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Manche nannten die Smoke-Creek-Wüste ein Schlammloch; vor allem diejenigen, die Zeuge geworden waren, wie im Winter das Flusswasser über die Ufer trat und die staubtrockene Salzsohle bis zum Horizont überflutete. Die trockenen Schollen wurden zu schwarzem Morast, in dem die Siedlerwagen bis zu den Achsen versanken.
Die Smoke Creek war die Heimat von Dan Stebbins. Er hauste in einem gottverlassenen Verschlag am Buffalo Crossing, stahl die Munition von den Ranches in den Mirage Plains und schoss die Gabelböcke, die sich zu weit in die Ebene wagten. Er mochte keine Fremden, vor allem keine, die sich in der Wüste lauthals unterhielten. Er scheute ihre Nähe, fürchtete vor allem, dass sie über ihn und seine Umstände spotten könnten.
Über Kimme und Korn peilte er seine Gäste an...
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Seitenzahl: 132
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Verschollen im Wüstensturm
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Impressum
Verschollenim Wüstensturm
von Marthy J. Cannary
Manche nannten die Smoke-Creek-Wüste ein Schlammloch; vor allem diejenigen, die Zeuge geworden waren, wie im Winter das Flusswasser über die Ufer trat und die staubtrockene Salzsohle bis zum Horizont überflutete. Die trockenen Schollen wurden zu schwarzem Morast, in dem die Siedlerwagen bis zu den Achsen versanken.
Die Smoke Creek war die Heimat von Dan Stebbins. Er hauste in einem gottverlassenen Verschlag am Buffalo Crossing, stahl die Munition von den Ranches in den Mirage Plains und schoss die Gabelböcke, die sich zu weit in die Ebene wagten. Er mochte keine Fremden, vor allem keine, die sich in der Wüste lauthals unterhielten. Er scheute ihre Nähe, fürchtete vor allem, dass sie über ihn und seine Umstände spotten könnten.
Über Kimme und Korn peilte er seine Gäste an...
Die satten Wiesen seiner Heimat Derry kamen John Finnegan in den Sinn, als er über das öde Land der Smoke-Creek-Wüste blickte und dabei seine Frau Mary in die Arme nahm. Er lachte über den grotesken Gegensatz, den die Wüste und das Grün seiner Heimat ergaben, und setzte zu einem stürmischen Kuss an.
»Noch einen?«, flüsterte ihm Mary zu und steckte sich eine ihrer blonden Haarsträhnen hinters Ohr. »Verschossen in mich warst du zuletzt vor unserer Hochzeit.«
Sie hatten in St. Ann geheiratet, einem winzigen Kirchlein mit mächtigem Dachgebälk und hübschen Fenstern, in dem die Hochzeitsgesellschaft kaum Platz gefunden hatte. Der Pfarrer hatte ihnen den Eid abgenommen, und sie hatten einander selig angeblickt, mit Tränen in den Augenwinkeln.
Fast zwanzig Jahre war ihre Trauung her.
Sie hatten in Irland ein Haus besessen, irgendwann ein paar Kühe und einen Ochsen, mit dem John das Feld bestellt hatte. Sie hatten Gerste und Hirse verkauft, doch mit den Jahren war das Geschäft schwierig geworden, und so hatte John sich als Steinmetz verdingt. Er hatte Meilensteine für die Royal Warminster geschlagen, ab und an Grabstelen und Wegpfosten.
Eines Tages hatte John ein Meißel in der Wade gesteckt.
Er hatte nicht bemerkt, dass er von dem Granitblock, an dem er gearbeitet hatte, abgerutscht war. Den Schmerz jedenfalls hatte er in der Kälte – es war ein Dezembertag gewesen – kaum gespürt. Die geschliffene Schneide des Meißels hatte seine Haut und einen Knochen durchbohrt, und damit war alles vorüber gewesen.
»Verschossen?«, lachte John und setzte Mary wieder ab. Er schaute in ihr schmales Gesicht, aus dem ihn zwei himmelblaue Augen ansahen. »Wie recht du hast... Ich liebe dich, Mary Finnegan. Ich liebe dich und trage dich auf Händen.«
Das letztere Versprechen freilich konnte John nicht halten. Er lief seit dem Unglück am Stock, hievte sich abends in den Sessel und war auf dem Landesteg des Atlantikdampfers in demütigender Weise gestürzt. Er hatte geflucht und Mary dadurch in Verlegenheit gebracht.
