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Die Freundschaft zweier Männer kann hart wie Stahl oder brüchig wie Faulholz sein. Sie kann Jahre und Jahrzehnte überdauern - oder lediglich Stunden und Tage, wie es Phil Bassett am eigenen Leib erfahren hatte. Er hatte den falschen Leuten getraut, den schmierigen Gierschlünden von der Worcester Oil Company, die ihn um ein Vermögen gebracht hatte.
Seine Liebe zu Mary war eine Sache gewesen, doch dass die Sache am seidenen Faden hing, dass ihn läppische hundertdreißig Dollar und zweiundvierzig Cent in den Bankrott stürzen konnten, das hatte er nicht vorausgesehen...
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Ruchlose Freundschaft
Vorschau
Impressum
Ruchlose Freundschaft
von Marthy J. Cannary
Die Freundschaft zweier Männer kann hart wie Stahl oder brüchig wie Faulholz sein. Sie kann Jahre und Jahrzehnte überdauern – oder lediglich Stunden und Tage, wie es Phil Bassett am eigenen Leib erfahren hatte. Er hatte den falschen Leuten getraut, den schmierigen Gierschlünden von der Worcester Oil Company, die ihn um ein Vermögen gebracht hatte.
Seine Liebe zu Mary war eine Sache gewesen, doch dass die Sache am seidenen Faden hing, dass ihn läppische hundertdreißig Dollar und zweiundvierzig Cent in den Bankrott stürzen konnten, das hatte er nicht vorausgesehen. Er hatte diesen Leuten getraut. Er hatte Marys Rat in den Wind geschlagen.
Bassett war zweiundfünfzig und hatten keinen Vierteldollar in der Tasche.
Monaghan, Wyoming, zwei Monate später
Die gezackten Gipfel der Kostitch Mountains, die zu den weniger bekannten Bergmassiven im nördlichen Wyoming zählten, hatten bereits ein feines Korallenrot angenommen, als Bassett an diesem Abend das Werkzeug in die Truhe warf, den Deckel zuschlug und sich ächzend darauf niederließ. Er schaute zu dem Gebirgszug hinauf, der ihm inzwischen so vertraut wie das eigene Spiegelbild war.
Hinter dem Haus von Mrs. Priddy begannen die Wälder.
Sie hatten um diese Stunde graue, fast schwarze Häupter, die sich mit dem Wind bewegten und in Bassett eine Wehmut auslösten, die ihm schmerzlich aufs Herz drückte. Er musste an Mary Carbrey denken, die schöne Mary Carbrey, die mit ihm nach Idaho gefahren war und sich ein Haus ganz ähnlich jenem von Mrs. Priddy ausgesucht hatte.
Mary hatte gelacht, mit ihren weißen, spitzen Zähnchen, die sie sonst unter den wulstigen Lippen verbarg, weil sie sich schämte und dachte, dass jeder darauf glotzte, obwohl sie eine wahre Schönheit gewesen war. Sie hatte die Zukunft angelacht, die Bassett ihr versprochen hatte und die an diesem Tag so greifbar gewesen war wie nie zuvor.
Das Badezimmer war nicht fertig geworden.
Der schmale Raum war erst zur Hälfte mit den glasierten Wandfliesen der Brockham Tile & Brick Company ausgekleidet, die Bassett in diesem Teil Wyoming als Agent vertrat, und es würde einen weiteren Tag Arbeit beanspruchen, dem Zimmer gänzlich die elegante Würde zu verleihen, für die Mrs. Priddy eine erkleckliche Dollarsumme bezahlte.
Jeder Dollar trug Bassetts Schulden ab.
Er hatte ein Viertausend-Dollar-Darlehen aufgenommen, nachdem die Worcester Oil Bankrott gegangen war, und der Kredit hatte gerade für die Fliesen ausgereicht, die Bassett im Priddy-Haus benötigte. Er musste sich von der kapriziösen Witwe beschimpfen lassen, musste ihre Launen ertragen, durfte nichts weiter als lächeln und seine Arbeit verrichten.
Er sah im Geist abermals Mary mit ihrem blonden Haarschopf vor sich.
