannte. Ein gewisser Duft stieg ihm in die Nase und traf ihn wie ein Schlag in die Magengegend. Frische, grüne Äpfel und Zedernholz zusammen mit dem Geruch von Mann, der nur zu Daniel gehören konnte.

Die Nacht, in der er beinahe gestorben war, die Nacht, in der er zum Werwolf geworden war. Für jemanden, der unter PTSD litt, waren die übernatürlich scharfen Sinnesorgane ein Fluch. Alles war laut und hell, und es war ein einziger Kampf, den Tag zu überstehen.

Henry hatte ihm eine Woche frei gegeben, damit er sich an die Veränderungen seines Körpers gewöhnen konnte – wie die neue Kraft und die geschärften Sinne. Charlie war schon immer groß und stark gewesen, und daran gewöhnt, seine Kraft zu kontrollieren; das war also eigentlich kein Problem für ihn gewesen. Was ihm Schwierigkeiten bereitete, war der Umstand, dass Geräusche und Gerüche plötzlich so viel intensiver waren.

Seit seiner Rückkehr aus Afghanistan hatte er viel meditiert, und noch mehr, nachdem er verwandelt worden war. Aber auch, wenn es geholfen hatte, besser damit umzugehen, hatte er doch seine Grenzen.

Daniel Conners, der hinreißende Techniker aus dem Labor, den Charlie einen ganzen Monat lang umworben hatte, hatte schließlich eingewilligt, mit ihm Essen zu gehen, und Charlie hatte sich zwei Tage lang unbändig darüber gefreut. Dann war er in einen Werwolf verwandelt worden.

Charlie war zu ihrem Date gegangen, trotz Henrys Warnung, dass er Schwierigkeiten mit seiner Selbstbeherrschung haben würde. Aber er hatte nicht einmal die Tür zum Restaurant geöffnet, weil ein Duft – dieser Duft – ihn schon draußen getroffen hatte wie ein Güterzug. Frisch und warm, und es hatte wie Sex gerochen, wie sich mit jemandem in frisch gewaschener Bettwäsche zu wälzen.

Charlie hatte auf der Stellen einen Harten bekommen, und seine Augen hatten gebrannt, wie sie es immer taten, wenn er dabei war, die Beherrschung zu verlieren. Er hatte mit seinen rot glühenden Augen durch das große Fenster geschaut und Daniel ganz allein an einem Tisch sitzen gesehen. Es war, als wäre alles und jeder andere in dem Lokal plötzlich gedämpft, und nur Daniel leuchtete irgendwie golden, ein Leuchten, das im Rhythmus seines Herzschlags pulsiert hatte.

Charlie hatte seine ganze Willenskraft aufbringen müssen, um nicht hineinzugehen und sich zu nehmen, was er als sein Eigentum erachtete. Nachdem er vergeblich versucht hatte, sich in seinem Auto wieder zu beruhigen, hatte er Henry angerufen, der ihm gut zugeredet hatte und ihn etwas beruhigen konnte. Als der Anfall endlich vorbei war, hatte Daniel das Restaurant schon verlassen. So gern Charlie ihn anrufen und sich entschuldigen wollte, er wusste nicht, wie er sich erklären sollte. Er wusste auch, dass er noch weit weg davon war, sich an sein neues Leben angepasst zu haben und lieber nicht in Daniels Nähe sein sollte, bevor er sich besser unter Kontrolle hatte. Auch wenn der Gedanke wehtat.

Wie um sich selbst einen Beweis mehr dafür zu liefern, hatte Charlie die Polizeiwache heute verlassen und war, nachdem er Daniels Duftspur aufgenommen hatte, hinter ihm hergerannt wie ein Hund auf der Jagd. Nun stand er in der Tür zu dem Buchladen, wo Henrys Partner Caleb arbeitete, und grub seine Fingernägel in seine Handflächen, um zu verhindern, dass sie sich in Klauen verwandelten.