Seine Frau hatte ihm aufgeholfen und die übrigen Passagiere um Verzeihung gebeten.
»Wie weit ist es noch?«, fragte Mary und blickte sich um. »Eine Meile oder zwei?«
Sie standen mitten in der Smoke-Creek-Wüste, deren unwirtliche Schönheit sie dennoch in Bann schlug. Der ausgebrannte Boden war von einem Gewirr an Furchen durchzogen, in denen sich nichts fand außer losen Salzkörnern. An der Horizontlinie erhoben sich graue Hügelketten, flimmernd im Dunst der Hitze und schroff in ihrer Gestalt.
»Höchstens eine Meile«, sagte John und stützte sich auf den Stock. Er hielt die Landkarte in der Hand, die sie in Washoe City bekommen hatten. »Die Quellen... Sie müssen dort drüben sein!«
Er wies mit dem Arm auf eine einzelne Hügelspitze, die gleichsam einem Segel aus dem trockenen Wüstenboden ragte. Sie wollten zu einer der Thermalquellen, die sich überall in der Wüste fanden und bei schmerzenden Gelenken Linderung versprachen.
»Lass dir helfen!«, sagte Mary in ihrem gutmütigen Ton, den John nicht ausstehen konnte, solange es um ihn selbst ging. Er wollte vor seiner Frau kein Krüppel sein.
»Nein, Mary!«, versetzte John eine Spur zu scharf. Er trat einen Schritt beiseite und steckte die Karte weg. »Ich laufe selbst oder gar nicht.«
Den Stursinn hatte John sich angewöhnen müssen; es hatte ihn Kraft und Überwindung gekostet. Er war eine duldsame Natur, stets darauf bedacht, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Als ihm der Meißel im Bein gesteckt hatte, war er überzeugt gewesen, dass es für ihn und Mary irgendwie weitergehen würde.
Bald jedoch war das Ehepaar in Armut geraten.
Sie hatten das Vieh verkaufen müssen, das Land, das Haus, selbst die Kleider und ihre Möbel. Sie hatten mit ihrem Sohn Herman buchstäblich auf der Straße gesessen, und hätte ihnen Alfred Lindsey von der Royal Warminster kein Geld geliehen, wären sie nicht einmal nach Amerika gelangt.
Sie liefen schweigend bis zum Hügel.
Trotz seiner miserablen Laune war John stolz auf Mary, die mit ihm jegliche Widrigkeiten durchgestanden hatte, die zu ihm hielt, obwohl er kaum für sie und den Jungen sorgen konnte. Er liebte diese hellblonde Irin mit den wasserblauen Augen, die tanzen konnte wie der Wind und sich ihm mit einem frechen Kuss auf die Wangen vorgestellt hatte.
Kaum achtzehn Jahre alt waren sie beide damals gewesen.
Als der knöchelhohe Tümpel, in dem sich das Thermalwasser sammelte, in Sicht kam, blieb John stehen und zog Mary am Arm zu sich. Er küsste sie innig, drückte ihren zierlichen Leib an den seinen, brach den leichten Widerstand, den seine Frau ihm gegenüber aufbrachte. »Was hast du? Bist du noch zornig auf mich?«
»Nicht auf dich«, sagte Mary und blinzelte in die tiefstehende Sonne. »Die Wüste... Sie behagt mir nicht. Sie löst eine seltsame Empfindung in mir aus.«
»Vermutlich der Wind«, meinte John und bohrte den Stock in die Salzerde. »Er raunt und säuselt und macht einem den Kopf wirr.«
Noch in Washoe City hatten sie von den Stürmen gehört, die hin und wieder über die Wüste gingen und Staub vor sich her trieben. Sobald der Winter kam, wurden sie stärker und fegten den Dampf der heißen Quellen bis zu den Flüssen. Die Smoke-Creek-Wüste hatte ihren Namen von diesem smoke, dem Dunst der Quellen.
»Lass uns baden!«, schlug John vor und wandte sich um. Er zog den Stock aus dem Sand, als ihn ein infernalisches Krachen von den Beinen holte.