Sie hatte ihm abgeraten von Worcester Oil, hatte ihm gesagt, dass sie den Männern misstraue, die zu mit ihren Taschen voller Verträgen zu ihm kämen, und Bassett hatte sie dafür angebrüllt. Er hatte sich die Seele aus dem Leib geschrien. Er hatte Mary eine Hure und arglistige Hündin genannt, die Hand erhoben und sie derart verprügelt, dass sie weinend auf die Straße gelaufen war.
Nach einigen Wochen war die Verlobung dahin gewesen.
Stumm hatte ihm Mary den Ring gebracht, den Bassett ihr erst ein knappes Jahr zuvor geschenkt hatte, und war die Straße hinuntergefahren, die Hand auf dem Kutschgeländer, den Kopf unter dem breiten Hut verborgen, den Bassett als Letztes von seiner Verlobten gesehen hatte.
Die Woche danach hatte Bassett getrunken.
Er hatte die Worcester-Oil-Papiere unterzeichnet, war nervös auf und ab abgegangen, als ein Telegramm aus Virginia gekommen war, aus dem Hauptquartier der Company. Er hatte fünftausend Dollar in einer Woche verdient, dann nur noch dreihundert, dann war es bergab gegangen. Er und die anderen Gesellschafter hatten Kapital verloren, als hätte jemand das falsche Ventil am Kessel geöffnet.
Beidhändig trug Bassett die Truhe zum Wagen hinüber.
Er ließ die Kiste auf die Ladefläche krachen, dass Staub aufwirbelte, schwang sich auf den Kutschbock und griff nach den Zügeln. Er fuhr um das Priddy-Haus herum, dessen Fenster im oberen Stockwerk hell erleuchtet waren, und steuerte auf das Waldstück hinter den Rinderzäunen zu. Er würde am nächsten Tag zurückkehren, die restlichen Fliesen legen und Mrs. Priddy dafür komplimentieren, dass sie ihm Tee und Schälchen voll Kautabak brachte.
»Vorwärts!«, zischte Bassett und gab eine halbe Zügellänge nach. Er sank auf dem Sitz zusammen, spürte die schmerzenden Schultern und rieb zum Ausgleich die zerschundenen Knie unter der Hose.
Bald schloss die Finsternis des Waldes Bassett ein.
Er konnte durch das geschlossene Laubdach keinen einzigen Stern sehen, keinen Streifen Mondlicht, der wenigstens einen silbernen Schimmer auf den von tiefen Furchen durchzogenen Weg hätte werfen können. Das Pferd keuchte heiser und trat fehl; die Deichsel schlug unter Bassetts Stiefel hin und her wie ein Lämmerschwanz.
»Verfluchtes Biest!«, schrie Bassett und nahm die Peitsche hervor. Er schlug zu, und das surrende Peitschenende verschaffte ihm eine Befriedigung, die er nicht gutheißen konnte. »Lauf schon, lauf schon! Du schaufelst dir dein eigenes Grab, Mistvieh!«
Noch ein Schlag und noch ein Schlag folgten, und das Pferd bäumte sich darunter wiehernd auf, zog den Wagen aus der Spur, als Bassett plötzlich ein dumpfer Tritt von der Seite traf. Er nahm im ersten Schreck an, dass er sich an einem Ast gestoßen hatte, doch dann starrten ihn aus der Dunkelheit zwei gelbe Augen an.
Es war ein Wolf.
Der mächtige Vierbeiner stand auf der Ladefläche des Wagens und stellte drohend den Widerrist auf. Er fletschte die Zähne, knurrte und schlich mit gesenktem Kopf auf Bassett zu. Er trat mit den tellergroßen Pranken auf die Stahldrähte, die lose auf der Ladefläche lagen und klingend hin und her rollten.
Bassetts Colt steckte in der Packtasche.
Der Revolver hatte sich bisher ein einziges Mal nützlich erwiesen, als Bassett einen verwundeten Hirsch gefunden und von dessen Qualen erlöst hatte. Ansonsten verabscheute Bassett die Waffe, die ihm wie das Relikt einer unnötigen grausamen Zeit erschien, vor allem in Wyoming, in dem man auf das Wohlwollen anderer angewiesen war.
Der Wolf spannte die Muskeln zum Sprung.
