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Die Höllenroute umrundete den Holy Cross Mountain an dessen Nordflanke, durchquerte dichte Tannenwälder, ausgedehnte Wiesen und zerklüftete Felsschluchten, durch die gleißend helles Schmelzwasser aus vierzehntausend Fuß Höhe zu Tale schoss. Sie war so berückend und schön wie auch gefährlich, vor allem für ängstliche Männer wie Gregory Dobbins.
Der Goldsucher setzte keinen Fuß in den Fall Creek. Er hatte von den Bären gehört, die sich an den Hängen herumdrückten, von den gnadenlosen Minenleuten der McFarland Mines, die jedem in den Schädel schossen, der sich in ihre Nähe wagte. Er hatte Tabby versprochen, dass er weder mit leeren Händen noch mit einer Kugel in der Stirn zurückkam.
Aus dem Fall Creek wehte ein warmer Wind heran. Er lockte Dobbins geradezu in das Tal, in dem der Tod auf ihn lauerte...
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Zwölf Meilen Hölle
Vorschau
Impressum
Zwölf Meilen Hölle
von Marthy J. Cannary
Die Höllenroute umrundete den Holy Cross Mountain an dessen Nordflanke, durchquerte dichte Tannenwälder, ausgedehnte Wiesen und zerklüftete Felsschluchten, durch die gleißend helles Schmelzwasser aus vierzehntausend Fuß Höhe zu Tale schoss. Sie war so berückend und schön wie auch gefährlich, vor allem für ängstliche Männer wie Gregory Dobbins.
Der Goldsucher setzte keinen Fuß in den Fall Creek. Er hatte von den Bären gehört, die sich an den Hängen herumdrückten, von den gnadenlosen Minenleuten der McFarland Mines, die jedem in den Schädel schossen, der sich in ihre Nähe wagte. Er hatte Tabby versprochen, dass er weder mit leeren Händen noch mit einer Kugel in der Stirn zurückkam.
Aus dem Fall Creek wehte ein warmer Wind heran. Er lockte Dobbins geradezu in das Tal, in dem der Tod auf ihn lauerte...
Die ziegelroten Dynamitstangen, die Samuel Crother mit einem Bindfaden zusammengeknotet hatte, lagen im trockenen Gras wie ein Neugeborenes. Sie schrien nicht zum Herzerweichen, wie es die Tochter von Crothers Bruder vor einer Woche getan hatte, und sie mussten nicht von einer blutigen Nabelschnur befreit werden, die sich um den Arm der Amme wickelte.
Das Dynamit war das Gegenteil von jungem Leben.
Es würde den Tod in den Fall Creek tragen, den schwelenden Geruch von verbranntem Fleisch und zerfetzten Gliedern, den Crother so oft gerochen hatte in den vergangenen Wochen. Die Stangen der Giant Powder Company mit ihrer Mischung aus Gelatine und Nitroglycerin würden jenes düstere Werk verrichten, für das die McFarland Mines jede Verantwortung abstritten.
»Gib noch ein halbes Yard zu!«, rief Billy McFarland zu Crother herüber. Er war fünfeinviertel Fuß groß, trug einen Hut aus grauem Rindsleder und grinste mit seinen morschen Zähnen wie ein Honigkuchenpferd. »Ich will sie durch die Luft fliegen sehen! Nichts soll übrigbleiben!«
Sie hatten fünf Arbeiter von der Precious Mineral Company, ein paar Leute von der Sierra Nevada und eine Handvoll Berkeley-Männer gesprengt, die in den Fall Creek gekommen waren, um nach Gold zu graben. Die Explosionen hatten in den Felsen widergehallt, und ein oder zwei Wochen darauf hatte im White River Enquirer gestanden, dass abermals Dynamit einigen Minenleuten zum Verhängnis geworden war.
Geduldig rollte Crother ein weiteres Yard Lunte ab.
Er zog das Jutegarn durch die Sträucher, führte es sorgsam zwischen Blättern und Zweigen hindurch und beschwerte es zwischen den Felsen mit einigen Steinen. Sie waren fast dreißig Yards vom Dynamit entfernt, das Crother noch mit einer Lage Sand und Gras bedecken musste, bevor McFarland deswegen in Zorn geriet.