Er wurde zu Boden geschmettert, schlug mit dem Schädel in den Schmutz und spürte eine warme Nässe an seinem Hals. Er griff sich mit der Hand an den Kehlkopf, fasste in offenes Fleisch und wollte nach Mary schreien.
Seine Frau strauchelte und sackte ebenfalls nieder.
Sie war von einem Gewehrschuss durchbohrt worden, der ihr das Kleid und den Spitzenüberwurf zerfetzt hatte. Sie fiel neben John in den Sand, rollte auf die Seite und starrte ihren Mann aus weitaufgerissenen Augen an.
✰
Die weißen Säulen des State Capitol Building glühten in der Sonne, als der Einspänner mit dem Gast aus Washington D.C. hielt. Die Kutsche hatte die King Street genommen, jene vornehme Straße von Carson City, an die sich die Villen der Wohlhabenden drängten. Auf dem Kutschbock saß ein Mann, den Horace Parks zu diesem Dienst verpflichtet und für dessen Schweigen er bezahlt hatte.
»Sir!«, grüßte der Kutscher und brachte die Pferde zum Stehen. »Ich fand Mr. Lassiter bei Montgomery Douglas. Er hat sich einen passablen Abend gemacht.«
Erst in diesem Moment fiel Parks auf, dass der Mann auf der Rückbank der Kutsche schlief. Er war nachlässig gekleidet, stank nach Whisky und hielt ein parfümiertes Tuch in der Hand, das augenscheinlich aus dem Besitz einer Frau stammte.
»Schaffen Sie ihn ins Capitol!«, knurrte Parks und drückte dem Kutscher einen Vierteldollar in die Hand. »Ich gehe davon aus, dass in Carson City niemand etwas davon erfährt? Er...« Er wies auf den Schlafenden. »Dieser Kerl ist ein guter Mann.«
Sie trugen den Schlafenden gemeinsam zum Lieferanteneingang, brachten ihn ins Dienstzimmer des Portiers, hoben ihn auf einen Stuhl und verabschiedeten sich voneinander. Als der Kutscher aus der Tür war, erwachte dessen Passagier zum Leben.
»Sind Sie wach, Mr. Lassiter?«, stichelte Parks und blickte sein Gegenüber ruhig an. Er arbeitete seit fünfzehn Jahre für die Brigade Sieben und wusste von keinem Agenten, der einen berüchtigteren Ruf als Lassiter genoss. »Sie hätten in dieser Taverne draufgehen können.«
Der Mann auf dem Stuhl seufzte, hielt sich den Kopf und stellte die Whiskyflasche ab. Er hatte sandblondes Haar, ein breites Kreuz und – so weit es zu erkennen war – stechend blaue Augen. Er glich eher einem zerlumpten Säufer als dem stahlharten Kerl, den man Parks versprochen hatte.
»Ich brauche ein Glas Wasser«, flüsterte Lassiter und legte den Kopf in den Nacken. »Oder noch einen Whisky! Ein Whisky reicht auch!«
»Sie kriegen keinen Whisky.« Parks zog den Gehrock aus und stellte sich Lassiter in Hemdsärmeln gegenüber. Er zog das Telegramm unter den Hosenträgern hervor. »Sie bekommen von mir einen Auftrag, der sich gewaschen hat. Sie müssen einen Mörder finden. – Hören Sie mir überhaupt zu?«
Vier Telegramme hatte das Hauptquartier nach Nevada gesandt, und jedes einzelne hatte dringlicher geklungen als das vorangegangene. Die Schreiben waren in Parks in sein Büro gebracht worden, versiegelt und per Kurier, wie er es im Post Office angeordnet hatte. Er hatte sie gelesen, während Curtis und Davenport vom General Merchandise Fund auf ihn gewartet hatten.
Solche Opfer wollte Parks nicht umsonst erbracht haben.
»Hören Sie mir zu?«, brüllte er den betrunkenen Agenten vor ihm an. »Sie müssen einen verfluchten Mörder finden, der sich in der Wüste herumdrückt! Man wollte in Washington ausschließlich Sie für diesen Auftrag!«
Kein einziger Rock sei vor Lassiter sicher, hatte man Parks gewarnt, nicht in Nevada und auch sonst in keinem Bundesstaat. Er sei ein unverbesserlicher Schwerenöter, ein Mann der Leidenschaft, der hin und wieder Aufträge liegenließ und seinen Trieben nachging. Er sei erfahren, loyal und gerecht, hatte es ebenso geheißen, und Parks hatte entschieden, dass er auf das Gerede nichts geben würde.