Kapitel 3

Daniel erstarrte praktisch zur Salzsäule. Er wünschte sich, der Erdboden möge sich auftun und ihn verschlingen. Eine Mischung aus Wut und Verlegenheit ließ seine Wangen glühen. Nachdem er versetzt worden war, hatte er daran gedacht, Charlie anzurufen, hatte es aber bleiben gelassen, weil er fand, dass es an Charlie war, sich zu melden. Er hatte tagelang gewartet, aber nichts von ihm gehört. Nicht einmal eine einfache Textnachricht.

„Hey, Charlie“, begrüßte Caleb den Polizisten. Das war so eine Sache in kleinen Städten – jeder kannte jeden.

Charlie blinzelte ein paarmal, wandte den Blick jedoch nicht von Daniel ab. „Hi.“

„Hi“, antwortete Daniel und schaute woanders hin. Aber er bemerkte, dass Calebs Blick zwischen ihm und Charlie hin und her wanderte, als würde er gerade eine Gleichung lösen.

„Oh, Scheiße“, sagte Caleb. „Du bist Daniel.“

Das konnte Caleb nur aus einem einzigen Grund wissen – Charlie musste ihn gegenüber Caleb erwähnt haben. Wenn das ganze Flirten nicht ernst gemeint gewesen war, wieso hätte Charlie dann überhaupt mit seinen Freunden über ihn reden sollen? In Daniels Kopf herrschte bereits genug Durcheinander; er brauchte nicht noch mehr.

Caleb kratzte sich verlegen im Nacken und vermied es, ihn anzusehen. Darüber ärgerte Daniel sich, denn die einzige Person, die das Recht hatte, in diesem Moment verlegen zu sein, war er selbst.

„Ähm, wisst ihr was?“, sagte Caleb, nachdem zehn Sekunden lang niemand gesprochen hatte. „Ich denke, ich gehe nachsehen, ob hinten noch weitere Bücher sind.“

Daniel sah Caleb nach, der offenbar bestrebt war, ihm und Charlie etwas Zeit zum Reden zu lassen. Aber das war das Letzte, was Daniel wollte. Kurz erwog er, einfach an Charlie vorbei und zur Tür hinaus zu laufen, um jedes Gespräch zu vermeiden.

„Wie geht es dir?“, fragte Charlie. Seine Stimme klang tiefer, als Daniel sie in Erinnerung hatte, und ein wenig gepresst.

Daniel starrte ihn an. Er konnte nicht fassen, dass dies das Erste war, das Charlie zu ihm sagte. Nachdem er nicht einmal den Anstand gehabt hatte, ihn anzurufen.

„Gut. Bestens. Wunderbar“, antwortete Daniel und versuchte viel zu bemüht, cool zu erscheinen. „Und dir?“

Irgendetwas an Charlie war anders. Daniel bemerkte das erst jetzt, als er ihn wirklich anschaute. Von ihrer allersten Begegnung an war Charlie stets charmant und entspannt gewesen, immer ein Lächeln auf den Lippen. Jetzt sah er aus, als würde das Gewicht der ganzen Welt auf seinen Schultern lasten.

„Sieh mal, ich …“ Charlie machte einen Schritt auf Daniel zu, dann blieb er abrupt stehen, als wäre er auf eine unsichtbare Barriere gestoßen. Der Deputy verzog das Gesicht, als hätte er Schmerzen.

„Alles in Ordnung?“, fragte Daniel. Er konnte seine Gefühle einfach nicht abschalten und dem anderen Mann gegenüber gleichgültig sein.

Er ließ Charlie einen Moment, um zu antworten, denn er spürte, dass irgendetwas nicht stimmte. Dann sah er, wie Charlie die Schultern straffte und einen langen, beruhigenden Atemzug nahm.