Die McFarland Mines gehörten dem alten McFarland.
Die beiden jüngeren Brüder hatten von ihrem Vater zwar längst das Tagesgeschäft übernommen, doch der Alte sah die Bücher jede Woche durch und hielt seinen Kindern eine Standpauke, sobald die Erträge sanken oder die Erzadern im Berg zur Neige gingen. Er hetzte die Brüder gegeneinander auf, und dass Billy mit Dynamit gegen andere Goldgräber vorging, hatte eben darin seine Ursache.
»Beeil dich!«, keifte Billy zwischen den Felsen und nahm den Hut vom Kopf. Er hatte lichteres Haar als sein Bruder Charles, obwohl er noch keine dreißig Jahre alt war. »Ich werd' noch verrückt! Kannst du's glauben? Dass wir schon wieder am Berg hocken?«
Die Wendung am Berg hocken gebrauchte Billy jedes Mal, sobald er die tödlichen Fallen herrichtete, die einzig und allein dem Zweck dienten, die McFarland Mines zum Vorhof der Hölle zu machen. Die Brüder wollten jedermann davon abhalten, sich am Holy Cross Mountain nach frischen Claims umzusehen, und Billy half ihnen dabei, half den Teufeln bei ihrem schmutzigen Geschäft, und er verabscheute sich dafür.
»Nein«, sagte Billy knapp und wickelte die Lunte um einen Holzstock, den er danach in die Erde rammte. Er kniete sich neben Billy ins Gras und häufte ein paar Steine um den Stock an. »Aber mir soll's recht sein. Ich will keine Fremden im Fall Creek.«
Fast fünf Stunden harrten sie in ihrem Versteck aus, ehe Billy den einzelnen Goldgräber heraufkommen sah, den sie tags zuvor auf der Höllenroute erspäht hatten. Der Kerl war keine fünfundzwanzig Jahre alt, trug einen Spaten und ein Bündel mit Proviant und Wechselkleidern bei sich und hatte die Nacht an den Half-Moon-Felsen verbracht. Er wollte eine Goldader am Holy Cross Mountain finden, wie es unzählige Männer vor ihm versucht hatten.
»Nimm den Schädel runter!«, brummte Billy und hieb Samuel mit der Hand auf die Schulter. Er zog ein finsteres Gesicht und wischte sich mit der Hand übers Kinn. »Bald wird's ihn in Stücke reißen. Wird kein schöner Anblick... Aber wird die anderen aus Holy Cross davon abbringen, sich auf McFarland-Besitz zu trauen.«
Die größten Erträge brachten die Minen auf der Westseite des Bergmassivs, das außer Gold auch Silberadern in Fülle barg. Die McFarland Mines hatten einmal hundert Dollar die Tonne Golderz gemacht, inzwischen waren es nur noch siebzig, und in ein paar Jahren würden es vielleicht fünfzig oder vierzig Dollar sein. Die Güte des Erzes nahm ab, je tiefer man kam, und die McFarland-Brüder hatten sich inzwischen fast zehn Fuß tief in den Berg gegraben.
»Sie müssen ihre Lektion lernen«, fabulierte Billy weiter und griff nach dem Ende der Lunte. Er zückte ein Zündholz und riss es am Felsen an. »Sie sollen das Feuer spüren, das in uns McFarlands lodert. Ich will diese Kojoten aus den Bergen treiben... Will sie davonjagen! Hörst du, Sam?«
Inzwischen hörte Samuel tatsächlich nur noch mit einem Ohr hin; er kannte Billys Ausbrüche, mit denen sich der jüngere McFarland-Bruder Mut zusprach. Mal verfluchte er andere Goldgräber, mal redete er davon, dass die McFarlands die größte Minendynastie des Countys begründen könnten und dass man reich wurde, indem man Anstand und Sitte beiseiteließ. Er glaubte den stumpfsinnigen Kram, den er von sich gab, und Samuel erschütterte ihn in diesem Glauben nicht.
Zischend raste der Zündfunke davon.
Er fraß sich durch den Jutemantel der Lunte, überwand spielend die Schleifen und Bögen, die Samuel gelegt hatte, und verschwand zwischen den Felsen. Der Funke war so flüchtig wie die Hoffnung auf die »Mutterader«, die irgendwo im Holy Cross Mountain verlaufen sollte und ihren Besitzer unermesslich reich machen würde.