Seit über einem Jahrzehnt saß Parks im Kapitol von Nevada.
Er hatte seinen Sitz im Norden des Staates gewonnen, in jener Stadt, in der er geboren worden war, und er hatte sich seiner Aufgabe verschrieben. Er war Minderheitenführer geworden, hatte der Higbee Commission vorgestanden, die Korruption und Betrug aufgeklärt hatte, und war mit Dutzenden Abgeordneten zum Präsidenten gefahren. Er hatte bei Regen und Wind auf dem Balkon des Capitol Buildings gestanden, sich vereidigen und auszeichnen lassen.
Er war ein aufrechter Bürger Nevadas.
Die Brigade Sieben war über die Higbee Commission an ihn herangetreten, hatte ihn überzeugt, dass er dem Land als Abgeordneter im Ruhestand wenigstens als Mittelsmann noch von Nutzen sein konnte. Er hatte diese Pflicht mit Ehrgefühl in der Brust angenommen.
Doch an diesem Morgen saß ein Trunkenbold vor Parks.
Er trat gegen die Whiskyflasche, nach der sich Lassiter streckte, und packte den Mann der Brigade Sieben bei den Schultern. Er rüttelte ihn und riss ihn dadurch aus seiner Benommenheit. »Sie müssen mir zuhören, Mr. Lassiter. Man hat in der Smoke-Creek-Wüste zwei Tote gefunden, die grässlich zugerichtet waren. Sie sind an einer Heilquelle ermordet worden.«
»Heilquelle.« Lassiter hob den Kopf und nickte. »Ich verstehe Sie, Mr. Parks. Ich habe mit einer Frau getrunken und bin erledigt.« Er hielt sich an der Stuhllehne fest und stand auf. »Aber ich höre Sie, Mr. Parks.«
»Äußerst erfreulich!«, erwiderte Parks gereizt. »Sie müssen in die Wüste und sich die beiden Leichname ansehen. Der Sheriff hat sie zurückgelassen, wie man sie gefunden hat.« Er ergriff erneut Lassiters Schultern. »Das Justizministerium ist überzeugt, dass es einen ähnlichen Mord in Washington D.C. gegeben hat.«
Behäbig hob Lassiter den Kopf. »Einen ähnlichen Mord, Sir? Wie meinen Sie das?«
Allmählich verlor Parks die Geduld. »Ich gebe Ihnen ein Kuvert mit allen Berichten dazu mit. Vor ein paar Wochen ist in Washington D.C. die Familie Pomeroy ermordet worden.« Er bugsierte Lassiter auf den Stuhl zurück. »Diese Leute sind auf dieselbe Weise getötet worden wie das Ehepaar draußen in der Wüste.«
»Ein Ehepaar«, stellte Lassiter fest und hob erneut den Kopf. »Sie wissen bereits, dass es sich um ein Ehepaar handelt? Wie sind sie gestorben?«
»Sie sind erschossen worden«, erklärte Parks und stöhnte genervt. »Jemand hat sie mit einem Schrotgewehr entsetzt zugerichtet und ein Zeichen um sie herum in den Sand gezeichnet. Sie müssen es sich ansehen.« Er gab Lassiter die Telegramme. »Darin finden Sie zunächst alles, was Sie wissen müssen.«
»Und das Kuvert?« Lassiter fasste nach den Telegrammen. »Ich brauche die Berichte... Ich brauche die Berichte aus dem Hauptquartier.«
»Halten Sie mich für einen Dummkopf?«, fuhr Parks aus der Haut. »Sie kreuzen vollkommen betrunken bei mir auf und wollen mich belehren? Ich schicke Ihnen das verdammte Kuvert ins Hotel.« Er kehrte Lassiter den Rücken zu. »Die Unterredung ist beendet, Mister.«
✰
Der Whiskyrausch hatte Lassiters Schädel in ein Jahrmarktskarussell verwandelt.
