Pferdesoldaten 1 - Vorposten am Rio Grande - Michael Schenk - E-Book

Pferdesoldaten 1 - Vorposten am Rio Grande E-Book

Michael Schenk

0,0
0,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

"Die Pferdesoldaten" bietet spannende Western aus der Zeit der nordamerikanischen Indianerkriege. Die in sich abgeschlossenen Abenteuer stellen die U.S. Reitertruppen in den Jahren zwischen 1833 und 1893 vor. Entgegen der üblichen Western-Klischees bietet der Autor dabei tiefe Einblicke in Ausrüstung, Bewaffnung und Taktiken, die sich im Verlauf der Jahre immer wieder veränderten. Schicke gelbe Halstücher und Kavallerie mit Repetiergewehren wird der Leser hier nicht finden, wohl aber Action mit einem ungewohnten Maß an Authentizität. Eine Roman-Reihe für Westernfreunde und historisch Interessierte.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 256

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Michael Schenk

Pferdesoldaten 1 - Vorposten am Rio Grande

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1 Der Fund

Kapitel 2 Auf Befehl

Kapitel 3 El Perdido

Kapitel 4 Die alte Mission

Kapitel 5 Überfall im Morgengrauen

Kapitel 6 Der Vorposten am Rio Grande

Kapitel 7 Auf Patrouille

Kapitel 8 In tödlicher Gefahr

Kapitel 9 Entkommen

Kapitel 10Gefährlicher Weg

Kapitel 11 Von Frieden und Hass

Kapitel 12 Tod den Americanos!

Kapitel 13 Der Angriff

Kapitel 14 Eine Frage des Vertrauens

Kapitel 15 El Perdidos Plan

Kapitel 16 Unter Beschuss

Kapitel 17 Keine Gnade

Kapitel 18 In letzter Sekunde

Kapitel 19 Abschied

Kapitel 20 Ankündigung

Kapitel 21 Ein paar Anmerkungen zur U.S.-Cavalry

Impressum neobooks

Kapitel 1 Der Fund

Pferdesoldaten 1

Vorposten am Rio Grande

Military Western

von

Michael H. Schenk

© M. Schenk 2016

In Gedenken an die Männer, Frauen und Kinder aller ethnischen Gruppen, welche den Indianerkriegen zum Opfer fielen.

Friedrich Schmitt bemerkte das metallische Blinken, ein paar hundert Meter voraus auf der Straße, und hob instinktiv die Hand. Die drei Dragoner hinter ihm zügelten ihre Pferde. Sie brauchten keinen besonderen Befehl. Unisono beugten sie sich ein wenig vor und zogen eine der beiden North Steinschloßpistolen aus den weißen Lederholstern, die rechts und links vorne am Sattel hingen.

„Was ist los, Schmitt?“, fragte Dragoner Perkins leise und sah sich sichernd um.

Schmitt schwieg. Er nahm das kleine Teleskop, dass ihm der Lieutenant für die Patrouille geliehen hatte, zog es auseinander und suchte das Objekt, welches seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Das Blinken konnte eine harmlose Ursache haben. Manche Steine blitzten wie Gold, wenn das Sonnenlicht in einem bestimmten Winkel auftraf. Aber Schmitt hatte die trübe Erfahrung gesammelt, dass man länger lebte, wenn man von weniger harmlosen Ursachen ausging.

Endlich hatte er das Objekt gefunden und konnte die Schärfe des Teleskops korrigieren. „Ein totes Pferd“, sagte er heiser. „Eines von uns.“

Das Blinken fand seine Ursache in dem herzförmigen Messingstück, mit dem die drei Gurte des Brustgeschirrs verbunden waren. Ja, das da vorne war ein Reittier der Dragoner. Ein totes Reittier. Nun stellte sich für Schmitt die Frage, was wohl mit seinem Reiter geschehen war.

Sie befanden sich hier am Arkansas-River, dicht an der Grenze zum Indianergebiet. Die Creek-Indianer und der Stamm der Choctaws verhielten sich eigentlich ruhig, aber das ließ sich bei den Indianern ja nie mit Gewissheit sagen. Jetzt, gegen Ende des Jahres 1838, waren die Kompanien der U.S.-Dragoons in jene Gebiete verlegt worden, die als besonders unsicher galten. Für das Reiterregiment eine schier unlösbare Aufgabe.

Schmitt und seine Begleiter trugen die Uniformen eines Regiments, welches erst 1833 aufgestellt worden war. Im Gegensatz zu den Reithosen der einfachen Dragoner trugen die von Schmitt, entlang der Außennähte, schmale orangefarbene Streifen. An den Oberarmen seiner Jacke leuchteten zwei ebenso orangefarbene Winkel. Es waren die Rangabzeichen eines Corporals der U.S.-Dragoons und im Augenblick war Schmitt nicht besonders glücklich darüber, sie zu tragen, denn er hatte somit die Verantwortung für seine kleine Schar.

Er suchte das Umfeld sorgfältig ab. Da, ein dunkles Schemen, unmittelbar am Pferd und größtenteils von ihm verdeckt. „Und ein toter Reiter“, ergänzte er für die Kameraden. „Ich schätze, wir haben unseren vermissten Meldereiter gefunden.“

„Kannst du irgendwas sehen, Schmitt?“, erkundigte sich Dragoner Perkins.