»Gleich knallt's!«, frohlockte Billy und warf sich flach ins Gras. Er warf das abgebrannte Zündholz fort und hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu.
✰
Um zehn Uhr am Vormittag wusste Tabby Dobbins nicht mehr, ob sie den richtigen Entschluss gefasst hatte. Sie stand auf der Hauptstraße von Leadville, hielt ihre sechsjährige Tochter Matilda an der Hand und starrte zum Haus von James Merryl, der sie gebeten hatte, zu ihr zu kommen. Sie zitterte am ganzen Körper und konnte Matilda nicht sagen, weshalb sie derart litt.
»Ist es wegen Vater?«, fragte das Mädchen und hielt sich an Tabbys Arm fest. Matilda bekam allmählich das einfältige Gesicht ihres Vaters, und dass darunter ihre Schönheit litt, beschäftigte Tabby stärker als das Kind selbst. »Weinst du wegen Vater?«
Über Tabbys Wangen rannen zwei Tränen, die sich unbemerkt unter den langen, schwarzen Wimpern hervorgestohlen hatten, für die Gregory Dobbins seine Frau geliebt hatte. Er war am Nachmittag zuvor gestorben. Er war im Fall Creek von einer Explosion in Stücke gerissen worden.
»Nein, nein!«, log Tabby und ging neben ihrer Tochter in die Hocke. Sie sah das Mädchen an, blickte in die blassgrünen Augen, die Matilda ebenfalls von ihrem Vater hatte. »Hör zu, du darfst niemandem sagen, was geschehen ist. Es darf niemand erfahren, dass es Vater war, den es getroffen hat.«
Sie hatten die Nachricht vom Tod ihres Mannes durch Edmond Rickets erhalten, einem pferdegesichtigen Dummkopf von der Tennessee Mining Corporation, der sich in Tabby verschossen hatte. Er war in der Nacht zum Haus der Dobbins gekommen, hatte mit den Fäusten gegen die Tür gehämmert und Tabby aus dem Schlaf gerissen.
Merryl begrüßte Tabby und das Kind im Hinterzimmer.
Der Farmer mit dem kantigen Schädel und den tief in den Höhlen sitzenden Augen war alt geworden, selbst für seine Maßstäbe. Er glich einem Achtzigjährigen, seit Tabby ihm das erste Mal begegnet war, und er benahm sich, als wäre ihm der Tod ständig auf den Fersen. Er hatte einen anderen Gast im Zimmer, der jung und gutaussehend war und die Eintretenden mit seinen stahlblauen Augen musterte.
»Tabby«, sagte Merryl und schloss seine Besucherin in die Arme. Er beugte sich zu Matilda hinunter, setzte zu einer Bemerkung an, rieb dann die Lippen gegeneinander und brachte kein tröstliches Wort heraus. »Ich... Ich weiß nichts zu sagen, mein Kind.«
»Gäste?«, fragte Tabby und deutete auf den Mann neben Merryl. Sie traute niemandem in der Gegend, nicht einmal Merryl gänzlich, der allen als gute Seele von Leadville galt. »Du hast mir gesagt, dass wir allein wären. Ich will nicht... Es darf niemand erfahren.«
Mit sanftem Händedruck zog Merryl sie an sich und schaute ihr in die Augen. Er stank aus dem Mund nach dem Tabak, den er ständig kaute. »Er ist ein Freund, Tabby... Ich kenne ihn schon lange. Er wird uns helfen. Er wird dir helfen...« Er schaute zu Matilda. »Und dem Mädchen.«
Das verfluchte Mitleid konnte sich Merryl sparen, dachte Tabby und wandte sich von ihm ab, auch um seinem Mundgeruch zu entkommen. Sie setzte sich auf einen der Stühle in der Ecke, nahm Matilda zwischen die Knie und strich dem Mädchen die Haare glatt, bis es sich gegen die Zutraulichkeiten wehrte. »Wie ist sein Name? Weshalb hast du ihn hergebracht?«
»Lassiter«, sagte Merryl. »Sein Name ist Lassiter.«
Nach einer Stunde waren Merryl und Lassiter allein.