✰
Zwischen den charakteristischen Doppelsäulen, von denen die Fassade des Kriegsministeriums bestimmt wurde, nahm sich die Silhouette der jungen Frau fast unscheinbar aus. Sie war die Treppen vor dem wuchtigen Gebäude, das im französischen Stil errichtet worden war, gerade erst hinaufgestiegen und sah sich aufmerksam um. Sie trug ein schmales, hochgeschlossenes Kleid von steingrauer Farbe, unter dem die Spitzen zweier Stiefel aus rotem Wildleder hervorlugten.
»Zwei Dollar«, sagte der Droschkenkutscher zu Lassiter und hielt ihm die Hand hin. Er hatte den Mann der Brigade Sieben aus einem Hotel in Georgetown geholt und ihn in halsbrecherischer Fahrt zum Ministerium gebracht. »Wünschen Sie, dass ich auf Sie warte, Sir?«
»Nicht nötig«, lehnte Lassiter ab und zählte dem Kutscher die Vierteldollarmünzen auf die Hand. Er steckte das Kuvert mit den Telegrammen ein, nahm seinen Hut und lief quer über die Pennsylvania Avenue. Er musste einem Zeitungskarren ausweichen, der ihm für einen Augenblick die Sicht nahm.
Die Frau vor dem Ministerium hieß Charlotte Miller.
Sie war eine Emissärin des Kriegsministers, dessen Amtsbüro inzwischen etliche Frauen in seinen Diensten hatte, und hatte zuvor für die Brigade Sieben gearbeitet. Charlotte hatte vom Nimbus der stahlharten Agentin gezehrt, als sie ins Ministerium gewechselt war, und hatte diesen Ruf in der Zwischenzeit geschickt gepflegt. Der Kriegsminister hatte sie einmal seinen »Kettenhund« genannt, schenkte man den Informanten Glauben, die im State, War and Navy Building saßen.
Mit ihrer brünetten Steckfrisur und der stakkatohaften Gestik erweckte sie den strengen Eindruck einer Gouvernante, die auf ihren Schützling gewartet hatte. »Sie kommen spät, Mr. Lassiter. Ich hatte Ihnen einen Wagen zum Hotel schicken lassen, aber Sie –«
»Ich kam mit der Droschke«, erwiderte Lassiter und schaute an der Gebäudefront empor. »Ich bin gewiss, dass ich den Ort unserer Zusammenkunft nicht verfehlen konnte.«
Ungeduldig schritt Mrs. Miller die Stufen vor dem Ministerium hinunter. »Sie mögen scherzen über unsere Maßnahmen. Allerdings darf ich Ihnen sagen, dass sie höchst angebracht sind.« Sie bog auf das Trottoir der Pennsylvania Avenue ein. »Der Auftrag ist für den Minister von größter Bedeutung. Ich muss Sie nicht daran erinnern, dass uns die Brigade Sieben samt und sonders unterstellt ist.«
Auf der Pennsylvania klapperten Kutschen und Lastfuhrwerke vorüber, zwischen denen flanierende Ehepaare, adrett gekleidete Regierungsbeamte und flinke Botenjungen die Straßenseite wechselten. Einige der Gespanne hielten und nahmen Passagiere auf, andere wichen sich unter den Flüchen der jeweiligen Kutscher aus.
»Vor einigen Tagen«, trug Mrs. Miller aus einer Zeitungsmeldung vor, »ist unser hochgeschätzter Freund und Handwerker Phil Bassett durch eine grausame Bestie getötet worden. Das Tier griff ihn mitten in der Nacht an, als er nach getaner Arbeit ins traute Heim zurückfuhr, wo ihn die Einsamkeit eines Junggesellen erwartete.«
Die Meldung schilderte im Folgenden den blutrünstigen Angriff eines Grauwolfes, der besagten Bassett in der Hälfte zerrissen und so grausam verstümmelt hätte, dass man tags darauf kaum das Gesicht des Mannes erkannt habe. Mrs. Miller trug den Beitrag ohne äußere Regung vor und reichte Lassiter die Wochenzeitung, in der die Zeilen erschienen waren.