Jeder wusste, worauf er anspielte. Erneut suchte Schmitt das Umfeld ab, ließ das Teleskop dann zusammenschnappen und schüttelte den Kopf. „Nichts, Jungs. Falls hier irgendwo ein Indianer lauert, dann hält er sich jedenfalls sehr gut verborgen. Also schön, sehen wir uns die Sache an.“

Die vier Soldaten trabten an und jeder von ihnen hielt eine der beiden einschüssigen Pistolen im Kaliber 0.54 bereit. Insgesamt hatte jeder von ihnen drei Schüsse verfügbar. Zwei Steinschloßpistolen, dazu den einschüssigen Vorderlader-Karabiner der Firma Hall, im Kaliber 0.58, der bereits über die moderne Perkussionszündung verfügte.

Steinschlosswaffen waren relativ empfindlich. Zog man den Abzug, dann schnellte ein Hahn nach vorne, an dem ein Feuerstein mit einer kleinen Zwinge festgeschraubt war. Der rieb über die angeraute Fläche der sogenannten Pulverpfanne, in der loses Pulver eingefüllt war. Dieses brannte ab und entzündete dann die Ladung im Lauf. Es gab zwei wesentliche Schwachpunkte: Den Feuerstein, der sich lockern oder sogar verloren gehen konnte, und die Pulverpfanne, deren Pulver feucht werden und verklumpen konnte. Der Ladevorgang war entsprechend umständlich und langsam. Dem gegenüber bot die Perkussionszündung schon einen entscheidenden Vorteil: Man brauchte keine Pulverpfanne mehr. Der Hahn schlug auf ein wasserfestes Zündhütchen, das Percussion-Cap, dessen Feuerstrahl die Ladung zündete. Diese Perkussionswaffen waren schneller zu laden und hatten kaum Versager.

Wenn die Zeit zum Nachladen fehlte, dann standen den Dragonern zwei gefährliche Blankwaffen zur Verfügung. Ein Bajonett, welches unter dem Lauf des Karabiners befestigt und nach vorne geklappt werden konnte, und der schwere Dragonersäbel.

Sie erreichten den toten Meldereiter und versuchten den bestialischen Gestank zu ignorieren, der ihnen entgegenschlug. Fliegen umschwärmten sie und Schmitt nahm den steifen Tschako ab, wischte sich den Schweiß von der Stirn, dann kniete er sich nieder und zwang sich dazu, den Toten zu untersuchen.

„Muss schon eine Woche oder länger her sein“, meinte der Corporal. „Ich kann keine sichtbaren Wunden entdecken. Ich denke, der arme Kerl hat einfach Pech gehabt. Ein Vorderlauf des Pferdes ist gebrochen. Ich glaube, der Gaul ist gestürzt und der Reiter ist unter ihn gekommen. Hat sich den Hals gebrochen. Das Pferd ist schließlich verendet.“

„Ja, verdammtes Pech.“ Dragoner Winters spuckte aus. „Und was machen wir mit ihm?“

Schmitt überlegte. Es waren vier Tage zurück bis zum Camp Mason und sie hatten kein Ersatzpferd, um die Leiche zu transportieren. Sicher, man konnte auch zu Zweit auf einem Pferd reiten, aber das wollte er keinem seiner Männer zumuten. Nicht, wenn es im Zweifelsfall auf die Ausgeruhtheit und Schnelligkeit eines Pferdes ankam, um einem Feind zu entkommen. Vier Dragoner waren keine nennenswerte Streitmacht, wenn man auf eine Horde Feinde traf.

„Wir begraben ihn und machen uns auf den Rückweg. Der Major muss ja erfahren, was wir gefunden haben.“ Schmitt richtete sich auf. „Packt mal mit an. Der Bursche hat die Meldetasche noch umgehängt, aber der Gaul liegt drauf. Wir brauchen die Meldetasche und die Waffen.“

Es war eine undankbare Aufgabe und jeder von ihnen sehnte sich nach einem Bad, als sie die sterblichen Überreste des Kameraden am Rand der Straße begraben hatten. Schmitt hing sich die Meldetasche um und befahl der kleinen Gruppe, aufzusitzen. Dann trabten sie an und folgten dem Verlauf der Straße, um wieder zum Camp zurückzugelangen.

Die weitläufige Prärie war grün. Zwischen dem typischen langen Gras schimmerten die bunten Blüten von Blumen. Insekten schwirrten umher, Vögel kreisten am Himmel und in einiger Entfernung graste eine Herde Antilopen. Für die Dragoner war es eine Versuchung, sich etwas frisches Fleisch zu verschaffen, doch ein Schuss wäre ein zu hohes Risiko gewesen. Sie waren nur vier Reiter und keine wirklich kampfstarke Patrouille. Mehr hatte man nicht aufbieten können, denn sie waren nicht die einzige Gruppe, die der Major hinaus geschickt hatte.