„Ich wurde im Dienst mit einem Messer angegriffen und verletzt“, platzte Charlie heraus. „Ich hätte dich anrufen und es erklären müssen, aber …“

„Du wurdest mit einem Messer verletzt?“, unterbrach Daniel ihn. „Wann?“

„Vorletzte Woche“, erklärte Charlie. „Zwei Tage vor unserem geplanten Essen.“

Daniel starrte ihn mit offenem Mund an. „Oh mein Gott!“

„Es geht mir gut“, versicherte Charlie ihm rasch. „Ich meine, jetzt geht es mir wieder gut. Ich … schulde dir nur eine Erklärung.“

Daniel wollte darauf bestehen, dass er gar nichts von Charlie wollte, nicht einmal eine Erklärung, aber er wusste selbst, dass das eine Lüge war.

„Okay“, sagte er. Er sah die Erleichterung in Charlies Gesicht, und es überwältigte Daniel aufs Neue, wie gutaussehend der Mann war. Er sah aus wie ein Filmstar, mit seinem kurzen, blonden Haar und den leuchtend grünen Augen. Er hatte einen markanten Kiefer und ein schiefes Lächeln, das einen ganzen Raum erhellen konnte. Daniel fühlte sich wie ein Planet, der um die Sonne kreiste, wenn Charlie in der Nähe war, und dass er verglühen würde, falls er ihm zu nahe kam. Der Umstand, dass dieser Adonis sich für ihn interessiert hatte, war ihm völlig unwirklich vorgekommen. Deshalb hatte es ihn auch so verletzt, als er zu ihrem Date einfach nicht erschienen war. Als wäre das Ganze nur ein Witz für ihn gewesen, oder als würde Daniel nicht einmal einen Anruf verdienen.

„Ich habe dir ja erzählt, dass ich beim Militär war, bevor ich nach Dark Hollow zog“, sagte Charlie. „Da sind einige Dinge passiert, die mich immer noch belasten.“

Daniel hatte nicht erwartet, dass die Erklärung des Mannes seine Zeit beim Militär mit einschließen würde. „Ja, du hast erwähnt, dass du Soldat warst, aber ich hatte den Eindruck, dass du nicht weiter darüber reden wolltest.“

Charlie nickte, und Daniel sah, wie sich seine Schultern ein wenig entspannten.

„Als ich niedergestochen wurde, löste das irgendetwas in mir aus“, erklärte Charlie. „Ich war danach nicht ganz ich selbst. Ich hätte dich anrufen sollen, aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und dann war irgendwie schon zu viel Zeit vergangen.“

Charlie wirkte beschämt, und plötzlich kam Daniel sich wie ein Arschloch vor. Er hatte einfach das Schlimmste von Charlie angenommen, während der in Wirklichkeit eine schwere Zeit durchgemacht hatte.

„Es tut mir leid, dass dir das passiert ist“, sagte Daniel. „Und es ist okay, dass du nicht angerufen hast. Ich meine, es wäre schön gewesen, wenn du es getan hättest, aber ich verzeihe dir.“

Charlie lächelte ihn an, und Daniel schmolz auf Neue dahin.

„Hör zu, ich würde es gern wieder gutmachen. Einen zweiten Anlauf nehmen“, begann Charlie. „Aber ich glaube, im Augenblick ist es keine so gute Zeit dafür.“

Daniel wusste nicht, was er davon halten sollte. Er wusste nur, dass er sich fühlte, als würde er erneut enttäuscht werden. „Meinst du mit im Augenblick heute Abend?“

„Nein“, sagte Charlie, und er hörte sich an, als würde seine Antwort ihm ebenfalls Schmerzen bereiten. „Ich meine damit, so wie ich in letzter Zeit drauf war, sollte ich mich erst einmal darauf konzentrieren, den Kopf wieder klar zu kriegen. Ich hoffe, du kannst das verstehen.“