»Schicken Sie mich auf die Jagd?«, erkundigte sich Lassiter und gab ihr die Wochenschrift zurück. »Der Mann ist auf tragische Weise ums Leben gekommen.«
Verärgert faltete Mrs. Miller die Zeitung zusammen. »Sie mögen darüber Scherze reißen. Die Angelegenheit genießt beim Minister jedoch allerhöchste Dringlichkeit. Der Tote hat in Monaghan, Wyoming, zu einem Aufruhr geführt.«
Sie blieben am Sockel einer der dreiarmigen Straßenlaternen stehen, von denen die Pennsylvania Avenue bei Nacht in den matten Schein von Dutzenden Gasflammen getaucht wurde. Mrs. Miller überreichte Lassiter ein Kuvert mit Dokumenten. »Sie finden darin alles, was Sie wissen müssen. Der Minister ist besorgt um eine Fehde zwischen den Brüdern Harris in Monaghan. Das Unglück könnte die Feindseligkeiten zwischen beiden anfachen.«
Als Lassiter in das Kuvert griff, erfühlte er zwei Lithographien, von denen er eine herauszog. Sie zeigte einen Mann mittleren Alters, der einen gestutzten grauen Bart hatte und ein eng geknöpftes Sakko trug.
»Paul Harris«, sagte Mrs. Miller dazu. »Er ist der jüngere Bruder und besitzt die Harris Lumber & Crate Manufacturing Co. Aus diesem Sägewerk bezieht das Kriegsministerium gegenwärtig einen Großteil seiner Munitionskisten.«
Auf der zweiten Lithographie war ein älterer Mann mit dichtem Vollbart, schütterem Haar und abwesendem Blick zu sehen. Er stand oder saß krumm vor einigen Baumstämmen, die dichtgedrängt im Hintergrund standen.
Mrs. Miller deutete mit zwei Fingern auf das Bild. »John Harris ist sein Name. Er hat vor Jahren alles verloren und treibt sich seither in den Wäldern von Monaghan herum.« Der Blick der jungen Frau sprang von Harris' Porträt zu Lassiter. »Sie müssen ihn finden, bevor Paul ihn aufspürt.«
»Aus welchem Grund?«, hakte Lassiter nach und betrachtete die Lithographie. »Was wirft man ihm vor? Weshalb muss ich ihn finden?«
Die Emissärin wandte sich um und lehnte sich an den Laternensockel. Sie verschränkte die Arme vor dem Körper und musterte Lassiter scharf. »John wird von seinem Bruder und den Bürgern von Monaghan gejagt. Ich kann Ihnen keine Einzelheiten dazu mitteilen.« Sie presste die Lippen zusammen und schwieg eine Weile. »Spüren Sie ihn auf und bringen Sie ihn zu mir. Ich lege beim Kriegsminister ein gutes Wort für Sie und die Brigade Sieben ein.«
Über den Bürgersteig näherte sich eine Gruppe Schulkinder, die laut singend an Mrs. Miller und Lassiter vorüberlief. Die Kinder trugen Uniformen der Saint-Ann-School, einer hochangesehenen Privatschule, auf die gewöhnlich Kongress- und Senatsabgeordnete ihre Söhne und Töchter schickten.
»Sie müssen mir Einzelheiten nennen«, beharrte Lassiter, als Charlotte und er wieder unter sich waren. »Ich muss wissen, wie es zwischen den Harris-Brüdern zum Streit gekommen ist. Ich muss die Ursachen kennen, Mrs. Miller. Sie müssen doch verstehen, dass ich –«
»Was ich verstehe«, unterbrach ihn Mrs. Miller scharf, »sind die Geheimhaltungswünsche des Ministers. Ich habe Ihnen ein Kuvert mit sämtlichen Unterlagen zusammenstellen lassen, die Sie in dieser Sache einsehen dürfen.« Sie stieß sich vom Sockel ab und trat den Rückweg an. »Ich erwarte in spätestens einer Woche einen Bericht von Ihnen, Mr. Lassiter.«
✰
Die beiden Werkhallen der Harris Lumber & Crate Manufacturing Co. waren bis in den letzten Winkel mit Arbeitern gefüllt, die auf die Ansprache des Sägemühlenbesitzers warteten. Sie hatten verschwitzte Gesichter, aus denen müde Augen auf die öligen Maschinen glotzten, die zwischen den Männern und entlang der Wände aufgestellt waren. Die Fertigungsmaschinen waren Maßanfertigungen, die Paul Harris erst vor einigen Jahren angeschafft hatten und die ihn mit unbändigem Stolz erfüllten.