Der Anblick ihrer Uniformen war noch immer ungewohnt. Himmelblaue Hosen in der Farbe von sächsischem Blau, dazu hüftlange dunkelblaue Jacken mit hohem Stehkragen. Die Jacke war in auffallendem Orange besetzt, denn Orange war die Farbe der Dragoner. Das Koppel bestand aus geweißtem Leder. Die ovale Schließe zeigte die Buchstaben „U.S.“. Ebenso weiß waren die Patronentasche für den Hall-Karabiner und das breite Bandelier, an dem dieser eingehängt war. Pulverhorn und Kugeltasche für die Pistolen ergänzten die Ausrüstung. Der schwere Säbel hing an seinen weißen Riemen, mit denen er am Koppel eingehängt war. Auf dem Kopf trugen die Männer hohe schwarze Tschakos mit breitem Lederschild. An der Stirnseite befand sich der achtstrahlige Stern aus Zinn, in dessen Mitte golden der amerikanische Adler schimmerte. Die Feldflasche, Provianttasche, Deckenrolle und Mantel wiederum waren am Sattel befestigt.

Friedrich Schmitt war vor zwei Jahrzehnten mit seinen Eltern und Geschwistern aus Preußen emigriert und hätte eigentlich Farmer werden sollen. Der Seminolenkrieg hatte dem ein Ende gesetzt. Seine Familie war in den Kämpfen getötet worden und Friedrich war, von Rachedurst erfüllt, in das dritte Regiment der U.S.-Infanterie eingetreten. Sein Rachedurst war in dem blutigen Ringen ebenso erloschen, wie seine Freude am Marschieren. So hatte er die Gelegenheit genutzt, sich im Jahr 1833 zu den neu aufgestellten Dragonern versetzen zu lassen. Auf dem Pferderücken zu reiten war weitaus mehr nach seinem Geschmack, auch wenn man die Tiere oft führen musste, damit sie ausgeruht und frisch für einen schnellen Ritt blieben.

Corporal Friedrich Schmitt musterte die Straße, der sie folgten. Natürlich war es keine wirkliche Straße. Vielleicht würde sie es einmal werden, doch im Augenblick war sie eher ein Pfad, den man nur beim genaueren Hinsehen erkennen konnte. An einigen Stellen hatten sich die Räder von Frachtwagen so tief in den Boden gegraben, dass deutliche Spuren zurückgeblieben waren, die auch von Regen und Wind nicht zugedeckt werden konnten.

Perkins ritt an Friedrichs Seite. Sie hatten die Pistolen längst zurückgesteckt und die Karabiner hingen an ihren Bandeliers. Der schaukelnde Trab der Pferde bewegte die Ausrüstungsteile der Dragoner und sorgte für das typische Begleitgeräusch militärischer Reiter. Das leise Klappern und Klirren schien unvermeidbar und eine größere Truppe war oft schon aus größerer Entfernung zu hören. Ein möglicher Feind brauchte einen solchen Hinweis nicht. Wenn man das Ohr an den festen Boden legte, war das Trommeln von Hufen über Kilometer hinweg zu hören.

„Meinst du, es ist etwas Wichtiges in der Meldetasche?“, fragte Perkins neugierig.

„Woher soll ich das wissen?“, knurrte Friedrich. „Ich werde jedenfalls nicht nachsehen. Die Depeschen sind an den Kommandanten adressiert und nicht an mich. Es wird das übliche Zeug sein, Perkins. Das war ja kein Sonderkurier, sondern der Meldereiter, der alle zwei Wochen vom Hauptquartier herüber kommt. Aber ich denke, es werden auch ein oder zwei Zeitungen dabei sein. Sicher ein paar Wochen oder Monate alt, aber wir hören wenigstens, was sich in der Zivilisation tut.“

Friedrich hoffte, dass man ihm eine der Zeitungen geben werde. Sobald die Offiziere und jene Sergeants, die lesen konnten, sie alle ausgiebig studiert hatten. Der deutsche Corporal gehörte zu den wenigen Dragonern, die lesen und schreiben konnten, und er genoss die Sonderrolle, die er einnahm, wenn er seinen Kameraden in der Unterkunft vorlas.

„Meinst du, wir bekommen bald Nachschub und Verstärkungen?“, hakte Perkins nach.

„Herrgott, woher soll ich das wissen?“ Schmitt stieß einen hörbaren Seufzer aus. „Ich denke schon, dass sie uns bald neue Leute schicken. Aber die müssen ja erst rekrutiert und ausgebildet werden. Das braucht seine Zeit.“

Perkins spuckte aus. „Eine ziemliche Scheiße, in der wir da stecken, meinst du nicht? Arkansas ist riesig und wir haben nur ein paar Mann.“

Schmitt konnte den Kameraden verstehen. Die Aufgaben des Regiments der U.S.-Dragoner waren vielfältig. Nach Möglichkeit den Frieden mit den Indianern bewahren und Siedler davon abhalten, die Verträge zu brechen, gegen kriegerische Indianer kämpfen und ebenso gegen Banditen, dazu Siedlertrecks und Frachtzüge eskortieren und mit ein paar Mann ein Gebiet bestreifen, dass flächenmäßig größer als Preußen war. All dies mit einem Regiment, welches arg mitgenommen war. Vor einem Jahr hatte es an der Pawnee-Expedition teilgenommen und ein volles Viertel seiner 750 Offiziere und Mannschaften eingebüßt. Nicht durch Feindeinwirkung, sondern durch das verdammte Fieber. Nun füllte man die gebeutelten Ränge der Dragoner hastig mit neuen Rekruten und aus Fußregimentern auf. Das Hauptquartier befand sich eigentlich, eine halbe Ewigkeit entfernt, in Fort Leavenworth in Kansas. Von dort entschied man über das Schicksal des Regiments. Allerdings waren fünf Kompanien an die Grenze zum Indianergebiet beordert worden. Hier befehligte sie Major Mason von einem Camp aus, welches seinen Namen trug und vielleicht irgendwann zu einem richtigen Fort ausgebaut werden würde.