Sie saßen sich in dem engen Zimmerchen gegenüber, starrten einander an und sprachen über Mrs. Dobbins, die mit ihrer Tochter hinüber zu Barlow & Sanderson gegangen war, um ein Telegramm an ihre Tante in Lafayette aufzugeben. Die Männer waren sich einig darin, dass das Schicksal Mrs. Dobbins schwer geschlagen hatte.
»Sie sollten in ihrer Nähe bleiben«, riet Merryl dem Mann der Brigade Sieben. Er faltete die Hände im Schoß und rutschte auf seinem Stuhl nach vorn. »Mrs. Dobbins ist allerdings nicht allein der Grund dafür, dass Sie zu mir nach Leadville kommen sollten. Ich habe einen Auftrag von beträchtlichem Umfang für Sie.«
Von den Dingen, die Lassiter über Merryl wusste, hatte ihn am meisten beeindruckt, dass der alte Farmer bereits seit zehn Jahren als Mittelsmann im Dienst der Brigade Sieben stand. Das Hauptquartier hatte Merryl angeworben, als er gerade zum Bürgermeister von Leadville gewählt worden war. Es hatte Merryl mit etlichen Privilegien ausgestattet, zu denen gehörte, dass er ein Bureau in der Stadt unterhalten durfte.
Nach kurzem Schweigen fuhr Merryl fort. »Fast jeden Tag geschieht am Holy Cross Mountain ein Mord. Die Goldgräber legen sich gegenseitig um. Sie erhalten sechzig, manchmal bloß noch fünfzig Dollar für die Tonne Golderz.« Er seufzte leise vor sich hin. »Jeder Claimbesitzer neidet dem anderen, dass er reineres Gold aus dem Berg holen könnte.«
Gregory Dobbins war einer der Goldgräber gewesen, die es erwischt hatte. Er war – so hatte es Washington an Lassiter telegraphiert – vor ein paar Tagen im Fall Creek in einen Hinterhalt geraten.
»Aber um die Goldgräber sorgt sich der Gouverneur nicht«, meinte Merryl und hob die Brauen. »Er hat seine eigene Art, die Sache zu betrachten. Er lässt derzeit einen Tunnel durch den Holy Cross Mountain graben.«
»Einen Tunnel?«, stutzte Lassiter. »Was nutzt ein Tunnel den Männern?«
Merryl wehrte den Widerspruch mit erhobenen Händen ab. »Nicht der Tunnel... Der Tunnel nutzt keiner Menschenseele etwas. Aber soll der Tunnel für eine pneumatische Röhrenbahn sein.« Er lächelte verschmitzt. »Haben Sie davon schon gehört?«
Der Mann der Brigade Sieben schüttelte den Kopf.
»Vor zehn Jahren hat sich ein Ingenieur in New York daran versucht«, sprach Merryl weiter und stand von seinem Stuhl auf. »Er war überzeugt, dass er eine Röhrenbahn unter der Erde betreiben könne, die allein mit der Kraft der Luft auskäme. Er hieß Alfred Ely Beach. Er wollte eine Untergrundbahn errichten, die nicht nach Rauch und Qualm stinkt.«
Der Mittelsmann schritt durch das Zimmer und trat hinter den Schreibtisch. Er zog eine Schublade auf, nahm ein braunes Pappkuvert daraus hervor und reichte es Lassiter herüber. »Die Beach Pneumatic Company hat sich offenbar an den Gouverneur gewandt und ihm vorgeschlagen, eine Röhrenbahn von zwei Meilen Länge unter dem Holy Cross Mountain zu graben. Der Gouverneur ist begeistert und glaubt, dass sich dadurch die Erztransporte vereinfachen und die Morde im County ein Ende finden. Er setzt Ingenieurskunst gegen rohe Gewalt.«
Das Kuvert trug ein Siegel des Justizministeriums und enthielt außer Informantenberichten einige Skizzen und Drucke der Beach Pneumatic Company. Die einzelnen Blätter wurden von Klammern und Baststricken zusammengehalten.