Charlie war erst fünfundzwanzig, und Daniel würde nächstes Jahr dreißig werden. Der Altersunterschied zwischen ihnen war eines der Dinge, die ihn anfangs hatten zögern lassen, als Charlie mit Kaffee und Essen im Labor aufgetaucht war und um Daniels Aufmerksamkeit gebuhlt hatte. Man konnte so leicht vergessen, dass Charlie, obwohl er fünf Jahre jünger war als Daniel, bereits im Krieg gewesen war und Dinge gesehen hatte, vor denen Daniel sein ganzes Leben lang behütet worden war. Charlie zeigte mehr Reife, als Daniel ihm zugetraut hatte.

„Natürlich verstehe ich das“, sagte Daniel und versuchte, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Er hatte sich bereits damit abgefunden, dass es nicht stattfinden würde. Wenigstens wusste er nun, dass es nicht daran lag, dass er nicht gut genug war oder irgendetwas falsch gemacht hatte. „Ich denke mal, das Timing muss einfach stimmen.“

Charlie nickte und trat einen Schritt näher. Er bewegte sich vorsichtig, bedeutend zaghafter als gewöhnlich. Es war beinahe, als wartete er darauf, dass irgendetwas passierte. Er machte einen weiteren Schritt, und Daniel dachte, Charlie würde ihn umarmen wollen, also trat er auf ihn zu.

Aber plötzlich sprang Charlie zurück, als hätte er sich verbrannt, und drehte Daniel den Rücken zu. Bevor Daniel etwas sagen oder tun konnte, war Caleb zurück und stand mit einem fast manischen Grinsen zwischen ihnen.

„Okay, cool, ich glaube, hier haben wir nicht das richtige Buch für dich gefunden. Wieso gehen wir nicht in den anderen Abteilungen nachsehen, da vorn zum Beispiel?“

Er zerrte Daniel praktisch in den hinteren Teil des Ladens, und bevor Daniel protestieren oder auch nur fragen konnte, was los war, ertönte die Glocke über der Tür.

Als er den Kopf drehte, sah er die Tür zufallen. Die Glocke schwang hin und her, und von Charlie war nichts mehr zu sehen. Er starrte die Tür an und fühlte sich ganz leer. Neben ihm plapperte Caleb, aber Daniel hörte es kaum.

„Alles in Ordnung?“, fragte Caleb, und die Worte drangen schließlich zu Daniel durch.

„Ich … nein“, antwortete er aufrichtig und überraschte sich selbst.

Caleb nickte. „Weißt du, es ist schon fast Ladenschluss. Wieso schließe ich nicht einfach ab und mache uns Kaffee? Ich weiß, es geht mich nichts an, aber Charlie und mein … fester Freund? Partner? Ich bin noch nicht ganz sicher, als was ich ihn bezeichnen soll. Jedenfalls, sie sind Freunde, deshalb weiß ich, dass Charlie in letzter Zeit einiges durchgemacht hat. Falls du reden möchtest, höre ich gern zu, und ich verspreche dir, dass alles, was du sagst, unter uns bleibt.“

Daniel wusste nicht, warum, aber er nickte unwillkürlich. Normalerweise blieb er für sich, und ganz sicher redete er nicht mit Fremden über seine Probleme. Aber die Alternative war, die Akte im Polizeibüro abzugeben und dann heimzufahren, wo er mit all seinen widersprüchlichen Gefühlen allein sein würde.

Kapitel 4

Das Hinterzimmer des Buchladens war winzig und vollgestopft mit allem Möglichen, das nirgends sonst hingehörte.

Daniel saß auf einer Kiste mit Büchern, für die Caleb bis jetzt noch keine Zeit gehabt hatte, um sie auszupacken. Er tat nichts anderes als atmen, während er darauf wartete, dass Caleb mit dem Kaffee machen fertig wurde. Als sein neuer Freund sich ihm gegenüber setzte, hielt er je einen großen Keramikbecher mit Werbeaufdruck in jeder Hand.