Für die Gruppe des Corporal Schmitt war es nun ein Ritt von vier Tagen, um Mason wieder zu erreichen. Es war fraglich, ob sie während dieser Zeit einer Menschenseele begegneten. Im Süden und Osten gab es eine ganze Reihe großer Siedlungen und Städte, doch der Westen war kaum besiedelt, obwohl das Land lockte. Nur wenige wagten den Versuch, Ranches oder Farmen zu gründen und wenn sie dies taten, dann wählten sie die Nähe eines Flusses, Sees oder einer nicht versiegenden Wasserquelle, denn Wasser war überlebenswichtig.

Arkansas war ein reiches Land, welches viele Einwanderer aus dem Osten für sich in Anspruch nehmen wollten, das zugleich aber von seinen Ureinwohnern verteidigt wurde. Für Corporal Schmitt und seine drei Dragoner somit eine Vielzahl guter Gründe, die Augen offen zu halten, wollten sie Camp Mason lebend erreichen.

Corporal Friedrich Schmitt schob die Meldetasche des Toten weiter auf den Rücken. Der Geruch des Todes haftete an dem Material und der deutsche Einwanderer hoffte, dass dies nicht auch für die Inhalte der Depeschen galt.

Kapitel 2 Auf Befehl

Camp Mason lag auf einem flachen Hügel inmitten einer weiten Ebene. Im Westen und Süden erhoben sich ausgedehnte Wälder. Major Mason, der Befehlshaber, wusste nicht, wie lange der Stützpunkt wohl bestehen würde. Im vergangenen Jahr hatte man das gesamte Regiment nach Fort Leavenworth ins Winterquartier zurückbefohlen. Erst im Frühjahr war es wieder ausgerückt. Für den Major war es höchst unbefriedigend, seine Dragoner für Monate von ihrem Einsatzgebiet fernzuhalten und er hoffte, ein solider Stützpunkt werde das Oberkommando dazu bewegen, seine Truppe auch während der kalten Jahreszeit an der Grenze zu belassen. Aus diesem Grund hatte er Befehl gegeben, das Camp bestmöglich auszubauen.

Ununterbrochen waren Arbeitskommandos unterwegs, um in den Wäldern Holz zu schlagen. Wie ernst es Mason mit einer dauerhaften Anlage war, bewies der Umstand, dass er jeden Stamm sorgfältig entrinden ließ, damit das Holz vor Käferbefall geschützt wurde und nicht so rasch verwitterte. Fuhrwerke pendelten und brachten das Holz ins Camp, wo es weiter zu Pfählen, Pfosten, Bohlen, Brettern und Dachschindeln verarbeitet wurde.

Ein anderes Arbeitskommando war dabei, einen tiefen Brunnenschacht auszuheben. Derzeit musste man das Wasser noch von einem nahen Fluss herbeiholen. Die hier stationierten fünf Kompanien, ihre Pferde und der dazugehörenden Tross benötigten eine Menge Wasser und es war fraglich, ob ein einzelner Brunnen den Bedarf stillen konnte. Aber es war ein Anfang und die meisten Truppen sollten ja zu Patrouillen oder Einsätzen ausrücken.

Richard B. Mason war Soldat und Reiter und nach diesen Kriterien trieb er den Aufbau voran. Zuerst war inmitten des Zeltlagers der hohe Flaggenmast für das Sternenbanner aufgerichtet worden, dann folgten die Palisaden mit dem Wehrgang. Diese waren noch in Arbeit und sobald der äußere Schutz fertiggestellt war, würden die Stallungen für die Pferde folgen. Unterkünfte der Offiziere und Mannschaften standen als Letztes auf der Arbeitsliste.

Corporal Friedrich Schmitt und seine kleine Gruppe hörten das Hornsignal zum Arbeitsdienst, noch bevor sie das Camp erblickten. Das vertraute Signal verhieß einen sicheren Schlafplatz und eine warme Mahlzeit, und sie trieben die Pferde zum schnellen Trab.

Während sie sich dem Camp näherten, ertönte rechts von ihnen das Ankunftssignal, mit dem der Hornist einer Abteilung die Ankunft am Camp ankündigte. Schmitt und die anderen blickten in die Richtung und sahen eine Kolonne Dragoner hinter dem Schutz der Bäume hervorkommen. Über der Kompanie flatterte der rot-weiße Wimpel. 104 Zentimeter lang, 68 Zentimeter hoch und hinten 38 Zentimeter tief eingeschnitten, zeigte er in der oberen roten Hälfte die Buchstaben „U.S.“ und den etwas kleineren Schriftzug „Dragoons“. In der unteren weißen Hälfte trug das Feldzeichen den roten Buchstaben „G“.