Der Mann der Brigade Sieben und seine Geliebte Claire Hopper hatten vier Flaschen miteinander geleert, davon zwei in der Taverne von Montgomery Douglas und zwei in der Kammer, die sie von Douglas angemietet hatten. Sie hatten es die ganze Nacht miteinander getrieben, bis sie das Morgengrauen auseinandergescheucht hatte.
»Sheriff?«, sprach Lassiter den Gesetzeshüter an. Er stand neben seinem Pferd und stützte sich am Sattel ab. »Wann bringen Sie die beiden fort?«
Über der Wüste brütete erbarmungslose Hitze, die Sheriff McCleery und Lassiter gleichermaßen den Schweiß auf die Stirn trieb. Die beiden Männer standen vor den Toten, die mit den Füßen im Tümpel der Heilquelle lagen. Die Körper waren entsetzlich zugerichtet.
»Nicht vor dem Abend!«, brummte McCleery und lüftete den Strohhut. »Ich will nicht, dass jemand die armen Teufel zu Gesicht kriegt. Sie sind auf abscheuliche Weise umgekommen... Es stiftet nur Unruhe in der Stadt, sobald sich darüber etwas herumspricht.«
Das irische Ehepaar, von dem Lassiter inzwischen wusste, dass es John und Mary Finnegan gewesen waren, hatte dem Tod buchstäblich in die Augen geblickt. Die Iren waren aus nächster Nähe mit etlichen Gewehrschüssen getötet worden. Sie hatten blutverkrustete Wunden am Bauch, an der Brust, am Hals und an den Schultern und lagen verkrümmt neben dem dampfenden Wasser.
Um die Toten hatte jemand Linien in den Sand gekratzt.
Das Gewirr ergab ein gehörntes Schafshaupt, das jedoch nur von den Felsen in der Nähe überhaupt zu enträtseln war. Die gedrehten Hörner des Tieres reichten bis zum Ufer des Quellsees, die Augen waren um die Köpfe der Toten herum in den Wüstenboden geritzt worden. Die Schafsschnauze war schief geraten und wies mehrere Zähne auf, die spitz zulaufenden Hauern eines Wildschweins glichen.
»Scheint mir vernünftig!«, sagte Lassiter und ging um die Toten herum. Er hatte das Kuvert studiert, das er von Parks erhalten hatte, und wusste inzwischen, dass man auch bei der toten Familie in Washington D.C. ein Schafshaupt gefunden hatte. »Sie sollten keinem von dieser Tat erzählen, Sheriff.«
»Keinem von dem Schafsschädel?«, murmelte McCleery. »Oder keinem davon, dass ein Einsiedler dahintersteckt? Am helllichten Tag sind sie gestorben... Jesus, im schönsten Sonnenlicht!«
Der Sheriff hatte seine Deputies in Carson City gelassen, hatte sich allein in die karge Smoke-Creek-Wüste begeben, in der sich ernste Verbrechen wie dieses selten ereigneten. Er hatte Lassiter bereits in die Hand versprochen, dass er die Toten mit der Hilfe zweier Männer fortbringen würde, die sein Vertrauen genossen.
»Keinem ein Sterbenswort«, sagte Lassiter und beugte sich zu dem toten Finnegan herunter. Er betrachtete die trichterförmige Wunde, die von der Gewehrkugel in die Seite des Iren gerissen worden war. »Wo lebt dieser Einsiedler? Kennen Sie ihn?«
Der grausame Anblick der Toten schnürte McCleery nach wie vor die Kehle ab. »Mir... Ich bin ihm einige Male begegnet. Er ist ein wirrer Geist, wahrscheinlich auch schwachsinnig.« Er deutete mit dem Arm auf den Hügel. »Sie finden sein Lager hinter dem Felsenkamm dort. Aber er wird sich aus dem Staub gemacht haben.«
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Die Konturen des Hügels verschwammen ihm vor den Augen, als sich Lassiter aufrichtete und in den Sattel schwang. Er starrte auf das Zelt aus staubigen Lumpen, das vor ihm zwischen den Felsen hing und mit zwei Seilen zur Wetterseite hin abgespannt war. Unter dem Zeltdach lagen schwarz verkrustete Töpfe verstreut, in denen verkohlte Tierknochen feststeckten.
Die Nacht mit Claire drängte sich Lassiter unwillkürlich auf.
Er hatte die junge Handelsvertreterin, die ihm eine Versicherung bei der Pacific Insurance Company