»Dort ist er!«, rief einer in der Menge und streckte den Arm aus. »Mr. Harris! Mr. Harris kommt!«
Die Blicke sämtlicher Männer richteten sich auf Harris, der durch eine Seitentür der Halle getreten war und sich einen Weg durch die dicht beieinanderstehenden Männer bahnte. Er konnte sich noch an die Zeiten erinnern, als sie lediglich eine Werkhalle besessen und vornehmlich Türen und Leitern gebaut hatten.
Inzwischen kamen von Harris Lumber & Crate Manufacturing Kisten und Kästen aller Art.
Sie stellten Frachtkisten für die Eisenbahngesellschaften her, Obstkisten für die Orangenfarmen in Kalifornien, Flaschenkisten für die Heimcomb Brewery in Idaho oder die Fowler Spirits in Ohio, Fleischkästen für die Schlachthäuser der Forsythe-Gesellschaften und – seit einigen Jahren – Munitionskisten für die US-Army, insbesondere für das berühmte fünfte New-York-Infanterieregiment, das einmal von Colonel Judson Kilpatrick kommandiert worden war.
»Geht beiseite!«, knurrte Harris und schob die schmutzigen Jacken vor sich her, die ihm den Weg versperrten. Er wollte auf das Sägegatter springen, das sie seit einigen Jahren besaßen, ein Vollgatter aus amerikanischem Stahl, angetrieben von einem Transmissionsriemen aus Ochsenleder. »Macht schon! Geht beiseite, los!«
Die US-Army hatte sich Harris als Abnehmer buchstäblich aufgedrängt, nachdem im texanischen Panhandle Munitionsbehälter durchgebrochen waren und die Soldaten hunderte Schuss Vorrat im Sand zurückgelassen hatten. Das Beschaffungsbüro zahlte einen anständigen Preis für die Kisten, woraufhin Harris die Profite in eine Lokomobile gesteckt hatte, die seither prustend und dampfend im Vorhof des Sägewerks ihre Pflicht tat.
Eine Fülle von Arbeitsgängen ließ Harris durch Maschinen verrichten.
Er hatte einen Heftapparat konstruieren lassen, der Stahldraht bog und als Klammern ins Holz schoss, einen Sprossenhobel, der Leitersprossen anspitzte, eine Nagelmaschine, die Nägel in die Flanken der Frachtkisten trieb. Durch die Werkhallen hatte er schimmernde Gleise verlegt, auf denen die Arbeiter die oft tonnenschweren Stämme mittels kleiner Wägelchen ziehen konnten.
Die Werkhalle selbst hatte Harris auf pragmatische Art erweitern lassen, indem er einige Ständer aus Holzfachwerk davorgesetzt und das Ganze mit einem flachgiebeligen Dach gekrönt hatte. Die einstige Außenwand verlief jetzt als Trennwand zwischen den beiden Hallen, mitsamt den staubigen Fenstern, durch die sich die Arbeiter anstarrten, während sie im infernalischen Lärm der dampfbetriebenen Sägegatter standen.
»Ruhe, Leute! Haltet Ruhe!«, brüllte Harris über die Köpfe seiner Angestellten hinweg. Er drückte die Beine durch und stellte sich auf dem Gatter auf die Zehenspitzen. »Wie ihr wisst, ist letzten Sonntag Phil Bassett aus Monaghan durch einen Wolf getötet worden. Er starb auf seinem Fuhrwerk draußen im Wald.«
Unter den Männern in der Halle wurde zustimmendes Raunen laut, das sich aus der Tatsache nährte, dass beinahe jedem in Monaghan Bassett bekannt gewesen war. Der Ziegelhändler hatte zuletzt Fliesen im Haus von Mrs. Priddy verlegt, hatte es geheißen, und er wäre gut zu Werke gegangen, bevor ihm die Wolfsbestie die Kehle aufgerissen hatte.
»Wer hat's verbrochen?«, schrie Harris' Vorarbeiter Elwood Fanning. Er stand vor der Holzstanze und war an seinen gelockten Haaren leicht zu erkennen. »War's Ihr Bruder, Sir? War's wieder Ihr Bruder?«