Dragoner Perkins stieß Schmitt an. „Kompanie G? Die sind doch am Missouri stationiert. Was machen die denn hier?“

„Werden wir schon noch erfahren“, antwortete Schmitt. Er berechnete die Geschwindigkeit der heranreitenden Kolonne und seiner eigenen Gruppe, und trieb seine Männer zum Galopp, damit sie das offene Tor nicht zeitgleich erreichten. Der Corporal hatte keine Lust, vor dem Tor zu warten, bis das Ankunftszeremoniell für die neue Kompanie vollzogen war.

Die Gruppe preschte zum offenen Haupttor, verfiel wieder in langsamen Trab und ritt dann gemächlich in den Innenhof des halbfertigen Palisadengevierts.

Wer nicht auf Patrouille oder einem Arbeitskommando zugeteilt war, der wurde gedrillt. Draußen, jenseits der Palisaden, in den Formationen zu Pferde, drinnen in denen zu Fuß oder im Umgang mit den Waffen. Gleich mehrere Gruppen übten sich im Umgang mit dem Säbel. Langsame Übungen der einzelnen Bewegungen, dann die ersten behutsamen Fechtübungen gegeneinander. Stets unter den wachsamen Augen und lautstarken Stimmen der Unteroffiziere. Solange man nicht den Stoß übte, sondern nur den Hieb, konnte dabei nicht allzu viel passieren, denn Säbel durften niemals geschärft werden. Ein Usus, der bis zur Abschaffung dieser Waffe beibehalten wurde.

Die Viergruppe erreichte die Gruppe der großen Wallzelte, die den Offizieren vorbehalten waren. Vor dem des Majors stand ein Ehrenposten, der Schmitts Gruppe zusah, während diese absaß. Der Corporal klopfte sich den gröbsten Staub von der Jacke. „Melde dem Major, dass wir den Meldereiter gefunden haben.“

Der Dragoner wandte sich halb um, doch da trat Major Mason bereits aus seinem Zelt.

Richard B. Mason war ein hochgewachsener und schlanker Offizier mit glattrasiertem Gesicht. Er war noch dabei, seine lange Uniformjacke mit den beiden goldenen Fransenepauletten zuzuknöpfen. „Sie haben den Melder entdeckt, Corporal?“

„Ja, Sir.“ Schmitt grüßte vorschriftsmäßig, wartete die Erwiderung seines Kommandeurs ab und zog dann den Riemen der Meldetasche über die Schulter. „Vier Tagesritte von hier. Hat sich zu Tode gestürzt, Sir. Bestattung vorgenommen und Tasche mitgebracht.“

„Gute Arbeit, Corporal. Geben Sie die Tasche meinem Adjutanten und dann gönnen Sie sich und Ihren Männern eine Rast. Ich muss unsere Verstärkungen begrüßen und lasse Sie später zum genauen Rapport rufen.“

„Sir.“ Ein nochmaliger kurzer Ehrensalut.

Während der Major seinen Tschako aufsetzte und das Koppel umschnallte, trat hinter ihm sein Adjutant hervor und nahm Schmitt die Meldetasche ab. Brevet-Second-Lieutenant Holmes rümpfte ein wenig die Nase, als er Schmitts Gruppe zunickte und dann die Leinenklappe der Tasche öffnete.

So neugierig Schmitt und seine Männer auch sein mochten, ihnen verlangte es nun eher nach einer Erfrischung. Doch erst waren ihre Pferde an der Reihe.

„Wir sollten uns beeilen“, knurrte Perkins mit einem Seitenblick auf die G-Kompanie, die jetzt erst das Tor erreichte. Wieder war ein Hornsignal zu hören, die Wache präsentierte die Säbel und der Offizier vom Dienst eilte geschäftig heran, um die Ankömmlinge zu begrüßen und sie dann dem Major zu melden. Neugierige Blicke galten der Kompanie, bis Sergeants und Corporals ihre Schutzbefohlenen erneut zu Arbeit oder Drill antrieben.

Perkins spuckte in den Staub. „Das sind fast siebzig Mann, die jetzt ebenfalls auf eine Erfrischung erpicht sind. Wenn wir uns nicht ranhalten, dann räumen die die Marketenderei vor uns aus.“

Sie tränkten die Pferde, nahmen die Sättel herunter und rieben die Pferde ab. Schmitt rief einen anderen Dragoner herbei, der die Tiere auf die Außenkoppel hinaus führte, während er und seine Männer sich zum großen Zelt der Marketenderei begaben.

Die Marketenderei bot dem Soldaten nicht nur jene bescheidenen Vergnügen, die er sich von den schmalen Überbleibseln seines Soldes leisten konnte. Im Grunde war sie ein Depot, in dem es alles gab, was der Soldat benötigte, denn viele Dinge des täglichen Lebens wurden ihm nicht von der Armee gestellt, sondern mussten vom Sold gekauft werden. Da die Marketenderei zu diesen Zeiten von der Armee betrieben wurde, war dies kein schlechtes Geschäft – für die Armee. Waren die beiden Sockenpaare vor der Zeit durchgelaufen, die der Dragoner mit der Uniform erhielt, dann musste er sich den Ersatz in der Marketenderei kaufen. Immerhin führte der zuständige Lieutenant sehr genau Buch, denn Ausrüstungsteile, die im Einsatz oder durch Feindeinwirkung verloren gingen, gingen zu Lasten der Armee.