„Hier“, sagte Caleb, als er Daniel den mit dem goldenen Drachen darauf reichte. Der Schwanz des Drachens bildete den Henkel.

„Danke“, sagte Daniel und starrte in die dunkle Flüssigkeit. Am Anfang hatte Charlie einfach angefangen, im Labor herumzulungern, um ein wenig länger mit Caleb zu reden als eigentlich nötig. Dann begann er, in der Mittagspause aufzutauchen, mit Kaffee, der nach Haselnüssen schmeckte. Schon bald hatte Daniel sich darauf gefreut. Er vermisste diesen Kaffee.

„Kein Problem“, sagte Caleb. Etwas in seinem lockeren Tonfall veranlasste Daniel, ihm zu glauben. „Mein … fester Freund? Gott, ich muss mir wirklich etwas überlegen, wie ich ihn vor anderen Leuten nennen soll. Wir sind noch nicht so lange zusammen. Er ist der Sheriff, Henry Allen. Wie ich hörte, seid ihr euch bereits begegnet.“

Also hatte Charlie wirklich mit seinen Freunden über ihn geredet. Daniel wusste nicht, was er davon halten sollte.

„Sicher. Mehrere Male“, antwortete Daniel.

„Richtig. Also, seine Schicht dauert noch vierzig Minuten, und ich hatte sowieso geplant, so lange noch hier auf ihn zu warten.“

„Ich habe gehört, was dir passiert ist“, sagte Daniel, weil er das Bedürfnis hatte, aufrichtig mit Caleb zu sein. „In den Lokalnachrichten.“

Caleb starrte in seinen Becher.

„Ja, es stellte sich heraus, dass du, wenn jemand versucht, erst deinen Onkel umzubringen und dann dich, zu einer lokalen Berühmtheit wirst. Hurra.“ Sie lächelten einander kurz an. Daniel bewunderte Calebs Fähigkeit, die Situation eher auf die leichte Schulter zu nehmen. „Aber jetzt lass uns über dich und Charlie reden.“

Daniel seufzte angesichts des wenig subtilen Themenwechsels. Er wusste nicht, wo er beginnen sollte.

„Es war alles leichter, als ich sauer auf ihn war, weil er mich versetzt hatte“, erklärte er in einem Versuch, seine Gefühle in Worte zu fassen. „Als ich das Gefühl hatte, derjenige zu sein, dem Unrecht getan worden war, weißt du?“

Caleb nickte. „Klar. Wäre Charlie einfach ein Arsch, der dich versetzt hat, dann wärst du längst über ihn hinweg, weil du wüsstest, dass er deine Zeit nicht wert ist.“

„Genau“, sagte Daniel erleichtert, weil Caleb offenbar nicht fand, dass er sich verrückt anhörte. „Jetzt ist er immer noch der tolle Kerl, der sich tatsächlich für mich interessiert. Nur, dass daraus nichts wird, weil er traumatisiert ist.“

Noch während er das sagte, wand er sich innerlich, weil es so selbstsüchtig klang. Als ginge es hier nur um ihn.

Caleb lächelte ihn schief an. „Da kann immer noch etwas draus werden. Du musst es nur langsam angehen.“

„Was meinst du damit?“

„Was er im Augenblick durchmacht, das wird auch wieder besser“, sagte Caleb. „Zumindest sagt Henry das. Er wird wieder so werden wie vor dem Biss – ich meine, Messerangriff – mehr oder weniger jedenfalls. Du musst nur ein wenig Geduld haben, und sein Freund sein. Weißt du was? Wir haben diesen Sonntag Grillabend. Charlie wird auch da sein. Du solltest kommen.“

Daniel zögerte und dachte darüber nach.