»Sie müssen die Mörder von Dobbins finden«, fügte Merryl mit ernstem Gesicht hinzu. »Diese Männer stellen sich gegen den Tunnelbau und wollen ihre Claims schützen. Sie wiegeln die Goldsucher gegeneinander auf.« Er trat auf Lassiter zu. »Sie sind die letzte Hoffnung für den Gouverneur, Mr. Lassiter.«
✰
Das Boarding House von Miss Maggie Maher war ein zierliches Haus in der Chestnut Street, vor dem ein heruntergekommener Einspänner stand. Der Zaun war ein rostiges Eisengitter mit Löwenhäuptern auf den Pfosten und hatte ein einziges Tor, an dem Mrs. Dobbins Lassiter bereits erwartete. Sie trug ein schlichtes Kleid aus schwarzem Baumwollstoff und hielt eine Taschenuhr in der Hand, deren Deckel sie nervös auf und zu klappte.
»Sie wollen zu mir?«, sprach Mrs. Dobbins Lassiter zuerst an. »Sie kommen eine Stunde zu spät. Ich wollte mit meiner Tochter... Sie muss ihre Arznei nehmen.« Sie stieg die Stufen vor dem Zauntor herunter. »Miss Maher hat mir von Ihnen erzählt.«
»Sie hat hoffentlich nichts unterschlagen«, meinte Lassiter und lächelte. Er blieb in der Straßenmitte stehen und sah am Boarding House hinauf. »Ich möchte mit Ihnen über Ihren Mann reden. Ich... Mr. Merryl will die Mörder aus dem Fall Creek finden.«
»Er hatte keine Feinde«, sagte Mrs. Dobbins und sagte eine Weile nichts. »Er war ein herzensguter Mann mit den besten Absichten. Er hätte sich nie auf einen Streit mit jemandem eingelassen. Er war ängstlich...« Sie schluchzte leise auf. »Aber nicht ängstlich genug für den Fall Creek.«
Hinter einem Fenster des Boarding Houses erschien eine junge Frau, die vermutlich Miss Maggie Maher war und nach Mrs. Dobbins schaute. Neben der Hausherrin stand Mrs. Dobbins' Tochter, die ebenfalls nach ihrer Mutter sah. Sie hielt sich an Miss Mahers Hand fest und warf Lassiter düstere Blicke zu.
»Wie geht es Ihrer Tochter?«, richtete sich der Mann der Brigade Sieben an die Witwe. »Sie muss schwere Tage durchmachen.«
»Sie war ohnmächtig«, erwiderte Mrs. Dobbins. Sie hatte ein rundliches Gesicht, das am Kinn Falten warf. »Fast den ganzen Vormittag über. Ich muss... Ich muss auf Matilda achtgeben. Sie hat an ihrem Vater gehangen.« Sie hob den Kopf. »Ich kann nicht mit Ihnen sprechen, Mr. Lassiter.«
Die Eigentümerin des Boarding Houses war mit dem Kind verschwunden und hatte die Vorhänge am Fenster geschlossen. Das Haus wirkte so leer wie Mrs. Dobbins' Blicke.
»Morgen um zwölf Uhr«, lenkte die Witwe ein. »Mr. Merryl meint es gut mit uns. Er muss sich etwas dabei denken, dass er Sie beauftragt hat.« Sie lächelte gequält. »Ich und meine Tochter werden mit Ihnen sprechen, Mr. Lassiter.«
Sie wandte der Treppe zu, raffte das Kleid und erklomm die Stufen zum Haus. Als sie sich der Tür näherte, schloss Miss Maher ihr auf und ließ sie herein. Die Tür fiel mit schwerem Schlag ins Schloss zurück.
Das Gespräch mit Mrs. Dobbins hing Lassiter eine Weile nach.
Er hatte die Schriftstücke aus dem Kuvert gelesen, das Merryl ihm gegeben hatte, und wusste, dass der Holy Cross Mountain den Dobbins kein Glück beschert hatte. Das Ehepaar war aus Kentucky nach Colorado gekommen, hatte sich zunächst ein Zimmer in Leadville genommen, bevor Gregory eine Anstellung in einer Mine nahe Holy Cross gefunden hatte.
Die Mörder hatten seine Familie jeder Hoffnung beraubt.
✰
»Mr. Beach?«
Die Niederlassung der Beach Pneumatic Company