Zu den Vergnügungen, welche der Soldat hier erwerben konnte, gehörten Tabak, Rum und Whiskey. Doch mehr als einen Schluck pro Tag gab es nicht. Es sei denn, man kannte einen der Abstinenzler, der seine Ration abtrat. Die Hoffnung, durch das Einbinden zahlreicher Abstinenzler einen Rausch zu erlangen, erfüllte sich allerdings nie. So groß ein Camp für fünf Kompanien auch zu sein schien, die Marketender bewiesen ein schier unmenschliches Gedächtnis und wussten, wer den Alkohol schätzte, und wer nicht.

Schmitt gab seinen Männern einen Rum aus. Er war preiswerter als Whiskey. Mit neun Dollar und fünfzig Cent, die er als Monatssold eines Corporal verdiente, kam er so gerade über die Runden. Er selbst trank einen Glas Wasser, welches durch Zitrone etwas Geschmack erhielt. Das Getränk wurde den Dragonern oft ausgeschenkt, denn es beugte Skorbut vor. Der Major hatte angekündigt, er werde Schmitt später zum Rapport holen lassen und der Corporal hatte nicht die Absicht, dem Offizier mit einer Alkoholfahne gegenüber zu treten.

Während seine Männer an dem einfachen Holztisch saßen, schlenderte Schmitt durch die aufgestellten Regale und kaufte schließlich eine kleine Dose mit Wagenfett. Es war preiswerter als Lederfett und würde gleich mehrere Dienste leisten. Das Lederzeug geschmeidig halten, wunde Stellen seines Pferdes schützen und, wenn man die Socken gut damit einrieb, Druckstellen an den Füßen verhindern.

Die Marketenderei begann sich mit anderen Soldaten zu füllen. Schmitt blickte zur provisorischen Kommandantur. Eben setzte ein Hornist sein Horn an und blies den Offiziersruf. Der Corporal stieß ein missmutiges Knurren aus. Offensichtlich versammelte der Major erst die Offiziere. Wahrscheinlich wollte er den Inhalt der Depeschen mit ihnen besprechen. Es würde wohl noch eine Weile dauern, bis er Schmitt zu sich beorderte.

Die anwesenden Offiziere strömten zum Zelt des Majors und es dauerte eine gute Stunde, bis sich die dortige Versammlung wieder auflöste. Inzwischen wurde es Zeit für den Abendappell. Die Arbeitskommandos rückten ein, die Soldaten überprüften ihre Uniformen und folgten dann dem Signal zum Antreten. Nachdem das Sternenbanner eingeholt worden war, kam ein Sergeant zu Schmitt und teilte ihm mit, dass der Major ihn nun erwarte.

Friedrich überprüfte nochmals die eigene Uniform und trat dann zum Zelt des Kommandeurs. Der Posten stampfte kurz mit dem Stiefel auf und von drinnen kam die Aufforderung einzutreten.

Zu Schmitts Überraschung saßen nicht nur der Major und Adjutant Holmes an dem kleinen Kartentisch, sondern auch Schmitts Kompanie-Führer Captain Dunhill und der Captain der neu eingetroffenen Kompanie.

Schmitt machte seine Meldung, wobei sich der Major vor allem für einen einzigen Umstand interessierte. „Sie sind sich sicher, Corporal, dass der Meldereiter durch einen Unfall ums Leben kam?“

„Ja, Sir. Hat sich den Hals gebrochen, als der Gaul stürzte.“

„Es gab definitiv keine Anzeichen äußerer Einwirkung?“

„Äh, nein, Sir. Keine erkennbaren Wunden, Sir. Sofern sich das beim Zustand des Toten noch feststellen ließ.“

„Verstehe. Danke, Corporal. Das wäre es. Sie können wegtreten.“

„Sir.“

Schmitt trat ab und Major Mason wartete, bis sich die Schritte des Corporals entfernt hatten. Dann lehnte er sich in seinem Klappstuhl zurück und schien einen Moment zu überlegen, bevor er das Wort an die anderen Offiziere wandte.

„Nun, Gentlemen, diese Depeschen haben uns ein paar überraschende Neuigkeiten beschert. Zunächst zu der Erfreulichen: Ab sofort sind wir offiziell das First Regiment of United States Dragoons. Was bedeutet, dass der Kongress endlich die Aufstellung des zweiten Dragoner-Regiments bewilligt hat. Die Rekrutierungen und Ausbildungen in Leavenworth laufen bereits.“

„Bravo“, sagte Captain Dunhill erfreut.