„Ich weiß nicht“, sagte er. „Komme ich dann nicht rüber wie der totale Stalker? Außerdem, was, wenn er die Geschehnisse nur als Ausrede benutzt, um nicht mit mir auszugehen? Was, wenn ihm klargeworden ist, dass er mich doch nicht auf diese Weise mag?“

Caleb schaute in sein Getränk; er wirkte etwas unbehaglich und als würde er mit sich ringen, bevor er schließlich wieder etwas sagte.

„Nach dem … Zwischenfall“, sagte Caleb, „wohnte Charlie eine Zeitlang bei uns im Haus. Es ging ihm wirklich schlecht. Er hat bereits große Fortschritte gemacht, glaub mir. Wir haben in den wenigen Tagen viel miteinander geredet, was auch der Grund ist, weshalb ich wusste, wer du bist, als ich sah, wie Charlie dich anschaute.“

Daniel senkte den Kopf, weil er spürte, dass er rot wurde. „Okay, wenn du sicher bist, dass er mich sehen will.“

Caleb biss sich von innen auf die Wange, so als würde er ein allzu breites Grinsen unterdrücken. „Oh, ich bin ganz sicher.“

Daniel fühlte sich tatsächlich ein wenig leichter nach dem Gespräch mit Caleb. Er war ein netter Kerl, mit dem man gut auskommen konnte. Aber das gute Gefühl trübte sich schon bald, als ihm einfiel, dass er immer noch die Akten abliefern musste.

„Hey, kann ich dich um einen Gefallen bitten?“, fragte Daniel.

„Sicher.“

„Ich habe einige Papiere im Auto, die ich im Polizeibüro abliefern muss“, erklärte Daniel. „Aber ich möchte Charlie heute nicht noch einmal über den Weg laufen.“

Caleb lächelte. „Soll ich die Papiere mitnehmen? Das ist kein Problem, ich gehe sowieso dahin.“

„Super, danke“, sagte Daniel erleichtert. Jetzt konnte er einfach nach Hause fahren und sich endlos über jede Kleinigkeit, die heute Abend passiert war, den Kopf zerbrechen.

„Bevor du gehst“, sagte Caleb, als sie beide aufstanden. Caleb ging zu einem Stapel Bücher, die er noch nicht in den Verkauf gebracht hatte. „Ich möchte, dass du das hier bekommst. Geht auf mich.“

Er gab Daniel ein Buch mit zwei Männern auf dem Cover. Einer der Männer hatte einen freien Oberkörper, und der andere berührte dessen Brust.

„Oh … oh, wow“, sagte er, sehr zu Calebs Belustigung. Er drehte das Buch um und las den Klappentext. „Ein Liebesroman … über einen Mann und einen Werwolf.“

Er blickte auf zu Caleb und fragte sich, ob das ein Witz sein sollte.

„Ja. Wie sich herausgestellt hat, ist das ein ganz eigenes Genre“, sagte Caleb. „Man könnte sagen, ich bin seit kurzem Fan.“

Liebesromane waren eigentlich nicht so Daniels Ding, und er hatte keine Ahnung, wieso Caleb ihm einen schenkte, noch dazu mit einem Werwolf, aber er wollte nicht unhöflich sein.“

„Danke. Das ist … toll“, sagte er mit einem erzwungenen Lächeln und steckte sich das Buch unter den Arm.

Caleb strahlte ihn regelrecht an. „Lies es einfach. Die Geschichte ist wirklich gut, und die Hauptfiguren sehr interessant.“

Caleb, der in seiner Kindheit gute Manieren gelernt hatte, nickt. „Danke. Ich werd’s heute Abend anfangen. Ich habe sonst nichts vor.“

Caleb klopfte ihm auf den Rücken. „So ist es richtig.“

Als Caleb Daniel zur Tür brachte und aufschloss, um ihn hinauszulassen, bemerkte Daniel einige Tropfen Blut auf dem Boden neben der Tür, wo Charlie gestanden hatte.

---ENDE DER LESEPROBE---


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