Mason sah ihn seufzend an. „Nicht unbedingt ein Grund zur Freude, Matt. Leavenworth schreit händeringend nach erfahrenen Offizieren und Unteroffizieren, um ein stützendes Korsett für das neue Regiment zu bilden.“

„Verdammt“, brummte Dunhill prompt. Er zwirbelte eine Spitze seines schneidigen Dragonerbärtchens. „Wir haben doch selbst kaum genug Leute. Das Fieber im letzten Jahr hat uns mächtig zugesetzt. Dazu die Verluste dieses Jahres. Wir sind noch längst nicht auf Sollstärke. Meine B-Kompanie hat gerade Mal siebenundfünfzig Mann, alle Offiziere eingeschlossen. Das sind vierzehn Mann, die mir fehlen, Sir.“

„Jammern nutzt uns nichts, Matt. Es geht allen Kompanien so.“ Mason wandte den Blick zu der schweigsamen Ordonanz im Hintergrund. Ein verlässlicher Dragoner, der über alles, was er hörte oder sah, strengstes Stillschweigen bewahren würde. „Joe, seien Sie so freundlich und schenken Sie den Gentlemen und mir einen Port ein.“

Mason schätzte auch harte Drinks, aber bei dem, was sie zu besprechen hatten, galt es klaren Kopf zu bewahren und so schenkte die Ordonanz einen leichten Portwein ein.

„Also, es gibt ein zweites Regiment, das aber wohl erst im kommenden Jahr einsatzbereit sein dürfte. Bis dahin liegt es an uns, die Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten. Siedlertrecks und Frachtzüge eskortieren, marodierende Banditen und Indianer im Zaum halten und den Frieden mit den anderen Stämmen zu gewährleisten. Dazu Streifendienst und das Kartografieren unseres Bereiches. Eine Menge Arbeit für unsere geschwächten Kompanien. B, C, D, H und I haben wir hier im Camp, A ist im Hauptquartier in Leavenworth und bildet die Männer der Zweiten aus, E und F sind am Mississippi und K in unserem alten Stützpunkt, Fort Gibson. Von dort kommt ja G zu uns, die man dankenswerterweise zu uns abgestellt hat.“

Captain Walters, Befehlshaber der neu eingetroffenen G-Kompanie nickte mit einem freundlichen Lächeln. „Ist mir eine Ehre, Sir.“

Dunhill hob eine Augenbraue und versuchte den anderen Captain einzuschätzen. War dieser einfach nur höflich oder versuchte er guten Wind beim Major zu machen? Aber für so etwas war Mason nicht empfänglich. Der war ein Gentleman und ein harter, aber sehr gerechter Vorgesetzter.

„Die Verstärkung durch G kommt gerade rechtzeitig“, fuhr der Major fort. „Mit den Depeschen kam auch ein Befehl, der uns eine zusätzliche Aufgabe einbringt. Noch dazu eine recht, äh, heikle Aufgabe. Wie Sie wissen, Gentlemen, ist Texas in diesem Jahr unabhängig geworden. Die Texaner unter Sam Houston haben den mexikanischen Generalissimo de Santa Anna am San Jacinto Fluss geschlagen und eine Republik gegründet.“

„Ja, da war doch diese Schlacht um diese alte Mission, Sir, die das Ganze ausgelöst hat.“

„Alamo, Matt. Nun, jedenfalls ist Texas jetzt eine Republik und die Mexikaner sind darüber nicht sehr glücklich. Sie starten immer wieder Überfälle auf texanisches Gebiet. Sam Houston und etliche texanische Politiker wissen, wie schwierig es wird, den Mexikanern auf Dauer zu widerstehen, denn Santa Anna rüstet mächtig auf. Daher gibt es in Texas Bestrebungen, sich der Staatenunion der U.S.A. anzuschließen.“ Der Major vernahm das überraschte Murmeln der Offiziere und lächelte. „Und damit beginnt unser Problem, Gentlemen. Die Union ist dem Ansinnen von Texas durchaus nicht abgeneigt, aber so ein Prozedere kann sich sehr lange hinziehen und, ganz offen gesagt, ist nicht jeder Texaner für einen Anschluss an die Union. Viele meinen, sie könnten sich den Mexikanern auch weiterhin aus eigenen Kräften, zum Beispiel ihren Rangern, widersetzen. Wie dem auch sei, die Union ist gewillt, eine politische und militärische Geste zu vollziehen. Eine Geste, für die ich lieber drei Kompanien einsetzen würde, für die ich aber lediglich eine zur Verfügung habe.“ Er sah Dunhill ernst an. „Ihre B-Kompanie, Matt.“

Der hob nun beide Augenbrauen an. „Ich weiß zwar noch nicht, um was es geht, Richard, aber ich erinnere vorsichtshalber daran, dass mir ein paar Leute fehlen.“

„Das habe ich nicht vergessen, Matt. Daher wird Captain Walters so freundlich sein, ein paar von seinen Dragonern zu deiner Kompanie abzustellen.“

Nun rutschte eine von Walters Augenbrauen hoch, doch dann nickte der Offiziere. „Selbstverständlich, Sir.“

„Die Männer werden dankend angenommen“, brummte Dunhill. „Aber um was geht es überhaupt?“

„Gut, dass Sie fragen, Matt“, sagte Major Mason ironisch. „Sie werden mit der B-Kompanie nämlich nach Texas marschieren. Wie Sie alle schon gehört haben dürften, bildet der Rio Grande die westliche Grenze zwischen der Republik Texas und Mexiko. Eine Grenze, die von Mexiko offiziell widerstrebend akzeptiert wird, die jedoch immer wieder von den Mexikanern überschritten wird. Dabei befindet sich Santa Anna durchaus in einer Zwickmühle. Er will Texas zurück, ahnt aber sicher, dass Texas enge Verbindungen und den Anschluss an die Union wünscht. Um diesen Beitritt in die Union nicht zu beschleunigen und keinen Krieg mit uns zu provozieren, wendet er einen schmutzigen Trick an. Er schickt keine regulären Truppen über den Rio Grande, sondern Gruppen marodierender Banditen. Texas hat sechs Kompanien berittener texanischer Ranger aufgestellt, die damit aber nicht fertig werden, da die Indianer ein weiteres Problem sind.“

„Sir, entschuldigen, wenn ich nun doch eine Frage stellen muss.“ Matt Dunhill nahm einen Schluck Port, um seine Stimmbänder ein wenig zu ölen. „Wir sind eine reguläre Truppe der U.S.-Army. Texas ist hingegen eine unabhängige Republik. Da können wir doch offiziell gar nicht in Texas operieren, oder? Wenigstens nicht, ohne diesen Santa Anna erheblich zu provozieren.“

„Da haben Sie recht, Matt. Daher ist es ihre offizielle Aufgabe, eine Art Forschungsexpedition nach Texas zu führen, mit dem Ziel, das Gebiet des Rio Grande exakt zu kartieren. Sie haben keine militärischen Vollmachten, abgesehen von der Tatsache, dass Sie sich bei einem Angriff natürlich wehren dürfen.“

„Na, schönen Dank auch, Sir.“

Mason lachte. „Keine Sorge, Matt, Sie werden nicht auf sich alleine gestellt sein. Offiziell werden Sie von einer Kompanie der Texas Rangers begleitet werden.“ Er sah den Zweifel im Gesicht der anderen. „Ich weiß, im Allgemeinen taugen die Kerle nicht viel, aber es gibt auch gute Leute unter ihnen. Denken Sie daran, dass unser Regimentskommandeur, Colonel Dodge, ursprünglich auch bei den Rangern war.“

„Jetzt bin ich erst so richtig gespannt, um was es überhaupt geht.“ Dunhill lächelte halbherzig. „Wenn wir derartige Unterstützung bekommen, muss es ja wirklich wichtig sein.“

„Das ist es in der Tat, Matt. Das Gebiet entlang des Rio Grande ist der unruhigste Teil von ganz Texas. Die gesamte westliche Grenze verläuft ja entlang dieses Flusses. Mexikanische Banden kommen immer wieder über den Rio Grande. Sie überfallen Siedlungen, Ranches, Farmen und die Forts der Handelsgesellschaften. Immer wieder kommt es zu Scharmützeln mit den Rangern. Nun spekulieren die Politiker in Houston und Washington darauf, dass die Präsenz einer regulären amerikanischen Truppe die Mexikaner abschreckt.“

Die Begeisterung von Dunhill und Walters hielt sich in überschaubaren Grenzen. „Selbst mit der Verstärkung durch eine Hundertschaft der Ranger kann eine einzelne Kompanie keine Grenze sichern, die hunderte von Meilen lang ist“, stellte Dunhill fest. „Ich denke eher, dass Washington uns den Wölfen zum Fraß vorwerfen will und auf einen Vorwand wartet, gegen Mexiko vorzugehen.“

Masons Gesichtsaudruck wurde undurchdringlich. „Was auch immer dahinter stecken mag, Matt… Wir sind Soldaten und keine Politiker. Wir haben unsere Befehle und die werden wir auch ausführen.“

„Und wo genau, Sir?“

Vor dem Zelt war ein Hüsteln zu vernehmen. Mason blickte auf. „Ah, genau im rechten Augenblick. Kommen Sie herein, Gentlemen.“

Dunhill kannte die beiden Eintretenden, doch Walters war ihnen noch nicht begegnet. Mason übernahm die Vorstellung. „Dies sind Mister Rivers und Senor Santiago, Captain. Die beiden besten Scouts, die man sich nur wünschen kann. Mister Rivers war viele Jahre Pelztierjäger, bevor er sich uns anschloss und Senor Santiago kämpfte mit General Houston bei San Jacinto gegen Santa Annas Truppen. Ich brauche sicher nicht zu betonen, dass beide Männer in höchstem Maße vertrauenswürdig und zuverlässig sind.“

Rivers war ein hochgewachsener Texaner mit dichtem Bartwuchs. Er trug Lederkleidung, Mokassins und eine Pelzkappe, die er nun höflich abnahm. Der grauhaarige Santiago war hingegen ein eher kleiner Mexikaner, der einen typischen spanischen Anzug mit kurzer Jacke, eine braune Schärpe um die Hüften und einen breitkrempigen Sombrero aus bestem Wollstoff trug. Der Scout verzichtete allerdings auf jenen blinkenden Zierrat, der bei seinem Volk ansonsten so beliebt war. Auch er nahm die Kopfbedeckung ab, hielt sie in beiden Händen und deutete eine Verbeugung an. „Senores.“

„Nehmen Sie Platz, Gentlemen.“ Major Mason ließ sich von der Ordonanz eine zusammengerollte Karte reichen und breitete sie auf dem Tisch aus. Sie war aus altem Pergament und die Männer mussten ihre Kanten beschweren, damit sie sich nicht wieder aufrollte.